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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und
eine Vorrichtung zur Behandlung von Getreide, wobei die
Behandlung vorzugsweise einen ersten Schritt eines
Mahlprozesses bildet.
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Wie bereits bekannt ist, besteht der Zweck einer
Getreidemahlung im wesentlichen darin, das Getreide in
Mühlen zu zerkleinern, um den höchst möglichen Ertrag
an möglichst hochwertigem Mehl zu erzielen, nachdem
eine große Anzahl von Mahlschritten und
dazwischenliegenden Siebschritten durchgeführt wurde, wobei ein
Siebschritt logischerweise den Abschluß des
vorhergehenden Mahlschrittes bildet.
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Es sind bereits verschiedene Mühlentypen, und zwar
Niedrig- und Hochgeschwindigkeitsmühlen, bekannt, wobei
die Niedriggeschwindigkeitsmühlen beispielsweise
Rollenmühlen und die Hohchgeschwindigkeitsmühlen
beispielsweise Scheibenmühlen, Stiftmühlen, Turbomühlen,
Detaschör-Mühlen und Hammermühlen umfassen. Unter
"Niedriggeschwindigkeit" bzw. "Hochgeschwindigkeit"
sind dabei niedrige (< etwa 20 m/s) bzw. hohe (> etwa
20 m/s) Absolutgeschwindigkeiten der beweglichen
Zermahlungsbauteile sowie niedrige (üblicherweise < 5 m/s)
bzw. hohe Differentialgeschwindigkeiten zwischen den
Zermahlungsbauteilen der Mühle zu verstehen.
Scheibenmühlen arbeiten schneller und im Hinblick auf die
Mehlausbeute effizienter als Rollenmühlen (auf der
Grundlage der Ergebnisse eines Mahldurchgangs bzw.
-schrittes). Derartige Hochgeschwindigkeitsmühlen weisen
allerdings insofern Nachteile auf, als ihre Effizienz auf
Kosten der Mehlqualität erzielt wird, was sich in der
Farbe des Mehls niederschlägt; dieses kann nämlich
verschiedene dunkle Schattierungsabstufungen aufweisen,
was auf einen zu hohen Kleieanteil im Mehl hinweist,
der sich durch eine Aschenanalyse verifizieren läßt.
Der durch die Hochgeschwindigkeitsmühlen erzielte
Vorteil liegt in der geringen Anzahl an für die Gewinnung
der vollen Ausbeute benötigten Mahl-/Sieb-Schritte.
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In einer großen Anzahl an Mahl-/Sieb-Schritten läßt
sich ein relativ weißes Mehl gewinnen - was einen
Vorteil der herkömmlichen, mit Rollen arbeitenden
Niedriggeschwindigkeitsmühlen darstellt, wobei ein Nachteil
dieser Mühlen allerdings eben in der relativ großen
Anzahl an Arbeitsschritten liegt.
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Man hat nun festgestellt, daß
Hochgeschwindigkeitsmühlen einen großen Anteil der Getreidehülsen in kleine
Hülsenteile aufbrechen, während gleichzeitig der
Mehlkörper, d. h. das Endosperm, derart effizient vermahlen
wird, daß es nach einem Durchlauf in einer derartigen
Mühle nicht länger möglich ist, das Mehl von der Kleie
beispielsweise durch Sieben zu trennen. Mit dem Begriff
Aufbrechen ist hier gemeint, daß die Hülse zerbrochen
anstatt im herkömmlichen Sinn gemahlen wird.
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Wie die Energie bei Hochgeschwindigkeitsmühlen das
Getreide beeinflußt, wurde bisher nicht geklärt. Eine
Theorie besagt jedoch, daß die operativen Elemente
derartiger Mühlen mit einer unnachgiebigen Kraft auf die
harten Getreidekörner aufschlagen und dabei die
Getreidehülse auch dann in kleine Teile zerspringen lassen,
wenn diese einer Vorbehandlung mit Wasser (Anfeuchtung)
unterzogen wurde.
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Da die beispielsweise nach einem Durchlauf mit einer
Scheibenmühle nicht länger vom Mehl trennbare Hülsen-
bzw. Kleiefraktion im Vergleich zum Gewichtsanteil der
Mehlfraktion nur einen sehr geringen und gewichtsmäßig
kaum meßbaren Anteil darstellt, fällt die im obigen
Vergleich erwähnte Mehlausbeute im übrigen bei hellerem
bzw. dunklerem Mehl in etwa gleich aus; das
Vorhandensein der Hülsen- bzw. Kleiefraktion zeigt sich dabei
hauptsächlich in einer Verfärbung des Mehls.
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In der WO 92/10296 sind eine Vorrichtung und ein
Verfahren zur Behandlung von Weizen beschrieben, wobei im
wesentlichen die Kleieschicht vom Endosperm entfernt
und das sich ergebende Weizenprodukt gemahlen wird,
wobei ein Paar von Druckrollen mit glatter Oberfläche für
die Aufgabe zu einem Paar Aufbrechrollen verwendet
wird. Das von diesen Rollen kommende Material wird
sodann einem Mahlrollenpaar zugeführt.
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Die DE-3320045 A1 beschreibt ein Verfahren und eine
Vorrichtung zur Zerkleinerung von Getreide, wobei als
Aufgabevorichtung einer Mühle zwei in Gegenrichtung zu
einander rotierende und mit Profilen versehene Rollen
eingesetzt werden, welche eine Vorzerkleinerung des
Getreides bewirken.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es nun, ein
Verfahren und eine Vorrichtung zur Behandlung von Getreide
anzugeben, welche vorzugsweise einen ersten
Getreidebehandlungsschritt eines Mahlprozesses bilden und eine
erhebliche Verringerung der beschriebenen Nachteile
bewirken, d. h. es wird die Erzeugung einer Mehlfraktion
mit Hilfe einer Hochgeschwindigkeitsmühle bzw. eines
Hochgeschwindigkeitsdurchlaufs bzw. -arbeitsschrittes
angegeben, die geringere Mengen an Hülsen bzw. Kleie
enthält - und daher auch eine hellere Farbe aufweist -
als dies bei einer von einer identischen
Hochgeschwindigkeitsmühle bzw. einem identischen
Hochgeschwindigkeitsdurchlauf oder -arbeitsschritt gelieferten
Mehlfraktion bisher möglich war, während gleichzeitig
sichergestellt wird, daß die Hülsenfraktion (bzw.
Kleiefraktion) der Hochgeschwindigkeitsmühle bzw. des
Hochgeschwindigkeitsdurchlaufs oder -arbeitsschrittes
geringere Restmengen an Mehl enthält, als dies bisher bei
der Hülsenfraktion einer identischen
Hochgeschwindigkeitsmühle bzw. eines identischen
Hochgeschwindigkeitsdurchlaufs oder -arbeitsschrittes der Fall war.
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Der genannte Vergleich läßt sich dann ziehen, wenn die
jeweilige Einstellung der Hochgeschwindigkeitsmühlen
identisch ist.
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Die Aufgabe wird durch das in den Ansprüchen definierte
Verfahren bzw. die in den Ansprüchen definierte
Vorrichtung gelöst.
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Es wurde dabei überraschend festgestellt, daß man in
einem erfindungsgemäßen ersten
Getreidebehandlungsschritt eines Mahlverfahrens, in dem die in der
vergleichsweise unnachgiebigen Hülse auftretende Bildung
von Sprüngen in einem vergleichsweise geringeren, und
zwar vorzugsweise in einem möglichst geringen Ausmaß
stattfindet, während das Auftreten von Sprüngen im
vergleichsweise zerbrechlichen Mehlkörper in
vergleichsweise großem, und dabei vorzugsweise im größtmöglichen
Umfang erfolgt, nach dem ersten Mahlschritt beim
Einsatz einer Hochgeschwindigkeitsmühle eine reinere
Mehlfraktion und eine reinere Hülsenfraktion erhält. Dieser
erste Behandlungsschritt ist somit auf eine
vorzugsweise maximale Zerkleinerung des Mehlkörpers bei
gleichzeitigem minimalen Aufbrechen der Hülse
ausgerichtet.
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Die gewünschte Wirkung der Getreidebehandlung wird
erfindungsgemäß durch ein Quetschen und Pressen des
Getreides erzielt, wobei das Getreide während des
Quetschens nicht in der Weise abgeschliffen, zerschnitzelt
oder in Bruchstücke zerteilt wird, wie dies der Fall
ist, wenn es beispielsweise gerippte Rollen oder andere
Rollen einer Rollen- oder Steinmühle passiert, d. h.
wenn Getreidepartikel erzeugt werden, welche sowohl
Bruchstücke der Hülsen als auch anhaftende Bruchstücke
des Mehlkörpers (Endosperms) enthalten. Anders
ausgedrückt, wirken gemäß der vorliegenden Erfindung bei der
Zuführung zur Hochgeschwindigkeitsmühle auf das
Getreide möglichst geringe Scherkräfte ein. Die
weitgehende Vermeidung von Scherkräften geht bei der
vorliegenden Erfindung auf die nahezu ausschließliche
Erzeugung von Druckkräften zurück. Gemäß der vorliegenden
Erfindung wirken diese Kräfte mit so geringer
Geschwindigkeit ein, daß die oben genannten gewünschten
Ergebnisse erzielt werden. Diese Ergebnisse beinhalten auch,
daß das Getreide in einem flachen bzw. flockenartigen
Zustand vorliegt.
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Zur Erzielung dieses Zustandes können beispielsweise
Stampfelemente, sich drehende Rollen mit glatten
Oberflächen, deren Differentialgeschwindigkeit bei der
Rotation nahezu null beträgt und deren Spalt vom Getreide
passiert werden kann, und Endlos-Riemenförderer, deren
Riemen um Getreidezerflockungsrollen umlaufen,
eingesetzt werden. Eine weitere Alternative bieten durch
mechanische oder Ultraschall-Mittel erzeugte, auf das
Getreide einwirkende Vibrationen.
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Zur Erzielung der genannten, erfindungsgemäßen Wirkung
(maximale Ausbildung von Sprüngen im Mehlkörper und
minimale Ausbildung von Sprüngen in der Hülse), sollte
das Getreide vor den Passieren des ersten
Behandlungsschrittes im Mahlverfahren einer Vorbehandlung
unterzogen werden. Einem Fachmann ist dabei bereits bekannt,
wie sich eine maximale Zähigkeit der Hülse und eine
maximale Zerbrechlichkeit des Mehlkörpers in einem einen
oder mehrere Schritte umfassenden Vorbehandlungsprozeß
erzielen lassen.
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Im übrigen wird in diesem Zusammenhang unter "flacher
Zustand" verstanden, daß die Getreidekörner
flachgedrückt bzw. zerdrückt, dabei jedoch im wesentlichen
noch kohärent, d. h. nicht zermahlen bzw. zerteilt sind.
Genauer gesagt, weisen sie noch eine Kohärenz auf, weil
der Mehlkörper (das Endosperm) im wesentlichen kohärent
ist, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, daß die in
der Flachdrückoperation geknackte Getreidehülse mehr
oder weniger kohärent ist.
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Die durch die Erfindung erzielte überraschende Wirkung,
d. h. die Tatsache, daß weißes Mehl und eine reine
Kleiefraktion in einem einzigen Mahlschritt bzw.
Mahldurchgang gewonnen werden, läßt sich möglicherweise
darauf zurückführen, daß die durch die
Aufgabevorrichtung, welche beispielsweise aus einem Paar mit einer
Differentialgeschwindigkeit von im wesentlichen null
rotierenden Rollen mit glatter Oberfläche gebildet
wird, erzeugten flachgedrückten Getreidekörner den
Aufprall der arbeitenden Werkzeuge der
Hochgeschwindigkeitsmühle als unnachgiebige Körper absorbieren, wobei
die Anmelderin diese Theorie allerdings vorbringt, ohne
hierdurch eine Einschränkung zu beabsichtigen.
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Es wird betont, daß gemäß dem bevorzugten
Ausführungsbeispiel die eine glatte Oberfläche aufweisenden Rollen
der Hochgeschwindigkeitsmühle, bei deren
Gegendrehbewegung im wesentlichen keine Differentialgeschwindigkeit
auftritt, die flachgedrückten Körner direkt in die
Hochgeschwindigkeitsmühle aufgeben. Es hat sich
gezeigt, daß diese Aufgabe eine vorwiegend grobe Fraktion
der flachgedrückten Getreidekörner liefert, in der die
Hülse und der Mehlkörper (Endosperm) aneinander
anhaften, d. h. bei der im wesentlichen keine Trennung der
Hülsen vom Endosperm erfolgt ist, was
überraschenderweise zu einer höheren Ausbeute an einer weißeren
Mehlfraktion und einer höheren Ausbeute an einer reineren
Hülsenfraktion (Kleiefraktion) aus der
Hochgeschwindigkeitsmühle führt, als dies bisher der Fall war.
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In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß es
bei herkömmlichen Mahltechniken an sich bekannt ist,
Getreideprodukte zwischen glatten Rollen zu vermahlen.
Allerdings umfaßt diese bekannte Behandlung einen oder
mehrere Mahlschritte/-durchläufe und wird als
Mahlschritt zur Behandlung einer im wesentlichen reinen
(d. h. enthülsten) Getreide- bzw. Grießfraktion
zwischengeschaltet, wobei die eine glatte Oberfläche
aufweisenden Rollen mit einer Differentialgeschwindigkeit
rotieren, die im wesentlichen von null abweicht (und
bei etwa 1,5 : 1 liegt), d. h. wobei Scherkräfte zur
direkten Extraktion des Mehls eingesetzt werden.
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Ein Experte kann den Rollenspalt so einstellen, daß
sich der genannte flachgedrückte Zustand erzielen läßt,
ohne daß es hierfür eines erfinderischen Schritts
bedürfte.
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Im folgenden wird ein in der beigefügten Zeichnung
dargestelltes Ausführungsbeispiel eines Mahlschrittes
genauer erläutert.
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Die Zeichnung zeigt eine Scheibenmühle 1 gemäß der
schwedischen Patentveröffentlichung Nr. 8403125-1
(442,826), die einen Auslaß 3 und Mahlscheiben 4, 5
umfaßt, von denen eine feststehend sein kann, während die
andere mittels einer Antriebswelle 6 in Rotation
versetzt wird. Die Scheibenmühle umfaßt zudem eine
Aufgabeleitung 7 zur Zuführung des Getreides, eine
Mahlkammer 8, auf den Mahlscheiben 4, 5 ausgebildete gerippte
Bereiche 10 und ein Gehäuse 11.
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Gemäß der vorliegenden Erfindung ist in der
Aufgabeleitung 7 ein Paar glatte Oberflächen aufweisender
Zerflockungs-Rollen 12 vorgesehen, die mit Hilfe eines
nicht dargestellten Motors mit derselben
Geschwindigkeit gedreht werden. Anders ausgedrückt dient das
Rollenpaar 12 als Aufgabevorrichtung, die der
Scheibenmühle Material zuführt, wobei das von der
Aufgabevorrichtung abgegebene Produkt von der oben beschriebenen
Art ist.
Beispiel
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Mit Hilfe der beschriebenen Scheibenmühle wurden weiße
(Weizen-)Mehlfraktionen erzeugt, welche Aschenanteile
von 0,55-0,70% sowie Hülsenfraktionen umfaßten, die
nahezu kein Mehl bzw. keinen Grieß enthielten.
Andererseits wurde mit einem identischen Ausgangsprodukt, das
einer Scheibenmühle der beschriebenen Art direkt
aufgegeben wurde, bei der keine Aufgabevorrichtung mit
glatte Oberflächen aufweisenden Zerflockungs-Rollen
vorhanden war, eine Mehlfraktion mit einem Aschenanteil
von zwischen 0,70 und 0,85% erzielt. Die Beobachtungen
und Ergebnisse sind in der unten aufgeführten Tabelle
angegeben, wobei zudem die Ergebnisse von Versuchen
gelistet sind, die mit einer Turbomühle vom Typ "Fine
Grinder" - wie sie von der UNITED MILLING SYSTEMS A/S,
Dänemark, hergestellt wird, vorgenommen wurden. Zudem
wurde diese Mühle ebenfalls mit einer ein Paar glatte
Rollen umfassenden Aufgabevorrichtung ausgestattet.
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Die Erfindung beschränkt sich nicht auf den Einsatz für
Mahlzwecke in einem ersten Schritt eines
Mahlverfahrens, sondern könnte ebenso beim Mahlen in späteren
Stufen des Mahlverfahrens zum Einsatz kommen. Anders
ausgedrückt, muß es sich - selbst wenn die Erfindung in
einem ersten Schritt eines Mahlverfahrens eingesetzt
wird - beim Ausgangsmaterial nicht um ganze
Getreidekörner bzw. Getreidekörner handeln, die noch ihre
ursprüngliche Hülse aufweisen. So könnten als
Ausgangsmaterial beispielsweise auch teilweise enthülste ganze
Getreidekörner oder zerteilte Getreidekörner Verwendung
finden.
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Es wird darauf hingewiesen, daß die Erfindung nicht nur
zum alleinigen Zweck einer gleichzeitigen Gewinnung
reinen Mehls und reiner Kleie, sondern auch entweder
zur Gewinnung reiner Kleie oder zur Gewinnung reinen
Mehls eingesetzt werden kann. So erzeugt etwa eine
Stiftmühle, die mit der oben beschriebenen
Aufgabevorrichtung ausgestattet ist, keine reine Kleie, sondern
reines Mehl, wobei der Begriff "rein" einen höheren
Reinheitsgrad bezeichnet, als er sich ohne die
erfindungsgemäße Aufgabevorrichtung erzielen läßt.