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Anordnung zur Gewinnung der Unsymmetriekomponenten von Mehrphasensystemen
Es ist bekannt, zur Ermittlung des Mit-und Gegensystems von Drehstromanlagen Kunstschaltungen
von Widerständen zu verwenden, die im wesentlichen darauf hinauslaufen, einzelne
Spannungs- und Stromkomponenten unter bestimmten Winkeln, vorzugsweise 6o° und ein
ganzes Vielfaches davon, zu addieren. Die Winkelverdrehungen werden dabei meistens
durch in Serie geschaltete Ohmsche Widerstände und Induktivitäten oder Kondensatoren
erreicht, wozu mehr öder minder umfangreiche Brückenschaltungen erforderlich sind.
Alle diese bekannten Schaltungen haben im wesentlichen zwei kaum vermeidbare Nachteile.
Die Verwendung von Impedanzen machen erstens die Messungen stark frequenzabhängig.
Nun sollen aber solche Symmetriesiebe oder Drehfeldscheider in erster Linie für
selbständig wirkende Schutzeinrichtungen, Regler, Abgleichschaltungen usw. verwendet
werden, wo es darauf ankommt, im Fehlerfalle (Kurzschluß, Er dschluß- usw.) oder
bei starken Belasfungsschwankungen die Größe der beiden symmetrischen Komponenten
möglichst genau zu ermitteln. Gerade hierbei ist aber mit größeren Frequenzschwankungen
zu rechnen. Es gibt auch kleinere und mittlere Netze, die über längere Zeitabschnitte
mit um einige Prozente abweichenden Frequenzen fahren. In all diesen Fällen wird
die Messung ungenau und daher dort, wo sie zu Schalthandlungen ausgenutzt werden
soll, unzuverlässig.
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Der zweite Nachteil besteht in der grundsätzlichen Notwendigkeit,
zur Phasendrehung Brückenschaltungen verwenden zu müssen. In diesen Brückenschaltungen
sind es immer nur einzelne wenige Zweige, die die Komponenten für die Messung liefern.
Der Verbrauch der übrigen Brückenzweige geht für die eigentliche Messung verloren.
Dadurch wird die Belastung der Meßwandler außerordentlich hoch, so daß mit normalen
Wandlern für halbwegs verwertbare Genauigkeiten nicht mehr das Auslangen gefunden
werden kann.
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Diese beiden schwerwiegenden Nachteile haben es bisher verhindert,
Unsymmetriesiebe in systematischer Folge in der Starkstrommeß-, Regel-, Steuer-
und Schutztechnik anzuwenden, obwohl hierfür ein Bedürfnis vorliegt. Man hat zwar
versucht, die Unsymmetriesysteme mit Zuhilfenahme von rotierenden Synchron- und
Asynchronmaschinen
zu gewinnen *), um vor allem eine Frequenzunabhängigkeit
zu erzielen. Hierbei wurde aber durch Speisung der die Meßgröße induzierenden Ständerwicklung
mit dem u symmetrischen Drehstromnetz eine starkeBe=_ einflussung durch höhere Harmonische
in Kauf genommen. Das gleichzeitige Auftreten des Mit- und Gegensystems in ein und
derselben Maschine bringt ferner eine Reihe weiterer Fehlerquellen mit sich, die
durch die unsymmetrischen magnetischen Verhältnisse, die gegenseitige Beeinflussung
der Wicklungen, die Verschiedenheit der Streuungen usw. bedingt sind. Es ist daher
auch diese Art der Messung bis heute praktisch nicht ausgeführt worden.
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Die vorliegende Erfindung sucht die beschriebenen Mängel durch grundsätzlich
andere Mittel zu vermeiden, Sie ist dadurch gekennzeichnet, daß zu einzelnen Spannungen
des Mehrphasensy stems eine oder -mehrere Spannungen addiert werden, die aus einem
rotierenden Umformer mit räumlich versetzten festliegenden oder verdrehbar angeordneten
Generatorwicklungen gewonnen werden. Durch Drehbarmachung einzelner Spulen oder
des ganzen Ständers kann jede beliebige Phasenverschiebung eingestellt «.erden.
Die Frequenzunabhängigkeit ist gewährleistet, wenn die Drehzahl des Umformers sich
proportional mit der Frequenz ändert. Der Umformer kann dabei noch andere Wicklungen
tragen, die eine gleichzeitige Messung von Mit- 'und Gegenkomponente gestattet oder
auch die Verwendung beliebig phasenverschobener Meßwerte zu verschiedenen Meß-und
Steuerzwecken ermöglicht. Dabei kann die zur Messung oder Steuerung erforderliche
Endmeßgröße auch durch Schaltung einzelner Spulen schon im Ständer oder durch besondere
Ausbildung der Wicklung oder des Ständers durch Hilfspole, Sättigungsstege, Spaltpole
u. dgl. gebildet werden.
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Dadurch, daß außer dem Verbrauch im Antriebsteil und in der Generatorwicklung
nur noch die Maschinenverluste zu decken sind, bleibt die Belastung der 'vleßwandler
in erträglichen Grenzen, so daß Wandler normaler Bauart Verwendung finden können.
Für reine Meßzwecke oder dort, wo der Verbrauch der hinter dem Symmetriesieb angeordneten
Geräte gering ist, kann das Gerät auch in Form eines Zählers, d. h. mit einer als
Läufer eines Synchronmotors ausgebildeten Ferrarisscheibe als Antriebsorgan gebaut
werden.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung für die Messung der Gegenspannung
eines Drehstrornsystems ist in der Abb. i gezeigt. *Siehe ETZ IQ2j, Seite
899.
Die Gegenspannung UR= eines Dreiphasensy stems mit den Phasenspannungen
UR, US, UT ist bekanntlich 'ifrüRz = UR -f- a2 US -j- a UT
= a2 URS -I- a UR7 @flder mit _ . URT - URS -f--
UST UR, = K (URS -I- a UTS), worin k eine Zahlenkonstante und
bedeutet. Um also die Gegenkomponente der Spannung zu finden, ist zur verketteten
Spannung URS die um iao° verdrehte Spannung UTS zwischen den Phasen T und
S zu addieren. In der Abbildung bedeuten i zwei Spannungswandler in V-Schaltung.
2 ist ein kleiner einphasiger Synchronmotor, der etwa von Hand aus angeworfen wird
oder Selbstanlauf besitzt. Dabei ist es gleichgültig, woher der Motor die Erregung
bezieht. In der Abbildung ist diesebeispielsweise über einenGleichrichter 3 an die
Wechselspannung gelegt. Der Synchr=onmotor treibt direkt oder über ein Getriebe
den Generator q, der im Beispiel als Synchrongenerator mit verdrehbarem Stator gezeichnet
ist. Er enthält im einfachsten Fall eine um iao° versetzte Wicklung, an der die
Spannung a UTS abgenommen werden kann, da die Erregung über einen weiteren
Gleichrichter 5, also proportional UTS erfolgt. Diese Wicklung wird in Serie zur
Sekundärwicklung des zweiten Spannungswandlers geschaltet; an den Klemmen 6 tritt
dann die Gegenspannung des Systems auf.
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An Stelle des Einphasenmotors 2 kann natürlich jede frequenzproportionale
Antriebsanordnung treten, die natürlich auch zwei-oder dreiphasig geschaltet -werden
kann. Daß das Gerät ein dauernd rotierendes Aggregat enthält, ist bei der Kleinheit
desselben kein Nachteil. In vielen Meßgeräten werden dauernd bewegte Teile grundsätzlich
angeordnet, um beispielsweise Kontaktschwierigkeiten zu verhindern. Dagegen gibt
es hier noch eine Reihe von Möglichkeiten, um eine universelle Verwendbarkeit des
Gerätes sicherzustellen.
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So können beispielsweise in den Erregerkreisen der Maschinen (oder
den entsprechenden Teilen bei anderer Umformeranordnungj Widerstände 7 eingeschaltet
werden, die (unter Umständen mit Stufen oder kontinuierlich etwa über einen Kohledr.uckregler)
von außen eine noch geringere elektrische Beeinflussung der Phasenlage und der Spannungshöhe
für verschiedene Kompensations- und Steuerzwecke ermöglichen. Es ist ferner die
Anbringung einer mechanischen oder elektrischen Bremsvorrichtung 8 vorgesehen, die
das
Kippmoment des Aggregates einzustellen gestattet, so daß es bei einer bestimmten
Spannungsabsenkung stehenbleibt und etwa einen Kontakt betätigt. Dadurch wird es
beispielsweise möglich, in Selektivschutzanlagen zwischen zwei- und dreipoligen
Kurz--':.: schlössen zu unterscheiden und die Relais-. spulen im letzteren Fall
an die Mitspannung zu legen, während sie sonst an der Gegenspannung angeschlossen
sind. Auch die Anbringung eines Fliehkraftschalters 9 ist möglich, mit dem bestimmte
Drehzahländerungen erfaßt werden können. Insbesondere kann damit auch das eventuelle
Außertrittfallen oder Stehenbleiben des Umformers gemeldet-oder zu einer Schalthandlung
ausgenutzt werden. Alle auf diese Weise getroffenen Schaltungen können dabei überdies
von dem Auftreten und der Höhe der Gegenspannung abhängig gemacht werden.
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Es ist ferner möglich, in an sich bekannter Weise ein zweites System
mit konstanter Drehzahl, entsprechend der normalen Netzfrequenz, anzuordnen, das
auf mechanischem oder elektrischem. Wege die Frequenzabweiehung vom Normalzustand
anzeigt und mit Hilfe einer weiteren Hilfsspannung zur Regelung oder Steuerung mit
herangezogen werden kann. Dabei kann die Abweichung vom kurz vorhergehenden Zustand
oder auch die Abweichung vom Dauersollzustand erfaßt werden, wenn das zusätzliche
System mit hoher Schwungmasse ausgerüstet oder durch ein Uhrwerk angetrieben wird.
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Die in der Abbildung gezeigte Spannungsschaltung kann, ebenso wie
alle anderen im vorstehenden für Spannupgen angegebenen Zusatzanordnungen, natürlich
sinngemäß auch für Stromschaltungen, gegebenenfalls durch Erzeugung entsprechender
Spannungsabfälle in Widerständen, angewendet werden.