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Gattungsbereich
der Erfindung
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Die vorliegende Erfindung liegt auf
dem Gebiet der Chemotherapie. Näherhin
hat sie mit Zusammensetzungen zur Verringerung der Nebenwirkungen
chemotherapeutischer Mittel zu tun.
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Hintergrund
der Erfindung
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Die Wirksamkeit von Arzneimitteln
könnte
erhöht
werden, wenn nicht Nebenwirkungen ihrer Anwendung in stärkeren Dosierungen
verhindern würden.
Nebenwirkungen sind dadurch bedingt, dass ihre Wirkung nicht genügend auf
die der Behandlung bedürftigen
Körperzellen
oder Mikroorganismen fokussiert ist. Die Nebenwirkungen sind insbesondere durch
fehlgeleitete Wirkung des genannten Arzneimittels auf bestimmte
Körperzellen
verursacht, die nicht das beabsichtigte Target bzw. Ziel des genannten
Arzneimittels sind. Falls beispielsweise das für andere Targets beabsichtigte
Arzneimittel dessen ungeachtet toxisch bezüglich Gastrointestinalzellen
ist, kann es zu Übelkeit,
Erbrechen und Durchfall sowie zu gastrointestinalen Blutungen kommen.
Falls das Arzneimittel toxisch bezüglich Hämatopoiese-Zellen (blutbildenden
Zellen) ist, können
Anämie,
Infektionsempfindlichkeit (infolge einer unzureichenden Zahl weißer Blutkörperchen)
und Blutungen die Folge sein. Falls das Arzneimittel toxisch für Hautzellen
ist, können
hieraus Haarverlust und Ausschlag resultieren.
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Der Grund dafür, dass Krebs so schwierig aus
dem Körper
zu beseitigen ist, besteht darin, dass Mittel (nachstehend Onkolytika
oder Antikrebsmittel genannt), welche Krebszellen abtöten, auch
Zellen mit normalem Teilungsverhalten wie Zellen des Intestinaltrakts,
blutbildende Knochenmarkszellen und Hautzellen abtöten. Falls
normale Zellen gegen die zytotoxischen Wirkungen von Antikrebsmitteln
geschützt
werden können,
können
ohne Gefährdung höhere Dosen
der Antikrebsmittel angewandt werden. Da höhere Dosen einen höheren Prozentanteil von
Krebszellen abtöten,
würde es
so möglich
werden, diejenigen wenigen Krebszellen, welche die niedrigeren derzeit
verwendeten Dosierungen zu überstehen
vermögen,
abzutöten.
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Der Grund dafür, dass Viren so schwierig
aus dem Körper
zu beseitigen sind, besteht darin, dass Mittel, welche Viren abtöten, auch
Zellen mit normalem Teilungsverhalten abtöten. Falls normale Zellen gegen
die zytotoxischen Wirkungen von Antivirusmitteln geschützt werden
können,
würde es
möglich, hinreichende
Dosen derartiger Mittel zur Beseitigung lebensbedrohender Viren
anzuwenden. So hat sich beispielsweise Azidothymidin (AZT) als lebensverlängernd bei
der Behandlung des Acquired Immune Deficiency Syndrome (AIDS) erwiesen.
Gemäß „Backgrounder" (Veröffentlichung
vom National Cancer Institute, Office of Cancer Communications),
19. September 1986, ist "AZT
ein Derivat von Thymidin, einer der normalen Komponenten von DNA
(Genen), das von der Wirtszelle und dem Virus zur Herstellung von
für die
Replikation erforderlichen chemischen Stoffen benötigt wird.
Wenn AZT in eine von HTLV-III (dem Virus, der AIDS verursacht) infizierte Zelle
eintritt, überflutet
das Mittel die Zelle mit falschen DNA-Baublöcken, derart, dass der Virus
keine Kopien von sich selbst machen kann. Sobald dies eintritt, wird
die Virusinfektion und die Replikation zum Stillstand gebracht,
wodurch die Target-Zellen geschützt werden." Leider erreicht
in den Blutstrom injiziertes Azidothymidin auch Hämatopoiese-Zellen
des Knochenmarks. Dort bringt Azidothymidin die Replikation von
reproduzierenden Blutzellen zum Stillstand. Die Folge ist Anämie und
eine reduzierte Anzahl von weißen
Blutzellen. Die (soeben zitierte) Veröffentlichung NCI Backgrounder
stellt fest, dass „bei
hohen Dosen die Knochenmarks-Suppression wahrscheinlich ein einschränkender
Faktor für
das Arzneimittel sein wird." Wenn
wir diese Knochenmarkszellen gegen die schädliche Wirkung von AZT schützen können, könnten wir
eine höhere
Dosis von AZT anwenden, was möglicherweise
zu einer besseren Behandlung führen
würde.
Obgleich nunmehr nicht unerhebliche Fragen bestehen, ob der im Zusammenhang
mit AIDS auftretende Virus die Ursache von AIDS ist, ist jedoch
die obige Beschreibung auch für
die Behandlung von Viruserkrankungen im allgemeinen gültig, wo
der Schutz von normalen, sich teilenden Zellen eine höhere, effektivere
Dosierung antiviraler Mittel erlaubt.
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Andere Antimikroben-Arzneimittel
haben ernsthafte Nebenwirkungen, die ihre Verwendung einschränken. Gentamyzin
und verwandte Arzneimittel, wie Tobramyzin und Amikazin sind, neben
Penizillin, die wichtigsten Antibiotika bei der Behandlung von Sepsis
bei geschwächten
Patienten (beispielsweise postoperativen Patienten, älteren Menschen oder
immungeschädigten
Patienten). Diese Arzneimittel schädigen jedoch auch Nierenzellen
sowie Vestibular- und Gehörsensor-Zellen
und können
daher häufig
nicht in geeigneten Dosierungen oder über hinreichende Zeitdauer
ange wandt werden. Ein Schutz der Nieren-, Vestibular- und Gehörsensor-Zellen
gegen die schädliche
Wirkung dieser Antibiotika kann eine längere Anwendung dieser Arzneimittel
ermöglichen,
was zu einer Rettung von mehr Leben führen kann.
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Die WO-A-9 010 460 befasst sich allgemein mit
einem Verfahren zur Verminderung von Nebenwirkungen eines Arzneimittels
bedingt durch ungewünschte
Wirkungen des Arzneimittels auf Körperzellen, welche nicht das
beabsichtigte Ziel des Arzneimittels sind. Aus dieser Druckschrift
ist es bekannt, dass Antikörper
erforderlich sind, um einen Mikrokörper-Träger, der ein Antidot (Gegengift)
enthält, zu
einer bestimmten Körperzelle
zu dirigieren. Passive dirigierende Zusammensetzungen, bestehend aus
Liposomen und Antidot, werden jedoch nicht offenbart.
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Die WO-A-9 117 761 offenbart ein
Verfahren zum zielgerichteten Schutz gegen Zytotoxine, wobei ein
Antagonist des Zytotoxins zusammengesetzt mit einem zellspezifischen
Bindungsagens, welches eine zellulare Oberflächenkomponente, die bei normalen, jedoch
nicht bei kranken Zellen vorhanden ist, spezifisch bindet, für die Behandlung
benutzt wird. Diese Offenbarung zeigt jedoch keine Zusammensetzung für die Zuführung eines
Antidots zu einer Körperzelle, welche
durch die Körperzelle
vermittels ihrer inhärenten
Affinität
absorbiert wird.
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Chemical Abstracts, Bd. 102, Nr.
24 (1985), Abstract Nr. 209350 offenbart Arzneimittelträger, die so
konstruiert sind, dass sie ein pharmakologisches Agens selektiv
zum Einsatzort bringen, um die Effizienz des Agens selbst zu erhöhen und
dessen Nebenwirkungen zu minimieren. Diese Druckschrift berichtet
von Liposomen, die monolamellar sind, jedoch eine Größe von 200
bis 300 nm aufweisen. Größere Liposomen
(200–300
nm) neigen jedoch dazu, durch phagozytische Makrophagen-Zellen und
durch die Leber aus dem Blutkereislauf entfernt zu werden. Die offenbarten
Liposomen sind daher nicht geeignet, die Aufgaben der vorliegenden
Erfindung zu lösen.
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Aufgabe und
Zusammenfassung der Erfindung
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Ich habe eine neuartige Zusammensetzung für die Fokussierung
von Arzneimittelwirkungen und Verminderung der Nebenwirkungen eines
Arzneimittels durch den Schutz von Körperzellen, für die das Arzneimittel
nicht gedacht ist, gegen die ungewünschten Wirkungen des Arzneimittels
erfunden. Insbesondere zielt meine Zusammensetzung darauf ab, ein
Antidot für
das Arzneimittel vorzugsweise an diejenigen Körperzellen zu liefern, die
dieses Schutzes bedürfen,
wenn das Arzneimittel eingesetzt wird. Diese Zuführung wird erreicht, so dass
das Antidot die ungewünschten
Wirkungen des Arzneimittels auf die des Schutzes bedürfenden
Körperzellen
aufheben kann, und zwar bevorzugt bezüglich derjenigen Körperzellen,
die des Schutzes bedürfen,
gegenüber dem
beabsichtigten Ziel des Arzneimittels.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform
soll meine Zusammensetzung bei Verwendung des Arzneimittels ein
Antidot für
das Arzneimittel bevorzugt den des Schutzes bedürfenden Körperzellen zuführen, wobei
die bevorzugte Zuführung
dadurch erreicht wird, dass das Antidot auf ein kleines monolamellares
Liposom mit einer weichen Hülle
aufgebracht ist, mit einer inhärenten
Affinität,
durch die schutzbedürftigen
Zellen aufgenommen zu werden, wobei die Affinität zur Aufnahme bei den schutzbedürftigen
Zellen größer ist
als bei dem beabsichtigten Ziel des Arzneimit tels, wobei die Aufnahme
dem Antidot ermöglicht,
die ungewünschten
Wirkungen des Arzneimittels auf die schützbedürftigen Zellen aufzuheben.
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Detaillierte
Beschreibung der Erfindung
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Der Begriff „Arzneimittel" bedeutet chemotherapeutische
Agenzien wie etwa gelistet in „The Pharmacologic
Basis of Therapeutics" (Pharmakologische
Grundlagen der Therapie) (A. G. Gilman, L. S. Goodman, A. Gilman,
Herausgeber, McMillan Publishing Co. New York 1980 und spätere Ausgaben).
Im Rahmen dieser Erfindung beinhaltet der Begriff „Arzneimittel" ionisierende Strahlung,
wenn diese bei der Behandlung von Krankheiten Verwendung findet,
da die hochenergischen radioaktiven Teilchen als Arzneimittel wirken.
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Der Begriff „Antidot" (Gegengift) bedeutet eine Chemikalie,
die den zellularen Wirkungen eines bestimmten Arzneimittels entgegenwirkt.
Zum Beispiel ist Folinsäure
ein Antidot für
das Antikrebsmittel Methotrexat, Thymidin ein Antidot für das Rntikrebsmittel
Floxuridin (FudR), Oxypurinol ein Antidot für 5-fluorouracil (5-FU), Uridin ein Antidot
für Rzaribin, Thiol
enthaltende Chemikalien wie Thiourea, Methionin (Burchenel, J. H.
et al., Biochemie 60, 961–965, 1978,
DiRe, F. et al., Cancer Chemocer. Parm. 25, 355–360, 1990) Antidots für Platin
und Platinderivate und Desoxyzytidin ein Antidot für Zytosin-Arabinosid. Folinsäure ist
ein schwaches Antidot für
Vinblastin und Vincristin, doch Glutamin- und Asparaginsäure, Natriumglutamat
und Tryptophan sind Antidote für Vinblastin.
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Bei der Ermittlung, welche Chemikalie
als Antidot für
ein angenommenes Arzneimittel dienen kann, gibt es bestimmte logische
Zusammenhänge:
- 1) Besteht die Wirkung eines Arzneimittels
darin, dass es ein nicht funktionales Analogon eines natürlichen
Metaboliten ist (zum Beispiel wird das Enzym Dihydrofolat-Reduktase
durch Methotrexat, ein nicht funktionales Analogon von Folinsäure, bei
der Erzeugung von Thymidin blockiert), ist ein Antidot für ein derartiges
Arzneimittel der natürliche
(funktionale) Metabolit für
welches dieses Arzneimittel das Analogon ist (für Methotrexat, Folinsäure, welche
den Enzymverbindungsort besetzen kann, um zu verhindern, dass Methotrexat gebunden
wird und das Enzym blockiert).
- 2) Arbeitet das Arzneimittel, indem es ein Enzym blockiert,
das entscheidend für
die Produktion eines spezifischen Metaboliten benötigt wird
(zum Beispiel wird das Enzym Dihydrofolat-Reduktase durch Methotrexat bei der
Produktion von Thymidin blockiert), so ist ein Antidot für ein derartiges Arzneimittel
der spezifische Metabolit, dessen Produktion durch das Arzneimittel
blockiert wird (zum Beispiel Thymidin im Falle von Methotrexat).
- 3) Bildet sich in Zellen eine natürliche Resistenz gegen ein
Arzneimittel heraus, so kann man feststellen, wie die Zellen resistent
werden und eine Chemikalie finden, welche die Zelle auf die gleiche
Weise resistent gegen das Arzneimittel macht; eine solche Chemikalie
könnte
ein Antidot sein. Zum Beispiel werden Zellen häufig resistenter gegen die
Wirkung eines Medikaments durch Vermehrung der Synthese eines Enzyms,
das beim Abbau des Arzneimittels hilft, sobald das Arzneimittel
in die Zelle einge drungen ist. Dieses Enzym ist ein Antidot für das Arzneimittel.
Hieraus folgt, dass ein Enzym, das ansonsten harmlos in dem intrazellularen
Milieu arbeitet, das das Arzneimittel abbaut, ein Antidot sein kann.
Manche Zellen sind resistent gegen die Wirkung von Bleomyzin aufgrund
der höheren
intrazellularen Konzentration von Bleomyzin-Hydrolase. Die Resistenz
gegen Zytosin-Arabinosid
wurde auch der Zytidin-Deaminase zugeschrieben. Die Resistenz gegen
wichtige Aminoglykosid-Antibiotika wurde Azetylasen und Aminoglykosid-inaktivierenden Enzymen
zugeschrieben. Die in der Leber reichtlich vorhandene Xantin-Oxidase
detoxifiziert 6-Mercaptopurin und Azathioprin. Diese Enzyme sind,
wenn sie in das Zytoplasma von schutzbedürftigen Zellen gelangen, Antidote
für die
von ihnen detoxifizierten Arzneimittel.
- 4) Im Falle von ionisierender Strahlung als Arzneimittel kann
man Antidote unter Chemikalien finden, die als „Radioprotektoren" bekannt sind, wie etwa
WR-2721 und WR-1065 (Walter Reed Army Institute of Research, Washington,
D.C.).
- 5) Ein neuer Ansatz, dem derzeit noch nachgegangen wird, besteht
darin, einen exogenen Überfluss
der Zielstrukturen, an welche sich das Arzneimittel bindet (Cisplatin
an Desoxyribonucleinsäure),
in welches es sich einschiebt (Doxorubicin, Daunorubicin in Desoxyribonucleinsäure), oder
die es direkt verändert
(Alkylatoren bezüglich DNA
und Komponenten wie Guanin), in das zellulare Zytoplasma einzubringen.
In diesem Fall wären
Fragmente der DNA (zum Beispiel künstlich synthetisierte DNA-Fragmente,
die reich an Guaninbasen sind) das Antidot. Sobald sie im Zytoplasma
wären,
könnten
solche Lockvogel-DNA-Fragmente mit eindringenden mit zytotoxischen
Arzneimolekülen
reagieren und diese in Bezug auf die „wirkliche" funktionierende DNA der Zelle wirkungslos
machen.
- 6) Manche Arzneimittel wirken über die Erzeugung freier Radikaler
in Zellen (zum Beispiel Doxorubicin). In solchen Fällen können Radikalenfänger wie
Alphatocopherol, Koenzym Q und N-Acyldehydroalanine
als Antitode dienen (Solaini, G. Biochem. Biophys. Res . Cmm. 147
(2) , 572–80,
1987 m. w. N.; Pascoe, G. A. Archives Bioch. Biophys. 256(1), 159–166, 1987).
Die Verwendung von Doxorubicin wird durch seine Kardiotoxizität limitiert,
welche offenbar besonders durch die Erzeugung freier Radikale bedingt
ist. Die oben erwähnten
Radikalenfänger
können
als Antidote für
den Herzmuskel und andere Zellen dienen. Metallothionein (Webb,
M., in: The Chemistry, Biochemistry and Biology of Cadmium, Webb,
M., Herausgeber Elsevier/North Holland, Amsterdam, S. 195, 1979)
ist ein Protein mit geringem Molekulargewicht, welches eine Schutzwirkung
gegen Schwermetalltoxizität,
wie platinhaltige Arzneimittel, besitzt und offenbar auch eine Schutzwirkung
für Zellen
gegen freie Radikale bildende Arzneimittel wie Doxorubicin, Bleomycin,
Peplomycin und Bestrahlung entfalten. Es wurde auch beschrieben,
dass Metallothionein gegen einige alkylierende Arzneimittel schützt. Metallothionein
kann unmittelbar als Antidot verwendet werden, oder man kann eine
Chemikalie wie Wismut-Subnitrat verwenden, welche die intrazellulare
Synthese von Metallothionein präinduziert
(Satoh, M. et al., Cancer Chemother. Pharmacol. 21, 176–178, 1988).
Es entspricht natürlich
dem gesunden Menschenverstand und liegt sicherlich für den Fachmann
nahe, dass man, wenn man einen Prä-Induktor verwendet, den Schutzeffekt
optimieren würde,
wenn man den Prä-Induktor
vor dem Einsatz des Krebsmittels zuführen würde, so dass Zeit wäre für die Bildung
des Metallothinoein in der zu schützenden Zelle, be vor die Zelle
dem Krebsmittel ausgesetzt wird. Da jedoch Krebsmittel üblicherweise
Patienten wiederholt über
mehrere Wochen gegeben werden, kann man mit der Prä-Induktor-Behandlung
etwa um dieselbe Zeit wie mit dem Krebsmittel beginnen. Zunächst sind
die zu schützenden Zellen
noch nicht optimal geschützt,
aber innerhalb weniger Tage werden diese Zellen optimal geschützt sein.
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Bei der Suche nach Antidoten kann
man auf bekannte empirische Ergebnisse zurückgreifen oder es in vivo oder
in vitro durchführen.
Zum Beispiel kann man wie folgt feststellen, ob eine Substanz als ein „Antidot" zum Zwecke dieser
Erfindung in Frage kommt: man bringt das zu testende „Antidot" in eine Zellkultur
von zu schützenden
Körperzellen.
Dann wird das Arzneimittel, für
welches das Antidot getestet wird, in die Zellkultur eingebracht.
Man erfasst die Wirkung des Test-„Antidots" auf die Wirkung des Arzneimittels auf
die Zellen in der Zellkultur, so dass man die Akzeptabilität des Test-„Antidots" feststellen kann.
Bei einigen Antidoten, wie Proteinen und Enzymen, muss man gegebenenfalls
Mittel zum Einschleusen des Test-„Antidots" in die Körperzellen der Kultur zur Verfügung stellen
(zum Beispiel durch Platzieren der Enzyme in Liposomen, wie nachstehend diskutiert)
und zum Ermöglichen
des Eindringens der Enzyme in das Zytoplasma, wenn sich die Membranen
der Liposomen und der Zelle vereinigen.
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Liposomen sind Kügelchen, die gebildet werden,
wenn Phospholipide in wässrigen
Behältnissen anschwellen
können.
In der lipiden oder wässrigen Phase
von Liposomen können
lipide bzw. wasserlösliche
Substanzen eingeschlossen werden. Verschiedene physikalische Eigenschaften
von Liposomen lassen sich beliebig variieren: Größe (Radius) kann von etwa 12
nm bei monolamellaren Liposomen bis hin zu mehreren Mikron bei multilamellaren
Versionen eingestellt werden und durch die Einbindungen von geladenen
Amphilen kann eine negative oder positive Oberflächenladung bestimmt werden
(Gregoriadis, G., Methods in Enzymology 44, 698-, 1976). Die Steuerung
der Permeabilität
für eingeschlossene Substanzen
sowie der Stabilität
ist ebenso möglich, durch
die Hinzufügung
eines Sterols oder anderer Lipide in die Liposomenstruktur (Gregoriadis,
G., a. a. O.).
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Die Liposomen sollten vorzugsweise
monolamellar, etwa 35 bis 60 nm (350-600 Angström) in Durchmesser und entweder
neutral oder positiv geladen sein. Im Stand der Technik sind zahlreiche
Verfahren zur Herstellung geeigneter Liposomen bekannt (Juliano,
R. L., Stamp D., Biochem. Biophys. Res. Comm. 64 (3), 651–658, 1975
; siehe auch Ann. New York Acad. Sci. 308, 411–432, 1978, siehe auch Canad.
J. Physio. Pharmacy 57 (5), 535–539,
1979, und Biochem. Pharmacol. 27, 21–27, 1978; Kimelberg H. K.,
Cancer Res. 36, 2949–2957,
1976, Arbeit von Barbet, J., Machy, P., und L. Leserman, J. Supramolecular
Structure und Cellular Biochemistry 16, 243–258, 1981; Gregoriadis, G.
Nature 265, 407–11, 1977;
Gregoriadis, G., New England J. Med. 295 (3), 704–710, 1976
und 295 (14), 765–770,
1976. Reichhaltige Informationen sind verfügbar in der Forschungsliteratur,
die beschreiben, wie die Größe, die Ladung
und der Inhalt der Liposomen zu variieren sind (Gregoriadis, G.,
Leathwood, P. D., and Ryman, B. E., Fed. Europ. Biochem. Soc. Letters
14, 95–99, 1971;
Gregoriadis, G., Fed. Europ. Biochem. Soc. Trans. 2, 117–119, 1974;
Gregoriadis, G., und Ryman, B. E., Europ. J. Biochem. 24, 485–491, 1972; Magee,
E. E., Miller, O. V., Nature 235, 339–340, 1972; Kobayashi, T.,
Gann 66, 719–720,
1975; Gregoriadis, G. Biochem. Soc. Trans. 2, 117, 1974; Gregoriadis,
G., Fed. Europ. Bioch. Soc. Letters 36 (3), 292, 1973; Gregoriadis,
G. und E. D. Neerunjun Biochem. Biophys. Res. Comm. 65, 537–544, 1975).
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Je nach Typ, chemischer Zusammensetzung und
physikalischen Eigenschaften des Liposoms kann es vorteilhaft sein,
das Antidot in ein solches Liposom zu platzieren, indem einige Liposomen
eine inhärende
Affinität
dazu besitzen, von bestimmten Körperzellen
aufgenommen zu werden, wie etwa den hämatopoietischen Zellen im Knochenmark.
Ein Grund für
diese Affinität
ist, dass einige Blut- und Knochenmarkszellen eine natürliche Tendenz
besitzen, Partikel zu „umfließen", und ein Mikrokörperträger stellt
ein solches Partikel dar. In solchen Fällen kann man das Antidot bevorzugt
den normalen, schutzbedürftigen
Zellen im Gegensatz zu dem beabsichtigten Ziel des Arzneimittels
zuführen,
einfach indem das Liposom mit der geeigneten Affinität konstruiert,
entwickelt oder ausgewählt
wird.
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So konnte zum Beispiel festgestellt
werden, dass man durch Modifizieren der Struktur und der chemischen
Zusammensetzung der Liposomen die Liposomen zu verschiedenen Zellen
im Körper
dirigieren kann, zum Beispiel den Knochenmarkszellen oder den Leberzellen.
Da viele Arzneimittel, insbesondere Onkolytika, Knochenmarks- und
Leberzellen zerstörerisch
beeinflussen, kann man diese Entdeckung nutzbringend einsetzen,
um die Antidote den genannten normalen Zellen zuzuführen.
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Durch zahlreiche Jahre intensiver
Experimente habe ich festgestellt, dass bestimmte Typen von Liposomen
für Zwecke
der Anwendung dieser Erfindung Vorteile gegenüber anderen Typen aufweisen.
Liposomen können
hergestellt werden im Wesentlichen von Lipiden, die entweder „flüssig" (Flüssigkristall-Zustand)
oder „fest" bei Körpertemperatur sind.
Nachstehend werden hierin die flüssigen
Liposome als Liposome mit „weicher
Hülle" und „feste" Liposome als Liposome
mit „harter
Hülle" bezeichnet, wie
dies auch schon früher
geschehen ist. Beispiele von Liposomen mit weicher Hülle sind
solche aus Phosphatidylcholin (< 0)
und Gehirn-Phosphatidylserin (13), wobei die Zahlen in Klammern
die Temperatur ihres Übergangs
vom festen in den flüssigkristallinen
Zustand in Grad Celsius angeben. Beispiele von Liposomen mit harter
Hülle sind
diejenigen aus Distearoylphosphatidylglycerol (53,7) und Distearoylphosphatidylcholin
(55,0), wobei die Zahlen in Klammern wiederum die Temperaturen ihrer Übergänge vom
festen in den flüssigkristallinen
Zustand angeben, welche alle oberhalb der Körpertemperatur von 37–40°C liegen.
Es gibt auch Lipide, deren Übergangstemperaturen
vom festen in den flüssigkristallinen
Zustand nahe an der Körpertemperatur
liegen, so dass aus ihnen hergestellte Liposome irgendwo zwischen
die weichen und harten fallen und als Lipide mit „halbharter
Hülle" bezeichnet werden
können. Diese
Lipide sind Dipalmitoylphosphatidylglycerol (40,0) und Dipalmitoylphosphatidylcholin
(41,5). Höchst
unerwartet konnte festgestellt werden, dass Liposomen mit weicher
Hülle eine
größere inhärente Eignung
zur Zuführung
des Antidots an Knochenmarkszellen und Entgegenwirken der Arzneimittel-Toxizität aufwiesen,
verglichen mit Liposomen mit harter Hülle. Liposomen mit halbharter
Hülle lagen
irgendwo dazwischen. Erfindungsgemäß wird daher das Antidot in
kleine monolamellare Liposomen mit weicher Hülle eingebracht, die vorzugsweise
12–95 nm
(120– 950
Angström)
im Durchmesser aufweisen, hergestellt aus Phosphatidylcholin aus
Ei und Cholesterin im molaren Verhältnis von jeweils 65 : 35, wenn
das Ziel darin besteht, die Knochenmarkszellen gegen toxische Krebsmittel
zu schützen.
Liposomen mit weicher Hülle
besitzen auch eine größere Fähigkeit
zur Lieferung des Antidots an Hepatozyten.
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Die Dosierung des den zu schützenden
Zellen zugeführten
Antidots muss zur Erlangung dieses Schutzes adäquat sein. Bei Verwendung von
Folinsäure
zum Beispiel muss man der zu schützenden Zelle
wenigstens ein Mol Folinsäure
je Mol des in die Zelle eindringenden Methotrexats zuführen. Es
kann Vorteile haben, Liposomen direkt in die Arterien zu injizieren,
die die zu schützenden
Zellen versorgen (zum Beispiel arteria coelias und mesenteria superior,
die die gastrointestinalen Zellen versorgen).
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Das Antidot sollte in die aktiv zirkulierende Körperflüssigkeit
(Blut) eingebracht werden, die die zu schützenden Zellen umspült, bevor
das zytotoxische Arzneimittel in dasselbe Medium eingebracht wird,
um dem Antidot Zeit zu geben, seine Zielzellen zu erreichen. Während sich
bei einem Antidot wie Folinsäure
herausgestellt hat, dass es die toxischen Wirkungen von Methotrexat
dämpft,
selbst wenn es drei Stunden später
als Methotrexat appliziert wird, so ist doch die Dämpfung umso
größer je früher das Antidot
appliziert wird. Im Falle der vorliegenden Erfindung würde das
Antidot vorzugsweise zwischen zwei und zwölf Stunden vor dem zytotoxischen
Arzneimittel appliziert werden, weil das Antidot Zeit braucht, den
zu schützenden
Zellen zugeführt
zu werden, weil die Zuführung
relativ langsam erfolgt. Natürlich
kann man die Zuführung
beschleunigen, indem man die Menge trägergebundenen Antidots erhöht, doch
wird dieser Ansatz durch ökonomische Überlegungen
begrenzt. Wenn ein toxisches Arzneimittel täglich injiziert wird, sollten
Liposomen natürlich
auch täglich
gegeben werden, solange wie toxische Pegel des Arzneimittels im
Blutkreislauf erhalten bleiben. Selbst wenn das toxi sche Arzneimittel nur
einmal gegeben wird, die Dosierung jedoch ausreichend hoch ist,
einen toxischen Pegel im Blutkreislauf für mehrere Tage aufrechtzuerhalten,
wäre es demzufolge
hilfreich, die Liposomen täglich
zu verabreichen.
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Betreffend die Zuführung von
Antidot über
Liposomen, die spezifisch für
Nicht-Antikörper-Targeting
konstruiert wurden, lässt
sich das Verfahren mit folgenden Schritten illustrieren. Kleine
monolamellare Liposomen, die Mononatriumglutamat enthalten, in einer
Größe von 12
bis 95 nm (120 bis 950 Angström)
im Durchmesser werden aus Phosphatidylcholin aus Ei und Cholesterin
(14 mg bzw. 3,87 mg) durch Verdampfen der in 2 ml Chloroform gelösten Lipide
auf die innere Oberfläche
einer Rundbodenflasche mit 250 ml Volumen hergestellt, wonach eine wässrige L-Puffer-Lösung mit 32 mg/ml Glutamat
hinzugefügt
wird, die Mischung verwirbelt wird, bis sich Lipide von der Flasche
ablösen,
woraufhin die trübe Mischung
in einem Bad-Sonikator sonisiert wird, bis sie klar ist. Ein Volumen
von 0,5 ml dieser Suspension, entsprechend 1,25 Mikromollipid, sterilisiert durch
das Durchlaufen eines 0,22 Mikron bakteriologischen Filters, wird
einer 100 g-Ratte
intravenös
injiziert, und zwar 24 und 2 Stunden vor und 24,48, 72 und 96 Stunden
nach einer intraperitonealen Injektion von Vinblastin mit einer
Dosis von 0,75 mg/kg. Während
Tiere, die nur Vinblastin erhalten, Gewichtsverlust (aufgrund von
gastrointestinaler Toxizität
von Anorexia und Diarrhoe) und eine substantielle Zerstörung des
Knochenmarks hinnehmen müssen, zeigen
Tiere, denen die oben beschriebenen Liposomen gegeben wurden, eine
starke Abnahme des Gewichtsverlustes und der Knochenmark-Suppression.
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Andere Beispiele beinhalten die Substitution der
oben genannten Arzneimittel und ihrer Antidote durch andere Arzneimittel-Rntidot-Paare,
die in dieser Patentschrift erwähnt
sind.
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Ein weiteres Beispiel: die Erfindung
kann auch dazu eingesetzt werden, Krankheitsmodelle in Organismen
zu erzeugen, indem man mit einem zytotoxischen Arzneimittel bestimmte
Körperzellen
abtötet
oder krank macht, während
andere Körperzellen geschützt werden,
die durch dasselbe zytotoxische Agens beeinträchtigt werden können. Zum
Beispiel kann man FUdR verwenden, um kolonische Schleimhautzellen
zu schädigen,
um Kolitis zu simulieren, während
Zellen des Dünndarms,
des Magens, des Sophagos, des Oropharings, des Knochenmarks sowie
basale keratinozyte Zellen gegen die zytotoxische Wirkung von FUdR
durch die bevorzugte Zuführung
zu diesen Zellen von Thymidin mittels des beschriebenen Verfahrens
geschützt
werden.