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Verfahren zur Entfernung von Schwefel und anderen schädlichen Beimengungen
aus Eisen und Eisenlegierungen Es ist üblich, Schwefel und andere schädliche Bestandteile
aus Eisen und Eisenlegierungen dadurch zu entfernen, daß man auf das flüssige Bad,
z. B. im Siemens-Martin-Ofen oder Elektroofen, Reinigungsmittel, wie Kalk, Soda
usw., einwirken läßt, wobei die schädlichen Bestandteile von der sich bildenden
Schlacke aufgenommen werden. Erfahrungsgemäß hängt der Grad der Entfernung der schädlichen
Bestandteile von verschiedenen Umständen ab, so beispielsweise von den Temperaturen,
der Einwirkungszeit, der Basizität der Schlacke und ihrem FeO-Gehalt.
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Im allgemeinen kann man nur unter besonders günstigen Bedingungen.
eine, sehr weitgehende Entfernung des Schwefels und anderer schädlicher Bestandteile
mit den -bisher üblichen Mitteln erreichen. Das ist z. B. im Elektroofen der Fall,
in dem hohe Temperaturen verhältnismäßig leicht zu erzielen sind und worin außerdem,
im Gegensatz zu- vielen anderen metallurgischen Ofen, mit neutraler Atmosphäre und
daher mit eisenoxydularmen, sogenannten »weißen« Schlacken gearbeitet werden kann.
Beträgt der Schwefelgehalt des Einsatzgutes nur etwa o,5o bis 0,i °J., so kann nach
ein- bis zweimaligem Schlackenwechsel mit einer in vielen Fällen ausreichenden ,Entschwefelung
gerechnet werden. Für die Beseitigung höherer Schwefelgehalte von beispielsweise
o,5 bis o,6"/,) im Einsatzgut bestehen zwar keine technischen Schwierigkeiten, jedoch
ist dann ein sehr häufiger Schlackenwechsel erforderlich, der die Schmelzdauer ganz
erheblich verlängert und höhere Stromkosten verursacht, wodurch die Leistung des
Ofens und die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens in beträchtlichem Maße nachteilig
beeinflußt werden.
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In noch höherem Maßstab fällt beim Siemens-Martin-Verfahren ein hoher
Schwefelgehalt des Einsatzgutes ins Gewicht. Wegen der oxydierenden Atmosphäre und
der infolgedessen zwangsläufig eisenoxydulreicheren Schlacke sind Schwefelgehalte
von über 0,2 '/" im Beschickungsgut unter üblichen Verhältnissen wirtschaftlich
nicht zu entfernen.
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In den genannten metallurgischen Ofen ist der Wirkungsgrad eines Entschwefelungsmittels,
insbesondere bei hohen Schwefelgehalten im Einsatz, auch deshalb nicht groß, weil
die Reaktionen nur an der Grenzfläche zwischen dem Metallbad und der entschwefelnden
Schlacke stattfinden. Soll also das Entschwefelungsinittel nicht vollständig wirkungslos
bleiben, so müsen stets durch eine
starke Badbewegung, sei es beispielsweise
durch Wirkungen des elektrischen Stromes bei einzelnen Bauarten von Elektroöfen
oder durch den Kochvorgang beim Siemens-Martin-Ofen, immer neue Metallmassen mit
der reinigenden Schlacke in Berührung gebracht werden, damit die Einstellung eines
Gleichgewichtszustandes zwischen Schwefelgehalt im Bad und in der Schlacke verhindert
wird.
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Die Schwierigkeiten bei der Entschwefelung wirken sich um so ungünstiger
aus, je höher der Schwefelgehalt in dein zu verarbeitenden Gut ist. Will man Einsatzgut
mit beispielsweise o,5 bis o,6 % Schwefel auf Stahl verschmelzen, so ist man nach
dem bisherigen Stande der Technik gezwungen, auf den Siemens-Martin-Ofen ganz zu
verzichten. Auch die Verwendung von Elektroöfen kommt nur in Frage, wenn die Wirtschaftlichkeit
nicht auschlaggebend ist.
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Es ist ein Verfahren bekannt, bei dem in feinverteilter Form vorliegendes
Eisen mit gebranntem Kalk in Form eines feinen Puders bei Temperaturen von etwa
80o° entschwefelt werden soll. Das Verfahren arbeitet also mit niedrigen Temperaturen
ohne Verflüssigung des Eisens. Es handelt sich dabei um eine Entschwefelung durch
Diffusion. Wenn die Entschwefelung wirkungsvoll sein soll, ist eine sehr weitgehende
Zerkleinerung des Eisens und auch des als Reinigungsmittel gebrannten Kalks erforderlich.
Die hohen Anforderungen an die feine Aufschließung des Eisens machen das Verfahren
in allen den Fällen unwirtschaftlich, wo das Eisen nicht schon in sehr feinverteilter
Form, wie z. B. bei Eisenschwamm, vorliegt, da die aufzuwendenden Kosten für die
feine Zerkleinerung von metallischem Eisen bekanntlich sehr hoch sind.
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Durch das Verfahren nach der Erfindung werden alle obenerwähnten Schwierigkeiten
praktisch vollkomen beseitigt. Gemäß der Erfindung wird eine sehr weitgehende Entfernung
der schädlichen Bestandteile dadurch bewirkt, daß das zu behandelnde Eisen bzw.
die Eisenlegierung in kleinstöckiger Form und in kaltem Zustande mit dem feinkörnigen
Reinigungsmittel gemischt und diese Mischung eingeschmolzen wird. Während des Einschmelzungsv
organges kommt das Eisen beim Hindurchtropfen durch das Reinigungsmittel mit diesem
in derart innige Berührung, daß die schädlichen Beimengungen vollständig von diesem
aufgenommen werden. Das Reinigungsmittel gelangt dann bei voller Verflüssigung des.
Bades unter Bildung einer Schlacke an die Oberfläche des Bades. Es empfiehlt sich,
diese während des Einschmelzens sich bildende Schlacke, die unter Umständen in nicht
geschmolzener Form anfällt, sofort nach Beendigung des Einschmelzens abzuziehen
und dann das Bad nach Aufbringen einer zweiten Schlacke in üblicher Weise fertigzumachen.
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Der erhebliche Vorteil des vorliegenden Verfahrens liegt also darin,
daß die Entschwefelung eines sehr schwefelreichen Ausgangsgutes bereits nach Vollendung
des Einschmelzens so weit fortgeschritten ist, daß der Schwefelgehalt des eingeschmolzenen
Bades nicht höher liegt als beim Verarbeiten gewöhnlichen, weniger schwefelreichen
Gutes. Das bedeutet, daß auch bei schwefelreichem Ausgangsgut ein mehrmaliger Schlackenwechsel
nicht mehr notwendig ist. Damit wird auch die Schmelzdauer gegenüber der bei schwefelarmem
Einsatzgut üblichen nicht verlängert. Eine Erhöhung der Schmelzkosten tritt also
nicht ein.
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Das Einschmelzen der Beschickung kann in jedem Herd- oder Tiegelofen
erfolgen, so z. B. im Siemens-Martin- oder Elektro-Ofen.
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Ein Beispiel soll die Wirkungsweise und den Vorteil des neuen Verfahrens
gegenüber der bisher bekannten Arbeitsweise erläutern. Versuch i Nach dein Krupp-Rennverfahren
hergestellte Luppen mit einem Schwefelgehalt von o,6 0/0 wurden eingeschmolzen und
dann unter Umrühren ein Zuschlag von 5 % Calciumcarbid gegeben. Der Schwefelgehalt
des fertigen Bades betrug 0,4q. o/o. Versuch 2: Eine gleiche Menge der Luppen wurde
im kalten Zustande mit 5'/o Calciumcarbid gemischt und gemeinsam eingeschmolzen.
Die gebildete Schlacke, die in nicht flüssiger Form anfiel, enthielt 8"/, Schwefel
und wurde abgezogen. Das fertige Bad enthielt 0,035°/o S. Die vorgenannten Zahlen
zeigen, daß der Schwefelgehalt der gebildeten Schlacke mehr als Zoomal größer ist
als der Schwefelgehalt des fertigen Bades. Dieses außerordentlich günstige Verhältnis
zwischen dem Schwefelgehalt der Schläcke und dem Schwefelgehalt des Bades erklärt
sich durch die innige Berührung der Reinigungsmittel mit den Schwefelverbindungen
des Eisens während der Vorwärm- und Eirischmelzstufe. An Stelle des im Beispiel
genannten Calciumcarbids als Reinigungsmittel lassen sich in gleicher, an sich bekannter
Weise z. B. auch Soda, Ferromangan, Kalk und Strontianit sowie ähnliche Stoffe verwenden.
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Soweit das Verfahren im Siemens-Martin-Ofen durchgeführt wird, kann
es zweckmäßig sein, um eine Rückführung der schädlichen Bestandteile aus der Schlacke
in das Bad zu verhindern, die Schlacke mit kolilenstoffhaltigen
Stoffen,
z. B. festem Brennstoff, Carbid USW., abzudecken bzw. der Mischung solche
Stoffe zuzusetzen. Dadurch verhindert man eine Oxydation, die zur Bildung einer
Fe0-haltigen Schlacke führt und die Rückführung der schädlichen Bestandteile begünstigt,
und erhält dabei eine nicht geschmolzene Schlacke, die sich leicht und vollständig
vom Metallbad entfernen läßt.
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Das vorstehende -\-erfahren eignet sich besonders für die Verarbeitung
von L uppen aus dem Krupp-Rennverfahren. Dieses Verfahren hat für die Verarbeitung
armer deutscher Eisenerze innerhalb des Vierjahresplans zunehmende Beachtung gefunden.
Die metallurgischen Bedingungen dieses Verfahrens sind derart, daß dabei eine sehr
weitgehende Entschwefelung des erzeugten Eisens nicht erfolgen kann, besonders wenn
aus wirtschaftlichen Gründen mit minderwertigen, meist schwefelreichen Abfallbrennstoffen
als Reduktionsmittel gearbeitet wird. Die Lappen fallen größtenteils mit Schwefelgehalten
von o,2 his o,51,1, an, und es bestanden bisher in manchen Fällen ernste Schwierigkeiten,
bei der Weiterverarbeitung derselben auf Stahl den Schwefel zu beseitigen. Diese
Schwierigkeiten werden durch das Verfahren nach der Erfindung endgültig behoben.
Damit kommt der Erfindung im Rahmen der Bestrebungen, die deutschen Eisenerzlager
nutzbar zu machen und das gewonnene Eisen auf Stahl zu verarbeiten, eine ganz besondere
Bedeutung zu, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
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Die nach dem Krupp-Rennverfahren erzeugten Eisenlappen fallen im allgemeinen
in genügend feinkörnigen Stückgrößen an. Bei nicht zu hohem Schwefelgehalt genügt
schon eine Korngröße von unter 2o mm, um eine genügende Einwirkung der Reinigungsmittel
sicherzustellen. Bei höherem Schwefelgehalt wäre zu empfehlen, die Korngröße möglichst
unter 3 mm zu halten. Zwei Vergleizhsschmelzen ergaben z. B. bei einer. Korngröße
der Lappen von 5 bis 8 mm eine Entschwefelung von o,6 auf o,o6 und bei einer Korngröße
von z bis 3 mm eine solche auf 0,02'1,.
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In vielen Fällen, besonders wenn die Lappen in flüssige Eisenbäder
eingetragen werden müssen, kann es zweckmäßig sein, die Mischung aus feinkörnigem
Eisen mit den Reinigungsmitteln und gegebenenfalls dein kohlenstoffhaltigen Gut
zu brikettieren. Als Reinigungsmittel eignen sich dann besonders Erdalkalioxyde.
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Soweit es sich um die Verarbeitung von grobstückigem, schwefelhaltigem
Eisen handelt, empfiehlt es sich, das Eisen umzuschmelzen, zu granulieren und die
Granalien dann der vorstehend beschriebenen Arbeitsweise zu unterwerfen.