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Verfahren zur Verdampfung wäßriger Salzsäure Infolge der aggressiven
Wirkung der wäßrigen -Salzsäure auf alle technisch gebräuchlichen Metalle, besonders
bei hoher Temperatur, war das Problem, wäßrige Salzsäure in einem normalen Verdampfer
aus einem technisch zugänglichen und brauchbaren Metall zu verdampfen, bis jetzt
noch nicht gelöst.
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Es ist vorgeschlagen. worden, wäßrige Salzsäure durch Zerstäubung
in, einem Strom überhitzter Salzsäuredämpfe zu verdampfen. Die hierfür geeignete
Apparatur kann zwar aus Eisen gebaut werden, hat aber gegenüber einem normalen Verdampfer,
der die Wärme direkt auf die Flüssigkeit überträgt, den Nachteil der Beheizung mit
Feuergassen, einer größeren Heizfläche und eines schwierigeren Betriebs durch den
Ventilator usw.
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Es sind weiter eine Reihe von Vorschlägen zur Verdampfung wäßriger
Salzsäure gemacht worden, die darauf beruhen, daß die wäßrige Salzsäure mit einer
erhitzten Hilfsflüssigkeit gemischt wird und aus dieser heraus verdampft. Als solche
Hilfsflüssigkeiten sind Schwefelsäure, Chlorcalcium-, Chlormagnesium-, Chlorzinklösungen,
Öl und andere vorgeschlagen worden. Soweit überhaupt etwas über die bei diesem Verfahren
verwendbare Apparatur und ihre Werkstoffe bekannt ist, wird das Verfahren in gußeisernen,
durch Feuergase geheizten. Gefäßen ausgeführt. Auch dieses Verfahren hat also. den
Nachteil, einer Feuerung zu bedürfen, deren Bedienung und Regulierung den Betrieb
verteuert rund die an manchen .Stellen üb;erha@upt nicht zulässig ist. Ein weiterer
schwerwiegender Nachteil ist der, da.ß alle genannten Hilfsflüssigkeiten beim Betrieb
so viel Salzsäure aufnehmen, daß eine starke Korrosion der Apparatewandungen eintritt,
die zur Verwendung sehr starkwandiger Gefäße mit allen ihren Nachteilen, zwingt,
die aber der starken Korrosion auch nur verhältnismäßig kurze Zeit widerstehen.
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Es ist weiter vorgeschlagen worden, Verdampfapparate für Salzsäure
aus speziell gegen kochende Salzsäure beständigen Metallen, wie Wolfram, Tontal,
Antimonlegierungen usw., zu machen. Diese Apparate haben gegenüber den oben angeführten
Vorschlägen den großen Vorteil, mit Dampf beheizbar zu sein. Die praktische Ausführung
aller dieser Vorschläge scheitert aber teils an der Seltenheit dieser Metalle, teils
an den Schwierigkeiten, die sie einer technischen Bearbeitung, z. B. infolge ihrer
Sprödigkeit, ihres hohen Schmelzpunktes und infolge anderer Eigenschaften, entgegensetzen.
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Das Problem, Salzsäure m einem Verdampfer zu verdampfen, :der i. aus
einem technisch leicht zugänglichen und leicht zu verarbeitenden Metall besteht,
z. im Betrieb nicht mehr als normal korrodiert wird, 3. auch mit Dampf beheizbar
ist, ist also durch die bisherigen Vorschläge nicht gelöst worden. Man hätte annehmen
können, daß jedes Metall, das in der Spannungsreihe positiver ist als Wasserstoff,
der also beim Kochen mit Salzsäure keinen Wasserstoff entwickelt,
als
Material für einen solchen Verdampfer geeignet gewesen wäre, und es lag nahe, als
ein solches Metall das Kupfer zu wählen, das bekanntlich, da es edler als Wasserstoffis"
von Salzsäure allein nicht angegriffen wii;di ZVenn ein Atlgrift von Salzsäure auf
Kupfe? beobachtet wird, so ist dieser immer auf die Anwesenheit von oxydierenden
Stoffen, wie z. B. Sauerstoff, zurückzuführen (Vogel, Schweiggers Journal für Chemie
und Physik 32, 307, Lllmann, 2. Auflage, Band 7, S. 105,
Zeile 29 von
oben).
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Nun sind zwar Mittel vorgeschlagen, um die Einwirkung der Salzsäure
auf Kupfer auch bei Gegenwart von Sauerstoff zu verringern, z. B. ein Zusatz von
Phosphorsäure oder Schwefelsäure. Deren Wirkung ist aber durchaus unsicher; denn
nach Zentralblatt i9;1 11, S.35-.o, letzter Absatz, ist von verschiedenen Metallen,
zu denen auch Kupfer gehört, einem Gemenge von H3P01 und H Cl gegenüber nur Silber
widerstandsfähig, nicht aber Kupfer.
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Da aber beim Verdampfen von Salzsäure ein Ausschluß von Sauerstoff
ohne weiteres möglich ist, lab keinerlei Anlaß vor, diese vorgeschlagenen und nur
schwach wirksamen Schutzmittel gegen die Einwirkungen des Sauerstoffs auf Kupfer
in Gegenwart von Salzsäure zu verwenden. Bei dem Versuch, Salzsäure in einem aus
Kupfer bestehenden, mit Heizschlangen aus Kupfer versehenen Verdampfgefäß zu verdampfen,
zeigte sich indessen eine neuartige, bisher noch nicht beschriebene Erscheinung,
indem nämlich infolge des notwendigenTemperaturunterschieds zwischen den Heizschlangen
und der Wand das Kupfer von den Heizschlangen weg zur Wand wanderte. Die starke
Korrosion der Heizschlangen beruhte also nicht auf einer Auflösung von Kupfer unter
Bildung von Salzen, sondern auf einem Wandern des Metalls von der heißeren Stelle
zu kälteren. Diese Erscheinung ist bisher noch nicht beobachtet und beschrieben
worden: um so weniger sind Mittel angegeben worden, um sie zu bekämpfen.
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Der Versuch zeigte, daß die Zusätze, die angeblich die Korrosion von
Kupfer durch Sauerstoff in Gegenwart von Salzsäure verhindern sollen, sich dieser
Erscheinung gegenüber als wirkungslos erwiesen; denn ein Zusatz von Phosphorsäure
in mäßigen Grenzen erwies sich als praktisch unwirksam, ein Zusatz von Schwefelsäure
als überaus schädlich.
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Es war zu erwarten, daß die Erscheinung des Wanderns des Kupfers von
der heißeren zur kälteren Stelle, in diesem Falle also, von den Heizrohren zur Wand,
die ja aus der Theorie der Elektrolyse ohne weiteres abzuleiten war, so wie in Salzsäure
und in Schwefelsäure auch in allen anderen Elektrolyten auftreten würde. überraschenderweise
zeigte sich aber gemäß vorliegender Erfindung, daß ;,diese Erscheinung in Phosphorsäure
ober-'lalb einer gewissen Konzentration ausbleibt, und zwar liegt diese Grenzkonzentration
bei 6oo7o. )Vird Phosphorsäure von etwa 6o% in einem Verdampfgefäß erhitzt, so tritt
auch dann, wenn die Rohrschlangen auf höherer Temperatur gehalten «erden als der
Mantel, praktisch kein Wandern des Kupfers von den Heizrohren zur Wand ein, und
dieser Zustand ändert sich auch nicht, wenn man in diese Phosphorsäure Salzsäure
hineinlaufen l.äßt, die aus der Phosphorsäure heraus verdampft, solange man nur
dafür sorgt, daß die Konzentration der Phosphorsäure praktisch bei etwa 6o bis goo/o
bleibt.
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Die praktische Durchführung dieser Erfindung kann auf verschiedenen
Wegen erfolgen. Man kann z. B. diskontinuierlich arbeiten, indem man Mischungen
aus Phosphorsäure und Salzsäure in den Verdampfer einführt und dort erhitzt.
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Zweckmäßiger arbeitet man kontinuierlich, indem man in die im Verdampfer
befindliche erhitzte Phosphorsäure Salzsäure einfließen läßt, die dann .aus der
Phosphorsäure heraus verdampft, wobei die Beheizung oder der Zulauf der Salzsäure
oder beide so zu regeln sind, daß die Konzentration der Phosphorsäure nicht unter
die Grenze sinkt, bei der eine merkliche Korrosion eintritt.
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Die zur Verdampfung erforderliche Wärme kann man auf verschiedenen
Wegen zuführen, z. B. durch Beheizung, durch Feuergase, durch den elektrischen Strom
in Heizkörpern oder unter Benutzung der Leitfähigkeit der Phosphorsäure selbst oder
auf verschiedenen anderen Wegen. Zweckmäßigerweise verwendet man aber die Beheizung
durch Dampf in normalen Heizrohren oder -schlangen.
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Wenn in zu verdampfender Salzsäure Schwefelsäure enthalten ist, wird
diese sich im Verdampfer anreichern und nach einiger Zeit eine starke Korrosion
verursachen. Es hat sich aber gezeigt, daß die schädliche Wirkung der Schwefelsäure
durch Zusatz von solchen Stoffen zur Phosphorsäure verhindert werden kann, die in
der Phosphorsäure löslich sind, mit der Schwefelsäure aber schwer- oder unlösliche
Verbindungen bilden, also in erster Linie den Chloriden der Erdalkalien.
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Es hat sich weiter gezeigt, daß besonders bei größeren Verdampfgefäßen
die Erwärmung durch die Beheizung nicht in allen Fällen ausreicht, um alle Teile
der Apparatur auf einer über der Kondensationstemperatur der Salzsäure liegenden
Temperatur zu halten.
Wo sich aber Salzsäure aus dem Dampfraum niederschlagen
kann, die ,dann also das nicht durch Phosphorsäure geschützte Metall berührt, tritt
eine starke Korrosion ,auf. Es empfiehlt sich daher, die Teile der Apparatur, die
nicht von der Phosphorsäure selbst bespült werden, durch äußere Wärmezufuhr, z.
B. durch aufgeschweißte oder unterhalb der Isolierung aufgelegte Dampfrohre, auf
einer Temperatur zu halten, die über der Kondensationstemperatur der Salzsäure,
bei normaltem Druck also über iio°, liegt.
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Als unter Gien vielen Möglichkeiten zweckmäßigste Arbeitsweise hat
sich die Verdampiung der Salzsäure in einem mit Dampf genetzten Verdampfer in Gegenwart
von 6o-Dis goo/olger Phosphorsäure, die etwas Bariumchloridenthält und auf 115 bis
i go° genalten wird, erwiesen. Zur Erklärung dieser Arbeitsweise dient folgendes
Beispiel: Der eigentliche Verdampfkörper besteht aus einem aus Kupfer bestehenden,
liegenden zylindrischen Kessel von 3,5 m Länge und 1,4 m Durchmesser, der am Boden
mit kupfernen Dampfrohren. von 5o mm Außendurchmesser und insgesamt ungefähr 8o
m Länge versehen ist. Der Kessel ist gut isoliert. Die von der Flüssigkeit nicht
bespülten. oberen Teile werden durch außen unter der Isolierung verlegte eiserne
Dampfrohre auf höherer Temperatur gehalten. Der -Kessel wird zur Hälfte mit Phosphorsäure
von etwa So% gefällt, der etwa 2o kg Bariumchlorid zugesetzt werden. (Diese Säure
siedet bei Atmosphärendruck bei etwa i So'. Man kann auch von stärkerer -oder schwächerer
Säure ausgehen; denn während des Betriebs läßt sich die Stärke der Säure durch Veränderung
der Dampf- und der Salzsäuremenge beliebig ..einstellen.) Der Inhalt des Kessels
wird auf 'e11va i 5o' erhitzt. Man läßt dann stündlich etwa. 1000 kg 17 o;oig@er
Salzsäure, zweckmäßig auf verschiedene Stellen verteilt, in die Phosphorsäure einfließen.
Der Dampf hat nach Erreichung des Gleichgewichtszustandes die gleiche Zusammensetzung
wie die zugeführte Salzsäure. Nachdem der Verdampfer einige Tage betrieben worden
ist, hat sich die innere Oberfläche mit einem schwarzen Belag überzogen, der den
weiteren Angriff der Säuren auf das Kupfer hemmt.