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Verfahren zur Herstellung von Mehlen und Mahlprodukten Die Erfindung
ermöglicht die Herstellung von Mehlen und sonstigen Mahlprodukten, die reich an
Kleberproteinen sind. unabhängig von Weizen. Das Wesen der Erfindung besteht darin,
:daß die unter Erhaltung ihrer besonderen Eigenschaften abgesonderte bzw. getrocknete
Keimsubstanz von Samenkernen des johannisbrotbaumes (Ceratonia siliqua) oder verwandter
Pflanzengattungen aus den Familien der Mimosaceen oder Caesa@lpiniaceen, z. B. der
Ceraisarten (Cercis siliquastrum, Cercis canadensis, Cercis chinensis); oder das
(gegebenenfalls gereinigte) Klebereiweiß solcher Samenteile in an sich bekannter
Weise, aber gleichfalls unter Erhaltung ihrer besonderen Eigenschaften, grobkörnig
zerkleinert, geschrotet, vermahlen oder (durch Dämpfen der Grieße und Auswalzen)
in Flocken übergeführt wird. Die besonderen Eigenschaften der Keimsubstanz bzw.
des Klebers, die den Proteinen den Klebercharakter verleihen, können durch chemische,
thermische oder sonstige Einflüsse geschädigt werden. Eine solche Schädigung muß
gemäß der Erfindung vermieden werden. Sie ist äußerlich nicht wahrnehmbar und führt
auch nicht notwendig zu einer nachweisbaren Veränderung der chemischen Zusammensetzung,
läßt sich aber durch die praktische Erprobung der Mehle in bezug auf ihre Fähigkeit
zur Teigbildung leicht feststellen. Die Samenkerne der genannten Pflanzengattungen
enthalten Hemicellulosen (auch Gummisubstanzen oder Reservecellulosen genannt) als
derbe Einlagerung in Form des Endosperms, das aus zwei Lamellen besteht. Diese Lamellen
umfassen das Embryo mit seinen Organen, die proteinreiche Keimsubstanz. Die:Gummisubstanzen
solcher Samenkerne haben bereits technische Verwendung gefunden. So sind z. B, geschälte
und entkeinmte johannisbrotkerne als Mehl im Handel, das zur Herstellung von Klebstoffen,
von Schlicht-undAppreturmitteln und von Bindemitteln dient.
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Die Erfindung beruht auf der überraschenden Feststellung, daß in der
Keimsubstanz solcher Samenkerne Proteine enthalten sind, die in ihrem physikalischen
Verhalten und in ihrer chemischen Zusammensetzung den Kleberproteinen des Weizenkorns
(die aber dort nicht als Bestandteile der Keimsubstanz vorkommen) in so hohem Maße
gleichartig sind, daß von einer völligen Übereinstimmung gesprochen werden könnte.
Insbesondere die Keimsubstanz der Samenkerne des johannisbrotbaumes ist reich an
solchen. Eiweißstoffen, die sich gegen Salze, Säuren und Laugen und auch verschiedenen
Anionen und ILationen gegenüber physikalisch-chemisch ganz genau so wie die Weizenkleberproteine
verhalten; daneben enthält die Keimsubstanz.
Polysaccharide in wechselnder
Menge und celluloseartige Stoffe, aber keine öder °sehr geringe Mengen Stärke.
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Das Weizenmehl unterscheidet sich von 5 den Mehlen aller anderen Getreidearten
durch die Eigenschaft, die Hauptmasse seiner Eiweißstoffe beim fortgesetzten Kneten
des Teiges unter Wasser oder unter einem-Wasserstrahle als zähe klebrige Masse,
den sog. Kleber, fast rein zurückzulassen. Das Weizenkorn enthält aber die Kleberproteine
im Mehlkörper verteilt. Im Gegensatz dazu können die Organe, die in den Samenkernen
der :bezeichneten Pflanzenfamilien Träger der Kleberproteine sind, von deXt ,übrigen-
Organen als Ganzes mechanisch getrennt werden. Man kann daher zu eiweißreichen Erzeugpissen
auf dem .einfachen Weg gelangen, daß die abgesonderte Keimsubstanz als Ganzes nach
den üblichen Methoden der Ge:treideverarbeitung-inGrütze, Schrot, :Grieß, Mell.öder
Flocken übergeführt wird. Auch unabhängig davon bedeutet jedoch dieses -Verfahren
-eine wertvolle Bereicherung der technischen Nahrungsmittelerzeugung; denn unter
den Brotgetreidearten teilen nur die Proteine des Roggens mit den eigentlichen Kleberproteinen
des Weizens die hohe Quellbarkeit, auf der die besonderen teigbildenden Eigenschaften
und die besondere Backfähigkeit dieser beiden Brotgetreidearten beruhen, und sonstige
kleberhaltige Pflanzen sind bis jetzt überhaupt nicht bekannt gewesen.
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Daneben besitzen dieEiwei@ßstoffe der Keim- ; substanz die einzig
und allein beiden Weizenkleberproteinen bekannte Fähigkeit, :sich zu einer Klebermasse
zu vereinigen., so daß auch der :ausgewaschene Kleber :oder da's weiter gereinigte
Klebereiweiß der .Samenkerne der bezeichneten Pflanzenfamilien zu -gleichartigenMahlprodukten
verarbeitet-merdenkann.
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Zur Absonderung der Keimsubstanz wird diese nach dem Schälen der :Samenkerne
von den Endospermen durch bekannte mechanische Methoden getrennt, wobei aber
darauf geachtet werden muß, daß beim Schälen und bei der Entkeimung des Samenkerns-.
eine Denaturierung .durch chemische-oder-dureb thermische Beeinflussung- nicht :eintritt.
Wird clie Trennung auf nassem Weg durchgeführt und die Keimsubstanz vor der Zerkleinerung
ge= trocknet, so muß :dies bei :so :niederer Temperatur-geschehen (vorteilhaft nicht
Über 4.o bis 50° C), daß eine solche Schädigung gleichfalls vermieden wird; :es
empfiehlt sich,. die Trocknung durch Vakuum oder.-einen erwärmten Luftstrom zu fördern.
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Die gemahlenen Keilre besitzen in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit
eine. eigel:be Farbe; werden. sie :aber in Wasser suspendiert, so schlägt der Farbton
in Grün über, wobei ' auch das Wasser diese Färbung annimmt. Diese unerwünschte
Färbung, die offenbar auf den Gehalt der Keime an Chlorophyll oder dessen Derivaten
beruht, kann durch Einwirkung von verdünnten Säuren beseitigt werden. .Zu diesem
Zweck kann man die gemahlenen Keime zum Beispiel mit kleinen Mengen von festen Säuren
(wie Citronensäure) oder von festen sauer wirkenden Stoffen innig vermischen. Ebenso
kann man Säuren den gemahlenen Keimen als sehr verdünnte Lösungen in Form von Nebeln
nach Art des Humphries-Verfahrens einverleiben. In dieser Weise läßt sich auch verhindern,
daß der Teig 'bei Verarbeitung mit schwach alkalischen Backpulvern sich ins Grünliche
verfärbt. Durchaus dasselbe Ergebnis wird erzielt, wenn die Säuren oder sauer wirkenden
Stoffe erst dem zur Teigbereitung dienenden Wasser zugefügt werden.
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Statt durch Einwirkung von Säuren kann man die gemahlenen Keime auch
durch eine Bleiche üblicher Art, insbesondere mit oxydierenden Bleichmitteln (Hypochlorite,
p-Töluolsulfochloraminnatrium, Peroxyde, Persalze o. dgl.), entfärben.
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Aus Weizenkleber allein läßt sich eine genießbare Backware nicht herstellen;
im Weizenmehl sind die Kleberproteine durch einen sehr bedeutenden Überschuß von
Stärke verdünnt. Im Keimsubstanzmehl der bezeichneten Pflanzensamen, z. B. der johannisbrotkerne,
sind die Kleberproteine nur durch verhältnismäßig geringe Mengen anderer Stoffe
verdünnt; schon deshalb liefert dieses Mehl einen Teig, der, obzwar er bindig und
elastisch ist, nicht mit guten Ergebnissen verbacken werden kann. Zudem besitzt
das Keimsubstanzmehl zufolge seines höheren Klebergehaltes eine weit höhere Fähigkeit
zur Wasseraufnahnme als Weizenmehl. Während die erforderliche Wassermenge zur Bereitung
eines normalen Brotteiges aus Weizenmehl 5o bis 7o °1d vom Mehlgewicht beträgt,
nimmt z. B. das Keimsubstanzmehl des Johannisbrotkernes zur Bildung eines Teiges
von ähnlicher Beschaffenheit aq.o bis Zoo °/o des eigenen Gewichts an Wasser auf.
-Durch Strekkung der Keimsubstanzmehle oder der daraus bereiteten Klebermehle -mit.
Genußmehlen .(wobei vorzugsweise kleberarme oder kleberfree Mehle zu wählen sind)
oder mit sonstigen schwerer quellbaren Zusätzen, wie Cellulose (z. B. in Form von
Kleie) oder Stärke, Casein o, dgl., läßt sich ihre Backfähigkeit im erforderlichen
Maß erhöhen. Derlei Zusätze sind zu gleichem Zweck bereits zu Weizenkleber gegeben
worden: So ist es bekannt, gemahlenen Weizenkleber oder reines Wei- i zenklebereiweiß
mit Kleie,-die in irgendeiner Art von Kohlehydraten befreit wurde, zu
Backwaren
für Diabetiker zu verarbeiten. Ferner ist vorgeschlagen worden, Weizenklebereiweiß
im Gemisch mit dem Mehl von Keimen der Getreidearten zu verbacken. Desgleichen ist
auch schon vorgeschlagen worden, reines Gluten durch Beimischung von Casein backfähig
zu machen.
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Ein anderer Weg ist der, die Wasserbindungsfähigkeit durch physikalische
oder chemische Einwirkung auf die gemahlenen Keime oder die Kleberrnehle selbst
herabzusetzen. Dies kann beispielsweise durch eine kurz dauernde trockene Erwärmung,
z. B. im geschlossenen Dampftopf, oder eine ebenfalls kurz dauernde Erwärmung in
Wasser von etwa 8o° C oder durch eine kurze Einwirkung von Säuren sowie durch den
Zusatz von die Quellfähigkeit herabsetzenden Salzen erfolgen. Es ist schon bekannt,
daß die Wasserbindungsfähigkeit des Weizenklebers durch die Einwirkung von Säuren,
Basen und Salzen verändert werden kann. Verschiedene Zusätze wurden auf ihre Wirksamkeit
bei gleicher molarer Konzentration untersucht und zu einer Reihe geordnet, wobei
sich gezeigt hat, daß im Sinne einer Drosselung der Wasseraufnahmefähigkeit der
Einfluß der Anionen überwiegt. Dies trifft auch für die neuartigen Keimsubstanz-
und Klebermehle zu. Unter den verschiedenen praktisch in Betracht kommenden Zusätzen
haben weinsaure Salze eine starke Wirkung. Es empfiehlt sich also, den Keimsubstanz-
oder Klebermehlen zur Verminderung der Wasserbindungsfähigkeit Tartrate, z. B. Kaliumhydrotartrat,
zuzusetzen. Zu gleichem Zweck können aber beispielsweise auch Biorate, Phosphate
und Citrate dienen.
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Dasselbe Ziel läßt sich schließlich dadurch erreichen, daß die Keimsubstanz-
oder Klebermehle selbst, z. B. durch Erhitzen, in ihrer Quellfähigkeit geschädigt
oder ihrer Quellbarkeit gänzlich beraubt und zur Streckung unveränderter Mehle verwendet
werden. Wenn man zu diesem Zweck die Keimsubstanz- :oder Klebermehle bei Temperaturen
-zwischen 15o bis 26o° C bis zur leichten Röstung erhitzt, so tritt gleichzeitig
auch eine sehr merkbare Verbesserung des Geschmacks ein.
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Alles das gilt vornehmlich für Backwaren und erst in zweiter Linie
für Teigwaren. Hingegen zeigt sich bei Teigwaren, die aus dem Keimsubstanzmehl oder
dem Klebermehl im Sinne der Erfindung gewonnen werden, der Übelstand, daß beim Kochen
des Teiges eine schwammige Masse entsteht. Dem kann in einfacher Weise durch einen
Zusatz von Hemicellulosen beliebigen Ursprungs zum Mehl oder Teig entgegengewirkt
werden. Vorteilhaft werden zu diesem Zweck Mahlprodukte ganzer Pflanzensamen, in
deren Endospermen Herniceilulosen aufgespeichert sind, oder die Endospernre solcher
Samenkörner verwendet oder mitverwendet.
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Die gemahlenen Keime oder die K.lebermehle können in der üblichen
Art zu Teig verarbeitet und verbacken werden. Die Teigwaren können auch zwecks Konservierung
in der üblichen Art getrocknet werden. Ferner kann man zur Herstellung von Mehlen
für besondere Zwecke die fertigen Backwaren zu Grieß oder Mehl zerreiben. Beispiele:
i. Die Samenkerne der Ceratonia siliqua werden entweder in trockenem oder in ge-9quollenem
Zustand geschält. Die Absonderung der Keimsubstanz geschieht am -einfachsten durch
Spaltung der geschälten Samen undAussieben der zerbröckelten Keimanteile. ino kg
eines durch Mahlen dieser Keimsubstanz gewonnenen Mehles werden reit o,2 bis o,5
kg fester Citronensäure in Pulverform versetzt und gut durchgemischt. Das Mehl wird
nun mit so viel Wasser versetzt, daß sich ein bindiger und plastischer Teig bildet,
der in dünnen Schichten in der Art des ungesäuerten Brotes verbacken werden kann.
Durch den Zusatz der Citronensäure wird bewirkt, daß der Teig den gelblichen Farbton
beibehält und .der ohne Säurezusatz in Berührung mit Wasser auftretende Umschlag
zu einem grünen Farbton nicht auftritt.
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2. go kg Keimsubstanzrnehl der Samen von Ceratonia siliqua werden
mit .o lrg eines Genußmehles vermischt. Zu diesem Zwecke können auch Genußmehle
verwendet werden, die keinen Kleber enthalten, wie z. B. Reis-, Kartoffel-, Leguminosen-,
Hafer- oder Gerstenmehl. Die Mischmehle werden in üblicher Weise, jedoch unter Zusatz
größerer Wassermengen, als dies bei der Verarbeitung von Getreidemehlen der Fall
wäre, angeteigt, der Teig reit Hefe oder mit Backpulver oder Hefe und Backpulver
gelockert und verbacken.
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3. ioo kg eines Mehles der Keimsubstanz von Ceratonia sil-iqua werden
mit 0,3 bis o,8 kg Kaliumhydrotartrat gut vermischt. Das. Mehl nimmt infolge
der herabgesetzten Quellharken bedeutend weniger Wasser bei der Teigbildung auf
als -ohne diesen Zusatz: Der Teig wird zur Herstellung von Teigwaren oder Backwaren,
insbesondere auch von Brot, verwendet. Zu diesem Zwecke werden beispielsweise ioo
kg dieses Mehles mit 8o 1 Wasser unter Zusatz von z kg Salz, 3 kg Hefe und 5 kg
Traubenzucker in der üblichen Weise zu einem homogenen Teig verarbeitet und sodann
der Gärung überlassen und im Backofen verbacken. Das auf diese Weise gewonnene Brot
besitzt -eine Kruste von normaler Beschaffenheit.
Die Krume ist
gelblich, wenn das Mehl nicht vorher einer Bleichung unterworfen wurde, und besitzt
die Pörosität des Roggenbrotes sowie einen angenehmen brotartigen Geruch und Geschmack.
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q:. 7o kg Mehl der Keimsubstanz von Ceratönia siliqua werden mit
30 kg eines Anteils von gleichem Mehl vermischt, der vorher durch Erhitzen
(Dörren) in eine wenig oder nicht mehr quellbare Form übergeführt wurde. Aus dem
Mischmehl wird unter Hinzufügung der erforderlichen Zutaten ein Teig bereitet, der
in der üblichen Weise verbacken wird.
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5. 70 kg Mehl der Keimsubstanz von Ceratonia siliqua werden
mit 5 kg eines Mehles, das durch Vermahlen ,der Endosperme von Ceratönia siliqüa
erhalten wurde, vermischt und unter Zusatz entsprechender Mengen von Salzen und
Eidotter (gegebenenfalls auch von io leg gedörrtem Mehl der Keimsubstanz) mit Wasser
zu einem harten Teig verarbeitet, der in entsprechende Formen geschnitten, ausgestochen
oder gepreßt und sodann einem der Trocknungsverfahren, wie sie für die Bereitung
von Teigwaren allgemein verwendet werden, unterworfen wird.
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i kg Keimsubstanzmehl von - Ceratonia siliqua wird mit ioö g Endospermmehl,
5 g Weinstein und 5 g Kochsalz vermischt. Es -werden io Eidotter und 6oo ccm Wasser
hinzugefügt; die Masse wird zu einem Teige verknetet und ausgewalkt und zu entsprechenden
Teigformen (Nudeln, Makkaroni) verarbeitet und getrocknet. Beim Kochen derTeigwaren
soll das Wasser weggegossen werden.