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Verfahren zur Lastbereitschaftshaltung von Wasserrohrkesseln üblicher
Bauart Die bisherigen Verfahren der Bereitschaftshaltung von Wasserrohrkesseln üblicher
Bauart erfordern meist hohen Kohlenverbrauch während der Bereitschaftszeit und lange
Anheizzeit. Ferner sind einzelne Teile des Kessels und der Feuerung hohen Beanspruchungen
unterworfen, insbesondere die Trommeln, Walzstellen, Nieten und Feuerungsroste.
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Das nachstehend beschriebene Verfahren soll unter Vermeidung von Sonderbauarten
von Bereitschaftskesseln bei den Wasserrohrkesseln der üblichen Bauarten den Kohlenverbrauch
während der Bereitschaftszeit sowie den erforderlichen Zeitaufwand zum Ilochheizen
auf einen kleinen Bruchteil des früher benötigten Brennstoff- und Zeitaufwandes
herabsetzen. Auch soll eine zusätzliche Beanspruchung der Kessel- oder Feuerungsteile
vermieden werden.
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Das neue Verfahren besteht darin, daß das Kesselwasser von der Wasserseite
her heiß gehalten und im Falle des Einsatzes die Brennstoffzufuhr durch eine Hilfsfeuerung
ersetzt oder ergänzt oder bei Rostkohle diese mit leicht brennbaren Stoffen, z.
B. C51, durchmischt wird.
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Es ist an sich bekannt, das Kesselwasser, insonderheit der Untertrommel,
vor oder während des Anheizens des Kessels durch eingeführten Dampf anzuwärmen und
in Bereitschaftszeiten von der Wasserseite her heiß zu halten. Hiermit wurde erstrebt,
den Kesselbaustoff vor unnötigen Spannungen zu schützen, die durch die Beheizung
auftreten müssen, solange der Kessel noch keinen Dampf abgibt, und infolgedessen
ein ausreichender Wasserumlauf und eine gleichmäßige Temperaturverteilung noch nicht
vorhanden ist. Außerdem wurde hiermit versucht, die Zeit für das Anheizen des Kessels
im Gebrauchsfalle herabzusetzen.
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Die Verwendung einer Zusatzfeuerung oder die Vorbereitung des Kohlenbettes
für besonders schnelles Hochheizen ist an sich gleichfalls bekannt.
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Es hat sich nun bei gemeinsamer Anwendung dieser beiden bekannten
Maßnahmen überraschenderweise gezeigt, daß hierdurch ein Ergebnis erzielt wird,
das vorher nicht vorauszusehen war. Während man nämlich bis vor kurzem stolz darauf
war, durch eine der vorerwähnten Maßnahmen die Anheizzeit von Dampfkesseln, die
üblicherweise zwischen 2 und 5 Stunden liegt, auf 1(_ bis i Stunde ermäßigt zu haben,
kann durch die erwähnte Kombination die Anheizzeit auf etwa 1,1_ bis 2 Minuten ermäßigt
werden. Durch diese ganz unverhältnismäßige Verkürzung der Anheizdauer können besondere
Bereitschaftswerke, wie Wärme- oder Pumpspeicherkraftwerke, völlig erspart werden,
Das
Heißhalten von, .der Wasserseite her kann durch- die verschiedensten Mittel erfolgen.
Am einfachsten gestaltet sich die Beheizung in bekannter Weise mittels Dampfes oder
Heißwassers durch Vermischung oder über Wärmeaustauschflächen.
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Erfolgt das dauernde Heißhalten durch in die Untertrommel eingebaute
Dampfheizrohre, so wird das niedergeschlagene Heizdainpfkondensat zweckmäßiger-,veise
nach außen abgeführt, so daß der Wasserstand des Kessels nahezu gleich bleibt. Will
man den Einbau von Heizschlangen ganz oder zum Teil er= sparen, so kann der Heizdampf
auch unmittelbar, möglichst fein verteilt, in den unteren Kesselwasserraum eingeblasen
werden. Es kann auch ein Anwärminjektor hierzu -verwendet werden.
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Ein anderes Verfahren besteht darin, Heißwasser aus Nachbarkesseln
in den Bereitschaftskessel einzuführen, wie es an sich ebenfalls bekannt ist. Herrscht
in den Betriebskesseln der gleiche oder ein niedrigerer Druck als in dem Bereitschaftskessel,
so ist natürlich eine Heißwasserpumpe vorzusehen.
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Zum Heißhalten des Wassers in dem Bereitschaftskessel kann auch gemäß
der Erfindung Wasser aus den unteren Sammelräuinen entnommen und von hier aus mittels
einer Kesselwasserumwälzpumpe in den Dampfraum der Obertrommel eingespritzt werden,
wobei dieses Wasser in zerstäubtem Zustand von dem Dampf in der Obertrommel' auf
volle Siedetemperatur aufgeheizt wird. In den Dampfraum strömt durch die Stichleitung
oder eine Hilfsdampfleitung dauernd Dampf nach. Gleichzeitig wird durch den Wasserstrahl
die Oberfläche mehr oder weniger aufgewühlt, so daß die ganze obere Wasserschicht
volle Sattdampftemperatur annimmt. Dieses heiße Wasser wird durch die Umwälzpumpe
nach unten durch die Siederohre abgesaugt, so daß das Kesselwasser in seiner Gesamtheit
annähernd Siedetemperatur besitzt. Der Temperaturunterschied richtet sich in erster
Linie nach der Umwälzmenge der Pumpe und kann durch die jeweilige Beinessung der
Umwälzmenge eingestellt werden.
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Es kann auch je nach Erfordernis eine Kombination der verschiedenen
Verfahren angewendet werden.
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Das Einspritzen von Dampf oder das Um-. wälzen des eigenen Kesselwassers
empfiehlt sich besonders für die Kessel, die keine Untertrommel besitzen, also in
.erster _Linie für Schrägrohrkessel oder für Höchstdruckkessel mit sehr kleinen
Untertrommeln.
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Der Heizdampf für irgendeines der vorerwähnten Heißhalteverfahren
kann irgendeiner Haupt- oder Hilfsdampfleitung entnommen werden. Wird er einer Obertrommel,
dem Dampfsammler oder der Naßdämpfleitung eines in Betrieb befindlichen Kessels
gleichen Druckes entnommen, so hat man den Vorteil, daß dieser Dampf etwas höheren
Druck und eine höhere Sattdampftemperatur besitzt als der Dampf der Hauptdampfleitung.
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Steht zur Beheizung Dampf oder Wasser niedriger Temperatur zur Verfügung,
so kann durch einen Zwischenüberhitzer das erforderliche Temperaturniveau erreicht
werden.
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Steht jedoch zur Beheizung Dampf aus Kesseln mit höherem Druck, als
dem Betriebsdruck des Bereitschaftskessels entspricht, zur Verfügung, so ist es
möglich, nicht nur die volle Siedetemperatur zu erreichen, sondern im Bereitschaftskessel
sogar Dampf zu entwickeln. Dieser Dampf kann zweckmäßig verwendet werden zum Antrieb
von Betriebsspeisepumpen, Bereitschaftsspeisepumpen mit Unterdrehzahl oder von nach
dem Unterdrehzahlverfahren nach Patent 579 q.6z betriebenen Reserveturbinenanlagen
oder zum Heißhalten anderer Dampfkessel. Die Verwendung des im Bereitschaftskessel
erzeugten Dampfes zum Antrieb von mit Unterdrehzahl laufenden Turbinen oder Pumpen
ist betrieblich besonders zweckmäßig, weil dadurch ih einfachster Weise eine selbsttätige
Dampfdruckregelung im Bereitschaftskessel erfolgt. Steigt z. B. der Dampfdruck,
so arbeiten die Turbinen oder Pumpen selbsttätig sofort mit höherer Drehzahl, wodurch
der Dampfverbrauch stark steigt und der Dampfdruck sinkt. Gleiche selbsttätige Druckregelung
in urngekehrter Richtung erfolgt bei zu niedrigem Kesseldruck.
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Eine andere Art der Regelung des Bereitschaftskessels besteht darin,
daß das Zu- oder Abführen des Heizdampfes oder Heißwassers in Abhängigkeit vom Kesseldruck
gesteuert wird.
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Wird der Heizdampf unmittelbar in die Untertrommel eingeblasen, oder
strömt das Kondensat der Heizkörper in die Untertrommel, so muß der Stichleitungs-
oder Naßdampfschieber des Kessels geschlossen sein, sofern der Heizdampfdruck gleich
oder kleiner als der Druck in der Hauptdainpfleitung ist, an die der Bereitschaftskessel
angeschlossen ist. In allen anderen Fällen kann der Bereitschaftskessel bei geöffnetem
Naßdampf- oder Stichleitungsschieber ständig an der Hauptleitung angehängt bleiben.
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Zur Vereinfachung der Bedienung im Alarmfalle können für die Fälle,
in denen die Kesselstichleitung geschlossen bleibt, die bisher üblichen Schieber
durch elektrisch gesteuerte Schnellöffnungsventile oder -hähne, die bei vollem Druckunterschied
geöffnet werden können, ergänzt oder ersetzt werden.
Noch zweckmäßiger
ist es, die Schieber durch Rückschlagklappen oder Rückschlagventile zu ergänzen,
die demnach stets geschlossen sind, wenn der Kesseldruck niedriger ist als der in
der Hauptdampfleitung.
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Besteht der überhitzer aus liegenden oder stehenden Schlangen, so
daß das in dem Überhitzer niedergeschlagene Wasser `nieder herauslaufen kann, so
bietet die dauernde Entwässerung oder die Entwässerung der Überhitzerschlangen im
Alarmfalle keine Schwierigkeiten. Hängende überhitzer werden dadurch trocken gehalten,
daß der Überhitzer durch Schließen des Stichleitungs- und des Naßdampfschiebers
oder einer Rückschlagklappe bzw. von Schnellöffnungsvorrichtungen dampfseitig beiderseitig
bzw. einseitig abgesperrt und der Überhitzer mit dem Freien oder einer Rohrleitung
oder einem Kessel niedrigeren Druckes verbunden wird.
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Die Hilfsfeuerung kann in Form einer Zusatzölfeuerung oder Gasfeuerung
oder ähnlichem bestehen. Bei Röstfeuerung empfiehlt es sich, die Rostkohle in bekannter
Weise mit leicht brennbaren Stoffen zu vermischen, z. B. mit Öl zu tränken. Die
Schnelligkeit des Einsatzes kann durch Fernsteuerung oder selbsttätiges Arbeiten
der ersten Zündung, der Einstellung der Klappen usw. wesentlich beschleunigt werden.
Auch die Kesselspeisepumpen, die zusätzlich bei plötzlichem Einsatz der Bereitschaftskessel
benötigt werden, werden so eingerichtet, daß sie sich selbsttätig zuschalten.
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Der Antrieb der wichtigsten Kesselmotoren bei Ausfall des üblichen
Antriebsmittels, d. h. in der Regel Drehstrom, kann durch verschiedene an sich bekannte
Hilfsantriebe sichergestellt werden. Zweckmäßigerweise werden die Motoren im Störungsfalle
durch eine Reserveturbine, die nach dem Unterdrehzahlverfahren in Bereitschaft gehalten
wird (gemäß Patent 579 46i), gespeist.
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Nach Abb. i ist rechts ein in Betrieb befindlicher Steilrohrkessel
und links ein Bereitschaftskessel dargestellt. Der Bereitschaftskessel wird durch
die Leitung x1 der Umwälzpumpe 7t und die Leitung x2 über die Rückschlagklappe äs
mit heißem Wasser von dem Betriebskessel her heiß gehalten. Der Überschuß strömt
durch die Öffnung o1 und die Überlaufleitung x3 wieder zum Betriebskessel. Ist der
Druck im Betriebskessel etwas größer als im Bereitschaftskessel, so ist in manchen
Fällen eine Überlaufleitung y (gestrichelt gezeichnet) ausreichend, durch die Wasser
des Betriebskessels infolge seines Überdruckes aus der Überströmöffnung o2 in den
Bereitschaftskessel strömt.
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Das überschüssige Wasser des Bereitschaftskessels kann auch durch
die Öffnung o3 über das Nade*lventil u abströmen. Dabei ist o3 eine- Öffnung in
einem kleinen Kasten oder Rohrstück, das seinerseits mit der Untertrommel durch
eine dünne Verbindungsleitung v und mit dem Dampfraum der Obertrommel durch eine
Verbindungsleitung verbunden ist. Abb. i zeigt nur einige von vielen möglichen Ausführungsformen.
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Gemäß Abb. z saugt die Umwälzpumpe q das etwas abgekühlte Wasser der
Untertromihel ab und drückt es über eine Zerstäubungsdüse in eine oder in beide
Obertrommeln desselben Kessels. Dabei ist p ein Entwässerungsventil eines Überhitzersammelkastens
und r2 ein Nadelventil, das so von Hand eingestellt wird, daß der Wasserstand im
Bereitschaftskessel gleichbleibt. Das abströmende Wasser strömt entsprechend der
Abbildung in eine Druckstufe der Speisepumpe t.