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Die
Erfindung betrifft ein großtechnisch
anwendbares Verfahren zur Sulfamoylierung von Alkoholen und Phenolen
und ein sicheres Verfahren im großtechnischen Maßstab zur
Herstellung des dabei verwendeten Sulfamoylierungsreagenz.
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Die
Erfindung betrifft insbesondere ein großtechnisches Verfahren zur
Herstellung von 17-Oxoöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat
(II), einem Zwischenprodukt für
die Synthese des pharmazeutisch wirksamen 17β-Hydroxyöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat (III).
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Es
wurde berichtet, daß polycyclische
Verbindungen mit einer Sulfamatfunktion, insbesondere Steroidsulfamate,
Sulfataseinhibitoren sind (W093/05064).
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Von Östra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamaten
wie 17β-Hydroxyöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat (W096/05216,
W096/05217) wurde beschrieben, daß sie bei oraler Verabreichung
eine erhöhte
systemische und eine reduzierte hepatische Östrogenität zeigen (J. Steroid Biochem.
Mol. Bio. 1995; 55, 395–403).
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Man
erhält
Sulfamate durch die Umsetzung von Alkoholen oder Phenolen mit Sulfamoylchlorid.
Bei allen bekannten Verfahren wird ein Überschuß an Sulfamoylierungsreagens
(Sulfamoylchlorid) verwendet. Setzt man als Lösungsmittel Dichlormethan oder
Acetonitril ein, so ist zusätzliche
Base erforderlich (Steroids 1999, 64, 460–471; J. Prakt. Chem. 1999,
341, 574–583;
J. Med. Chem. 1999, 42, 2280–2286).
Trotzdem sind selbst unter diesen Bedingungen die Umwandlungsgeschwindigkeiten
und somit die Ausbeuten niedrig. Aufgrund der hohen Reaktivität des Sulfamoylierungsreagenz
neigt dieses dazu, mit den Lösungsmitteln
zu reagieren. Bei dem am häufigsten
verwendeten Lösungsmittel
N,N-Dimethylformamid
(DMF) wurde die Bildung eines unerwünschten DMF-Adukts beobachtet
(Steroids 1996, 61, 710–717).
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Bei
der Synthese von 17β-Hydroxyöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat, einem
nach oraler Verabreichung wirksamen Östrogen, ist die Sulfamoylierung
der Schlüsselschritt.
17-Oxo-1,3,5(10)-trien-3-ol (Östron) wird
mit Sulfamoylchlorid umgesetzt, wodurch man 17-Oxoöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat
erhält,
das wiederum mit einem komplexen Hydridreagenz in 17β-Hydroxyöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat
umgewandelt wird. Das gemäß der vorliegenden
Erfindung bevorzugte komplexe Hydridreagenz ist Natriumborhydrid.
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Aufgrund
der damit verbundenen Probleme eignen sich die Sulfamoylierungsverfahren
aus dem Stand der Technik nicht für ein großtechnisches Verfahren im großen Maßstab zur
Herstellung von Sulfamaten, insbesondere der von 17β-Hydroxyöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat.
Die Sulfamoylierung in kleinem Maßstab ist in Tetrahedron Lett.
2000, 41, 7047–7051
beschrieben.
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Es
war somit nötig,
ein verbessertes Verfahren zur Herstellung von Sulfamaten aus Alkoholen
und Phenolen, beispielsweise aus Östron, zu entwickeln, bei dem
sich höhere
Umwandlungsgeschwindigkeiten mit einem nur leichten Überschuß an Sulfamoylierungsreagenz
erzielen lassen und die Bildung von Nebenprodukten reduziert bzw.
vermieden werden kann.
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Es
wurde nun gefunden, daß diese
Probleme vermieden werden, wenn man als Lösungsmittel für die Sulfamoylierungsreaktion
N,N-Dimethylacetamid (DMA) oder 1-Methyl-2-pyrrolidon (NMP) verwendet.
Außerdem
läßt sich
durch die Verwendung der Lösungsmittel
DMA bzw. NMP die Menge an Sulfamoylchlorid drastisch von 5–6 Äquiv. in
den bekannten Vorschriften auf bis zu 1,0–2 Äquiv. reduzieren, ohne daß eine Base vorhanden
ist. Der bevorzugte Bereich für
die Menge an Sulfamoylchlorid beträgt 1,0–1,5 Äquiv. Unter diesen Bedingungen
erzielt man eine vollständige
Umwandlung in das Sulfamat ohne Bildung nachweisbarer Nebenprodukte.
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Es
wurde gefunden, daß sich
diese erfindungsgemäße Vorschrift
auch auf andere Phenole sowie Alkohole anwenden läßt. Die
Erfindung stellt somit ein effizientes und ökonomisches Verfahren zur sauberen Umwandlung
einer Hydroxylgruppe in eine Sulfamoyloxygruppe unter Einsatz einer
minimalen Menge an Reagenz in DMA bzw. NMP bereit.
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Dieses
Verfahren ermöglicht
die Herstellung von Sulfamaten im großtechnischen Maßstab. Aus
Tabelle 1 geht hervor, daß sich
der Maßstab
des Laborverfahrens (0,185 mol) gemäß der vorliegenden Erfindung erfolgreich
auf 25,5 kg (94 mol) Östron
in der Pilotanlage vergrößern ließ.
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Vorbedingung
für die
Sulfamoylierung von Östron
im großtechnischen
Maßstab
war jedoch ein sicheres großtechnisches
Verfahren zur Herstellung von Sulfamoylchlorid, bei dem es sich
um das Schlüsselreagenz
für die
Umwandlung von Alkoholen in Sulfamat handelt. Die vorliegende Erfindung
betrifft somit auch ein sicheres Verfahren zur Herstellung von Sulfamoylchlorid.
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Zur
Herstellung von Sulfamoylchlorid sind mehrere Verfahren bekannt.
Gemäß der bekannten
Verfahren wird in einem apriotischen Lösungsmittel wie einem aliphatischen,
aromatischen oder chlorierten Kohlenwasserstoff, Diethylether oder
Acetonitril gelöstes
Chlorsulfonylisocyanat unter Bildung von Sulfamoylchlorid entweder
mit Wasser (
EP 0403185 ;
Aldrichimica Acta, 10, 2, 1977, 23–28) oder Ameisensäure (
EP 0403185 ) umgesetzt. Diese
Reaktion verläuft
hochexotherm und ist von einer heftigen Gasentwicklung begleitet.
Versuche, den Maßstab
dieser Laborverfahren für
die Pilotanlage zu vergrößern, waren
nicht erfolgreich. In einigen Fällen
beobachtete man bei Experimenten in einer Größenordnung von lediglich 100
g ein nicht steuerbares, außer
Kontrolle geratenes Verhalten explosiver Gasentwicklung. Umfangreiche
Messungen zur thermischen Sicherheit bestätigten eine Tendenz zur Hitzeakkumulation,
wodurch die Umsetzung von Chlorsulfonylisocyanat mit Ameisensäure in größerem Maßstab gefährlich wird.
Ein ungesteuertes Einsetzen der Entwicklung von Gas und ein dadurch
bedingtes abruptes Ansteigen des Drucks würde auf die Apparate einer
Anlage im großtechnischen
Maßstab
eine zerstörende
Wirkung haben.
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Schema
1. Messungen zur thermischen Sicherheit bei dem Umsetzungsverfahren
aus dem Stand der Technik zur Herstellung von Sulfamoylchlorid
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Das
durch die nicht durch die Dosierung gesteuerte Gasentwicklung gekennzeichnete
Risiko der Hitzeakkumulation und somit das Risiko einer außer Kontrolle
geratenen Reaktion ist in dem gegebenen Beispiel besonders hoch,
da das reaktive Anhydridzwischenprodukt schneller gebildet wird
(Geschwindigkeitskonstante k1), als es im Verlauf einer sich anschließenden Reaktionskaskade
mit Verlust von Kohlenstoffmonoxid (Geschwindigkeitskonstante k2)
und Kohlendioxid (Geschwindigkeitskonstante k3) in das Reaktionsprodukt
Sulfamoylchlorid abgebaut werden kann.
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Schema
2. Vorgeschlagener Mechanismus zur Umsetzung von Chlorsulfonylisocyanat
mit Ameisensäure
zur Herstellung von Sulfamoylchlorid
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Aufgrund
des enormen Gefährdungspotentials
dieses Verfahrens und gleichzeitig der strikten Sicherheitsmaßnahmen
war die vorliegende Erfindung eines sicheren großtechnischen Verfahrens absolut
erforderlich. Für
die Entwicklung eines Verfahrens im großtechnischen Maßstab zur
Herstellung von 17β-Hydroxyöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat
war somit entscheidend, ein Verfahren zu erfinden, mit dem das Sulfamoylchloridreagenz
in großem
Maßstab
sicher bereitgestellt werden konnte.
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Gemäß der vorliegenden
Erfindung wird ein durch die dosierungsgesteuerte Gasfreisetzung
gekennzeichnetes sicheres Verfahren dadurch erzielt, daß man Ameisensäure in Gegenwart
katalytischer Mengen von Carbonsäureamiden
(typischerweise 0,1–20
mol%, bezogen auf Chlorsulfonylisocyanat) zu einer Lösung von
Chlorsulfonylisocyanat in Dichlormethan gibt. Zu den gemäß der vorliegenden
Erfindung bevorzugten Katalysatoren zählen N,N-Dialkylcarbonsäureamide,
besonders bevorzugt N,N-Dimethylformamid oder N,N-Dimethylacetamid.
Der für
die Menge an Katalysator bevorzugte Bereich beträgt 0,5–2 mol%. Während der Zugabe der Ameisensäure zum
Chlorsulfonylisocyanat wird die Reaktionstemperatur im Bereich von
35–45° gehalten.
Es ist nicht erforderlich, daß der
Katalysator vor der Zugabe der Ameisensäure in der Chlorsulfonylisocyanatlösung vorliegt.
Besonders bevorzugt wird der Katalysator der Ameisensäure beigemischt,
die der Reaktionsmischung kontinuierlich zugesetzt wird.
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Man
nimmt an, daß der
Amidkatalysator wirkt, indem er den Abbau des reaktiven Zwischenprodukts von
Anhydridtyp zu Kohlenmonoxid und der entsprechenden Carbaminsäure und
anschließend
deren Fragmentierung, die Kohlendioxid und Sulfamoylchlorid liefert,
beschleunigt. Messungen zur thermalen Sicherheit bestätigten einen
glatten, dosierungsgesteuerten Gasstrom ohne Anzeichen einer thermischen
Akkumulation in Gegenwart von 0,5–2 mol% N,N-Dimethylacetamid.
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Schema
3. Messungen zur thermischen Sicherheit in Gegenwart katalytischer
Mengen von N,N-Dimethylacetamid
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Nach
der vorliegenden Erfindung ließ sich
Sulfamoylchlorid sicher in Pilotanlagenchargen herstellen, ausgehend
von 20 kg Chlorsulfonylisocyanat.
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Vorschrift I(Synthese
von 17-Oxoöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat)
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Eine
Mischung von Ameisensäure
(284,92 mmol) und N,N-Dimethylacetamid
(3,03 mmol) wurde bei 42°C
im Verlauf von 3,5 Stunden zu einer gerührten Lösung von Chlorsulfonylisocyanat
(277,47 mmol) in Dichlormethan (87,5 ml) gegeben. Die Mischung wurde
15 Minuten lang auf Rückfluß erhitzt
und auf Raumtemperatur abgekühlt.
Die so erhaltene Mischung wurde bei Raumtemperatur im Verlauf von
20 Minuten zu einer gerührten
Lösung
von Östron
(184,93 mmol) in N,N-Dimethylacetamid (625 ml) gegeben. Die Mischung
wurde 17 Stunden lang bei Raumtemperatur gerührt und dann auf Wasser (1875
ml) gegossen. Nach einer Weile bildete sich ein weißer Niederschlag.
Die Suspension wurde weitere 2 Stunden lang bei Raumtemperatur gerührt und
filtriert. Die Kristalle wurden zweimal mit Wasser (250 ml) gewaschen
und ohne weiteres Trocknen und Auf reinigen in den nächsten Schritt
eingesetzt (Vorschrift II). Ausbeute: 87,8 g (feuchtes Material)
weiße
Kristalle, Reinheit (HPLC): 99,12%.
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Vorschrift II (Synthese
von 17β-Hydroxyöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat)
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Bei
2–5°C wurde eine
Lösung
von Natriumborhydrid (156,23 mmol) in Wasser (94 ml) im Verlauf
von 20 Minuten zu einer kalten (2–5°C) Suspension von feuchtem 17-Oxoöstra-1,3,5(10)-trien-3-ylsulfamat
(171,7 mmol, aus Vorschrift I) in Ethanol (450 ml) gegeben. Die
so erhaltene Mischung wurde weitere 20 Stunden lang bei 2–5°C gerührt. Dann
wurde bei dieser Temperatur im Verlauf von 15 Minuten zum Einstellen
des pH-Wertes auf 3 eine Lösung
von Citronensäure
(495,86 mmol) in Wasser (668 ml) zugegeben. Es wurde mit Wasser
(668 ml) versetzt. Der so erhaltene kristalline Feststoff wurde
abfiltriert und dreimal mit Wasser (500 ml) gewaschen. Die feuchten
Kristalle wurden in Aceton (2010 ml) suspendiert, und die so erhaltene
Suspension wurde unter Rückfluß erhitzt,
bis alles in Lösung
gegangen war. Durch Abdestillieren von Aceton (1700 ml) erhielt
man eine Suspension, die auf Raumtemperatur abgekühlt und
filtriert wurde. Der kristalline Feststoff wurde mit kaltem Aceton
(50 ml) gewaschen und im Vakuum getrocknet. Ausbeute: 45,06 g weiße Kristalle,
Reinheit (HPCL): 99,61%.