-
Die
vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet biomedizinischer Implantate
und insbesondere ein Verfahren zur Bildung einer Oxidschicht auf
der Oberfläche
eines biomedizinischen Titan- oder titanbasierten Implantats.
-
Eine
Anforderung bei der Verwendung von endostealen Implantaten, beispielsweise
endostealen Zahnimplantaten, besteht darin, eine Osseointegration
und/oder Biointegration des Implantats im Knochen zu erreichen.
-
Für biomedizinische
Implantate wurden zahlreiche verschiedene Materialien eingesetzt,
doch nur wenige erfüllen
die Anforderungen der Osseointegration in genügendem Maße. Titan und Legierungen auf
Titanbasis sind die bevorzugten Werkstoffe, die für solche
Implantate verwendet werden. Die Beschaffenheit des natürlichen
Oberflächenoxids
von Titan scheint dabei der grundsätzliche Faktor für gute Osseointegration
zu sein. Das Oberflächenoxid scheint
die Anlagerung biologischer Moleküle zu fördern und die Auflösung der
Mengenelemente einzuschränken.
Man geht davon aus, dass diese Freisetzung die biologische Reaktion
auf das Zahnimplantat bestimmt.
-
Obwohl
osseointegrierte Titanimplantate eine lange und erfolgreiche Geschichte
bei der Behandlung zahnloser Patienten mit normaler Knochensubstanz
verzeichnen, sind die durch klinischen Eingriff erzielten Ergebnisse
weniger gut, wenn die Knochenquantität und -qualität zu wünschen übrig lässt. In
solchen Fällen
ist eine bessere Osseointegration ein bedeutender Faktor bei der
Herstellung eines erfolgreichen Implantats. Darüber hinaus kann eine bessere
Osseointegration den Zeitraum bis zu einer adäquaten Belastbarkeit verringern,
der derzeit beim Oberkiefer bis sechs Monate dauern kann. Die wichtige
Rolle des Oberflächenzustands
für die
klinische Leistung von titanbasierten Materialien bedeutete, dass
sich die Aktivitäten
zur Verbesserung der Eigenschaften dieser Materialien nicht nur
auf die Zusammensetzung der Legierungen konzentrierten, sondern
auch auf den Einsatz von Oberflächenbehandlungen.
-
Neben
endostealen Zahnimplantaten gelten bei zahlreichen anderen biomedizinischen
Implantaten ähnliche
Anforderungen für
gute Osseointegration.
-
Es
wurden verschiedene Oberflächenbehandlungen
zur Verbesserung der Haftung von Zellen an biomedizinischen Implantaten
eingesetzt, einschließlich
des Sandstrahlens der Oberfläche
mit Körnchen
eines Oxids von Titan und der Anwendung von Keramikbeschichtungen.
Das Auftragen von porösen
Beschichtungen wie beispielsweise einer 50–100 μm dicken Schicht des Hydroxyapatit-Typs (HA)
durch Plasmaspritzen ist seit den frühen 1980ern verbreitet. Es
wurden jedoch manche klinische Fragen in Bezug auf die Wirksamkeit
der Beschichtungen aufgeworfen, die unter anderem die geringe mechanische
Festigkeit der Beschichtung-Substrat-Zwischenfläche und die schwierige Herstellung
einer gleichmäßigen Schicht
auf komplex geformten Implantaten umfassen. Ein anderes Problem
hinsichtlich des Plasmaspritzens besteht darin, dass man damit keine
Beschichtungen anlagern kann, die dünner als ungefähr 40 μm sind. Das
Langzeitverhalten dieser Keramikbeschichtungen wird wegen der kontinuierlichen
(und in nicht geeigneter Weise geregelten) Auflösung der Beschichtung beeinträchtigt.
Die Kristallinität
der Beschichtung ist ein wesentlicher Faktor für die Bestimmung von Auflösungsgeschwindigkeiten,
wobei amorphe Beschichtungen mehr zu Biodegradation neigen als kristalline. Ein
weitere Frage ist die mögliche
Zunahme des Korrosionsrate sowohl wegen der größeren Oberfläche als
auch wegen der durch Spaltkorrosion bedingten Wirkungen. Andere
Keramikbeschichtungen wurden mit anderen Methoden wie u. a. elektrochemischen Behandlungen
hergestellt, doch bis jetzt wurden damit noch keine großen Erfolge
erzielt. Es wurde auch von der thermischen Behandlung in Luft als
einer Methode berichtet, mit der man die Ionenabgabe von einer titanbasierten
Legierung in physiologische Lösungen
reduzieren kann. Die Ionenabgabe von der oxidierten Oberfläche des
Metalls kann durch mehrere Faktoren beeinflusst werden, beispielsweise
durch höhere
Oxiddicke (normalerweise ≥ ~4
nm gegenüber
~2,5 nm für
das natürliche
Oxid) und eine modifizierte Oxidstruktur.
-
US-A-4.746.532
offenbart eine Methode zur Herstellung von endostealen Implantaten,
bei der ein Keramikmaterial auf die Oberfläche eines metallischen Titankernmaterials
gesprüht
wird, das vorher einer Oberflächen-Oxidationsbehandlung
unter Wärmeeinwirkung
in Luft unterzogen wurde. US-A-4.746.532
offenbart keine Wirkung, die mit der Feuchtigkeit der während des
Oxidationsverfahrens verwendeten Luft in Zusammenhang steht.
-
Die
vorliegende Erfindung sieht folglich ein Verfahren zur Herstellung
eines biomedizinischen Implantats mit einem Oxid von Titan auf einer
Oberfläche
davon vor, wobei das Verfahren umfasst:
- a)
Bereitstellung eines biomedizinischen Implantats, von dem zumindest
eine Oberfläche
Titan oder eine Legierung davon umfasst;
- b) Exposition der Oberfläche
des biomedizinischen Implantats in einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre mit einem
Taupunkt von ≤ 0°C; und
- c) Erhitzung der Oberfläche
des biomedizinischen Implantats in der Atmosphäre, wodurch ein Oxid von Titan
zumindest auf der Oberfläche
gebildet wird.
-
Der
Taupunkt der sauerstoffhaltigen Atmosphäre liefert einen Hinweis auf
die Feuchtigkeit der Atmosphäre.
Die Atmosphäre
hat im Allgemeinen einen Taupunkt von ≤ 0°C, vorzugsweise von –60°C bis 0°C, bevorzugter
von –50°C bis –5°C, bevorzugter von –40°C bis –10°C, noch bevorzugter
von –30°C bis –15°C.
-
Aus
dem erfindungsgemäßen Verfahren
resultierte eine Verbesserung der Osseointegration des biomedizinischen
Implantats gegenüber
Titan- und titanbasierten Implantaten, die dem Stand der Technik entsprechen.
Insbesondere die Oberflächenmorphologie
des in Atmosphären
mit einem Taupunkt ab ≤ 0°C gebildeten
Oxidbelags scheint homogener zu sein als die, die sich bei Oxidation
in einer feuchteren Umgebung – d.
h. einer Umgebung mit höherem
Taupunkt – bildet.
Unter Verwendung einer Atmosphäre mit
dem angegebenen Taupunkt kann also ein weniger fehlerhafter und
besser haftender Oxidbelag gebildet werden, der durch eine gleichmäßigere äußere Oberfläche gekennzeichnet
ist.
-
Der
Taupunkt der sauerstoffhaltigen Atmosphäre kann während des Erhitzungsschritts
bei einem im wesentlichen konstanten Wert aufrechterhalten oder
alternativ während
des Erhitzungsschritts verändert
werden. Letzterer Ansatz kann dazu genutzt werden, die chemische
Beschaffenheit und/oder Mikrostruktur der Oxidschicht in Bezug auf die
Tiefe zu verändern.
Demgemäss
kann man zwei oder mehrere thermische Behandlungen in Umgebungen
mit unterschiedlichem Feuchtigkeitsgrad kombinieren, um eine besser
abgestufte Oxidstruktur zu erhalten.
-
Die
Erhitzung erfolgt typisch bei einer Temperatur im Bereich von 300
bis 900°C,
typischer von 700 bis 900°C,
und wird normalerweise in einem geeigneten Ofen durchgeführt, der
mit einer Quelle eines oxidierenden Gases sowie einem Ein- und Auslass
versehen ist. Nach dem Erhitzungsschritt kann man das Implantat
abkühlen
lassen (z. B. Abkühlung im
Ofen) oder aktiv kühlen,
indem man eine Kühlflüssigkeit über das
Implantat strömen
lässt.
Anschließend
können
weitere Oberflächenbehandlungsschritte
durchgeführt
werden. Das Implantat wird normalerweise vor der Verwendung sterilisiert.
-
Die
Oberfläche
des biomedizinischen Implantats kann während des Erhitzungsschritts
bei einer im wesentlichen konstanten Temperatur gehalten werden.
Alternativ kann man die Temperatur während des Erhitzungsschritts
verändern.
Letzterer Ansatz kann wiederum dazu verwendet werden, Veränderungen
in der chemischen Beschaffenheit und/oder Mikrostruktur der Oxidschicht
in Bezug auf die Tiefe zu erzielen. Während der Oxidationsbehandlung
können
Temperatunwechsel vorgenommen werden, um die Haftung des Oxidbelags
zu verbessern. Es versteht sich, dass man nicht-isotherme Behandlungen oder Temperaturwechsel
durchführen kann,
während
die Feuchtigkeit der oxidierenden Atmosphäre im wesentlichen konstant
gehalten wird. Alternativ kann man sowohl die Temperatur als auch die
Feuchtigkeit der oxidierenden Atmosphäre verändern.
-
Die
Erhitzung erfolgt typischerweise bei einer Aufheizgeschwindigkeit
von bis zu 100°C/min,
typischer von 10 bis 70°C/min,
noch typischer von 30 bis 50°C/min.
-
Die
Erhitzung kann für
irgendeinen geeigneten Zeitraum fortgeführt werden, um die gewünschte Oxidmorphologie
und/oder -dicke zu erzielen. Beispielsweise kann die Erhitzung allgemein
bis zu 200 Stunden, bis zu 150 Stunden, bis zu 100 Stunden, bis zu
50 Stunden, bis zu 10 Stunden oder bis zu 1 Stunde dauern.
-
Die
oxidierende Atmosphäre
kann Sauerstoffgas und/oder ein sauerstoffhaltiges molekulares Gas
oder einen sauerstoffhaltigen Dampf umfassen bzw. daraus bestehen.
Ein Beispiel für
eine geeignete Atmosphäre
ist Luft oder eine Gasmischung, die Sauerstoff und Stickstoff enthält. Der
gewünschte Taupunkt
der Atmosphäre,
der ein Maß für deren Feuchtigkeit
ist, kann dadurch erreicht werden, dass man einen Teil oder den
Gesamtteil des bzw. der mehreren in der Atmosphäre enthaltenen Gase über Wasser
strömen
lässt.
Die relative Feuchtigkeit der Atmosphäre beträgt vorzugsweise unter 10% bei 22°C, bevorzugter
unter 5%, noch bevorzugter unter 1%. Der Wasser-Teildruck beträgt vorzugsweise unter 500 Pa,
bevorzugter unter 200 Pa.
-
Die
Oberfläche
des biomedizinischen Implantats kann technisch reines Ti (cp Ti,
Sorten 1, 2, 3 oder 4) oder die Legierung Ti6Al4V umfassen. Das biomedizinische
Implantat kann teilweise oder ganz aus Titan oder einer Legierung
davon gebildet werden. Es versteht sich, dass das erfindungsgemäße Verfahren
an einem Teil des Implantats oder am ganzen Implantat durchgeführt werden
kann.
-
Der
hier verwendete Begriff Implantat soll alle Arten von biomedizinischen
und dentalen Implantaten einschließlich Komponenten und Teilen
davon umfassen.
-
Das
auf der Oberfläche
des biomedizinischen Implantats gebildete Oxid von Titan umfasst normalerweise
eines oder mehrere von TiO2, TiO und Ti2O3.
-
Das
biomedizinische Implantat ist vorteilhafterweise ein endosteales
Implantat, vorzugsweise ein endosteales Zahnimplantat, einschließlich Komponenten
und Teilen davon.
-
Es
versteht sich, dass vor oder nach der Oxidationsbehandlung zusätzliche
Oberflächenveränderungen
am biomedizinischen Implantat wie beispielsweise mechanische Behandlungen
der Oberfläche (z.
B. Kugelstrahlen), chemische Behandlungen (z. B. Ätzen) und
physikalische Behandlungen (z. B. Ionenimplantation) durchgeführt werden
können.
-
Das
erfindungsgemäße Verfahren
kann auf Wunsch ferner einen Sterilisationsschritt umfassen.
-
Die
vorliegende Erfindung sieht auch eine Methode zur Bildung einer
Oxidschicht auf der Oberfläche
eines aus Titan oder einer Legierung davon gebildeten biomedizinischen
Implantats vor, wobei die Methode umfasst:
- i)
Exposition des biomedizinischen Implantats in einer sauerstoffhaltigen
Atmosphäre
mit einem Taupunkt von ≤ 0°C; und
- ii) Erhitzung zumindest einer Oberfläche des biomedizinischen Implantats
in der Atmosphäre,
um darauf ein Oxid von Titan zu bilden.
-
Die
vorliegende Erfindung sieht auch eine Methode zur Verbesserung der
Osseointegration eines aus Titan oder einer Legierung davon gebildeten biomedizinischen
Implantats vor, wobei die Methode umfasst:
- i)
Exposition des biomedizinischen Implantats in einer sauerstoffhaltigen
Atmosphäre
mit einem Taupunkt von ≤ 0°C; und
- ii) Erhitzung zumindest einer Oberfläche des biomedizinischen Implantats
in der Atmosphäre,
um darauf ein Oxid von Titan zu bilden.
-
Um
Zweifeln vorzubeugen, sind alle in Bezug auf das erfindungsgemäße Verfahren
beschriebenen Merkmale gleich anwendbar, entweder einzeln oder in
Kombination mit den hier beschriebenen Methoden.
-
Die
vorliegende Erfindung sieht auch ein biomedizinisches Implantat
vor, das durch ein hier beschriebenes Verfahren oder eine hier beschriebene Methode
erhältlich
ist oder wann immer dadurch hergestellt wurde.
-
Die
vorliegende Erfindung wird nun beispielhaft anhand der folgenden
Zeichnungen weiter beschrieben. Es zeigen:
-
1(a): eine REM-Mikrofotografie, die die Oberflächenmorphologie
von Titan darstellt, das bei 800°C
150 Stunden lang in trockener Luft (Taupunkt unter –40°C) exponiert
war; und
-
1(b): eine REM-Mikrofotografie, die die Oberflächenmorphologie
von Titan darstellt, das bei 800°C
150 Stunden lang in feuchter Luft (Taupunkt ungefähr 8°C) exponiert
war.
-
Man
sieht, dass die in der Mikrofotografie von 1(a) dargestellte
erfindungsgemäße Titanprobe
eine weitaus homogenere Struktur aufweist als die in 1(b) dargestellte nicht erfindungsgemäße Titanprobe.
-
Bei
der vorliegenden Erfindung wird eine Oberflächenveränderung eines Ti- oder Ti-basierten chirurgischen
oder biomedizinischen Implantats durch eine thermische Behandlung
in einer oxidierenden Umgebung wie beispielsweise Luft bewirkt. Die
Feuchtigkeit der Atmosphäre
wird auf einen Wert geregelt, der niedriger als der in normaler
Laborluft ist. Mit anderen Worten: Die Luft ist getrocknet. Es wird
davon ausgegangen, dass die Anwesenheit von Wasser die Oxidationsrate
steigert.
-
Das
Verfahren und die Methoden gemäß der vorliegenden
Erfindung bieten mehrere Vorteile gegenüber dem Stand der Technik.
Erstens führt
die vorliegende Erfindung zu einer besseren Osseointegration des
biomedizinischen Implantats. Zweitens wird auch die Haftung des
Oxidbelags auf dem darunter liegenden Basismaterial verbessert.
Drittens ermöglicht
die vorliegende Erfindung von ihrem Wesen her komplex geformte Implantate,
deren Oberfläche
im wesentlichen gleichmäßig zu behandeln
ist. Viertens wurde festgestellt, dass das Verfahren und die Methoden
gemäß der vorliegenden
Erfindung auch zu einer Reinigungswirkung führen, durch die Verunreinigungen
entfernt werden können.