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Elektrische Zweiwagensteuerung Für den Betrieb von zwei Triebwagen,
die von einem Führerstand aus bedient werden sollen; sind bisher verschiedene Steuerungen
angewandt worden, die aber den geforderten Betriebsbedingungen nicht vollkommen
genügten. Es wurden z. B. Starkstromsteuerungen für Zweiwagenzüge gebaut, die den
Nachteil haben, daß die Wagen einzeln nicht fahren können und ferner eine große
Anzahl Starkstromkabel für das Kuppeln der Wagen benötigen. Außerdem sind die Führerschalter
groß und daher unhandlich. Es sind ferner Schützentriebwagen in Betrieb genommen
worden, die einen beträchtlichen Aufwand an Apparaten (Schützenbatterie, Fahrtwender,
Fahrtbremswender) und viele durchgehende Steuerleitungen erforderlich machen. Es
sind auch elektrische Steuerungen für Fahrzeuge bekanntgeworden, bei welchen man
ferngesteuerte Schaltwerke anordnete, welche entweder selbsttätig oder willkürlich
sämtliche Fahr- und Bremsstufen herstellen. Diese Anordnungen haben den Nachteil,
daß das Schaltwerk nur dann in die Bremsstellungen geführt werden kann, wenn Strom
vorhanden ist, also gerade im Gefahrfalle versagt. Man hat bei Schützensteuerungen
im führenden Wagen einen zusätzlichen Starkstrombremsbelag für die Kurzschlußbremsung
angeordnet, um im Gefahrfalle die vorstehend geschilderten Mängel zu beseitigen.
Durch den zusätzlichen Bremsbelag wird die Anordnung aber verteuert, ohne daß erhebliche
Betriebsverbesserungen erzielt werden, denn die übrigen Wagen erhalten im Gefahrfalle
überhaupt keine Bremsung.
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Es ist auch eine Zweiwagensteuerung bekanntgeworden, bei welcher sowohl
vom Führerschalter- aus mit Starkstrom als auch mit Steuerstrom gearbeitet wird.
Die Anordnung ist so getroffen, daß die Führerschalter beider Wagen einen Starkstrombelag
sowohl für Fahren als auch für Bremsen und außerdem einen Steuerstrombelag gleichfalls
für Fahren und für das Bremsen aufweisen. Es sind demnach in den beiden Führerschaltern
der zwei Triebwagen insgesamt acht Beläge vorgesehen. Der Betrieb ist nun der, daß
der führende Wagen unmittelbar durch den mit Starkstrombelägen versehenen Teil des
Führerschalters gesteuert wird, während der geführte `Vagen mittels Steuerstroms
sowohl beim Fahren als auch beim Bremsen betrieben wird. Bleibt die Netzspannung
aus, dann kann zwar der führende Wagen durch Kurzschlußbremsung abgebremst werden,
die Bremsung im geführten Wagen kann aber wegen Versagens der Schützensteuerung
nicht auf dieselbe Weise erfolgen. Es sind daher in beiden Wagen Solenoidbremsen
vorgesehen,
welche gegebenenfalls im geführten Wagen durch den Kurzschlußbremsstrom des führenden
Wagens erregt werden.
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Die große Zahl der Beläge in den Führerschaltern sowie die erforderlichen
Solenoidbremsen stellen eine bedeutende Verteuerung der ganzen Anordnung dar.
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Gegenstand der Erfindung ist eine Zweiwagensteuerung teilweise mit
Starkstrombetrieb und teilweise mit ferngesteuertem Betrieb. Es ist eine ferngesteuerte
Fahrschaltung für beide Wagen vorgesehen und außerdem eine Kurzschlußbremsung, welche
als Starkstromsteuerung ausgebildet ist und gleichzeitig für beide Wagen dient.
- Zum Fahren werden also beide Wagen stets mittels Fernsteuerung betrieben, während
die Abbremsung für beide Wagen stets durch die direkt gesteuerte Kurzschlußbremsung
erfolgt. Die Trennungslinie zwischen Fern- und Starkstromsteuerung ist also nicht
wie bei der bekannten Zweiwagensteuerung senkrecht gelegt, d. h. im führenden Wagen
Starkstromsteuerung und im geführten Wagen Fernsteuerung, sondern waagerecht, d.
h. in beiden Wagen gleichzeitig für die Kurzschlußbremsung Starkstrombetrieb und
für die Fahrschaltung eine Fernsteueranordnung. Durch diese Maßnahme wird zunächst
gegenüber der bekannten gemischten Steuerung eine erhebliche Anzahl von Steuerelementen
erspart. Da nämlich beide Wagen, gleichgültig, ob sie als führender Wagen oder als
geführter Wagen im Betrieb sind, stets in der gleichen Weise gesteuert werden, sind
keinerlei unbenutzte Steuerbeläge vorhanden. Es fallen somit gegenüber der bekannten
Anordnung im Führerschalter die Steuerstrombeläge für die Kurzschlußbremsung und
die Starkstrombeläge für die Fahrschaltung vollkommen fort. Außerdem kommen die
Schützen für die Kurzschlußbremsschaltung in Fortfall. Diese Ersparnis ergibt sich
naturgemäß bei beiden Wagen. Außerdem werden in beiden Wagen die Solenoidbremsen
überflüssig, da durch die Starkstromschaltung beide Fahrzeuge durch die Kurzschlußbremsung
auch im Gefahrfalle abgebremst werden können.
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:4ußer diesem durch die Ersparnisse bedingten Vorteil ergeben sich
aber durch die Erfindung auch wesentliche Verbesserungen im Betrieb. Die Bremsung
des geführten Wagens ist nämlich beim Erfindungsgegenstand wesentlich vorteilhafter
als bei der bekannten Schaltung, welche mittels Solenoidbremse arbeitet, da Solenoidbremsen
nicht die gleich günstige Wirkungsweise haben wie die Kurzschlußbremse Die letztere
regelt sich beispielsweise bei einem. Gleiten der Räder vollkommen selbsttätig,
die Räder gleiten bekanntlich dann, wenn das Bremsmoment im Vergleich zur Schienenreibung
(Haftreibung) zu hoch ist. In diesem Falle werden die Achsen festgehalten (blockiert).
Werden die Räder durch die Kurzschlußbremsung abgebremst, dann fällt bei einem Gleiten
der Räder, d. h. wenn sich deren Drehzahl vermindert, die Kurzschlußbremsspannung
sehr rasch ab, und der Bremsstrom sowie das Bremsmoment werden gleichfalls kleiner.
Mit dem Wegfall des Bremsmomentes hört die Ursache des Blockierens auf, und die
Räder werden wieder in Drehungen versetzt, so daß eine ordnungsmäßige Abbremsung
stattfindet. Bei Verwendung von Solenoidbremsen ergibt sich diese selbsttätige Regelung
aber reicht, da bei Solenoidbremsen, sobald sie einmal angesprochen haben, das Bremsmoment
bekanntlich nicht so rasch mit dem Strom abfällt.
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In der Zeichnung ist die Steuerungsanordnung für einen Triebwagen
veranschaulicht. z stellt das Fahrschaltwerk dar, das beliebig viele Fahrstellungen
erhalten kann. Das Ein-und Abschalten des Stromes übernimmt der Leistungsunterbrecher
2, welcher Strom über den Automaten 3 und den Stromabnehmer aus dem Netz erhält;
dieser Unterbrecher ermöglicht es, daß das Schaltwerk ohne Funkenlöschung (Blasung)
ausgeführt werden kann. Das Einschalten des Leistungsunterbrechers wird durch die
Führerschalter 5 bzw. 6 bewerkstelligt. Das Fahrschaltwerk wird durch ein Solenoid
7, dessen Kraft über ein Klinkwerk auf das Fahrschaltwerk übertragen wird, angetrieben.
Den Antrieb könnte naturgemäß auch ein Motor übernehmen. Für jeden Triebwagen sind
zwei Satz Widerstände 8 und g vorgesehen, die als Anfahr- und Bremswiderstände dienen.
Ferner ist ein Ordnungsschalter zoo bis zo6 vorhanden, der der Übersichtlichkeit
halber aufgeteilt in den Motorenstromkreis eingezeichnet ist. Der Ordnungsschalter
besitzt zwei Schaltstellungen, eine für Wageneinzelfahrt und eine für Zwillingswagenfahrt.
xz bis 13 sind die drei durchgehenden Steuerstromleitungen und 14 bis 16 die drei
durchgehenden Starkstromleitungen.
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Der Fahrbetrieb mit einem oder zwei Triebwagen gestaltet sich nun
folgendermaßen: Der Fahrer bringt z. B. den Führerschalter 5 von der Nullstellung
in die Stellung »Fahren«. Der Leistungsunterbrecher 2 wird eingeschaltet, da dessen
Magnetspule 25 auf folgendem Wege Strom erhält: Vom Stromabnehmer .4 über den Automaten
3, die Spule 25, die Leitung 27, das in der Nullstellung des Fahrschaltwerkes geschlossene
Segment 23, die Leitungen 28, Ir, 17, das Fahrschaltersegment 2o zur Erde. Sobald
der Leistungsunterbrecher eingeschaltet ist, wird das Segment 23 des sich jetzt
in die einzelnen Schaltstellungen drehenden Fahrschaltwerkes über den nunmehr geschlossenen
Hilfskontakt 26 und die Leitung 2g überbrückt. Sobald der Leistungsunterbrecher
eingeschaltet
ist, ist für das Antriebssolenoid 7 ein Stromkreis
geschlossen, der folgenden Verlauf hat Vom Leistungsunterbrecher 2 über die Leitung
30, den geschlossenen Kontakt des Umschalthebels 31, die Leitung 32, das Solenoid
7, das Segment 24 des Fahrschaltwerkes, die Leitung 33, den geschlossenen Kontakt
35 des Stromwächters 34 zur Erde.
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Das Solenoid 7 bewegt den Magnetkern 36 nach rechts. Diese Bewegung
wird durch einen Hebel 37, der mit dem Magnetkern 36 gelenkig verbunden und um die
Achse 4o des Sperrades 38 drehbar gelagert ist, auf eine Klinke 39 übertragen. Die
Klinke dreht das Sperrad um eine Zahnteilung weiter und damit auch über die Achse
4o das Fahrschaltwerk in die erste Fahrstellung. Die Stellung der Klinke ist gesichert
durch den Anschlag 41 und die Feder 42. Die Sperrung des Sperrades übernimmt der
Sperrhebel 43. Die Sperrkraft wird erzeugt durch das Solenoid 44, welches * über
die Leitungen 30, 45, i3, 'i9, das Fahrschaltersegment 22 und Erde Strom erhält.
In dem Zeitpunkt, in welchem der Hub des Magnetkernes 36 beendet ist, wird der Umschalthebel
31 durch die Zugfeder 46 in die gestrichelt gezeichnete Lage umgelegt und damit
der Stromkreis für das Solenoid 7 unterbrochen. Die Feder 47 zieht jetzt den Magnetkern
36 und somit auch den Hebel 37 und die Klinke 39 in die ursprüngliche Lage zurück,
während das Sperrad mittels des Sperrhebels 43 seine Stellung beibehält. Durch die
rückläufige Bewegung des Magnetkernes 36 wird auch der Umschalthebel 3i wieder in
die Einschaltlage gebracht und der Stromkreis für das Antriebssolenoid geschlossen.
Der Vorgang wiederholt sich von neuem und bewirkt, daß das Fahrschaltwerk in die
einzelnen Fahrstellungen gedreht wird.
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Wird das Fahrschaltwerk zu schnell vorwärts gedreht, nimmt also die
Stromstärke einen zu hohen Wert an, so sorgt der Stromwächter 34 durch seinen Kontakt
35 für die Unterbrechung des Solenoidstromkreises. Das Schaltwerk bleibt in diesem
Falle stehen und schaltet erst weiter, wenn nach Abklingen des Stromes der Kontakt
35 wieder geschlossen ist.
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Dem Fahrer ist ein Mittel in die Hand gegeben, das Fahrschaltwerk
auch willkürlich in jeder Fahrstellung anhalten zu können. Zu diesem Zwecke wird
die Fahrkurbel in die Stellung »Stehenbleiben«gebracht. Ein Haltesolenoid 48 erhält
jetzt Strom über die Leitungen 30, 49, 50, i2, 18, das Fahrschaltersegment 2i und
Erde und bewirkt damit, daß der Magnetkern 36 angezogen bleibt. Das Fahrschaltwerk
wird also in der zuletzt eingeschalteten Fahrstellung stehenbleiben. Um das Stehenbleiben
auf einer wirtschaftlichen Geschwindigkeitsstufe zu vermitteln, kann der Stromkreis
des Solenoides 48 auch über bestimmte Segmente des -Fahrschaltwerkes geführt werden,
die erst dann den Stromkreis schließen, wenn das Fahrschaltwerk auf einer Stufe
der wirtschaftlichen Geschwindigkeitsregelung angekommen ist.
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Soll das Fahrschaltwerk in die Nullstellung zurückgedreht werden,
so geht der Fahrer mit der Fahrkurbel zurück in die Nullstellung. Der Leistungsunterbrecher
fällt ab, und die Solenoide 7 und 44 werden gleichzeitig stromlos. Der Sperrhebel
43 wird unter dem Einfluß der Zugfeder 51 aus dem Sperrad gedrückt und nimmt dabei
gleichzeitig die Sperrklinke 39 mit, welche, wie angedeutet, unter dem Sperrhebel,
aber auch neben diesem angeordnet sein kann. Das Fahrschaltwerk wird nun unter dem
Einfluß einer Feder 52 in die Nullstellung bewegt.
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Im vorstehenden wurde lediglich die Steuerung des Fahrschaltwerkes
i beschrieben. Wie dieses Fahrschaltwerk die einzelnen Fahrstellungen herstellt,
ist der Einfachheit halber nicht angegeben. Man kann irgendeine bekannte beliebige
Fahrschaltung der Motoren verwenden. Der Fahrschalter ist mit einer Fahrtbremswendewalze
versehen, welche in der Nullstellung sämtliche Motorschaltungen auflöst, in der
Fahrstellung die betreffende Schaltung für Fahrt in Verbindung mit dem Fahrschaltwerk
herstellt.
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Für den Bremsbetrieb ist, wie gesagt, lediglich .Starkstromsteuerung
vorgesehen. Bei der in der Zeichnung dargestellten Lage der Motoren und Widerstände
ist schon angenommen, daß die Fahrtbremswendewalze sich in der Bremsstellung befindet,
so daß die Bremsverbindungen hergestellt sind. Der Fahrer befindet sich mit dem
Fahrschalter beispielsweise auf der Stellung »Bremsen i«. Die Stufensegmente für
die einzelnen Bremsstellungen und die mit den entsprechenden Widerstandsanzapfungen
verbundenen Kontaktfinger sind der Einfachheit halber fortgelassen.
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Der Kurzschlußbremsstromkreis läßt sich nun für Zweiwagenfahrt auf
nachstehendem Wege verfolgen: Von der rechten Klemme des Motors I über den Kontakt
ioo des Ordnungsschalters, die Leitung 53, den betreffenden Kontaktfinger. und den
Belag 54 des Fahrschalters, die Leitungen 56 und 57, den Kupplungspunkt i4 d nach
dem geführten `'Vagen, im geführten Wagen vom Kupplungspunkt 41' über die durchgehende
Kuppelleitung 14, den Kontakt ioi des Ordnungsschalters, die hintereinandergeschalteten
Felder der Motorgruppe des geführten Wagens zur Erde. Der Stromkreis geht weiter
von Erde über die Widerstandsgruppe 8 des führenden Wagens, die Leitung 58, die
Kontaktfinger und den Belag 55 des Fahrschalters, die Leitungen 59, 6o und 16, den
Anker II und Kontakt 104 des Ordnungsschalters zur linken Klemme des Motors I.
Aus
vorstehendem ist zu ersehen, daß die Motoren des einen Wagens die Felder der Motoren
des anderen Wagens speisen. Umgekehrt speisen die Anker im geführten Wagen die Felder
des führenden Wagens (Kreuzschaltung). Der betreffende Stromkreis läßt sich nach
dem Gesagten leicht verfolgen.
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Soll nur mit einem Wagen gefahren werden, dann ist die Fahrschaltung
im wesentlichen dieselbe wie bei Zweiwagenfahrt; lediglich die Bremsschaltung wird
geändert. Der Ordnungsschalter wird umgelegt, so daß die Kontakte 10o,
103, 104 und io6 nach oben und die Kontakte ioi, 102, und
105 nach unten bewegt werden. Die in der Zeichnung gestrichelt angedeuteten
Leitungen sind für den Einwagenbremsbetrieb vorgesehen. Der Kurzschlußbremsstrom
hat nun folgenden Verlauf: Von der rechten Klemme des Motors I, den Kontakt ioo
des Ordnungsschalters, die Leitung 61, den Kontakt io-, des Ordnungsschalters, das
Feld des Motors II zur Erde. Der andere Stromkreis verläuft von der rechten Klemme
des Motors II über den Kontakt 104 des Ordnungsschalters, die Leitung 62, den Kontakt
ioi des Ordnungsschalters, das Feld des Motors I, den Kontakt 1o5 des Ordnungsschalters
zurErde. Die Stromkreise schließen sich von Erde über den Widerstand 9, den Kontakt
1o ; des Ordnungsschalters, den Widerstand 8, die Leitung 58, die Kontaktfinger
und den Belag 55 des Fahr-Schalters, die Leitungen 59, 6o und 16 und von da an die
linke Klemme des Motors II bzw. über die Leitung 63, den Kontakt io6 an die linke
Klemme des Motors I.
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Aus der vorstehend geschilderten Betriebsweise ergeben sich noch zwei
weitere Vorteile der Erfindung, nämlich kurzer Weg der Fahrkurbel von den Fahrstellungen
in die Bremsstellungen, so daß im Gefahrfalle schnell gebremst werden kann. Außerdem
ist die sofortige Bremsbereitschaft gegeben, da der Fahrer niemals abzuwarten braucht,
bis das ferngesteuerte Schaltwerk in die Nullstellung gelangt; er kann vielmehr
sofort ohne Rücksicht auf die Stellung des Fahrschaltwerkes abbremsen.