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Verfahren zum Anfahren von Diesellokomotiven mit unmittelbarem Antrieb
Das vorliegende Verfahren zum Anfahren von Diesellokomotiven mit unmittelbarem Antrieb
des Motors auf die Achsen beruht auf der Einleitung von' Druckluftverbrennungen
von der ersten Umdrehung der Dieselmaschine an.
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Die Einleitung von Druckluftverbrennungen bei Diesellokomotiven an
sich ist schon vorgeschlagen worden, doch hat man bisher hierfür immer Selbstzündungen
wie beim normalen Dieselbetrieb in Aussicht genommen. Das setzt aber eine vorangehende
Hochdruckverdichtung und genügende Erwärmung des Zylinders voraus. Diese Bedingungen
sind erst nach Erreichung einer Kolbengeschwindigkeit von etwa o,8 m/Sek. oder ungefähr
=o km/Std. Fahrgeschwindigkeit erfüllt. Bis dahin mußte man daher auch bei solchen
Lokomotiven mit Druckluft ohne Verbrennung fahren, was aber einen praktisch nicht
unterzubringenden Vorrat an Druckluft voraussetzte. Oder man müßte mit geänderter
Übersetzung oder schleifender Kupplung anfahren, was wiederum grundsätzliche Betriebsnachteile
mit sich bringt.
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Bei der vorliegenden Erfindung sollen schon von der ersten Umdrehung
an Druckluftverbrennungshübe ausgeführt werden, was durch Hinzunehmen einer künstlichen
Zündung ermöglicht wird. Gemäß der Erfindung sollen nun diese ersten Druckluftverbrennungen
so durchgeführt werden, daß eine Beschleunigung in möglichst kurzer Zeit, und zwar
ohne störende Kraftstöße, erzielt wird, mit denen ein Schleudern verbunden sein
würde. Diese Forderung und die Mittel zu ihrer Erfüllung werden an Hand der Zeichnungen
erläutert.
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Abb. i stellt das normale Zugkraftdiagramm dar, Abb.2 ein normales
Dieseldruckluftdiagramm, Abb. 2 a und 2 b die zugehörigen Tangentialdruckdiagramme
je einer doppeltwirkenden Zweitakt-Zweizylinder- bzw. Dreizylinderdieselmaschine.
Abb.3 und 4 sind Anfahrdiagramme gemäß der Erfindung. Abb. 3 a, 3b, 4a, 4b sind
die zugehörigen Tangentialdruckdiagramme der doppeltwirkenden Zweizylinder- und
Dreizylindermaschine. .
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Das bekannte Zugkraftdiagramm der Abb. i ist auf der Strecke A-B bestimmt
durch die Gleichung Zmax=C'f'G, in der Z die Zugkraft, f die Reibungswertziffer,
G das Reibungsgewicht und C eine Konstante bedeuten.
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Auf der Strecke B-C ist das Diagramm bestimmt durch die Gleichung
in der v die Zuggeschwindigkeit, N die Leistung
der Dieselmaschine
und Cl eine Konstante bedeuten.
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Die Leistung der Dieselmaschine kann auch ausgedrückt werden durch
die Formel:
Hierin ist T die Tangentialkraft am Kurbelradius und y die Länge des Kurbelradius.
Durch Einsetzen des Wertes N nach Gleichung (3) in Gleichung (2) ergibt sich:
C2 ist eine Konstante, da das Verhältnis
bei dem unmittelbar auf die Lokomotivräder arbeitenden Motor unveränderlich ist.
In Verbindung mit Gleichung (i) wird
Da nun die Beschleunigung der Zugkraft verhältnisgleich ist, so ergibt nach Gleichung
(q.) die Förderung einer Anfahrbeschleunigung des Zuges in möglichst kurzer Zeit
auch die Forderung möglichst großer Tangentialkraft. Anderseits besagt Gleichung
(5), daß die Tangentialkraft eine durch die Abmessungen (Gewichte) der Lokomotive
bestimmte Größe nicht überschreiten darf, wgnn kein Schleudern stattfinden soll.
Da also jede Unterschreitung von Tmax eine Verminderung der Beschleunigung, jede
Überschreitung ein Schleudern bewirkt, so muß auf der ganzen der Beschleunigung
dienenden Anfahrstrecke die Tangentialkraft eine möglichst gleichbleibende, den
geringsten Schwankungen ausgesetzte Größe sein, um größte Beschleunigung unter Vermeidung
des Gleitens zu erreichen.
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Legt man nun zum Anfahren- der Dieselmaschine ein Druckluftverbrennüngsdiagramm
mit der normalen Betriebsverdichtung von etwa 33 at und eine Gleichdruckverbrennung
und 2o°/, Füllung zugrunde, so ergeben sich gemäß Abb. 2a für eine doppeltwirkende
Zweizylinder-Zweitaktmaschine die Tangentialdrucklinien T,1 bis T" der einzelnen
Zylinderseiten und die zusammengesetzte Tangentialdrucklinie T; ebenso nach Abb.
2b für eine doppeltwirkende Dreizylinder-Zweitaktmaschine die einzelnen Tangentialdrucklinien
T,1 bis T", und die zusammengesetzte (resultierende) Tangentialdrucklinie T.
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Man erkennt also, daß durch eine solche Druckluftverbrennung zwar
ein sehr volles Diagramm, das an Flächeninhalt dem normalen Dieseldiagramm überlegen
ist, zu gewinnen ist, daß aber die oben aufgestellte Forderung eines möglichst gleich
hohen tangentialen Druckes nicht erreicht ist.
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Hier setzt die Erfindung ein; sie ist gekennzeichnet durch Verbrennungen
von gesondert in den Arbeitszylinder eingeführter Druckluft und Brennstoff unter
einem gegenüber dem Dieselbetrieb erheblich, z. B. auf etwa die Hälfte, verminderten
Verdichtungs- und Verbrennungsdruck und einer gegenüber dem Dieselbetrieb erheblich,
z. B. auf etwa das Drei- bis Fünffache, verlängerten Einspritz- und Brennzeit.
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Ein solches Niederdruckverbrennungsdiagramm gemäß der Erfindung ist
in Abb. 3 mit einem gleichbleibenden Verbrennungsdruck von 15 at bei 500/, Füllung
dargestellt. Den Erfolg auf das Tangentialdruckdiagramm ersieht man in Abb. 3 a
bei einer doppeltwirkenden Zweizylinder-Zweitaktmaschine, in Abb. 3b bei einer doppeltwirkenden
Dreizylinder - Zweitaktmaschine. Während die resultierenden Tangentialdrücke T der
Abb. 2a und 2b noch Druckschwankungen von 6 bis i71/2 at hatten, sind sie nunmehr
auf 21/Z bis 2 at herunter gezogen.
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Die Verbrennungslinie braucht nicht genau waagerecht zu verlaufen.
Wie nämlich Abb. q. mit einer von 18 auf 14 at abfallenden Verbrennungsdrucklinie
zeigt, ergeben sich in solchem Falle sogar noch etwas günstigere Tangentialdrücke
gemäß Abb. q.a und q.b, in denen die Schwankungen der resultierenden Tangentia,ldrücke
nur noch 21/Z bis i at betragen.
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Es ist dabei trotz der starken Verminderung des höchsten Verdichtungsdruckes
von 33 at auf etwa die Hälfte der mittlere Tangentialdruck nicht etwa vermindert
worden. Denn während er beim Hochdruckdiagramm gemäß Abb. 2a und 2b etwa i31/2 at
bei der Zweizylindermaschine und 181/Z at bei der Dreizylindermaschine beträgt,.
erreicht er bei dem Niederdruckdiagramm gemäß Abb.3a und q.a etwa 131/2 at bei der
Zweizylindermaschine und 2o at bei der Dreizylindermaschine.
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Dabei ist trotz des hohen mittleren Tangentialdruckes nicht etwa der
Auspuffdruck unzulässig hoch geworden, denn er hält sich in beiden Ausführungsbeispielen
der Abb. 3 und q. auf etwa 7 at, also auf einer Höhe, die einen für die verhältnismäßig
kurze Anfahrzeit noch erträglichen Verlust an Auspuffenergie darstellt.
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Dieses Ergebnis des Verfahrens, das durch ein unter günstigen Umständen
verlaufendes Anfahren der Lokomotive ohne merkbare Stöße mit starkem Beschleunigungsdruck
dargestellt ist, kann nicht durch eine Verlängerung der Verbrennungszeit bei Aufrechterhaltung
des
hohen Verdichtungsdruckes erzielt werden, da sich eine zu hohe
Wärmebelastung für den Arbeitszylinder ergeben würde. Es kann -auch nicht durch
Verminderung des Verdichtungsdruckes bei Aufrechterhaltung einer normalen Verbrennungszeit
von =o bis 2o0/, des Kolbenhubes erzielt werden, da ein zu niedriger Tangentialdruck,
also ein zu langsames Anfahren eintreten würde. Das Ergebnis kommt vielmehr erst
durch Zusammenwirken beider Maßnahmen, Verminderung des Verdichtungsdruckes auf
ein' gewisses Maß und Vergrößerung der Verbrennungszeit auf ein gewisses Maß, zustande.
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Die Ausführung dieses Verfahrens setzt in allen Fällen die Anwendung
einer künstlichen Zündung voraus, die beim späteren Dieselbetrieb nicht nötig ist.
Das Verfahren ist nicht an die Einhaltung enger Grenzen bei der Verminderung des
Verdichtungsdruckes und Vergrößerung der Füllung gebunden. Seine Vorteile setzen
praktisch schon ein, wenn der Verdichtungsdruck auf etwa 2/3 des normalen Verdichtungsdruckes
ermäßigt und die Brennstoffzufuhr nach Menge und Dauer auf etwa das Doppelte der
normalen Füllung erhöht wird.
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Die Ausführung des Verfahrens kann mit den für den- Betrieb von Dieselmaschinen
an sich bekannten Steuerorganen, zu denen eine Zündvorrichtung hinzukommt, ausgeführt
werden. Diese Zündvorrichtung muß so beschaffen sein, daß sie durch unmittelbares
Anspritzen des Treiböles und Anblasen durch Druckluft in ihrer Wirkung nicht beeinträchtigt
wird. Es eignet sich z. B. eine Glühspirale aus wenigen starken Drähten eines schwer
schmelzbaren Metalls, wie Nicrotherm, oder aus einem keramischen Halbleiter, wie
Karborundum oder Silit. Die Verminderung des Verdichtungsdruckes kann durch zeitweises
Offenhalten eines Ent= lüftungsorgans, durch ein während des Verdichtungshubes dauernd
geöffnetes Drosselorgan oder durch Vergrößerung des Verdichtungsraumes bewirkt werden.
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Die Steuerungen der den Anfahrvorgang beherrschenden Organe werden
zweckmäßig gekuppelt, insbesondere das Brennstoffzufuhrorgan oder die Brennstoffzufuhrorgane
und das Druckluftzufuhrorgan. Um mit wachsender Geschwindigkeit der Lokomotive allmählich
auf den normalen Dieselbetrieb übergehen zu können, kann das Verdichtungsverminderungsorgan
ebenfalls mit diesen beiden Organen derart verbunden werden, daß mit Verminderung
der Druckluftzufuhr und Brennstoffzufuhr die Verdichtung erhöht- wird, bis bei vollständiger
Abstellung der Druckluft und Erreichung der vollen Verdichtung der reine Dieselbetrieb
hergestellt wird. Oder es wird ein Entlüftungsventil solcher Konstruktion verwendet,
daß sich beim Übergang zum Normalbetrieb der Verdichtungsdruck selbsttätig allmählich
steigert.