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Verfahren zur Darstellung von halogenhaltigen Pyridinabkömmlingen
Die Bildung von Brom- oder Chlorpyridi- |
nen durch unmittelbare Einwirkung von Halo- |
gen oder von Phosphorhalogenid auf Pyridin |
ist schon seit langem bekannt, jedoch haben |
die bei diesen Untersuchungen verwendeten |
Verfahren nicht zu einer Darstellungsmethode |
für Brom- oder Chlorpyridiri geführt, welche |
sich zur Darstellung dieser Stoffe in größeren |
Mengen eignet. |
Wenn man Chlor oder Brom bei gewöhn- |
licher Temperatur auf Pyridin oder sein chlor- |
oder brom-,vasserstoffsaures Salz einwirken |
läßt, so werden durch Anlagerung von Halogen |
an den Stickstoff des Pyridinkerns Percbloride |
bzw. P.erbromide gebildet, während ein Teil |
der voThaIndenen Pyridinmeggen meine harzige |
Masse umgesetzt wird (An d @e r s o n, Lieb. |
Annalen, 105 [i858], S. 310; Hofmann, |
Berichte 12 [i8791, S. 984; Trowbridg,e |
und D i e h 1, Journ. of The American Chemi- |
cal Soc. i9 [i897], S. 558). Wenn man so |
vorgeht, bilden sich nur sehr geringe Mengen |
von Substitutionsprodukten (K le i s e r, Journ. |
of the American chemical Soc. 8 [1886], |
S. 31o;_ S e1 l und D ,o o t s o n, Journ. of the |
chemical SOc,' 73 [18981, S. 442; Reitzen- |
stein und Breuning, J. f. prakt. Chemie |
N. F. 83 [i9 i i], S. 99). Ein schwer trennbares |
Gemisch: von Disubstituten und höheren Sub- |
stitutionsprodukten des Pyridins konnten S e 11 |
und D o o t s ö n erhalten, als sie das Pyridin |
in zugeschmolzenen Röhren mit Phosphor- |
pentachlorid auf 200° -erhitzten (Journ. of the |
chemical SOC. 73 [r898, S. 432). 3-Brom- |
pyridin (ß-Brompyridin) und 3, 5-Dibr om- |
pyridin (ß, ß'-Dibrömpyridin) kann man nach |
H o f m a n n darstellen, indem man das salz- |
saure Salz des Pyridins mit Brom in zuge- |
schmolzenen Röhren während einiger Stun- |
den ,auf 2oö° jerhitzt (Berichte 12 [t879], |
S. 984). Es ist also möglich, auf diesiem |
Wege 3-Brom- und 3, 5-Dibrompyridin herzu- |
stellen; das Verfahren eignet sich allerdings |
wenig für die Darstellung größerer Mengen. |
Von präparativen Gesichtspunkten aus ist |
dieDarstellung der wichtigen Halogenpyridine, |
bei welchen die Chlor- und Bromatome in |
2-Stellung haften, von Bedeutung; man war |
bisher nur ,auf indirekte Verfahren ange- |
wiesen. Man verfügte über zwei Methoden, |
die von Pyridin ausgehen und zu 2-Chlor- und |
2-Brompyridin führen; in seinem Falle benützt |
man' 2-Aminopyridin als Zwischenprodukt und |
im anderen Falle 2-Pyridon. |
Es war eine überraschende Beobachtung, |
daß eine unmittelbare Bromierung des Pyridins |
sehr leicht zustande kommt, wenn man Brom und Pyridin in gasförmigem
Zustand bei Temperaturen zwischen i So' und 65o° aufeinander einwirken läßt. Für
das Gelingen der Umsetzung ist es notwendig, daß die Dämpfe des Broms und des Pyridins,
welche jede für sich vorerhitzt werden, sich wirklich erst im Reaktionsraum mischen.
In diesem Raum muß, von vornherein die erwünschte Temperatur herrschen, da es sich
gezeigt hat, daß Verkohlung und andere unerwünschte Reaktionen auftreten, wenn Brom
und Pyridin schön bei einer zu niedrigen Temperatur aufeinanderstoßen. Wenn man
diese Vorsorgemaßnahmen beachtet, ergibt sich bei einer Temperatur von 3oo° eine
mühelose Substitution, vorausgesetzt, daß im Reaktionsraum ein geeigneter Kontaktstoff
vorhanden ist, z. B. Bimsstein, Kohle usw. Wenn dieser Kontaktstoff fehlt, so findet
in der Röhre bei dieser Temperatur die Halogenierung nicht oder nur in sehr geringem
Maße statt; dagegen verlaufen dann andere Umsetzungen, die zur Umwandlung des Pyridins
in unbekannte Produkte führen. Auch wenn man bei 5oo° bromiert,empfiehlt sich die
Verwendung eines Kontaktstoffes, wie Bimsstein, obwohl bei dieser Temperatur auch
ohne :einen solchen gute Resultate erzielt werden können.
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Ferner wurde festgestellt, daß die Temperatur, bei welcher die Bromierung
durch--geführt wird, einen großen Einfluß. auf die Art der gebildeten Produkte ausübt.
Während bei 300° 3-Brompyridin und 3, 5-Dibrompyridin- neben kleineren Mengen von
höher bromierten Pyridinen in guter Ausbeute entstehen, wird bei Soo° 2-Brompyridin
neben 2, 6-Dibrompyridin gebildet. Auch dieser Befund ist sehr überraschend, da
bis heute bei Substitutionsreaktionen in aromatischen oder heterocyclischen Kernen
keine Beispiele von Vorgängen bekannt wurden, bei welchen durch Veränderung der
Reaktionstemperatur der Typus der Substitution vollkommen verändert wird. Durch
Anwendung dieses Verfahrens kann man also sowohl in der 3-Stellung (bzw. auf 3 und
5) als auch in der 2-Stellung (bzw. auf 2 und 6) substituierte Brnmpyridine bekommen.
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Es ist bekannt, daß 2-Brompyridin in 2-Arninopyridin umgesetzt werden
kann, wenn man es unter Zusatz von wässerigem Ammoniak erhitzt. Es wurde gefunden,
daß man auf diese Weise unter Umständen unter Zusatz von Katalysatoren aus 2, 6-DibTompy-ridin
2-Amino-6-brompyridin bzw. 2, 6-Diaminopyridin erhalten kann. Diese Halogenierungsmethoden
-erweisen sich alsö als ein neuer Weg, der sich zur Darstellung dieser für die Technik
bedeutsamen Aminopyridine eignet; dieser Weg scheint von technischen Gesichtspunkten
aus vorteilhafter zu sein als die Darstellung dieser Verbindungen durch Einwirkung
von Natriumamid auf Pyridin nach Tschitschibabin. Außerdem können die Bromatome
in 2-Brompyridin, in 2-Amino-6-brompyridin oder in 2, 6-Dibrompyridin leicht durch
andere Gruppen ersetzt werden, z. B. durch -0'H, -CN, -SH, Oxyalkyl, -NHN HZ-Gruppe,
so daß durch diese neueDarstellungsmethode der genannten Brompyridine eine große
Reihe von Möglichkeiten für die Synthese von Pyridinderivaten gegeben ist.
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Danach wurde untersucht, ob nicht durch Bromierung von 3-Brompyridin
bei 5oo° oder von 2-Brompyridin bei 3oo° Isomere der obengenannten Dibrompyridine
und der höher bromierten Pyridine dargestellt werden könnten.
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Bei den zu diesem Zweck angestellien Versuchen ergab sich die eigentümliche
Feststellung; daß der Substitutionstypus bei der gleichen Temperatur grundsätzlich
verändert werden kann, wenn man bestimmte verschiedene Kontaktstoffe benutzt.
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Es hat sich nämlich herausgestellt, daß bei Verwendung von Bimsstein,
welcher mit bestimmten Metallbromiden, z. B. mit Cupri-oder Cuprobromid, getränkt
ist, bei 3oo° die Substitution in 2- und 6-Stellung erfolgt, während bei der gleichen
Temperatur und bei Benützung von unbehandeltem Bimsstein die Substitution in 3-
und 5-Stellung vor sich geht. Es zeigte sich ferner, daß Imprägnierung des Bimssteins
mit anderen Metallbronv.den, wie Ferri- oder Ferrobromid oder Zinkbromid, die weitere
Substitution durch Brom bei 3oo° so beeinflußt, daß die 3- und 5-Stellung besetzt
werden. Dies ist besonders wichtig für die Bromierung derjenigen Brompyridine, deren
weitere Bromierung bei 3oo° in Gegenwart von nicht imprägniertem Bimsstein nicht
gelingt.
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Auf diese Weise entstehen bei der Broinierung in Gegenwart eines Bimsstein-Kupferbromid-Kontakts
und bei 3oo° aus 2-Brompyridin: 2, 6-Dibrompyridin neben höher bromierten Pyridimen,
aus 3-Brompyridin : 2, 5-Dibrompyridin und aus 3, 5-Dibrompyridin: 2, 3, 5-Tribrompyridiri.
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Bei Benützung eines Bimsstein-Eisenbromid-Kontakts und bei 3oo°@erhältmanaus
2-Brompyridin: 2, 5-Dibrompyridin und 2, 3, 5-Tribrompyridin, während aus 2, 6-Dibrompyridin
unter den gleichen Umständen 2, 3, 6-Tribrompyridin und 2, 3, 5, 6-Tetrabrompyridin
gebildet werden.
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Wie bereits .erwähnt, führt die Bromierung des Pyridins bei 5oo° in
Gegenwart .eines Kontaktstoffes, wie Bimsstein, zur Substitution in Stellung 2 und
6. Auch wenn Pyridin, bei welchem an den Stellen 3 und 5 Brom haftet,
unter
- diesen Umständen bromiert wird, tritt die weitere Substitution bei 2 und 6 ein,
während :ein drittes Bromatom in 4-Stellung eintritt, wenn die Stellen 2 und 6 bereits
von Bromeingenommen sind.
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So erhält man `bei 5oo° in Gegenwart von Bimsstein: aus 3-Brompyridin
2, 5-Dibrompyridin und 2, 3, 6-Tribrompyridin, aus 3, 5-Dibrompyridin; 2, 3, 5 -
Tribrompyridin und 2, 3, 5, 6-Tetrabrompyridin. Aus 2, 6-Dibrompyridiri wurde in
der gleichen Weise 2, 4, 6-Tribrompyridhi hergestellt.
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Die Chlorierung des Pyridins nach diesem Verfahren verläuft mit mehr
Schwierigkeiten als die Bromierung. Bei 25o° wird aus Chlor und Pyridin (in der
Gasphase) und in Gegenwart eines Kontaktstoffes (Kohle, Asbest oder Bimsstein) ein
Reaktionsgemisch gebildet, welches neben Monochlorpyridinen, unter welchen 2-Chlorpyridin
die Hauptmenge ausmacht, auch höher chlorierte Pyridine enthält, z. B. 3, 5- und
2, 6-Dichlorpyridin ' und Pentachlorpyridin.
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Das Verfahren kann auch zur Halogenierung von substituierten Pyridinen
verwendet werden, welche kein Halogen enthalten, wie Aminopyridine und Alkoxypyridine;
z. B. läßt sich 2-Aminopyridin in der Gasphase bei erhöhter Temperatur bromiereai
oder jodieren, wobei Brom- ,oder Jodabkömmlinge des Aminopyridins gebildet werden.
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Beispiel i An einem senkrecht gestellten Reaktionsrohr (innerer Durchmesser
3 cm, Höhe des erhitzten Teiles 5 5 cm) wird am oberen Ende ein Innenrohr angebracht,
das in 1/3 der Höhe des erhitzten Teiles mündet. Die -übrigen 2/3 des erhitzten
Teiles werden mit Bimssteinstückchen gefüllt. Durch dieses Innenrohr wird Brom tropfenweise
zugesetzt, während das Pyridin durch eine dafür geeignete Zufuhreinrichtung neben
dem Innenrohr oben in das Reaktionsrohr eingeführt wird.
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Es wurden in 20 Stunden 240 g Pyridin und 625 g Brom durch das Rohr
geführt bei einer Reaktionstemperatur von 3oo°. In der unten am Rohr angebrachten
Vorlage sammelte sich -eine helle, leicht braunrote, sehr zähe Flüssigkeit, welche
mit-Natriumcarbonatlösung schwach alkalisch gemacht und mit Dampf abdestilliert
wurde. Dabei .gingen erst Zoo g einer öligen Flüssigkeit über, und danach folgten
ioo g von reinem Destillat, welches zum Teile aus einem Öl, zum Teile aus
Kristallen von 3, 5-Dibrompyridin zusammengesetzt war. Beim Aufarbeiten dieser Destillä.te
durch Fraktionieren im Vakuum zeigte sich, daß. 2/3 der Reaktionsprodukte aus 3-Brompyridin
(Kp. 17q.°), der Rest hauptsächlich aus 3, 5-Dibrompyridin (F. i io bis i i i°)
bestarid. Höher bromiertes Pyridin wurde nur in geringen Mengen erhalten.
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Beispiel 2 In der gleichen Vorrichtung, wie oben bei i beschrieben,
wurden bei einer Reaktionstemperatur von 5oo° in 8 Stunden i5o g Pyridin und 475
g Brom zusammengebracht. Aus dem Reaktionsprodukt ließen sich 130 g 2-Brompyridin
(Kp. i93°) und i5o g 2, 6-Dibrompyridixi (F. i 18 bis i i9°) abtrennen.
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Beispiel 3 Über den mit Kupferbromi;d getränkten Bimsstein wurde bei
3oo° in 6 Stunden :ein Gemisch von 6o g 2-Brompyridin und 130 g Brom geführt.
Hierbei :entstanden 2o bis 25 g 2, 6#Dibrompyridin und 5 bis io g von höher bromierten
Pyridinen, unter welchen Pentäbrompyridiri den wichtigsten Bestandteil bildete.
40 g 2-Brompyridiri wurden wiedergewonnen.
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Beispiel 4 Über Bimsstein, welcher mit Eisenbromid getränkt war, wurde
bei 3oo° in einer halben Stunde ein Gemisch von 19- 2, 6-Dbrompyridin und
12,5 g Brom geführt: Aus dem Reaktionsprodukt ließen sich 7,5 g 2, 3, 6-Tribrompyridin
und 45 g 2, 3, 5, 6-Tetrabrompyridin abtrennen und 6 g 2, 6-Dibrompyridin unverändert
zurückgewinnen.
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Beispiel 5 Eine Mischung von Pyridindampf und Chlor im molekularen
Verhältnis 1 :2 wird durch ein mit Asbest gefülltes Reaktionsrohr geführt bei einer
Reaktionstemperatur von 3oo°. Bei einer Strömungsgeschwindigkeit von etwa 201 Chlor
je Stunde beträgt die Ausbeute an Chlorabkömmlingen des Pyridins etwa, 12 g für
je ioo g angewendetes Pyridin. Die Hauptmenge des nicht umgesetzten Pyridins wird
zurückgewonnen. Das Chlorierungsprodukt stellt eine bei 14o bis 200° siedende Flüssigkeit
dar; außerdem sind Kristalle von Pentachlorpyridin darin anwesend. Die Flüssigkeit
enthält 2-Chlorpyridin und 3-Chlorpyridin", welche durch fraktionierte Destillation:
getrennt werden; außerdem sind im Reaktionsprodukt 3, 5- und 2, 6-Dichlorpyridin
anwesend, welche durch Ausfrieren der höher siedenden Fraktionen abgetrennt werden.
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Beispiel 6 12 g 2-Aminopyridin und 21 g Brom werden in einer ähnlichen
Vorrichtung, wie oben bei i beschrieben, bei 5 i o° über Bimsstein geführt. Es wurde
-erhalten ein Dibromaminopyridin (F. 147°) und lein Tribromaminopyridin
(F.
i75°). Diese Verbindungen werden in der Literatur bisher nicht genannt.
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Beispiel 7 In i1/3 Stunde wurden 9 g 2-Aminopyridin und 13 g Jod in
dampfförmigem Zustand über Bimsstein geführt bei einer Reaktionstemperatur von:
5io°. Es wurden 6 g 5-Jod-2-aminopyridin (F. x29°) erhalten.