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Verfahren zur Verzuckerung von Cellulose, Celluloseabfällen oder Holz
Die Verzuckerung der Cellulose mittels organischer und anorganischer Säuregemische
ist bekannt. So sehen im französischen Patent 541 048 vom 13. September 1921 die
Vereinigten Chemischen Werke - zuro Aufschließung und Verzuckerung der Cellulose
die Verwendung von Gemischen vor, in denen die anorganischen Säuren in geringerer
Menge als die organischen Säuren vorhanden sind.
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Bis jetzt hat jedoch noch kein industrielles Verfahren, gestützt auf
diese Prinzipien, mit Erfolg durchgeführt werden können, und zwar aus verschiedenen
Gründen, von denen die nachstehenden die hauptsächlichsten sind: 1. ungenügende
Aktivität des benutzten Reaktionsmittels, vor allem, wenn Essigsäure oder ihre höheren
Homologen benutzt werden, oder auch, wenn Säuren angewendet werden, die eine gewisse
Menge Wasser enthalten. Man muß darin ein größeres Verhältnis an Mineralsäuren (mehr
als 1o °f,) anwenden und hat dann wieder die großen Nachteile, die den klassischen
Verfahren, die die wäßrigen Lösungen anorganischer Säuren benutzen, anhaften (Angreifen
der Apparatur, Zerstörung der Zucker usw.) und muß notwendigerweise eine große Menge
im Überschuß zugesetzte kostbare organische Säure wiedergewinnen, a. die Unmöglichkeit
einer zufriedenstellenden Wiedergewinnung der zur Verzuckerung benutzten organischen
Säure durch einfache Destillation im Vakuum. Es ist tatsächlich sehr schwierig,
im Vakuum eine schlecht wärmeleitende Masse, wie beispielsweise Holzsägespäne, gleichmäßig
zu erhitzen, und andererseits hält der Rückstand aus Lignin und Zuckern energisch
beträchtliche Mengen Säuren zurück, die dann in die wäßrige Lösung gehen, neutralisiert
werden und schließlich verloren sind.
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Nach der Erfindung können alle diese Schwierigkeiten vollkommen beseitigt
werden. Sie besteht darin, daß das vollkommen getrocknete cellulosehaltige Material
in reinem Zustand oder in Mischung mit anderen Stoffen zunächst in bekannter Weise
mit Ameisensäure behandelt und in Celluloseformiate umgewandelt wird; diese Umwand-
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kann nur unter Verwendung wasserfreier oder hochkonzentrierter Ameisensäure durchgeführt
werden, die eine kleine Menge katalysierend_ wirkender Säuren ,oder Salze enthält.
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Die erhaltenen Formiate.werden nach dem neuen Verfahren jedoch nicht
von der Masse getrennt, sondern unmittelbar im ziemlich konzentrierten ameisensauren
Medium durch allmähliche Zufügung einer kleinen Menge Wasser hydrolysiert, wobei
vorzugsweise die Reaktion durch Rühren und Erwärmen unterstützt wird. Wenn eine
auf die viskose Masse durchgeführte Probenahme bei ihrem Eingießen in kaltes Wasser
keinen Niederschlag mehr gibt, ist das Verfahren beendet. Es genügt dann, die Umsetzung
der Dextrine in Zucker in der üblichen Weise zu Ende zu führen, indem das in verdiinnte
wäßrige Lösung gebrachte Reaktionsprodukt, erforderlichenfalls nach Zusatz einer
gewissen Ergänzungsmenge Mineralsäure, unter Luftzutritt oder unter Druck zum Kochen
gebracht wird.
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Es sind zwar bereits Verfahren zur Be= hapdlung von cellulosehaltigen
.Stoffen mittels Ameisensäure bekannt. Aber diese Verfahren betreffen lediglich
die Herstellung der Celluloseformiate selbst, und sie erfordern infolgedessen besondere
Verdünnungsmaßnahmen (kräftige Abkühlung, Anwendung indifferenter Verdünnungsmittel
usw.), damit die Reaktion gemäßigt und die Zerstörung des gebildeten Esters vermieden
wird.
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Bei der vorliegenden Erfindung, welche die Herstellung vergärbarer
Zucker aus Cellulose bezweckt, ist dagegen das Celluloseformiat nur ein Zwischenprodukt,
welches unmittelbar ohne vorhergehende Isolierung hydrolysiert wird. Die Formylierung
kann also heiß und sehr schnell durchgeführt werden, ohne daß man sich um eine beginnende
Hydrolyse zu kümmern braucht.
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Die Erfindung ist auch durch das folgende Verfahren zur Wiedergewinnung
der zur Verzurkerung benutzten Ameisensäure gekennzeichnet. Dieses Verfahren besteht
darin, daß die Säure nach der ersten Hydrolyse entweder durch Destillation in Gegenwart
einer in Wasser unlöslichen oder wenig löslichen Flüssigkeit, die mit der Ameisensäure
ein azeotropes Gemisch geben kann, oder durch Destillation in Gegenwart eines Alkohols,
der mit der Ameisensäure ein flüchtiges Formiat gibt, abgezogen wird, wobei das
Formiat nachher zur Regenerierung der Säure und des Alkohols, die von neuem in den
Fabrikationskreislauf zurückkehren, verseift wird, oder darin, daß die Ameisensäure,
nachdem sie mit den Zuckern in wäßrige Lösung gebracht worden ist, durch systematische
Erschöpfung im Gegenstrom mittels in Wasser unlöslicher oder wenig löslicher Lösungsmittel
ausgezogen wird. Diese drei Abänderungen, die ein fortlaufendes Arbeiten und eine
vollständige Wiedergewinnung der Säure ermöglichen, können ohne Unterschied benutzt
werden.
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Bei dein eigentlichen Formylierungsverfahren können als Katalysatoren
entweder Säuren, wie Schwefelsäure, Salzsäure, Phosphorsäure, schweflige Säure,
Benzolsulfonsäure, Toluolsulfonsäure usw., oder Salze, wie Zinkchlorid, Calciumchlorid,
Eisenchlorid, die Bisulfate und ganz allgemein alle die Katalysatoren angewendet
werden, die bereits zur Herstellung der Celluloseester angegeben und benutzt sind.
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Es ist vorteilhaft, das Angreifen der Cellulose durch das ameisensaure
Reaktionsmittel durch Erwärmen zu erleichtern; es ist selbstverständlich, daß diese
Erwärmung mit viel weniger Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden kann, als wenn
es sich darum handeln würde; die Formiate selbst herzustellen und dann mit Rücksicht
auf irgendeine industrielle Verwendung wirklich abzutrennen.
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Ferner, da die Herstellung vergärbarer Zucker schließlich der Zweck
der Erfindung ist, ist es offenbar gleichgültig, wenn bei der ersten Formylierungsphase
eine kleine Menge davon erzeugt wird. Man kann also das Verfahren sehr schnell durchführen,
indem beispielsweise bis auf 7o bis 8o° und sogar darüber, je nach der Art der benutzten
Katalysatoren, erwärmt wird; unter diesen Bedingungen wirkt das ameisensaure Reaktionsmittel
selbst auf das Ligninhydrochlorid ein, das eine bedeutende Menge gärungsfähiger
TZeduktionszucker geben kann. -Damit die Cellulose durch die Ameisensäure noch schneller
angegriffen wird, kann auch die Cellulose im voraus mit verdünnten Mineralsäurelösungen
behandelt werden, um sie mehr oder weniger weitgehend in Hydrocellulose umzuwandeln,
wie es bei der Herstellung der Celluloseester ausgeführt wird. Die Konzentration
und die Temperatur der sauren, reagierenden Lösungen kann geändert werden.
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Diese Arbeitsweise ist besonders zu empfehlen, wenn es sich darum
handelt, Hölzer mit Rücksicht auf irgendeine spätere Vergärung der erhaltenen Zucker
zu behandeln. Durch diese vorhergehende Behandlung werden die Pentosane in Pentosen
umgewandelt, die ausgeschieden und in-Furfurol, ein wertvolles Produkt, umgewandelt
werden können. Wenn andererseits diese Pentosen im Holz während der Verzuckerung
geblieben wären, würden sie teilweise in Furfurol und Ulminstoffe umgewandelt werden,
die sich alle den
liefen oder gewissen Mikroorganismen gegenüber
wie Giftstoffe verhalten und so Schwierigkeiten für die Vergärung herbeiführen.
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Man kann beispielsweise in folgender Weise verfahren: In eine Diffusionsbatterie
irgendeiner Ausführungsform aus einzelnen Elementen bringt man Holz, das vorher
in den gewünschten Zerteilungszustand gebracht ist, und richtet einen systematischen
Umlauf mit einer wäßr igen, kochenden, 5prozentigen Schwefelsäurelösung ein (man
kann auch 'Natrium- oder Kaliumbisulfat oder ein anderes derartiges saures Reagens,
das die Pentosane zu hydrolysieren vermag, benutzen).
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Die unlöslichen Pentosane wandeln sich nach und nach in lösliche Pentosen
um; die Extraktion ist quantitativ, und mit einer aus einer genügenden Anzahl Elementen
zusammengesetzten Batterie erhält man einerseits Holz, das keine Pentosane mehr
enthält, und andererseits eine Pentosenlösung, die bis zu Zoo g und mehr Reduktionszucker,
ausgedrückt als Arabinose, enthält. Diese Lösung bildet einen Rohstoff, der besonders
zur Herstellung von Furfurol oder zur Vergärung der darin enthaltenen Pentosen geeignet
ist. Das Holz ist, nachdem es gewaschen und getrocknet ist, für die Verzuckerung
fertig.
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Die Erfinderin hat auch gefunden, daß man, um die Verzuckerung durchzuführen,
an Stelle den cellulosehaltigen Stoff mit wasserfreier oder äußerst konzentrierter
Säure in flüssiger Form zu behandeln, auch die Formylierung und Hydrolyse des cellulosehaltigen
Materials durchführen kann, indem wasserfreie oder äußerst konzentrierte Ameisensäuredämpfe
bei der ersten Phase und wasserhaltige Ameisensäuredämpfe oder Wasserdampf bei der
zweiten Phase benutzt werden. Man kann, falls erforderlich, unter vermindertem Druck
arbeiten und die Arbeit erleichtern, wenn man die Formylierung oder die Hydrolyse
bei einer Temperatur unterhalb der des Siedepunktes der wasserfreien oder wasserhaltigen
Säure durchführt.
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Die weitere Behandlung des verzuckerten Materials und im besonderen
die Entfernung der kleinen Menge Ameisensäure, die es zurückhält, erfolgt, wie es
oben bereits angegeben ist.
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Die folgenden Beispiele veranschaulichen die Durchführung des Verfahrens.
Beispiel i Man behandelt ioo g Papierbrei, der 4'/" Feuchtigkeit enthält, mit 400
ccm wasserfreier, 2 °/o Schwefelsäure enthaltender Ameisensäure und-erwärmt auf
75 bis 8o°. Die Cellulose wird schnell angegriffen, und nach zwei Stunden ist die
Umwandlung in Formiat nahezu beendet. Man fügt dann allmählich unter gutem Umrühren
und unter Aufrechterhaltung der Temperatur 25 ccm Wasser und dann noch dreimal 25
ccm Wasser in halbstündigen Zwischenzeiten hinzu. Man gießt dann die ameisensaure
Lösung in einen großen überschuß Wasser; es entsteht keine Fällung. Die Hydrolyse
wird nach Zusatz von 25 g Schwefelsäure durch halbstfindiges Erwärmen auf 13o° zu
Ende geführt.
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Die Menge der Reduktionszucker entspricht i i 2 g, ausgedrückt als
Glukose, eine Ausbeute, die der Theorie fast entspricht, wenn das Wasser, das vorher
im Rohmaterial vorhanden war, berücksichtigt wird. Beispiel e In eine besondere,
mit einer Rührvorrichtung versehene Vorrichtung bringt man ioo kg trockene, vorzugsweise
entpentosierte Sägespäne und behandelt sie mit Zoo kg wasserfreier Ameisensäure,
die 4 kg Schwefelsäure zu 66° Be (2 °/o) enthält. Man erwärmt das Ganze 6 Stunden
auf ungefähr 8o° und gibt dann nach und nach unter beständigem Rühren und Aufrechterhalten
der Temperatur 25 1 Wasser in die Masse.
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Die eigentliche Verzuckerung ist dann beendet. Man zieht die Zucker
durch systematisches Auswaschen unter Verwendung der geringsten Menge Wasser ab
und trennt dann die Ameisensäure entweder durch Extraktion mittels Lösungsmitteln
oder durch Destillation in Gegenwart eines Alkohols. Es bleibt dann eine wäßrige
Zuckerlösung zurück, deren Hydrolyse man durch Kochen, erforderlichenfalls unter
Zufügung einer kleinen Menge Mineralsäure, zu Ende führt.
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Man erhält auf diese Weise eine zuckerhaltige Lösung, die nach der
Neutralisation leicht gärt und mit der man Alkohol, Butylalkohol und Aceton, Buttersäure,
Milchsäure usw. herstellen kann.
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Die Ausbeute an Reduktionszuckern wechselt mit der benutzten Holzsubstanz,
der Dauer der Erwärmung und den Einzelheiten der Arbeitsweise, aber sie ist immer
hoch und entspricht im allgemeinen einer Erzeugung von 25 bis 351 reinem
Alkohol je ioo kg trockener, entpentosierter Sägespäne.
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Das als Rückstand zurückbleibende Lignin kann verkohlt, verbrannt
oder auf irgendeine Weise nutzbringend verwertet werden. Beispiel 3 Dieses Beispiel
betrifft eine Abänderung des im vorstehenden Beispiel beschriebenen Verfahrens,
bei welcher, nachdem die Formylierung und die erste Hydrolyse der Cellulose durchgeführt
sind, die das Lignin durchtränkende Ameisensäure dadurch wiedergewonnen
wird,
daß in die erwärmte und durchgerührte Masse Benzoldämpfe (Siedepunkt 8o,2°) eingeleitet
werden, die die Säure in Form eines binären azeotropen Gemiseh'es, das bei 7i° kocht
und ungefähr 31 Teile Ameisensäure enthält, mitnehmen.
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Dieses Gemisch scheidet sich in zwei Schichten; die untere Schicht
(ungefähr 21 °/o) besteht aus wasserfreier Säure (außer am Anfang der Destillation),
die eine kleine Menge Benzol (io °/o) in Lösung enthält. Diese untere Schicht kann
unmittelbar zu einem späteren Verzuckerungsverfahren benutzt oder auch zur Gewinnung
wasserfreier und reiner Ameisensäure behandelt werden. Das als Rückstand erhaltene,
mit Zuckern beladene Lignin wird mit Wasser, aufgenommen; etwa zurückgebliebenes
Benzol wird durch Scheidung abgetrennt und wiedergewonnen Schließlich wird die Hydrolyse
in üblicher Weise zu Ende geführt.