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Verfahren zum Kochendnaßbehandeln, insbesondere zum Färben von Textilgut
in Überkoch-Vorrichtungen. Bei der bisherigen Behandlung von Textilgut in Überkoch-Vorrichtungen
war es fast unmöglich, eine gleichmäßige Durchbehandlung nicht gleichmäßig dicht
liegenden Gutes zu erzielen, weil die überkochende, das Gut im Behandlungsbehälter
überfließende und durchrieselnde Flüssigkeit sich stets die bequemsten Rückwege
durch das Gut suchte und infolgedessen die dichteren und dichtesten Stellen im Gut
mehr oder weniger unbehandelt blieben. Deshalb ging man dazu über, die im Kreislauf
durch das Gut bewegten Behandlungsflüssigkeiten zwangsweise hindurchzupressen, was
wiederum den Nachteil hatte, daß durch die Flottenpressung auch das Gut zusammengepreßt
wurde und infolgedessen dem gleichmäßigen Durchgehen der Behandlungsflotte große
Schwierigkeiten entgegensetzte. Das zusammengepreßte Gut wirkte bei verschiedenen
Behandlungsflüssigkeiten sogar filtrierend, so daß schon aus diesem Grunde eine
stets gleichmäßige Durchfärbung des gesamten Inhaltes des Behandlungsbehälters ausgeschlossen
war und außerdem auch hier noch der Nachteil bestehen blieb, daß bei nicht ganz
gleichmäßig dichter Packung des Gutes die Flotte sich naturgemäß durch die Lücken
zwischen dem Gute hindurcharbeitete, weil diese den geringeren Widerstand boten.
Bei fester Packung des Gutes ergab sich bei diesen Vorrichtungen eine erhebliche
Schädigung der Textilfasern
durch die starke Dekatierwirkung der
kochendheiß durch das stark zusammengepreBte Gut gedrückten Flotte. Es konnten infolgedessen
auch diese Vorrichtungen mit kreisender Druckflotte höheren Anforderungen nicht
genügen.
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Die Erfindung greift deshalb auf die Benutzung der Uberkochvorrichtungen
zurück, bei denen der Behandlungsbehälter mit Siebboden in den unterhalb des letzteren
beheizten Flottenbehälter mit Abstand unten und rundum eingesetzt ist und das Gut
nur wenig in die Flotte eintaucht. Sie bildet das damit ausgeübte Verfahrdii derart
aus, daß unter allen Umständen auch bei ungleicher Dichtheit des Inhaltes des Behandlungsbehälters
in kürzester Zeit vollständige Durchbehandlung des Gutes unter Schonung seiner Beschaffenheit
gesichert ist.
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Das Neue besteht im wesentlichen darin, daß die beim Überkochen das
Textilgut nur wenig bedeckende kurze Flotte und das Gut innerhalb des Siebbehälters
dadurch auf eine Temperatur gebracht und gehalten werden, die über der Siedetemperatur
der Flotte liegt, daß infolge des beim Kochen zwischen Flotten- und Siebbehälter
widerstandslosen Aufsteigens der Flotte ein seitliches Absaugen der Flotte über
der Heizstelle erfolgt und dadurch innerhalb des Gutes stets ein niedrigerer Druck
herrscht. DerTemperaturunterschied zwischen dem Textilgute und der beim Aufsteigen
und Übergießen inzwischen abgekühlten, das Gut von oben nach unten durchrieselnden
Flotte und der durch den Flottenumlauf innerhalb des Gutes erzeugte niedrigere Druck
bewirken, daB die herabrieselnde Flotte innerhalb des Gutes in feinster Verteilung
bläschenbildend verdampft. Durch das Zerplatzen der entstehenden Dampfbläschen wird
eine energische, ständige Lockerung der Gutteilchen bei losem Textilgute und kräftige
Durchspülung und Durchdringung auch der dichtesten Teile, z. B. von Textilgutwickeln
u. dgl., erreicht, und zwar selbst bei ungleichmäßiger Packung derselben, infolge
der äußerst feinen Zerteilung und kräftigen Bewegung der fein zerteilten Flotte.
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Die zur Ausübung des Verfahrens dienende Überkoch-Vorrichtung gleicht
im wesentlichen den bekannten Vorrichtungen dieser Art. Eine beispielsweise Ausführungsform
ist in der zugehörigen Zeichnung im senkrechten Schnitt dargestellt.
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Der Flottenbehälter a besitzt einen Ablaß i
und einen Deckelring
b, der aufklappbar und durch Schnurzug und Gegengewicht d ausgeglichen ist. In ihm
befindet sich der das Gut aufnehmende Behandlungsbehälter e, der als Siebbehälter
ausgebildet ist. Zum Nachgießen von Flotte und Zusetzen von Behandlungsmitteln auch
während des Betriebes dient ein Behälter k mit anschließendem, in den Behandlungsbehälter
unterhalb des Siebbehälters e führenden Verteilungsrohr. Der Gut- oder Behandlungsbehälter
e ist zweckmäßig aushebbar eingesetzt und besitzt Füße /', die den richtigen Abstand
des Siebbehälterbodens vom Boden des Behandlungsbehälters sichern. `Eine Rohrschlange
k für die Heizdampfzuführung mit nach oben gerichteten Austrittsöffnungen liegt
unter dem Siebboden des Behälters e, so daß der austretende Heizdampf von genügend
hoher Temperatur (etwa i3o bis 150 ') durch den Siebboden hindurch zum Gute gelangen
kann und dieses und die Flotte innerhalb desselben stark erhitzt. Die Heizung kann
jedoch auch mittelbar erfolgen. Die den Behandlungsbehälter in bei Überkoch-Vorrichtungen
bekannter Weise nur bis über den Siebboden des Gut- oder Behandlungsbehälters füllende
Flotte kocht dabei lebhaft, seitlich widerstandslos aufsteigend und über den Siebbehälter
b und das in ihm befindliche Gut überfließend, über. Dabei kühlt dieser überkochende
und überfließende und dann durch das Gut zurückrieselnde Flottenteil sich auf seinem
Wege ab, während der Inhalt des Behandlungsbehälters durch die ihn umschließende
und überdeckende Flotte gegen Abkühlung geschützt ist.
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Innerhalb des Gutes herrscht dabei stets infolge des Flottenumlaufes,
der durch das Überkochen der Flotte herbeigeführt wird, wobei diese, widerstandslos
zwischen den Behältern aufsteigend, unten abgezogen wird, ein geringerer Druck als
der Außendruck, während andererseits die Temperatur innerhalb des Gutes stets höher
ist als diejenige der durch das Textilgut zurückrieselnden, beim Aufsteigen und
Überfließen abgekühlten Flotte. Dieser Druck-und Temperaturunterschied innerhalb
des Gutes bewirkt die beständige, energische Kochung und Verdampfung der hindurchgehenden
Flotte innerhalb des Gutes unter fortwährender Bildung und Zerstörung von Dampfbläschen,
die mit Heftigkeit unter dem Drucke des sie füllenden und auftreibenden Dampfes
zerplatzen, während das fortgesetzte Überkochen der Flotte den innerhalb des Gutes
bestehenden Druckunterschied dauernd aufrechterhält. Beim Zerplatzen lockern die
sich dauernd neu bildenden Dampfbläschen nicht nur den Inhalt des Behandlungsbehälters
fortwährend auf, sondern der Dampf der Bläschen und die von ihm mitgerissenen feinsten
Flottenteilchen durchdringen auch mit großer Kraft die dichtesten Gutteile, so daB
es, wie Versuche ergeben haben, nach dem neuen Verfahren möglich ist, auch Kopse,
Schlauchspulen, Kreuzspulen und andere Garnwickel in kürzester Zeit vollständig
durchzubehandeln. Die mit dem neuen Verfahren innerhalb des Gutes erreichte Dampfbläschenbehandlung
desselben ist auch in ihrer Wirkung völlig unabhängig von etwaigen Lücken und ungleichmäßiger
Dichte der Packung, weil die
Dampfbläschen auch diese Lücken vollständig
ausfüllen und kondensierte, flüssige Flotte fast überhaupt nicht durchrieselt. Das
scheint der Grund dafür zu sein, daß nicht nur bei Behandlung losen Gutes, sondern
auch bei der Behandlung von Wickeln und Strähnen nach dem neuen Verfahren gleich
gute Resultate erzielt werden.
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Die rasche und vollständige Durchbehandlung und außerdem schnellste
und feinste Verteilung der Flotte gestattet die Zugabe von Farbstoff oder Farbstofflösung
oder von anderen Behandlungsmitteln auch während des vollen Betriebes, so daß der
Gang der Behandlung jederzeit vollkommen beherrscht und geregelt «erden kann, und
insbesondere das Abstimmen der Farbe außerordentlich erleichtert wird. Bisher war
es nicht möglich, kochende Flotten ohne Gefährdung des Behandlungsgutes irgendwie
zu verstärken; man maßte dabei die Flotte abkühlen. Selbst die Vorschaltung besonderer
Mischkammern, die eine Vermischung der Flotte mit dem Zusatz vor dem Zutritt zum
Gut gestattet, macht starkes Abkühlen der kochenden Flotten nicht überflüssig. In
jedem Falle ergibt sich aus der notwendigen Abkühlung und `Viedererhitzung der Flotte
bis zum Kochen erheblicher Wärmeverlust und damit Erhöhung des Brennstoffverbrauches.
Es traten durch die Abkühlung aber auch nicht geringe Verluste an chemischen Reagenzien
und Farbstoffen ein, wenn die Temperatur der kochenden Flotte auf etwa 5o ° herabgedrückt
werden maßte und man dazu genötigt war, mindestens den dritten Teil der teuren Flotte
unausgenutzt ablaufen zu lassen.
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Das neue Verfahren sichert ein schnelles und gleichmäßiges Durchdringen
des Gutes mit der Behandlungsflotte auch dann, wenn das Gut durch Ausscheiden von
leim- oder gallertartigen Substanzen dem Durchdrücken der Behandlungsflotte einen
fast unüberwindlichen Widerstand entgegensetzt, wie es beispielsweise beim Aufschließen
einer Anzahl von Ersatzfasern der Fall ist.
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Infolge der rascheren Durchbehandlung und der Möglichkeit, auch während
des vollen Betriebes Zusätze zu machen, erspart das neue Verfahren Zeit und Arbeitskräfte,
und die überaus schonende Behandlung des Gutes hat zur Folge, daß den Wollfasern
ihre Struktur und natürliche Kräuselung vollkommen erhalten bleibt, so daß sie hervorragend
spinnfähig und auch für Walkwaren, inbesondere Filze, gut brauchbar sind, während
in den Vorrichtungen mit kreisender Druckflotte die Kräuselung und damit die Walkfähigkeit
der Wollfaser leicht verlorengeht.
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Die gleichzeitig behandelte Gutmenge kann beliebig groß gewählt werden,
weil das vollständige Durchdringen des Gutes gemäß dem neuen Verfahren unabhängig
ist von der Menge und Dichte des Inhaltes des Behandlungsbehälters. Man kann in
etwa der Hälfte der bisher notwendigen Behandlungszeit über i ooo kg Wolle o. dgl.
auf einmal sachgemäß mit genau gleich gutem Ergebnisse behandeln, während die bisherigen
Färbevorrichtungen, insbesondere diejenigen mit kreisender Druckflotte, nur etwa
ioo kg auf einmal mit Sicherheit durchzubehandeln vermochten.
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Man erreicht auch mit geringeren Farbstoffmengen tiefere Ausfärbung
als nach dem bisherigen Verfahren, und die Behandlung kann schließlich auch, wenn
es nötig ist, beliebig lange ohne jeden Schaden für das Behandlungsgut unterbrochen
werden.