DE4444949C1 - Vektoren und Viren zur Gentherapie - Google Patents
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft Vektoren und Viren, die sich zur Gentherapie
eignen, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung.
Eine gängige Tumortherapie umfaßt die operative Entfernung des Tumors und die
Nachbehandlung des Patienten mittels Bestrahlung und/oder systemischer Applikation
von Zytostatika. Durch die Nachbehandlung wird versucht, nicht entferntes Tumorge
webe bzw. gebildete Metastasen abzutöten.
Der Erfolg gängiger Tumortherapien ist allerdings gering. Insbesondere treten bei den
nachbehandelten Patienten häufig Nebenwirkungen, wie Induktion von Zweittumoren,
Schädigungen innerer Organe oder Schmerzen, auf.
Küpper et al. [The Journal of Biological Chemistry, Bd. 265, Nr. 31, S. 18721-
18724 (1990)] beschreiben Expressionskonstrukte (pPARP 51 und pPARP 62),
welche u. a. die DNA-Bindungsdomäne der Poly(ADP-Ribose)-Polymerase (PARP)
enthalten. Diese Expressionskontrukte sind jedoch für die Gentherapie ungeeignet,
da sie auf SV40-Vektoren basieren.
Kang et al. [in: ADP-Ribosylation Reactions, Poirier und Moreau (Herausgeber),
Springer Verlag (1992)] beschreiben Expressionsplasmide, welche die DNA-Bin
dungsdomäne und Teile der Automodifikationsdomäne der PARP enthalten. Auch
diese Vektoren basieren auf SV40, was sie zur Gentherapie ungeeignet macht.
Der vorliegenden Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, ein Mittel bereitzustel
len, mit dem gängige Tumortherapien verbessert und insbesondere vorstehende
Nebenwirkungen vermieden werden können.
Erfindungsgemäß wird dies durch einen zur Gentherapie geeigneten Vektor erreicht,
der eine exprimierbare Insert-DNA umfaßt, die für die DNA-Bindungsdomäne (nach
stehend mit DBD) einer Poly(ADP-Ribose)-Polymerase (nachstehend mit PARP) oder
für eine zumindest teilweise katalytisch nicht-aktive PARP codiert.
Die vorliegende Erfindung beruht auf der Erkenntnis des Anmelders, daß PARP, ein
zur Reparatur von DNA-Schädigungen benötigtes Enzym, durch Zugabe von DBD-
Molekülen in seiner Aktivität gehemmt wird und die Reparatur von DNA-Schädigun
gen drastisch in ihrer Geschwindigkeit vermindert wird.
Der vorstehende Ausdruck "zur Gentherapie geeigneter Vektor" umfaßt jegliche
Vektoren, die alleine oder zusammen mit anderen Mitteln in der Gentherapie ver
wendet werden können. Dies sind z. B. Plasmid-Vektoren und Virus-Vektoren. Von
letzteren sind insbesondere solche von Adenovirus, Herpes Simplex Virus, Adeno
assoziiertem Virus (nachstehend mit AAV bezeichnet), "Minute virus of mice" (nach
stehend mit MVM bezeichnet) und Retroviren zu nennen. Ganz besonders bevorzugt
werden Virus-Vektoren von AAV, z. B. AAV-sub201 (vgl. Samulski, R.J. et al., J
Virology 61, (1987), 3096-3101), von MVM z. B. pSR2 (vgl. Russell, S.J. et al., J.
Virology 66, (1992), 2821-2828) und von Retroviren, z. B. N2 (vgl. Keller, G. et al.,
Nature 318, (1985), 149-154).
Erfindungsgemäß wird in einen vorstehenden Vektor eine Insert-DNA eingefügt, die
für die DBD einer PARP oder für eine zumindest teilweise katalytisch nicht-aktive
PARP codiert. Eine vorstehende Insert-DNA kann aus einem beliebigen Organismus,
z. B. dem Menschen oder dem Tier oder aus Pflanzen, stammen. Vorzugsweise wird
eine Insert-DNA aus dem Menschen und besonders bevorzugt jene von Fig. 1, Posi
tion -29 bis +1127, oder eine durch ein oder mehrere Nukleotide davon unterschiedli
che DNA verwendet.
Die Einfügung vorstehender Insert-DNA in den Vektor erfolgt derart, daß die Insert-
DNA exprimiert werden kann. Dies kann erreicht werden, indem die Insert-DNA in
eine im Vektor vorhandene Expressionseinheit in Phase insertiert wird. Dazu kann es
notwendig sein, eine in der Expressionseinheit vorliegende DNA zumindest teilweise
zu entfernen. Auch kann es vorteilhaft sein, Elemente der vorhandenen Expressions
einheit, wie Enhancer, Promotor oder Polyadenylierungssignale, zumindest teilweise
durch andere zu ersetzen. Vorzugsweise wird in eine Expressionseinheit ein Promotor
eingeführt, der spezifisch für eine Gewebe-Art ist, wodurch die Expression der unter
der Kontrolle des Promotors stehenden Insert-DNA gewebespezifisch wird. Besonders
bevorzugt ist ein Promotor, der in Tumorzellen aktiv ist. Ein Beispiel eines solchen
Promotors ist der P4-Promotor von MVM (vgl. Russell, S.J. et al., vorstehend).
Die Expression vorstehender Insert-DNA kann ferner in einer Expressionseinheit
erreicht werden, die hierzu in den Vektor eingeführt werden muß. Für diese Expres
sionseinheit gelten auch die vorstehenden Ausführungen.
Im Falle von Virus-Vektoren erweist es sich oftmals als günstig, die Insert-DNA in eine
im Vektor vorhandene Expressionseinheit einzufügen. Die hiermit u. U. verbundene
Entfernung oder Teilentfernung von in der Expressionseinheit vorliegender Virus-DNA
führt dann zu einem Virus-Vektor, der in einer Virus-Funktion einen Defekt aufweist.
Dieser Defekt kann als Selektionsmarker genutzt werden. Andererseits kann der
Defekt, wenn nötig, durch übliche Verfahren, wie Komplementation in trans, ausge
glichen werden.
Erfindungsgemäß werden Virus-Vektoren bevorzugt, in denen die Insert-DNA so
eingefügt ist, daß die Virus-Vektoren alleine nicht mehr zur Bildung der durch sie
codierten Viren in der Lage sind. Beispiele solcher Virus-Vektoren sind in den Fig.
2 und 3 angegeben. Es handelt sich um AAV rep-DBD, MVM cap-DBD und AAV rep/cap-
DBD (Fig. 2). Durch übliche Komplementationsverfahren können allerdings die durch
sie codierten Viren gebildet werden. Beispielsweise wird AAV rep-DBD in Zellen trans
fiziert, die gleichzeitig mit einem das rep-Gen exprimierenden DNA-Konstrukt cotrans
fiziert sind. Es werden Viren erhalten. Diese eignen sich gut zur Gentherapie, da sie
sich im Patienten nicht vermehren können.
Ferner weist Fig. 3 auf den bevorzugten Retrovirus DBD-Vektor hin. Durch Trans
fektion in eine übliche Packaging-Zellinie wird das durch den Virus-Vektor codierte
Virus erhalten. Dieses eignet sich ebenfalls gut zur Gentherapie.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind somit auch Viren, die durch vorstehende
Virus-Vektoren codiert werden.
Erfindungsgemäße Vektoren und Viren zeichnen sich dadurch aus, daß sie die Repara
tur von DNA-Schäden hemmen können. Sie eignen sich daher bestens, in Therapien
eingesetzt zu werden, in denen Zellen abgetötet werden sollen. Ganz besonders ist
die Eignung der erfindungsgemäßen Vektoren und Viren in der Behandlung von
Tumoren, insbesondere zusammen mit konventionellen Bestrahlungs- und/oder
Zytostatika-Verfahren, zu sehen. Hierbei schlägt besonders zu Buche, daß sie gewe
be(tumor)-spezifisch aktiv sein können. Die vorliegende Erfindung ist richtungswei
send für die gentherapeutische Behandlung schwerster Erkrankungen.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen:
Fig. 1 zeigt eine DNA, die zwischen den Positionen -29 und +1127 für die
DBD einer humanen PARP codiert,
Fig. 2 zeigt die erfindungsgemäßen Vektoren AAVrep-DBP, MVMcap-DBD und
AAVrep/cap-DBD, und
Fig. 3 zeigt den erfindungsgemäßen Retrovirus-DBD-Vektor.
Die folgenden Beispiele erläutern die Erfindung.
Es wird von dem Vektor AAV-sub201 (Samulski, R.J. et al., vorstehend) ausgegan
gen. Dieser Vektor wird mit den Restriktionsenzymen XbaI und BstbI gespalten. Es
werden ein 3,3 kb Vektor-Fragment und ein 1,4 kb Rep-Fragment erhalten. Letzteres
erstreckt sich bis an das 5′-Ende des p40-Promotors und wird verworfen. Die Enden
des Vektor-Fragments werden "geglättet". In dieses wird ein Insert, P4-DBD-poly A,
eingefügt, das von 5′ nach 3′ folgende Sequenzen umfaßt: (I) ein 259 bp BamHI/-
NcoI-Fragment, das den P4-Promotor enthält. Dieses Fragment stammt z. B. aus dem
Plasmid pEG618 (vgl. Astell, C. et al., J. Virology 57, (1986), 656-669); (II) ein 1,73
kb EcoRI/HindIII-Fragment aus pPARP6 (vgl. Küpper, J.H. et al., J. Biol. Chem. 265
(1990), 18721-18724), das sowohl die 1,1 kb DBD als auch das 630 bp HSV-
Thymidinkinase Poly-A-Signal aufweist. Es wird der Vektor AAV rep-DBD erhalten.
Es wird von dem Vektor pSR2 (vgl. Russell, S.J. et al., vorstehend) ausgegangen.
Dieser Vektor wird mit HindIII und BgIII gespalten. Es werden ein Vektor-Fragment
und ein 1,6 kb Capsid-Fragment (II) von MVM erhalten. Letzteres Fragment wird
entfernt und durch das Insert-Fragment (II) von Beispiel 1, DBD-Poly-A, ersetzt. Es
wird der Vektor MVM cap-DBD erhalten.
Es wird von dem Vektor AAV-sub201 von Beispiel 1 ausgegangen. Dieser Vektor
wird mit XbaI gespalten und sämtliche AAV-Bestandteile außer den terminalen Repeti
tionen werden entfernt. Das restliche Fragment wird mit der intermediären Sequenz,
z. B. einem 2,4 kb BamHI/BamHI-Fragment aus pCosAGy2 (vgl. Auer, B. et al., DNA
8 (1989), 575-580), welches nicht-codierende Sequenzen aus dem 7. Intron der
humanen PARP aufweist, ligiert. Danach werden die Fragmente I und II aus Beispiel
1 eingefügt. Es wird der Vektor AAV rep/cap-DBD erhalten.
Es wird von dem Vektor N2 (vgl. Keller, G. et al., vorstehend) ausgegangen. Dieser
Vektor wird mit EcoRI-Partialverdau 3′ des Neomycin-Gen geöffnet. In den Vektor
werden dann von 5, nach 3′ folgende Sequenzen am 3′-Ende des Neomycin-Gens
inseriert: (I) das 0,7 kb poly-A-Signal des β-Globin-Gens (z. B. das EcoRI/SaII-Fragment
aus pECV; vgl. Berg, B.G.M. et al., Gene 4 (1989), 407-417); (II) ein 259 bp
BamHI/NcoI-Fragment, das den P4-Promotor enthält (vgl. Beispiel 1, (I)); (III) ein 1,73
kb EcoRI/HindIII-Fragment aus pPARP6 (vgl. Beispiel 1, (II)). Es wird der Retrovirus-
DBD-Vektor erhalten.
Die Hemmung der Reparatur von DNA-Schäden wird anhand der Hemmung der
Synthese von Poly(ADP-Ribose) gezeigt. Der erfindungsgemäße Vektor AAVrep-DBD
wird durch Elektroporation in HeLa-Zellen transfiziert. Nach der Transfektion werden
die Zellen auf Deckgläschen für die Mikroskopie ausgesät. Zwei Tage später werden
die transfizierten Zellen auf den Deckgläschen einer genotoxischen Behandlung, z. B.
Röntgenbestrahlung oder Behandlung mit alkylierenden Kanzerogenen, unterzogen.
Dadurch entstehen DNA-Brüche, die zu einer Aktivierung der PARP führen, die dann
Poly(ADP-Ribose) synthetisiert. Innerhalb von 30 min nach der genotoxischen Be
handlung werden die HeLa-Zellen mit Trichloressigsäure fixiert und einer indirekten
Immunfluoreszenz gegen Poly(ADP-Ribose) unterzogen. Es werden keine Poly(ADP-
Ribose)-spezifischen Signale erhalten.
Dies zeigt, daß die in Zellen exprimierte DBD eine Hemmung der PARP verursacht.
Claims (9)
1. Vektor mit einer exprimierbaren Insert-DNA, die für die DNA-Bindungsdomä
ne einer Poly(ADP-Ribose)-Polymerase oder für eine zumindest teilweise
katalytisch nicht-aktive Poly(ADP-Ribose)-Polymerase codiert, wobei der
Vektor zur Gentherapie geeignet ist.
2. Vektor nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Vektor auf
einem Virus-Vektor beruht.
3. Vektor nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Virus-Vektor ein
Adeno-assoziierter Virus-, ein Maus-Minute Virus- oder ein Retrovirus-Vektor
ist.
4. Vektor nach einem der Ansprüche 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß die
für die DNA-Bindungsdomäne codierende DNA die Sequenz von Fig. 1
zwischen den Positionen -29 und +1127 oder eine durch ein oder mehrere
Nukleotide davon unterschiedliche Sequenz aufweist, wobei Fig. 1 Bestandeil
dieses Anspruchs ist.
5. Vektor nach einem der Ansprüche 1-4, dadurch gekennzeichnet, daß die
Insert-DNA in einem Tumor exprimierbar ist.
6. Verfahren zur Herstellung des Vektors nach Anspruch 1, umfassend die
Einfügung der Insert-DNA nach Anspruch 1 in einen Vektor, der zur Gen
therapie geeignet ist, derart, daß eine Expression der Insert-DNA durch eine
bereits im Vektor vorhandene oder ebenfalls inserierte Expressionseinheit
erfolgen kann.
7. Virus, codiert durch den Vektor nach Anspruch 2 oder 3.
8. Verwendung des Virus nach Anspruch 7 zur Gentherapie.
9. Verwendung nach Anspruch 8 bei Tumorerkrankungen.
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