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Verfahren zur elektrochemischen Behandlung von Abwässern. Die Erfindung
betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur elektrochemischen Behandlung von
Abwässern, insbesondere von solchen, die der Fäulnis ausgesetzte Bestandteile enthalten,
z. B. von städtischen Abwässern, solchen von Gerbereien, Schlachthäusern u. dgl.
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Nach der Erfindung werden die Beimengungen der Abwässer so behandelt,
daß die übrigbleibende -Flüssigkeit unschädlich gemacht und gleichzeitig aus den
Abwässern eine möglichst große Menge von Schlamm oder festen Bestandteilen gewonnen
wird, die als Düngemittel verwendet werden kann.
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Die Flüssigkeit wird so behandelt, daß sie eine große Menge oder gar
einen überschuß von Sauerstoff in Lösung enthält und außerdem freies Alkali in ihr
vorhanden ist. Letzteres erreicht man, indem man im nötigen Maße einen alkalischen
Stoff hinzufügt, und zwar sogar in denjenigen Fällen, in denen das unbehandelte
Abwasser auf gewisse ,Indikatoren bereits alkalisch reagiert. Ein solcher Indikator
ist z. B. Methylorange. Durch <las Verfahren nach der Erfindung werden keine
oder nur wenige der festen Bestandteile der Abwässer verloren, sondern im wesentlichen
alle wiedergewonnen.
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Zu diesem Zwecke unterwirft man roh gereinigte Abwässer in einer geeigneten
Vorrichturig einer elektrochemischen Behandlung, nachdem zweckmäßig die festen Bestandteile
in einen Zustand feiner Verteilung gebracht worden sind, z. B. durch mechanische
Bewegung vor oder während der elektrischen Behandlung. Die Abwässer sind während
der elektrischen Behandlung alkalisch infolge des hinzugefügten freien Erdalkalis,
und zwar wenigstens in solchem Maße, daß die alkalische Beschaffenheit durch Phenolphthalein
und Methylorange als Indikatoren in bekannter Weise nachweisbar ist.
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Vor der elektrischen Behandlung wird den Abwässern ein Stoff hinzugefügt,
der Hydroxylionen liefert, wodurch die Konzentration des Hydroxyls in der Flüssigkeit
vermehrt wird. Man kann auch derartige Stoffe nach der elektrischen Behandlung hinzufügen.
Als derartige Stoffe sind anzusehen die Hydroxy de der alkalischen Erdmetalle, z.
B. Calciumhydroxyd, das besonders geeignet ist. Die Menge von Erdalkali ist vorzugsweise
so groß zu wählen, daß die Flüssigkeit genügend alkalisch gemacht wird, um dies
durch Phenolphthalein und Methylorange als Indikatoren anzuzeigen. Das freie Alkali
in der abströmenden Flüssigkeit verhütet die Vermehrung und Bildung gewisser Bakterien
und läßt die festen und halbfesten Beimengungen und die gebildeten Niederschläge
leichter ausfallen.
Man kann die Abwässer in Gegenwart nicht angreifbarer
Elektroden, z. B. KOhlenelektroden, vorbereitend elektrisch behandeln, um naszierenden
Sauerstoff zu erzeugen, oder man kann Hypochlorite von Natrium- oder anderen Chloriden
oder anderen Salzen ,erzeugen, die Chloratome enthalten. Die Hypochlorite wirken
bakterientötend. NTach .der beschriebenen Vorbehandlung werden die Abwässer der
elektrischen Hauptbehandlung unterworfen, und zwar wenn sie freies Alkali enthalten,
in Gegenwart von Elektroden, die entweder unangreifbar sind, z. B. Kohlenelektroden,
oder von Metallelektroden. Das Erdalkali wird in die Abwässer in einem geeigneten
Zeitpunkt nach der Vorbehandlung eingeführt, und zwar zweckmäßig unmittelbar danach,
tun naszierenden :Sauerstoff bei der elektrischen Behandlung zu erzeugen. Zweckmäßig
werden Elektroden aus Eisen oder Eisenverbindungen benutzt, da sie sich mechanisch
nicht merklich abnutzen und bequem und leicht zu erhalten sind und außerdem eine
Reihe offensichtlicher mechanischer und elektrischer Vorteile bieten. Auch Elektroden
aus anderen Metallen sind verwendbar.
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Es ist bereits bekannt, Calciumhydroxyd in Verbindung mit irgendeinem
Zinksalz, z. B. Zinksulfat, bei dem Tankverfahren zu benutzen, jedoch ohne gleichzeitige
elektrische Behandlung. Es fehlte somit die Erzeugung naszierenden Sauerstoffs bei
freiem Alkali zur Oxydierung der festen Beimengungen. Ferner war es bekannt, durch
einen besonderen elektrochemischen Voxprozeß, aus einem geeigneten Salz, wie. Natriumchlorid,
nach dem Webster-Verfabren Eisenhydrat zu bilden, um dies später den Abwässern als
flockenbildendes Mittel in einer besonderen Klärkammer zuzusetzen. Im Gegensatz
hierzu werden nach der Erfindung die Abwässer elektrisch behandelt und der Vorprozeß
in einer besonderen Vorrichtung vermieden. Endlich ist es nicht mehr neu, Abwässer
in Gegenwart von Eisensalzen .elektrisch zu be-
handeln, wohl aber dies in
Gegenwart freien Alkalis zu tun, wodurch die beschriebene günstige Wirkung erreicht
wird.
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Nachstehend wird .ein Ausführungsbeispiel beschrieben an Hand einer
Vorrichtung zur Ausführung .des Verfahrens.
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Abb. i ist eine Ansicht, zum Teil ein' Schnitt einer derartigen Vorrichtung,
Abb. 2 eine Aufsicht auf die Rührarme, Abb. 3 eine schematische Darstellung einer
von vielen für das Verfahren anwendbaren elektrischen Schaltungen.
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Die rohen unbehandelten Abwässer werden durch eine Rohrleitung i in
einen Behälter 2 geleitet; an dessen Boden sammeln sich die festen Beimengungen
an, die nicht durch das 1 I später beschriebene Filter hindurchgehen können.
Diese Bestandteile werden von Zeit zu Zeit aus dem Behälter 2 mittels des Hahns
3 in das Rohr 4. abgelassen, aus dem sie in bekannter Weise entfernt werden. Man
kann sie auch einer Filterpresse 17 durch eine Leitung 23 zuführen, die durch einen
Hahn 24. abgeschlossen werden kann. Zum Fortschaffen der festen Bestandteile dient
eine Pumpe 25.
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Ein Rohr 5 steht mit dem Innern des Behälters 2 in Verbindung. Über
seine Einmündung in den Behälter ist ein Filter oder Sieb 6 gelegt, das die gröberen,
festen Beimengungen der Abwässer hindert, in das Rohr 5 und weiter in die elektrolytische
Vorrichtung einzutreten. Die durch das Sieb 6 roh gereinigten Abwässer gehen durch
das Rohr 5 zu einer Pumpe P. Sie fördert die vorge_reinigten Ab,#v ässen durch ein
Rohr 7 in die Vorrichtung C für die elektrische Behandlung, in .dem positive .und
negative Elektrodenplatten E und E' angeordnet sind. Die positiven Elektroden E
sind gegen die negativen Elektroden E' isoliert und können in Gruppen verbunden
werden; nach Abb. 3 sind z. B. je drei positive oder negative Platten, die parallel
zueinander liegen, zu Gruppen vereinigt. Die einzelnen Gruppen werden in Reihe geschaltet,
und von einer Stromquelle S wird ein elektrischer Strom hindurchgeschickt, dessen
Quelle z. B. eine Gleichstr omdynamomaschine sein kann. Ferner ist in dem Stromkreis
ein einstellbarer Widerstand 11 eingeschaltet. Die Regelung der Stärke des Arbeitsstromes
kann auch erreicht werden, indem- man die Spannung des Generators S mit Hilfe des
Widerstandes r in den Feldwicklungen f verändert.
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Zwischen benachbarten Elektroden sind Rührflügel p und ,p' angeordnet.
Die Flügel sitzen auf einer Welle s (s. auch Abb. 2), w ährend die Flügel
p' auf einer Welle s' bea festigt sind. Beide Wellen werden durch einen Antrieb,
z. B. einen Elektromotor M, Kegelräderg und g' und beide Wellen verbindende Stirnräder
1z und h', in Umdrehung versetzt. Die Wellen sind so angeordnet, daß die Flügel
p und p' stets im rechten Winkel z tieinander stehen, wie dies besonders Abb.2 deutlich
zeigt. Die Elektroden sind bei der dargestellten Vorrichtung so angeordnet, daß
die zu behandelnde Flüssigkeit mehrfach zwischen positiven und negativen Elektroden
hindurchfließt. Nach dem Durchgang zwischen den Elektroden wird die: Flüssigkeit
durch ein Rohr 8 in einen Behälter g geleitet.
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Es ist ferner ein Behälter i,o für die zuzu- i setzenden Reagenzien
vorgesehen, Diese könnender zu behandelnden Flüssigkeit entweder
vor
oder nach ihrem Eintritt in die elektrolytische Vorrichtung G zugesetzt werden.
Das Zusetzen kann unter dem Einfluß der Schwere oder mit Hilfe einer Pampe P' erfolgen,
der die das Reagens enthaltende Lösung durch ein Rohr i i zugeführt und von der
sie durch ein Rohr i2 in das Rohr; geleitet wird. Im Rohre 12 ist ein Hahn
13 angeordnet, um die Menge des Zusatzes zu regeln. Es kann auch der Zusatz
ganz oder teilweise in den Behälter 2 durch das Rohr 26 mit .(lern Hahn 27 geleitet
werden.
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Im Behälter 9 sammelt sich auf dem Behälterboden der Schlamm, während
die Flüssigkeit durch das Überlaufrohr 14 in einen Wasserlauf, ein Filter oder in
die Kanalisation abgeleitet wird. Der auf dem Boden des Behälters 9 angesammelte
Schlamm wird durch eine Pumpe P" durch eine Rohrleitung 15 angesaugt und durch eine
zweite Rohrleitung 16 in eine Filterpresse 17 oder eine ähnliche Vorrichtung
zum Ausscheiden der ini Schlamm enthaltenen Flüssigkeit geleitet. Diese Flüssigkeit
geht durch eine Rohrleitung i8 zum Behälter 2 zurück, und zwar insbesondere dann,
wenn das unbearbeitete Abwasser, (las sich iin Behälter ;2 ansammelt, in die Filterpresse
17 geleitet wurde. Man kann auch mehr oder weniger von der aus der Filterpresse
ausgeschiedenen Flüssigkeit durch den Hahn i9 in das L"oerlaufrolir 14 und von da
in die Kanalisation oder einen Wasserlauf leiten. So11 alle Flüssigkeit aus der
Filterpresse durch das Rohr 14 abfließen, so schließt man den Hahn 2o unter gleichzeitiger
Üffnung des Halins i9.
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Das roh gereinigte Abwasser wird durch die Pumpe P in die elektrolytische
Vorrichtung G geleitet, in der es in der beschriebenen Weise zwischen den Elektroden
hindurchströmt. Während dieses Durchströmens wird die Flüssigkeit mittels der Rührflügel
p, p' (lurchgerührt, wobei die festen Beimengungen zerteilt werden. Hierdurch wird
die elektrische Behandlung wirksamer gemacht.
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Eine alkalische Erde, zw=eckmäßig Calciumhydroxyd, wird dem Abwasser
zugesetzt. Während des Durchganges durch die Elektroden wird die Flüssigkeit dem
elektrischen Strom ausgesetzt und hierdurch neben anderen Wirkungen vornehmlich
die Erzeugung naszierenden Sauerstoffs erreicht. Dieser entsteht an den positiven
Elektroden durch die Einwirkung der OH-Ionen unter Bildung von H,0. Der naszierende
Sauerstoff übt die erwünschte oxydierende Wirkung aus, die unter anderem darin besteht,
die Bakterien zu töten und Beimengungen der Abwässer zti oxv(lieren.
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Die Behandlung der Abwässer durch Zusätze, z. B. Calciumhydroxyd,
hat ferner die günstige Wirkung, daß organische Stoffe, die in dem Abwasser schweben,
leichter gefällt werden, wodurch die Menge des zurückgewcnnenen Schlammes vermehrt
wird. Außerdem werden Nitrite durch die Wirkung des Sauerstoffes in Nitrate verwandelt.
Weiter trägt der naszierende Sauerstoff, der an den negativen Elektroden entsteht,
zur Bildung von -Nitraten aus dem Stickstoff des Ammoniums oder Stickstoffverbindungen
bei. Diese bleiben mit anderen ähnlichen Verbindungen zum Teil in dem Schlamm zurück
und verstärken dessen Düngewirkung. Der Sauerstoff und das freie Alkali verhindern
auch das Fauligwerden des Schlammes oder zerstören Fäulnis.
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Die Hinzufügung von Calciumhvdroxyd bei der elektrischen Behandlung
hat ferner die günstige Wirkung, daß es mit Kohlendioxyd oder gewissen C.arbonaten,
die in den Abwässern vorhanden sind, einen Niederschlag bildet, nämlich C"alcitimcarbonatliydrat,
das die Fällung und Koagulation des Schlammes in dein Absetzgefäß beschleunigt.
Dieser Niederschlag bringt auch den Niederschlag, der in der vorbeschriebenen Weise
gebildet wird, mit zur Absenkung. Auch hierdurch wird die Menge des gewinnbaren
Schlammes vergrößert.
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Die negativen Elektroden können aus Kohle oder Metall bestehen. Die
positiven Elektroden sind nicht angreifbar, wenn sie aus Kohle bestehen; sie sind
angreifbar, wenn sie aus Eisen oder aus einem anderen Metall bestehen. Aber auch
dann werden sie nicht angegriffen, wenn der Strom unterhalb einer bestimmten Stärke
gehalten wird, die mit zunehmender Alkalität zunehmen kann. Man kann so durch Angreifen
der Elektroden flockiges Hydroxyd bilden, das die Ausfällung der festen Bestandteile
unterstützt.
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Nach der elektrischen Behandlung wird die Flüssigkeit durch das Rohr
8 in den Behälter 9 geleitet, wo sich der Schlamm absetzt, während die im wesentlichen
klare Flüssigkeit durch das Ülaerlaufroht' 14 abfließt. Die Flüssigkeit, die nach
der beschriebenen Behandlung aus dein Überlaufrohr 14 austritt, ist steril und unschädlich
und enthält einen Überschuß oder doch genug Sauerstoff. Sie kann in einen Strom
oder @'Vasserlauf geleitet werden, ohne ihn zu verunreinigen.
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Die im Schlamme zurückbleibende Flüssigkeit wird aus ihm in die Vorrichtung
17 überführt und besonders dann, wenn sie durch Flüssigkeit, die aus den
rohen Ausscheidungen im Behälter 2 ausgepreßt wird, in der Vorrichtung i7 verunreinigt
ist, in den Behälter 2 zurückgeführt, so daß sie noch einmal der elektrischen Behandlung
unterworfen und unschädlich gemacht wird. Nachher fließt
diese Flüssigkeit
dann ebenfalls durch das Rohr 14 ab. Der zurückgewonnene Schlamm hat einen
starken Düngewert und ist nicht faulig.
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Man kann Erdalkalien zu den Abwässern für die elektrische Behandlung
in solchen Mengen hinzufügen, daß der Schlamm etwas von dem hinzugefügten Erdalkali
enthält und ebenso die zufließende Flüssigkeit. Das Erdalkali wird dann in solchem
Maße hinzugefügt, daß die abfließende Flüssigkeit wenigstens alkalisch ist, daß
Phenolphthalein und Methylorange bei aufeinanderfolgendem Titrieren mit Säure dies
anzeigen.
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Die Elektroden, besonders die positiven, mit denen die Flüssigkeit
zuerst in wirksame Berührung kommt, können unangreifbar sein, d. h. aus Kohle, während
die Elektroden, mit denen die Abwässer später in wirksame Berührung treten, angreifbar
gemacht werden können, z. B. aus Eisen. Da in der Regel 2\Tatriumchlorid in den
Abwässern vorhanden ist, so wird bei Verwendung unangreifbarer Elektroden ein Hypochlorid
gebildet, das in bekannter Weise bakterientötend wirkt, oder wenn in den Abwässern
nicht genügend Natriumchlorid vorhanden ist, so wird dieses oder ein äquivalentes
Salz in die Abwässer zum gleichen Zweck eingeführt. Nach dieser vorläufigen Behandlung
wird dann die alkalische Substanz, z. B. Calciumhydroxyd, in die Abwässer eingeführt,
und zwar zweckmäßig unmittelbar nach ihrer Behandlung durch die unangreifbaren Elektroden
oder auch auf einer späteren Stufe der elektrischen Behandlung, wodurch man erzielt,
daß bei der Behandlung durch die angreifbaren Elektroden ein Niederschlag in beschriebener
Weise erzeugt wird. Bei dieser Art der Behandlung der Abwässer wird der Hahn 2i
geschlossen und der Hahn 22 geöffnet, so daß das Alkali aus dem Behälter io in die
Abwässer nach ihrer Behandlung zwischen den unangreifbaren Elektroden eingeführt
wird. Die unangreifbaren Elektroden sind dann diejenigen, die unterhalb des Eintritts
des Rohres 12' in der elektrolytischen Vorrichtung C liegen.
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Eine bequeme Art und Weise, um Calciumhydroxyd den Abwässern hinzuzufügen,
besteht in der Zugabe von Kalkmilch.