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Verfahren zur Reglung von Wechselstrom-Lokomotivmotoren mit Hilfe
eines Transformators. Die bisher ausgeführten Wechselstromlokomotiven haben einen
hohen Grad der Vollkommenheit erreicht. Trotzdem befinden sich die zu ihrer Geschwindigkeitsregelung
angewendeten Steuerungssysteme noch im Zustand der Entwicklung. Das kommt daher,
daß die Anforderungen des Vollbahnbetriebs an die elektrische Steuerungsausrüstung
außerordentlich schwierig sind. Eine moderne Wechselstromlokomotive weist nämlich
Stromstärken
bis io ooo Amp. auf. Diese hohen Stromstärken müssen nun in sehr viele Fahrstufen
geregelt werden, um für die insbesondere mit den Witterungsverhältnissen wechselnden
Reibungskoeffizienten zwischen Rad und Schiene jeweils die an der Adhäsionsgrenze
liegenden Höchstzugkräfte der Lokomotive einstellen zu können. Die Reglung in viele
Stufen muß überdies sehr rasch erfolgen, weil es im Bahnbetrieb notwendig ist, schnell
von der höchsten Geschwindigkeitsstellung auf die unterste Stufe zu gelangen, und
weil* es überdies möglich sein muß, rasch Rangierbewegungen auszuführen. Die Bedienung
der Steuerung muß aber auch leicht und handlich sein und darf den Führer nicht ermüden.
Sie soll möglichst funkenfreie Änderungen der Stromstärken und Spannungen der :Motoren
zulassen und darf durch Schaltvorgänge nicht gefährliche Überspannungen hervorrufen.
Die Steuerung muß schließlich absolut zwangläufig sein, d. h. jeder vom Führer an
die Steuerung erteilte Befehl muß von ihr eindeutig ausgeführt werden.
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Man kann die Anforderungen des Vollbabnbetriebes an die Steuerungsausrüstung
daher wie folgt zusammenfassen: i. Die Steuerungsausrüstung muß imstande sein, sehr
große Motorstromstärken zu beherrschen.
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2. Sie muß imstande sein, die großen Motorstromstärken in sehr viele
Stufen zu schalten.
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3. Sie muß große Stufenzahlen schnell durchschalten können.
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4. Sie muß handlich und leicht bedienbar sein.
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5. Sie darf keine Veranlassung zu schädlicher Funkenbildung und zu
gefährlichen Überspannungen geben.
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6. Sie muß absolut zwangläufig sein.
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Den gekennzeichneten Anforderungen des Bahnbetriebs an die Steuerungsausrüstung
genügt keines der bekannten Systeme, die sich im wesentlichen in drei Gruppen einteilen
lassen: A. die Steuerung durch Stufenschalter oder Schütze. Sie ist imstande, große
Motorströme zu beherrschen; sie ist imstande, schnell zu schalten; sie ist auch
leicht bedienbar. Sie genügt daher Punkt i, Punkt 3 und Punkt 4 der oben gekennzeichneten
Anforderungen. Allen anderen Anforderungen, Punkt 2, Punkt 5 und Punkt 6, genügt
sie nicht. Sie ist nicht imstande, die Lokomotive in sehr viele Stufen zu regeln.
Man ist über 15 bis 2o Stufen nicht hinausgekommen, was für den Bahnbetrieb
nicht genügt. Die Schützesteuerung kann deshalb nicht mehr Stufen verwenden, weil
ein Schütz allein schon sehr schwer und sehr grog ist und für die großen Stromstärken
Abmessungen bis zu einem Meter Höhe erhält. Es ist verständlich, daß man nicht 30
oder 5o solcher großer, schwerer Schütze in den engbegrenzten Raum einer Lokomotive
unterbringen kann. Die Schütze arbeiten aber auch mit starker Funkenbildung und
geben daher sehr oft Veranlassung zu Durchschlägen des Motors infolge von Überspannungen.
Endlich ist die Schützsteuerung nicht zwangläufig, weil keine Gewähr dafür besteht,
daß ein vom Führer an die Schütze erteilter Befehl von diesen auch tatsächlich ausgeführt
wird. Bei der Schaltung der großen Stromstärken ist es wiederholt vorgekommen, daß
die Kontakte irgendeines Schützes verschmoren oder aneinander klebenbleiben, auch
wenn das Schütz den Steuerstrom verliert. Ja, es ist sogar vorgekommen, daß andere
feindliche Schütze angesprungen sind und zum Kurzschluß eines Teils der Steuerungsausrüstung
oder des Transformators geführt haben. Um sich vor den Gefahren solcher Kurzschlüsse
ztt sichern, hat man daher die Schütze mit Hilfskontakten versehen müssen, derart,
daß ein Schütz nur anspringen kann, wenn die ihm feindlichen Schütze abgefallen
sind. Und da man jedes Schütz gegen alle ihm feindlichen Schütze sichern muß, so
erhält jedes Schütz mehrere Hilfskontakte. und die ganze Schützsteuerung besteht
aus diesem Grunde oft aus vielen hundert Haupt- und Hilfskontakten, und weil das
Versagen eines einzelnen Kontaktes bereits genügt, um die Steuerung in Unordnung
zu bringen, und dazu führt, daß die Lokomotive aus dem Betrieb gezogen werden muß,
so hat man versucht, von der Verwendung von Kontakten möglichst abzugehen und Steuerungen
zu verwenden, die ihrer nicht bedürfen. Eine solche Steuerung war: B. die Steuerung
mit Hilfe von Potentialreglern. Auch dieses Steuerungssystem erfüllt nicht alle
sechs Punkte der oben gekennzeichneten Anforderungen des Vollbahnbetriebs. Der größte
Vorteil der Potentialreglersteuerung lag in der Möglichkeit, ohne die Zuhilfenahme
besonderer Kontakte die Spannung des Motors ganz allmählich, also in unendlich viele
Stufen zu regeln. Der schwerwiegendste Nachteil des Potentialreglers aber war sein
großes Drehmoment, das zur Verwendung eines motorischen Antriebes zwang. Dadurch
ging die Handlichkeit der Steuerung verloren. Überdies war der motorische Antrieb.
auch nicht zwangläufig. Allen Anforderungen des Vollbahnbetriebs wurde dagegen C.
die Steuerung durch Bürstenverschiebung gerecht. Sie war imstande, große
Motorstrcinstärken
zu beherrschen ohne die Zuhilfenahme von Kontakten; sie regelte die Geschwindigkeit
des Motors sowie der Potentialregler äußerst feinstufig in unendlich viele Abstufungen;
sie konnte schnell und leicht bedient werden; sie regelte ohne Funkenbildung und
war auch absolut zwangläufig. Es zeigte sich indessen, daß sie für große Leistungen
nicht verwendbar war. Unter der Bürstenverschiebung litt nämlich die Kommutierung
des Motors und führte zur Funkenbildung am Kollektor. Das kam daher, daß die `Vendepole
der Wechselstrommotoren naturgemäß feste Bürstenstellung voraussetzen, und daß es
nicht ohne weiteres möglich ist, auch für veränderliche Bürstenstellungen geeignete
Wendefelder zu schaffen. So ist auch diese aussichtsreichste aller Steuerungen für
den Vollbahnbetrieb nicht sehr gut geeignet.
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Nach der vorliegenden Erfindung erhält man nun eine allen Anforderungen
des Vollbahnbetriebs genügende Steuerungsausrüstung durch Verlegung der Bürstenverschiebung
vom Kollektor des Motors, wo sie seiner Kommutierung schädlich ist, an einen außerhalb
des Motors gelegenen Kollektor, an dessen Lamellen die Windungen eines Transformators
angeschlossen sind. Durch Verschiebung der Bürsten auf diesem Kollektor kann die
Spannung geregelt werden. Offenbar behält diese Steuerung alle Vorzüge der Steuerung
durch Bürstenverschiebung am Motor selbst, ohne ihren einzigen Nachteil, seine Kommutierung
zu beeinflussen, zu besitzen.
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Für dieses Reglungsverfahren ist es zweckmäßig, die Stufenspannung
des Transformators so niedrig zu bemessen, daß sie noch durch die Widerstände des
durch die Bürsten gebildeten Kurzschlußkreises vernichtet werden kann. Um höhere
Stufenspannungen zu verwenden, können in ähnlicher Weise wie bei Kollektormotoren
Widerstandsverbindungen zwischen Transformator und Kollektor eingebaut werden.
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Für größere Leistungen kann es unwirtschaftlich sein, Transformatoren
mit niedriger W indungsspannung zu bauen. In diesem Fall ist es zweckmäßig, besondere
Reglertransformatoren neben den Haupttransformatoren zu verwenden. 'Nur die Regler
transformatoren bedürfen dann eines Kollektors, und da man ihre Spannung zur Spannung
des Haupttransformators hinzuzählen wie auch von ihr abziehen und überdies den Reglertransformator
als Spartransformator ausbilden kann, so erhält. er nur einen Bruchteil der Leistung
des Haupttransformators. Seine Ausführung mit niedriger Windungsspannung wird deshalb
selbst bei großen Leistungen zutreffend sein. Da er überdies keine Hochspannungswicklung
hat, kann man seine Wicklung selbst als Kollektor ausbilden und die Bürsten auf
der blanken Windungsoberfläche schleifen lassen. Ein Ausführungsbeispiel mit einem
als Manteltype angedeuteten Reglertransformator zeigt Abb. i, die nach der obigen
Beschreibung ohne weiteres verständlich ist.
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Es ist nicht notwendig, den Transformator als Manteltype auszuführen.
Er kann jede übliche Ausführungsform erhalten. Er kann auch eine runde Form haben,
wie Abb. z zeigt. Es können, wie ebenfalls in dieser Abbildung angedeutet ist, auch
mehrere parallele Stromkreise mit mehreren Bürstenkreisen verwendet werden. Zur
Abnahme insbesondere großer Stromstärken können Doppelbürsten z. B. in Verbindung
mit Einfach- oder Doppeldrosselspulen usw. zweckmäßig verwendet werden.
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Das Verfahren kann auch auf jede andere Schaltung, die Stufen-, Zusatz-
oder Reglertransformatoren verwendet, übertragen werden.