DE4113876C1 - - Google Patents

Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Beseitigen der Neigung zu Fließfiguren und zu Rollknicken bei warmgewalzten Stahlbändern mit ausgeprägter Streckgrenze in einer Beiz­ linie, wonach das jeweilige Stahlband von einem Abwickler abgewickelt, entzundert und gebeizt wird.

Warmgewalzte Stahlbänder aus Tiefzieh- und Baustählen mit ausgeprägter Streckgrenze haben ebenso wie kaltgewalzte und geglühte Stahlbänder im Zuge einer plastischen Verfor­ mung im Bereich der kritischen Streckgrenzendehnung - auch Lüders-Dehnung genannt - die Neigung zur Fließfiguren- und Rollknickbildung. Das gilt auch für ferritische Edelstähle. Grundursache für diese Erscheinung sind Versetzungen im Kristallgitter. Man spricht bei zweidimensionaler Betrach­ tungsweise von Versetzungsdichte und bei dreidimensionaler Betrachtungsweise von Versetzungsfeldern. Rollknicke treten meistens nur im Bereich von Biegezugspannungen auf, welche von Umlenkrollen verursacht werden, an denen das betreffende Stahlband unter Zug gebogen wird. Solche Umlenkrollen können beispielsweise Rollen gegen Bundknickbildung, Rollen gegen Faltenbildung im Bereich eines Walzspaltes, aber auch her­ kömmliche Umlenkrollen sein. - In den Stahlbändern bereits vorhandene Fließfiguren und Rollknicke lassen sich nur durch reduzierendes Kaltwalzen beseitigen. Soweit sich die Neigung zu Fließfiguren und Rollknicken im Wege des Dressierwalzens beseitigen läßt, gilt das nur für die oberflächennahen Band­ bereiche. Die Fließfiguren und Rollknicke finden sich jedoch auch im Bandkern, und zwar in Abhängigkeit von der Eindring­ tiefe der kritischen Verformung. Wird bei nachträglicher hoher Verformung, z. B. beim Tiefziehen, dieser Bereich wieder erreicht, treten die Fließfiguren bzw. Rollknicke erneut an der Oberfläche auf. Besonders starke Rollknicke entstehen beim Lauf eines Stahlbandes über Umlenkrollen kleinen Durchmessers unter Zug durch Bildung von sogenannten Fließgelenken. Weil das Stahlband wegen seiner Biegesteifig­ keit die Umlenkrolle erst hinter dem Tangentenauflaufpunkt berührt, bildet sich ein Hebelarm für den Zug. Es entsteht ein Biegemoment. Erreicht dieses Biegemoment einen Wert, der zur plastischen Verformung der Außenfasern führt, bildet sich das Fließgelenk nach Überschreiten der oberen Fließ­ grenze durch plötzlichen Abfall auf die untere Fließgrenze im Bereich der Lüders-Dehnung. Diese Rollknicke sind be­ sonders stark ausgeprägt. - Ein Anhaltspunkt für die Neigung zu Fließfiguren und Rollknicken ist die Größe der Lüders- Dehnung ε_L im Zugversuch. Ist ε_L < 1% muß man mit Fließ­ figuren und Rollknicken rechnen. - Hier setzt die Erfindung ein.

Unabhängig davon ist es bekannt, ein warmgewalztes Stahlband zur Entzunderung einer Dressierwalze durchzuführen (vergl. US-PS 15 08 567) und Stahlrohre zur Entzunderung in einer Streckmaschine zu strecken (vergl. GB-PS 20 48 311). Weiter kennt man eine Bandbehandlungsanlage mit Einrichtungen zum Streckbiegen, Aggregaten für den Bandzug und Modulen zur mechanischen Entzunderung, welche gleichartig gestaltete Arbeitskammern zum Bearbeiten eines Stahlbandes mit einem Granulat enthalten, bei dem es sich um ein abrasives Hart­ gußgranulat handelt, welches hydraulisch und elektromagne­ tisch gegen das laufende Stahlband gepreßt wird. Derartige Entzunderungsmodule lassen sich auch zwischen Streckbiege­ vorrichtungen und Beizbehältern einsetzen, um den Beiz­ aufwand zu reduzieren (vergl. Zeitschrift: Blech Rohre Profile 34 (1987) 7/8, Seite 500). - Endlich kennt man eine Beizlinie, bei welcher in den Auslaufteil zumindest ein Dressiergerüst und ein Streckbiegegerüst eingesetzt sind, um gebeiztes Warmband zu behandeln (vergl. DE-OS 32 03 581). - Durch diese bekannten Maßnahmen sind jedoch die eingangs behandelten Probleme nicht maßgebend berührt worden.

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Beizlinie anzugeben, mit denen sich die Neigung zu Fließfiguren und zu Rollknicken bei warmgewalzten Stahl­ bändern mit ausgeprägter Streckgrenze vollständig und dauer­ haft über den Gesamtquerschnitt eliminieren läßt, und zwar auch für den Fall, daß das Bandmaterial nachträglich hohen Verformungen unterworfen wird.

Diese Aufgabe löst die Erfindung bei einem gattungsgemäßen Verfahren dadurch, daß das Stahlband unmittelbar nach dem Abwickeln dem Dressierwalzspalt umlenkungsfrei zugeführt und dressiergewalzt wird und anschließend vor dem Beizen streck­ biegegerichtet wird. Dressierwalzspalt meint den Walzspalt, der von Dressierwalzen eines am Abwickler nachgeordneten Dressiergerüstes gebildet wird. - Die Erfindung geht zu­ nächst einmal von der Erkenntnis aus, daß die Neigung zu Fließfiguren und Rollknicken im Oberflächenbereich warm­ gewalzter Stahlbän­ der mit ausgeprägter Streckgrenze beseitigt werden kann. Bei niedrigen Dressiergraden und geringen Banddicken treten selbst bei nachfolgendem Tiefziehverformen oder dergleichen hohen Ver­ formungen keine Fließfiguren und Rollknicke mehr auf. Solche Fließfiguren und Rollknicke treten jedoch bei Stahlbändern größerer Dicke wieder in Erscheinung, wenn lokal hohe Verfor­ mungen im Zuge der Weiterverarbeitung erforderlich sind, wie eben beim Tiefziehen, Pressen von Blechwannen oder dgl. Wird das dressierte Stahlband dagegen anschließend streckbiegege­ richtet, wird überraschenderweise jede Neigung zu Fließfigu­ ren und zu Rollknicken und folglich deren Bildung verhindert. Das ist wahrscheinlich auf die Verformung des Gesamtquerschnit­ tes im Zuge des Streckbiegerichtens zurückzuführen. Offenbar werden die Lüders-Fronten bzw. - Versetzungen im Kristallgitter nicht nur - wie beim Dressieren - zum Kernbereich des Band­ materials verschoben, sondern durch die vollplastische, inho­ mogene Verformung über den Gesamtquerschnitt vollständig eli­ miniert. Gleichzeitig wird eine ausgezeichnete Planlage er­ reicht. Ein weiterer überraschender Effekt ist jedoch darin zu sehen, daß auch eine einwandfreie Entzunderung für den Beiz­ prozeß erzielt wird. Denn an sich ist zu befürchten, daß im Zuge des Dressierens Zunder des warmgewalzten Stahlbandes in dessen Oberfläche eingedrückt wird, so daß Oberflächenschäden und -einlagerungen entstehen. Überraschenderweise werden je­ doch im Zuge des anschließenden Streckbiegerichtens solche Einlagerungen beseitigt und wird eine für den anschließenden Beizprozeß optimale Oberflächenkonditionierung erreicht.

Weitere erfindungswesentlichen Merkmale sind im folgenden auf­ geführt. So lehrt die Erfindung, daß Stahlbänder mit Band­ dicken von 1,0 mm bis 6,0 mm mit einem Dressiergrad von 0,5% bis 1,2% dressiergewalzt und mit einem Streckgrad von 0,5% bis 1,2% streckbiegegerichtet werden. Tatsächlich läßt sich dem Oberflächenbereich die Neigung zu Fließfiguren und Roll­ knicken bereits dann eliminieren, wenn der Dressiergrad im Zu­ ge des Dressierwalzens 1% beträgt und die Banddicken zwischen 0,8 mm und 1,2 mm liegen. Bei dickeren Blechen von 1,0 mm bis 6,0 mm ist dagegen das zusätzliche Streckbiegerichten erfor­ derlich, und zwar mit einem Streckgrad, der von der jeweiligen Banddicke abhängig ist und bis zu 1,2% betragen kann, um die Lüders-Fronten bzw. -Versetzungen auch im Kernbereich des Band­ materials zu beseitigen. Voraussetzung ist stets, daß das je­ weilige Stahlband dem Dressierwalzspalt umlenkungsfrei zuge­ führt wird, beispielsweise in der Paßlinie zugeführt wird, Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß das Stahlband am Dressierwalzspalt mit einem maximalen Einlaufwinkel von 10° derart zugeführt wird, daß der mit der Paßlinie gebildete obe­ re Teilwinkel maximal 7° und der untere Teilwinkel maximal 3° betragen.

Gegenstand der Erfindung ist auch eine Beizlinie, die zur Durchführung des beanspruchten Verfahrens besonders geeignet ist und zumindest einen Abwickler, ein Dressiergerüst, eine Streckbiegevorrichtung und ein Beizbad aufweist, wobei der Ab­ wickler dem Dressiergerüst unmittelbar unter Verzicht auf Um­ lenkrollen vorgeordnet ist. Außerdem kann dem Dressiergerüst eine Richtmaschine, Schere und ein Bandverbinder, z. B. eine Schweißmaschine nachgeordnet sein, um einen kontinuierlichen Banddurchlauf zu erreichen. Die Richtmaschine dient lediglich zum Richten von Bandanfang und Bandende miteinander zu verbin­ dender Stahlbänder, damit einwandfreier Einlauf in den Band­ verbinder bzw. die Schweißmaschine gewährleistet ist. Erfin­ dungsgemäß ist der Streckbiegevorrichtung jeweils zumindest ein Zugrollensatz vorgeordnet und nachgeordnet, um den jeweils erforderlichen Streckgrad zu erzeugen.

Im folgenden wird die Erfindung anhand einer lediglich ein Aus­ führungsbeispiel darstellenden Zeichnung näher erläutert. Die einzige Figur zeigt das Einlaufteil einer Conti-Beizlinie. Die­ ses Einlaufteil weist einen Abwickler 1 für ein zu einem Coil gewickeltes warmgewalztes Stahlband 2 mit ausgeprägter Streck­ grenze auf. Diesem Abwickler 1 ist Duo-Dressiergerüst 3, dem Dressiergerüst 3 eine Richtmaschine 4 zum Richten des jeweili­ gen Bandanfanges und Bandendes auf. Dann folgt eine Schere 5, zur Erzeugung einwandfreier Stoßkanten an dem miteinander zu verbindenden Bandanfang und Bandende. Die Verbindung erfolgt in einem nachfolgenden Bandverbinder 6, bei dem es sich regel­ mäßig um eine Schweißmaschine handelt. Von der Schweißmaschine 6 wird das hergestellte Endlosband einer Streckbiegerichtvor­ richtung 7 mit einem vorgeordneten und nachgeordneten Zugrol­ lensatz 8, 9 zugeführt, um schließlich in ein Beizbad 10 einzu­ tauchen.

Der Abwickler 1 ist dem Dressiergerüst 3 unmittelbar unter Ver­ zicht auf Umlenkrollen vorgeordnet, damit das jeweilige Stahl­ band 2 unmittelbar nach dem Abwickeln dem Dressierwalzspalt 11 umlenkungsfrei zugeführt und dressiergewalzt werden kann. Im Wege des Streckbiegerichtens vor dem Beizen des Stahlban­ des 2 werden durch eine vollplastische, inhomogene Verformung die Lüders-Fronten bzw. -Versetzungen im Kristallgitter auch im Kernbereich des Stahlbandes 2 bei Streckgraden bis zu 1,2% beseitigt. Gleichzeitig wird eine einwandfreie Entzunderung und Planlage des Stahlbandes 2 erreicht.

Claims (7)

1. Verfahren zum Beseitigen der Neigung zu Fließfiguren und zu Rollknicken bei warmgewalzten Stahlbändern mit ausgepräg­ ter Streckgrenze in einer Beizlinie, wonach das jeweilige Stahlband von einem Abwickler abgewickelt, entzundert und ge­ beizt wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Stahlband unmittelbar nach dem Abwickeln einem Dres­ sierwalzspalt umlenkungsfrei zugeführt und dressiergewalzt wird und anschließend vor dem Beizen streckbiegegerichtet wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Stahlbänder mit Banddicken von 1,0 mm bis 6,0 mm mit einem Dressiergerüst von 0,5% bis 1,2% dressiergewalzt und mit einem Streckgrad von 0,5% bis 1,2% streckbiegegerichtet wer­ den.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das jeweilige Stahlband in der Paßlinie dem Dressierwalz­ spalt zugeführt wird.

4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Stahlband dem Dressierwalzspalt mit einem maximalen Einlaufwinkel von 10° derart zugeführt wird, daß der mit der Paßlinie gebildete obere Teilwinkel maximal 7° und der untere Teilwinkel maximal 3° betragen.

5. Beizlinie zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 4, mit zumindest einem Abwickler (1), einem Dressiergerüst (3), einer Streckbiegerichtvorrichtung (7) und einem Beizbad (10), wobei der Abwickler (1) dem Dressierge­ rüst (3) unmittelbar unter Verzicht auf Umlenkrollen vorge­ ordnet ist.

6. Beizlinie nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß dem Dressiergerüst (3) eine Richtmaschine (4), eine Schere (5) und ein Bandverbinder (6), z. B. Schweißmaschine nachgeordnet sind.

7. Beizlinie nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Streckbiegevorrichtung (7) jeweils zumindest ein Zug­ rollensatz (8, 9) vorgeordnet und nachgeordnet ist.