DE4029585A1 - Verfahren zur stabilisierung sterilisierter pharmazeutischer loesungen mit oxidationsempfindlichen bestandteilen sowie zusammensetzung zur verwendung als stabilisator fuer derartige loesungen - Google Patents

Verfahren zur stabilisierung sterilisierter pharmazeutischer loesungen mit oxidationsempfindlichen bestandteilen sowie zusammensetzung zur verwendung als stabilisator fuer derartige loesungen

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Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Stabilisierung sterilisierter pharmazeutischer Lösungen mit oxidations­ empfindlichen Bestandteilen sowie eine Zusammensetzung zur Verwendung als Stabilisator für derartige Lösungen.
Sterilisierte pharmazeutische Lösungen, wie bspw. Infusions­ lösungen, enthalten oft oxidationsempfindliche Wirkstoffe, die mit Hilfe eines Stabilisators, der direkt oder indirekt in den Mechanismus des oxidativen Abbaus eingreift, versetzt werden müssen, um entsprechend lange Haltbarkeitszeiten erreichen zu können. Lösungen, deren Wirkstoffe sich oxidativ bereits zu einem gewissen Teil zersetzt haben, können zum einen wegen eines herabgesetzten und vor allen Dingen unbe­ stimmten Wirkstoffgehaltes, zum andern auch wegen eines even­ tuellen Anteils an ggf. toxischen Zersetzungsprodukten nicht mehr eingesetzt werden, so daß ein großes wirtschaftliches Interesse an einer Verlängerung der Haltbarkeitsdauer durch Einsatz eines wirkungsvollen Stabilisators besteht.
Der heutzutage üblicherweise bei sterilisierten Lösungen eingesetzte Stabilisator ist Natriumdisulfit. In letzter Zeit mehren sich aber die Hinweise, daß Natriumdisulfit als Stabilisierungszusatz zu bspw. Infusionslösungen nicht un­ problematisch ist, da diese Substanz bei Patienten Allergien auslösen kann, bis hin zu einem anaphylaktischen Schock. Andere als Stabilisatoren für pharmazeutische Präparate be­ kannte Verbindungen unterliegen oft selbst einem oxidativen Abbau oder zersetzen sich in anderer Weise.
So zersetzt sich bspw. N-Acetylcystein unter Abspaltung von Schwefelwasserstoff zu N-Acetylalanin und N-Acetylserin. Insbesondere der dabei entstehende Schwefelwasserstoff ist aufgrund seiner hohen Toxizität als Abbauprodukt in bspw. Infusionslösungen äußerst problematisch.
Zwar ist aus der Veröffentlichung von G. Raether und U. Pause "Vergleichende Stabilisierungsversuche an N-Acetylcystein- Arzneimitteln" in Pharmazie 44 (1989), S. 702 bis 704, be­ kannt, daß N-Acetylcysteinhaltige Arzneimittel mit Hilfe von Natriumphosphinat (früher als Natriumhypophosphit bezeichnet) im gewissen Umfang stabilisiert werden können, ein Einsatz von Natriumphosphinat (oder anderen Salzen der Phosphinsäure bzw. Phosphinsäure selbst) als Stabilisator für sterilisierte pharmazeutische Lösungen schien aber prinzi­ piell ausgeschlossen zu sein, da bekannt ist, daß sich Phos­ phinsäure ebenso wie deren Salze und Ester schon bei Temperaturen, die für die Sterilisierung notwendig sind (üb­ licherweise zwischen 120 und 140°C), zersetzen und dabei den ebenfalls toxikologisch sehr problematischen Phosphorwasser­ stoff freisetzen. Andererseits ist es aber auch unumgänglich, den Stabilisator vor der Sterilisation zuzusetzen, da an­ sonsten die Sterilität nicht gewährleistet wäre.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen wirk­ samen und preiswerten Ersatz für Natriumdisulfit als Stabili­ sator für sterilisierte Lösungen zur Verfügung zu stellen.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe bei einem gattungsgemäßen Verfahren dadurch gelöst, daß der zu sterilisierenden Lösung vor der Sterilisation Phosphinsäure oder ein Salz oder Ester derselben zugesetzt wird. Völlig überraschend haben Unter­ suchungen an derartig stabilisierten sterilisierten Lösungen ergeben, daß eine Abnahme der Phosphinsäurekonzentration weder bei langen Sterilisationszeiten oder hohen Temperaturen noch bei Anwesenheit bestimmter den Abbau eventuell kata­ lysierender Zusätze, die ggf. als Bestandteile der Verschluß­ elemente mit der Lösung in Kontakt kommen können, nachweisbar ist. Darüber hinaus konnte auch bei sorgfältigsten Untersuchungen der mit Phosphinsäure stabilisierten Lösungen kein Phosphorwasserstoff nachgewiesen werden. Darüber hinaus besitzen Phosphinsäure und Phosphinate eine ähnlich gute Stabilisierungswirkung wie das üblicherweise verwendete Natriumdisulfit. Schließlich sind Phosphinsäure und die bekannten Phosphinate toxikologisch unbedenklich und rufen, soweit bekannt, auch keinerlei allergische Reaktionen hervor.
Vorzugsweise wird eine Phosphinsäure- oder Phosphinatkonzen­ tration zwischen 1 und 50 mmol/l, besonders bevorzugt bei etwa 15 mmol/l eingestellt. Unterhalb des angegebenen Konzen­ trationsbereiches ist ein nennenswerter Stabilisierungseffekt nicht erkennbar, oberhalb dieses Bereiches ist keine fest­ stellbare Abnahme des Redoxpotentials mehr zu beobachten, so daß eine höhere Konzentration nicht sinnvoll ist. Da bereits oberhalb einer Konzentration von 15 mmol/l das Redoxpotential nur noch unwesentlich abnimmt, hat sich diese Konzentration als besonders geeignet herausgestellt.
Besonders bevorzugt ist es, als Phosphinat ein Alkali- oder Erdalkalimetallsalz der Phosphinsäure, besonders bevorzugt Natriumphosphinat, einzusetzen. Neben Phosphinsäure selbst stellt Natriumphosphinat eine besonders preiswerte und leicht zugängliche Substanz für den angegebenen Zweck dar.
In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung ist vorge­ sehen, daß der zu sterilisierenden Lösung vor der Sterilisa­ tion zusätzlich ein weiteres Antioxidans zugesetzt wird. Durch die Verwendung eines Zwei-Komponenten-Systems als Stabilisator kann das Redoxpotential in vielen Fällen noch einmal wesentlich abgesenkt werden.
Als weiteres Antioxidans werden bevorzugt organische Schwefelverbindungen, aber auch Ascorbinsäure, Ascorbinsäure­ derivate oder Riboflavinderivate eingesetzt. Dabei sind be­ sonders bevorzugte organische Schwefelverbindungen Cystein, N-Acetylcystein, Thiomilchsäure, Thioglycerin, Dithio­ erythritol, Thioglycolsäure, Methylthiouracil, Thioharnstoff oder Thioäpfelsäure, wobei insbesondere N-Acetylcystein ge­ eignet ist. Die in der Einleitung geschilderten Nachteile von N-Acetylcystein, die ja insbesondere auch bei erhöhter Temperatur auftraten, sind bei Kombination mit Phosphinsäure oder Phosphinaten weitgehend beseitigt, da der Abbau unter Abspaltung von Schwefelwasserstoff zumindest stark vermindert ist. Das weitere Antioxidans wird bevorzugt in einer Menge von 0,01 bis 10 g/l zugesetzt.
Die Erfindung schlägt weiterhin vor, der zu sterilisierenden Lösung vor der Sterilisation zusätzlich einen Chelatbildner, vorzugsweise EDTA, zuzusetzen, und zwar in einer bevorzugten Menge von 0,01 bis 10 g/l. Der Zusatz eines Chelatbildners ist sowohl bei Verwendung von Phosphinsäure oder Phosphinat allein als auch bei Verwendung einer Kombination von Phos­ phinsäure und Phosphinat mit einem weiteren Antioxidans sinn­ voll, da ein Chelatbildner eventuell vorhandene Metallionen in der Lösung bindet und damit potentielle Ursachen für einen oxidativen Abbau in den sterilisierten Lösungen beseitigt.
Die Erfindung betrifft weiterhin eine Zusammensetzung zur Verwendung als Stabilisator für sterilisierte pharmazeutische Lösungen mit oxidationsempfindlichen Bestandteilen, die einen Gehalt von 15 bis 30 Gew.-% Natriumphosphinat und 85 bis 70 Gew.-% N-Acetylcystein aufweist. Der Zusatz eines Kombinationssystems mit den angegebenen Anteilen der einzelnen Stabilisatoren hat sich in den durchgeführten Testreihen für die gattungsgemäße Verwendung als besonders vorteilhaft herausgestellt.
Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen der Erfindung.
Die Untersuchung des Phosphinsäure-Systems als Stabilisator für sterilisierte pharmazeutische Lösungen mit oxidationsemp­ findlichen Bestandteilen wurde durch drei unabhängige Ver­ fahren vorgenommen:
1. Photometrie:
Mit Hilfe des Molybdat-Verfahrens wurde die Konzentration der Phosphinsäure in Abhängigkeit verschiedener Sterilisations­ zeiten und -temperaturen überprüft. Weiterhin wurde der Ein­ fluß von Elastomeren als Verschlußelemente der Infusions­ flasche untersucht, die ggf. eine Phosphorwasserstoffbildung begünstigen könnten.
Als Testlösung wurde eine 0,9%ige Kochsalzlösung mit einer Phosphinsäurekonzentration von 5 mmol/l verwendet. In einer ersten Testreihe wurde die Auswirkung von Zusätzen auf die Phosphinsäurekonzentration untersucht. Die entsprechenden Ergebnisse sind in Tabelle I dargestellt.
Tabelle I
Eine zweite Testreihe sollte Aufschluß über die Veränderung der Phosphinsäurekonzentration bei Erhitzung auf 120oC über verschiedene Zeiträume geben. Gleichzeitig wurde eine Test­ reihe durchgeführt, bei der die Lösung ohne Zusätze auf 140oC erhitzt wurde. Die entsprechenden Ergebnisse sind in Tabelle II dargestellt.
Tabelle II
Den Tabellen kann entnommen werden, daß in keinem Fall eine Abnahme der Phosphinsäurekonzentration zu erkennen war. Dies galt sowohl für lange Sterilisationszeiten und hohe Temperaturen als auch für die Anwesenheit von den Abbau eventuell katalysierenden Substanzen.
2. Prüfröhrchen-Schnelltest:
Es wurden die Phosphorwasserstoffkonzentrationen in der Gas­ phase und in der Lösung durch spezielle Prüfröhrchen direkt bestimmt. Dazu wurden 200 ml 0,9%ige NaCl-Lösung und 5 mmol/l H3PO2 in einer gut verschlossenen hitzebeständigen Glas­ flasche im Glycerinbad für 20 Minuten auf 120°C erhitzt. Nach der Abkühlung auf ca. 5°C wurde das Gefäß geöffnet (leichter Unterdruck) und sofort wieder mit einer Kappe, die ein Phos­ phorwasserstoff-Prüfröhrchen enthielt, verschlossen. Nach 20 Meßhüben konnte kein Phosphorwasserstoff nachgewiesen werden (Nachweisgrenze: 10 ng/ml).
Nach der Überführung der Lösung in eine Gaswaschflasche wurden weitere 20 Hübe durchgeführt. Auch hier konnte kein Phosphorwasserstoff nachgewiesen werden.
Eine analoge Meßreihe wurde nach der Zugabe von Teilen eines Gummistopfens der Infusionsflasche vorgenommen. Es zeigte sich, daß diese Fremdstoffe keinerlei katalytische Wirkung auf die Phosphinsäurelösung ausüben. Auch hier konnte kein Phosphorwasserstoff nachgewiesen werden.
3. Bestimmung des Redoxpotentials:
Die Bestimmung des Redoxpotentials ermöglicht zum einen, die Effektivität des Redoxsystems zu beobachten, und gibt darüber hinaus Informationen über wesentliche chemische Veränderungen in der untersuchten Lösung.
Bei den folgenden Meßreihen wurde das Redoxpotential mit Platin gegen Kalomel bestimmt.
a) Phosphinsäure-System: Phosphinsäure wurde als alleiniger Stabilisator eingesetzt. Dabei wurde eine Lösung mit ver­ schiedenen. Konzentrationen an Phosphinsäure in 0,9%iger Koch­ salzlösung verwendet. Die Ergebnisse sind in Tabelle III dargestellt.
Tabelle III
Oberhalb einer Konzentration von 1,0 g/l Phosphinsäure wurde keine nennenswerte Abnahme des Redoxpotentials mehr festgestellt. Die erzielten Redoxpotentiale reichen aus, um die meisten oxidationsempfindlichen Bestandteile sterilisierter pharmazeutischer Lösungen wirkungsvoll gegen Oxidation zu schützen.
b) Zwei-Komponenten-System: In dieser Testreihe wurde eine 0,9%ige Kochsalzlösung untersucht, der ein Stabilisierungs­ präparat aus 1 g/l N-Acetylcystein und 0,5 g/l Natriumphos­ phinat zugesetzt worden war. Dabei wurden die Redoxpotentiale sowohl über verschiedene Zeiträume bei Raumtemperatur als auch nach verschieden langen Erhitzungen auf 120°C unter­ sucht. Gleichzeitig wurde durch Geruchsprobe überprüft, ob Schwefelwasserstoff entstanden war. Die Ergebnisse sind in Tabelle IV zusammengestellt.
Tabelle IV
Die Ergebnisse zeigen, daß eine deutliche Erniedrigung des Redoxpotentials gegenüber dem Ein-Komponenten-System Phos­ phinsäure erreicht wurde. Gleichzeitig ergab sich, daß bei den üblichen kurzen Sterilisationszeiten kein Abbau von N­ Acetylcystein unter Abspaltung von Schwefelwasserstoff statt­ gefunden hat.
Die in der vorstehenden Beschreibung sowie in den Ansprüchen offenbarten Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination für die Verwirklichung der Erfindung in ihren verschiedenen Ausführungsformen wesentlich sein.

Claims (14)

1. Verfahren zur Stabilisierung sterilisierter pharma­ zeutischer Lösungen mit oxidationsempfindlichen Bestand­ teilen, dadurch gekennzeichnet, daß der zu sterilisierenden Lösung vor der Sterilisation Phosphinsäure oder ein Salz oder Ester derselben zugesetzt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine Phosphinsäure- oder Phosphinatkonzentration zwischen 1 und 50 mmol/l eingestellt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß eine Phosphinsäure- oder Phosphinatkonzentration von etwa 15 mmol/l eingestellt wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch ge­ kennzeichnet, daß als Phosphinat ein Alkali- oder Erdalkali­ metallsalze der Phosphinsäure eingesetzt wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Phosphinat Natriumphosphinat eingesetzt wird.
6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß der zu sterilisierenden Lösung vor der Sterilisation zusätzlich ein weiteres Antioxidans zugesetzt wird.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß als weiteres Antioxidans eine organische Schwefelverbindung, Ascorbinsäure, ein Ascorbinsäurederivat oder ein Riboflavin­ derivat eingesetzt wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß als organische Schwefelverbindung Cystein, N-Acetylcystein, Thiomilchsäure, Thioglycerin, Dithioerythritol, Thioglycolsäure, Methylthiouracil, Thioharnstoff oder Thioäpfelsäure eingesetzt wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß als organische Schwefelverbindung N-Acetylcystein eingesetzt wird.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 9, dadurch ge­ kennzeichnet, daß das weitere Antioxidans in einer Menge von 0,01 bis 10 g/l zugesetzt wird.
11. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß der zu sterilisierenden Lösung vor der Sterilisation zusätzlich ein Chelatbildner zugesetzt wird.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß als Chelatbildner EDTA eingesetzt wird.
13. Verfahren nach Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, daß der Chelatbildner in einer Menge von 0,01 bis 10 g/l zugesetzt wird.
14. Zusammensetzung zur Verwendung als Stabilisator für sterilisierte pharmazeutische Lösungen mit oxidationsempfindlichen Bestandteilen, gekennzeichnet durch einen Gehalt von 15 bis 30 Gew.-% Natriumphosphinat und 85 bis 70 Gew.-% N-Acetylcystein.
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