DE4014762A1 - Verbindungen zur strahlentherapie oder diagnostik durch absorption von moessbauer-strahlung - Google Patents

Verbindungen zur strahlentherapie oder diagnostik durch absorption von moessbauer-strahlung

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Description

Nach einem Vorschlag von Mills et al. (1) können die eng lokalisierten Strahlungs-Effekte, die durch Absorption der Mößbauer-Strahlung von ⁵⁷Co in ⁵⁷Fe Atomen auftreten zur Radiotherapie von Krebszellen verwendet werden. Als Absorber wurde für diesen Zweck der Eisen-Bleomycin- Komplex benutzt, der mit ⁵⁷Fe angereichert war. Dieser Komplex wurde hergestellt durch Auflösen von ⁵⁷Fe-Metall in konzentrierter Salzsäure und Umsetzen des so entstandenen Eisen-Chlorids mit Bleomycin bei Normaltemperatur. Diese Strahlentherapie mittels Mößbauer-Effekt ist aber durch die vorgeschlagene Verwendung von ⁵⁷Fe-Bleomycin allein limitiert, da die chemischen Eigenschaften der Bleomycin-Verbindung nicht weiter variiert werden können. Somit ist eine Anpassung der Strahlentherapie durch Absorption von Mößbauer-Strahlung an wechselnde Erfordernisse und eine weitere Optimierung nicht möglich.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist es, weitere Metall-Verbindungen zu beschreiben, die für die Strahlen-Therapie oder -Diagnostik durch Mößbauer-Absorption eingesetzt werden können. Jedoch ist es nur in Ausnahmefällen möglich, dafür einfache Metall-Komplexe zu verwenden: Erfindungsgemäße Ausnahmen sind einfache Ruthenium-Komplexe beispielsweise mit den Kationen [(H₂O)(NH₃)₅Ru′′]²⁺ oder [Cl(NH₃)₅Ru′′′]²⁺, sowie o-Phenantrolin-Komplexe des Ruthenium, wie cis [Cl₂(phen)₂Ru′′]. Alle diese Verbindungen lagern sich sowohl an die DNS als an die RNS an (2). In den meisten anderen Fällen muß man aus mehreren Gründen komplizierte Komplex- Verbindungen einsetzen:
  • 1. Die meisten Metall-Komplexe sind nicht stabil genug, so daß leicht in vivo ein Austausch des Metall-Ions zur Mößbauer-Absorption gegen ein anderes, körpereigenes Metall-Ion erfolgt.
  • 2. Die meisten Komplexe sind relativ hydrophil. Sie werden daher schnell ausgeschieden und entsprechend ist eine Anreicherung in lipophilen Organ- oder Zellarealen nicht möglich.
  • 3. Die meisten Komplexbildner können chemisch nicht abgewandelt werden, ohne daß die Fähigkeit zur Ausbildung stabiler Metall-Komplexe darunter leidet.
Um diese Nachteile zu vermeiden, wird vorgeschlagen, als weitere erfindungsgemäße Verbindungen Cyclopentadienyl-Metall-Komplexe z. B. vom Metallocen-Typ oder Cyclopentadienyl-Carbonyl- Metall-Komplexe vom Cymantren-Typ (Halbsandwich-Carbonyl-Komplexe) zu verwenden. Als besonders günstig haben sich in dieser Hinsicht Ferrocen- oder Ruthenocen-Derivate erwiesen, wobei deren Zentralatom mit dem ⁵⁷Fe-Isotop bzw. dem ⁹⁹Ru-Isotop über den natürlichen Gehalt hinaus angereichert sein kann. Die erfindungsgemäßen ⁵⁷Fe-Verbindungen sind für die Strahlentherapie, die erfindungsgemäßen ⁹⁹Ru-Verbindungen eher für die Strahlendiagnostik geeignet. Abweichungen hiervon sind aber möglich.
Nun ist aber eine Herstellung von Eisen-57-markiertem Ferrocen-Derivaten - analog zur Herstellung des ⁵⁷Fe-Bleomycin - nicht möglich, da ein entsprechender Austausch der Zentralatome von Metallocenen bei Normaltemperatur nicht stattfindet. Durch Erhitzen der Komponenten entweder in Lösung oder der Schmelze gelingt es jedoch, in Metallocen-Derivate mit der gewünschten Seitenkette die gewünschten Metall-Isotope wie beispielsweise ⁵⁷Fe oder ⁹⁹Ru einzubauen. Besonders effektiv ist diese Austauschreaktion des Zentralatoms, wenn unmittelbar am Cyclopentadienyl-Ring eine elektronenziehende Gruppe wie beispielsweise eine Carbonyl-Gruppe (-CO-) vorhanden ist. Der Austausch wird ferner durch die Zugabe von wasserfreien Metallchloriden, wie z. B. AlCl₃, MnCl₂ und/oder Zugabe von konzentrierten Säuren, wie z. B. HNO₃, HClO₄, HCl oder HBr begünstigt. Um Derivate von Cyclopentadienyl-Carbonyl-Komplexen herzustellen, kann man Metallocen-Derivat, Metall-Carbonyl und Metallsalz erhitzen, man erhält so durch Ligandenaustausch Cymantren-analoge Derivate, mit den Seitenketten wie im eingesetzten Metallocen-Derivat.
Man kann aber auch zuerst aus den entsprechenden Metallsalzen, wie z. B. ⁹⁷FeCl₃ oder ⁹⁹RuCl₃ und Cyclopentadien den Metallocen-Grundkörper nach bekannten Methoden herstellen, der anschließend zum gewünschten Derivat abgewandelt wird.
Das Metallocen-Molekül kann in vielfältiger Weise nach den Regeln der organischen Chemie variiert werden. Damit können gezielt solche Metallocen-Derivate hergestellt werden, die hohe Affinitäten zu bestimmten Organen, Tumoren oder bestimmten Strukturen innerhalb von Organen oder Zellen haben. Dabei zeigen Ruthenocen- und Ferrocen-Derivate meistens eine parallele Organaffinität, die von der Seitenkette gesteuert wird.
Als Beispiele seien hier genannt: Acetyl-ferrocen (Anreicherung in der Nebennierenrinde), Ferrocenoyl-glycin (Anreicherung in der Niere), 1-Ferrocenyl-2-amino-propan und seine N-Alkyl- Derivate (Anreicherung im Gehirn).
In einer besonderen Ausgestaltung der Erfindung werden erfindungsgemäß-markierte Metallocen- Derivate nach bekannten Methoden an polyklonale oder monoklonale Antikörper gebunden, die spezifisch gegen verschiedene Antigene insbesondere von Tumoren gerichtet sind.
In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung können an die Antikörper Cheletbildner gebunden werden, die stabile Chelate mit Mößbauer-Absorbern wie beispielsweise ⁵⁷Fe, ⁹⁹Ru, ¹¹⁹Sn oder Metalle aus der Gruppe der Lanthaniden wie beispielsweise ¹⁵¹Eu bilden. Als Chelatbildner kommen beispielsweise die Derivate folgender Verbindungen in Frage: Diethylentriamin-pentaessigsäure (DTPA), EDTA, DOTA usw.
Dazu werden die Antikörper zunächst mit aktivierten Derivaten der Chelatbildner umgesetzt, z. B. mit dem Säure-Anhydrid aus DTPA. Anschließend läßt man den am Protein gebundene Chelatbildner mit den entsprechenden Metall-Ionen reagieren. Dabei kann die Metallverbindung bestehend aus Antikörper, gebundenem Chelat und daran gebundenem Mößbauer-Absorber für die Klinik fertig ausgeliefert werden. Möglich ist aber auch eine Versendung der Antikörper-Chelat-Verbindung allein, die erst in der Klinik mit den entsprechenden Metall-Ionen umgesetzt wird.
Das letztere Verfahren hat den Vorteil, daß die Antikörper-Chelat-Verbindung für verschiedene Zwecke verwendet werden kann:
  • 1. Nach Umsatz mit Metall-Ionen, die Mößbauer-Absorber darstellen als Mittel zur Strahlen-Therapie oder -Diagnostik.
  • 2. Nach Umsatz mit geeigneten radioaktiven Metall-Ionen wie 99mTc, ⁵²Fe oder ⁵²Mn zur nuklearmedizinischen Diagnostik mit SPECT oder PET.
  • 3. Nach Umsatz mit Gadolinium-Ionen als NMR-Kontrastmittel.
Alle die oben benannten Verbindungen - einfache Ru-Komplexe, Metallocen-Derivate oder an Antikörper gebundene Chelate -, die Mößbauer-Absorber enthalten, können erfindungsgemäß zur Strahlen-Therapie oder -Diagnostik eingesetzt werden. Dabei kann in der Verbindung das Mößbauer- Absorber-Nuklid als einziges Isotop oder nur angereichert oder in der natürlichen Isotopen- Zusammensetzung vorhanden sein. Nach der Applikation erfindungsgemäßer Mößbauer-Absorber enthaltende Verbindungen werden sich diese selbst oder die oben erwähnten Antikörper mehr oder weniger selektiv in Organen bzw. an den Tumoren anreichern. Die biochemische Selektivität z. B. einer ⁵⁷Fe-markierten Verbindung für bestimmte Organe oder Tumoren kombiniert mit der selektiven Strahlenbelastung ausschließlich in unmittelbarer Umgebung der Absorber-Atome führt - bei Bestrahlung mit einer Mößbauer-Quelle - zu einer hohen räumlichen Selektivität des Strahlungseffekts bei minimaler Strahlenbelastung des übrigen Körpers. Durch die Bestrahlung mit einer Mößbauer-Quelle werden die in der erfindungsgemäßen Verbindung als Absorber wirkenden Atome beispielsweise ⁵⁷Fe durch die Absorption der monochromatischen Gamma-Strahlung der Quelle angeregt. Die z. B. von den ⁵⁷Fe-Kernen - nach Bestrahlung mit ⁵⁷Co - absorbierte Energie wird über eine interne Konversion, gefolgt von einer Auger-Kaskade freigesetzt. Die Auger-Kaskade ionisiert alle das ⁵⁷Fe direkt umgebenden Atome und führt zu sehr hohen lokalen Strahleneffekten. Die Strahlenbelastung der außerhalb der Anreicherungs-Bezirke liegenden Körperareale ist um Zehnerpotenzen geringer, selbst wenn sie geometrisch von der Strahlung der Mößbauer-Quelle erfaßt werden.
Bei der Strahlendiagnostik werden erfindungsgemäße Verbindungen mit solchen Mößbauer- Absorbern verwendet, deren Anregungsenergie höher als beim ⁵⁷Fe ist und die dementsprechend eine höhere energetische γ-Strahlung als Sekundärstrahlung aussenden, beispielsweise 90 keV bei ⁹⁹Ru als Absorber falls man ⁹⁹Rh als Quelle benutzt. Diese γ-Strahlung kann dann in bekannter Weise zur szintigraphischen Lokalisation pathologischer Strukturen verwendet werden. Diese müssen bei ⁹⁹Ru relativ Oberflächen-nah sein. Dabei ist es ein Vorteil, daß die zur Diagnostik verwendeten γ-Strahlen durch die äußere Bestrahlung mit einer Mößbauer-Quelle nur in dem Körperareal erzeugt werden, das szintigraphisch dargestellt werden soll. Außerdem kann eine längere Zeit abgewartet werden, bis die nicht gebundenen Anteile den Körper verlassen haben, bevor die externe Strahlenquelle an die gewünschte Körperstelle gebracht wird und damit die Strahlentherapie oder Diagnostik beginnt.
Beispiel zum Einbau von Fe-Isotopen in Ferrocen-Derivate
Um den Isotopen-Austausch bei den Ferrocen-Verbindungen besser messen zu können, wurde mit dem radioaktiven Eisenisotop ⁵⁹Fe anstelle von ⁵⁷Fe gearbeitet.
Eine Lösung von 0,2 µ Ci⁵⁹FeCl₃ in 0,1 ml Ethanol wird in einer kleinen Glasampulle zur Trockne eingedampft, dazu wiegt man 5 mg Acetylferrocen und als Katalysator 1 mg wasserfreies MnCl₂.
  • a) Die abgeschmolzene Ampulle wird 1 h bei 165°C erhitzt, danach durch Dünnschicht- Chromatographie das radioaktive Acetylferrocen abgetrennt. Einbau des Eisen-Isotops zu 60-80%.
  • b) Löst man den obigen Ampullen-Inhalt in 0,15 ml Methanol mit 1% HCl und erhitzt 1 h auf 140°C, so erhält man 14% des Eisen-Isotops im abgetrennten Acetylferrocen.
    Chromatographie auf Kieselgel-Platten (0,25 mm) in Petrolether/Aceton/Chloroform 16 : 4 : 2. RF-Acetylferrocen: 0,63.
Literatur
  • 1. A novel cancer therapy using a Mößbauer-isotope compound. R. L. Mills, C. W. Walter, L. Venkataraman, K. Pang and J. F. Ferrel. Nature 336, 787 (1988).
  • 2. Progress in Clinical Biochemistry and Medicine "Ruthenium and other Non-Platinum-Metal-Complexes" in Cancer Chemotherapy, Springer-Verlag Berlin (1989).

Claims (9)

1. Verbindungen zur Strahlen-Therapie oder Diagnostik, dadurch gekennzeichnet, daß sie Nuklide enthalten, die Mößbauer-Absorber sind, wobei das jeweilige Nuklid das entsprechende Mößbauer- Isotop in seinem natürlichen Gehalt oder angereichert enthalten kann.
2. Verbindungen gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie Nuklide von Metallen der 7. und 8. Nebengruppe des Periodischen Systems enthalten, die Mößbauer-Absorber darstellen.
3. Verbindungen gemäß Anspruch 1-2, dadurch gekennzeichnet, daß sie Komplexe des Rutheniums enthalten.
4. Verbindungen gemäß Anspruch 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß sie Amin und/oder Phenantrolin-Komplexe des Rutheniums darstellen.
5. Verbindungen gemäß Anspruch 1-2, dadurch gekennzeichnet, daß sie Derivate von Metallocenen oder von Halbsandwich-Carbonyl-Komplexen vom Cymantren-Typ darstellen.
6. Verbindungen gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß sie Metallocen-Derivate oder Halbsandwich-Carbonyl-Komplexe mit ⁵⁷Fe oder ⁹⁹Ru als Zentralatom darstellen.
7. Verbindungen gemäß Anspruch 1, 2 und 5-6, dadurch gekennzeichnet, daß sie Metallocen-Derivate oder Halbsandwich-Carbonyl-Derivate mit ⁵⁷Fe oder ⁹⁹Ru enthalten, die an polyklonale oder monoklonale Antikörper vorzugsweise gegen Tumor-Antigene gebunden sind.
8. Verbindungen gemäß Anspruch 1-2, dadurch gekennzeichnet, daß sie Chelatbildner enthalten, die an polyklonale oder monoklonale Antikörper gegen Tumorantigene gebunden sind, und die Metall- Ionen, die Mößbauer-Absorber darstellen, komplexieren.
9. Verfahren zur Herstellung von Verbindungen gemäß Anspruch 1-2 und 5-6, dadurch gekennzeichnet, daß die Metallocen-Derivate, oder Cyclopentadienyl-Carbonyl-Derivate in der Schmelze oder in geeigneten Lösungsmitteln wie niedrige Alkohole, Eisessig, Nitromethan, Nitroethan, Dioxan, Dimethylformamid, Dekalin auf 100-230°C, vorzugsweise auf 120-180°C mit Salzen von Metallen der 7. und 8. Nebengruppe und/oder ihren Carbonylen erhitzt werden, die Mößbauer-Absorber darstellen.
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