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Verfahren zur Herstellung von Salzsäure und Alkalisulfat aus Alkalichlorid,
schwefliger Säure, Luft und Wasserdampf. Die Ausführung des altbekannten Reaktionsprozesses
der Umwandlung von Alkalichloriden in Sulfate durch Einwirkung von schwefliger Säure,
Luftsauerstoff und Wasserdampf bei höherer Temperatur auf das Salz in-fester Form
ist bisher nur nach dem sogenannten Hargreavesprozeß zur technischen Durchführung
gekommen, darin bestehend, daß das Salz zu porösen Kuchen brikettiert in eine Reihe
hintereinandergeschaltete, von außen heizbare Zylinder eingebracht wird und die
Reaktionsgase, schweflige Säure, Luft und Wasserdampf im Gegenstrom durchgeleitet
werden derart, daß Pyritoder, sonstige Schwefelröstgase mit Wasserdampf zunächst
in den Zylinder, welcher am längsten der Reaktionswirkung ausgesetzt ist, eingeleitet
werden und nacheinander sämtliche Zylinder nach Maßgabe ihrer Reaktionsdauer durchstreichen,
bis schließlich die von S02 erschöpften und stark salzsäurehaltigen Reaktionsgase
den zuletzt eingeschalteten, mit frischen Salzkuchen gefüllten Zylinder verlassen
und nach der HCl-Kondensation abgesaugt werden. Der Prozeß erfordert eine dem trägen
Reaktionsverlauf entsprechend lange Einwirkungsdauer der Gase auf das Salz, welche
bei dem Hargreavesverfahren durch Hintereinanderschalten einer größeren Anzahl (to
bis 12) Reaktionsräume, gewöhnlich gußeiserne Zylinder oder Kammern, erreicht wird,
so daß die Periode zwischen. Füllung eines Zylinders und Wiederentleerung desselben
etwa 2o Tage dauert. Während dieser Zeit ist man zur Kontrolle des Reaktionsverlaufes
im Zylinder - lediglich auf zeitweise Tenhperaturinessungen und vergleichende Gasanalysen
in den Zylindern angewiesen, ohne mit Sicherheit feststellen zu können, ob die Umsetzung
in einem Zylinder nach dessen periodischer Ausschaltung eine vollständige war oder
nicht. Zur Erzielung einer den Ansprüchen der Großindustrie angemessenen Tagesproduktion
ist man genötigt, .die Kapazität der Zylinder oder Kammern entsprechend groß zu
wählen, so daß dieselben eine Füllung von 3o bis 5o Tonnen Salz bzw. Sulfat aufnehmen
können, wodurch mit Rücksicht auf .die durch die geringe Druckfestigkeit der eingefüllten
Salzkuchen beschränkte Höhe der Zylinder der Durchmesser annähernd gleich der Füllhöhe
bemessen werden muß, so daß die Gasführung und Temperaturregelung sehr schwierig
und damit der Reaktionsverlauf im Zylinder ein sehr ungleichmäßiger wird. Es bilden
sich Zonen im Reaktionsraum mit etwas dichterer Füllung; infolgedessen ist man beim
Entleeren eines Hargreaveszylinders nie sicher, ob eine vollständige Umsetzung des
Salzes stattgefunden hat oder nicht. Durch den ungleichmäßigen Gasdurchgang und
die unsichere Temperaturregelung sind beim Hargreavesprozeß die Reaktionszylinder
meistens mit Nestern oder ganzen Sektoren der Zylinder mit einem nur teilweise umgesetzten
zusammengeschmolzenen Gemisch von Sulfat und Salz durchsetzt. Dieses Schmolz ist,
weil gasundurchlässig,
nicht mehr «-eiter umzusetzen und muß von
dein benachbarten, gut umgesetzten Sulfat getrennt, mit Spitzhacke herausgehauen,
wieder vermahlen und mit frischem Salz zur Wiederverwendung wie vorher vorbereitet
werden. Diese Unsicherheit des Reaktionsverlaufes beim Hargreavesprozeß macht denselben
zu einem der schwierigsten Prozesse der chemischen Großindustrie und hat deshalb
auch nur wenig Eingang in der Industrie gefunden. Berücksichtigt man, außer den
sehr hohen Anlagekosten einer Harrreavesanlage, daß die Füllung und Entleerung der
Zylinder beim Hargreavesprozeß ausschließlich durch Handarbeit bewerkstelligt werden
muß, so ist ersichtlich, daß die Rentabilität dieses Verfahrens besonders bei stärkerer
und häufigerer Schmolzbildung sehr in Frage gestellt wird: Es liegt nun der Gedanke
nahe, die Schwierigkeiten und Unzweckmäßigkeiten des Hargreavesprozesses dadurch
zu vermeiden, daß man statt der umständlichen Ringschaltung mehrerer Zylinder den
Prozeß in einem dem l,' üllraum und Gasweg der vielen Zylinder nach Hargreaves entsprechend
hohen stehen-.len oder langen liegenden Zylinder bzw. >cliaclit oder Kanal durchführt.
`'ersuche laben nun gezeigt, daß eine glatte Durchführung des Reaktionsprozesses
zwischen Salz, schwefliger Säure, Luftsauerstoff und Wasserlanipf in einem einzelnen
hohn aufrecht stehenden Zylinder oder Schacht nach Art eines Hochofens bezüglich
Vermeidung von Schniolzbildung ebensolche, wenn nicht größere Schwierigkeiten bieten
wie (leg Hargreavesprozeß.
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Infolge dieses nicht oder nur schwer zu vermeidenden stellenweisen
Zusaminenschntelzens oder Sinterns von teilweise umgesetztem Salz wird das gleichmäßige
Nachrutschen cler oben eingefüllten Salzbrocken beim "Ziehen der unten in Sulfat
umgewandelten Salzkuchen verhindert, der ununterbrochene Betrieb gestört und damit
ein wesentlicher Vorteil, den dieser Hoch- oder ,Schachtofeiiprozeß gegenüber dem
Hargreavesprozeß hallen würde, d. i. @lie automatische Füllung und Entleerung des
Zvlinders bei ununterbrochenem Betriebe, illusorisch gemacht.
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Führt man dagegen das Salz in loser gasdurchlässiger Schichtung auf
einzelnen zusammengekoppelten Wagen oder Schlitten, deren Querschnitt möglichst
dein Querschnitt eines langen liegenden oder stehenden Zylinders angepaßt ist, in
gleicher Weise, aber in entgegengesetzter Richtung wie die Reaktionsgase, zwangläufig
durch diesen als Reaktionsraum dienenden Zylinder, so werden (lie vorerwähnten,
dem Hargreavesprozeß anhaftenden Nachteile vermieden und unter erlieblicher Verkürzung
(leg Reaktionsdauer, Ersparnis an Kohlen und Arbeitslöhnen ein vollkommen :kontinuierlicher
Betrieb erreicht, unbeeinlußt von Störungen durch falschen Reaktionsverlauf bzw.
Schmolzbildung.
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Wie erwähnt, kann die zwangläufige Durchschleusung der Salzmasse in
Behältern der verschiedensten Konstruktion sowohl in liegend en kanalförmigen wie
in stehenden turinartigen Zylindern erfolgen. Der letzteren Ausführung stehen Konstruktionsschwierigkeiten,
dementsprechend hohe Anlagekosten und erhöhter Kraftverbrauch für die Aufbringung
und Durchschleusung der Salzmasse, entgegen, obwohl diese Anordnung für die Gasführung
und Temperaturregulierung die einfachste und zweckmäßigste wäre. Mit erheblich einfacheren
Mitteln und geringeren Anlage- und Betriebskosten läßt sich jedoch die erstere Anordnung
eines liegenden, beliebig langen Zylinders bzw, Kanals ausführen, der, mit Ummauerung
zur Außenbeheizung und mit Schleusenzylindern bzw. Schleusenkaminern an den Kopfenden
versehen, als ein Kanalofen anzusprechen ist.
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Der Kanalofen ist zur Durchführung von chemischen Prozesses wie der
Kalkstickstofflierstellung durch Einwirkung von Stickstoff auf hocherhitztes Karbid
bereits bekannt, jefloch ist seine Verwendung zur Sulfatsalzsäureherstellung durch
Einwirkung eines Gasgeinisches von schwefliger Säure, Sauerstoff und Wasserdampf
auf festes Salz (Alkalichlori(l) ein \Tovuni mit hervorragendem technischen Effekt,
insbesondere wenn bei der Durchführung des Reaktionsprozesses beson-(lere Maßnahmen
zur zwangläufigen Gasführung und Temperaturregulierung im Ofen getroffen werden,
deren z*eckmäßigste Ausführung den Gegenstand einer zusätzlicher. Anmeldung bilden
wird.
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Schließlich sei noch ein den gleichen Reaktionsprozeß zur Darstellung
von Stilfatsalzsäure behandelnden `'erfahren nach dem deutschen Patent 726d.2, K1.
75, von C. T. 1@ 1 a ti s in London erwähnt, welches j edoch in seiner Apparatenausführung
und Durchführung des Reaktionsprozesses durchaus das Prinzip des Hargreavesverfahrens
beibehält und lediglich durch Beimischung von Tonerdehydrat die Sinterung und Schmolzbifdung
während des Reaktionsverlaufes zu vermeiden sucht und im übrigen ;furch diese Beiinischung
eine weitergehende Umsetzung bei höherer Temperatur in zweiter Phase zu Altiininat
oder Schwefelalkali je nach der Menge des zugemischten Tonerdehydrats bezweckt.
Infolge der Ausführung dieses Verfahrens nach dein Hargreavesprinzip der ringförmigen
Schaltung einer größeren Anzahl räumlich getrennter Reaktionsräume kann auch dieses
Verfahren ebensowenig wie der Hargreavesprozeß
als ein kontinuierliches
im eigentlichen Sinne angesehen werden, da wohl die Gaszuführung in den Reaktionsprozeß
ununterbrochen erfolgt, dagegen der Betrieb der zur Verfügung stehenden Reaktionsräume
ein durchaus diskontinuierlicher ist durch die periodische Ausschaltung einzelner
Reaktionsräume der Serie behufs Abkühlung, Entleerung, Wiederfüllung und Wiederanwärmung
mit dem beim Hargreavesprozeß erforderlichen gleichen Aufwand an Löhnen und Kohlen
für diese Prozedur.