DE3712095A1 - Bindemittelfreies granulat mit verzoegerter wirkstoffabgabe - Google Patents
Bindemittelfreies granulat mit verzoegerter wirkstoffabgabeInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein bindemittelfreies Granulat mit verzögerter Wirkstoff
abgabe.
Es ist bekannt, daß es für bestimmte Wirkstoffe von Vorteil ist, Arzneiformen
herzustellen, die den Wirkstoff über einen langanhaltenden Zeitraum kontinuier
lich abgeben. Für eine Anzahl pharmakologisch wirksamer Substanzen sind daher
galenische Darreichungsformen mit einer verzögerten Wirkstoffabgabe für die
orale, parenterale und topische Applikation entwickelt worden.
Eine solche Retardwirkung kann man beispielsweise durch Überziehen von
Pulvern und Granulaten mit Acrylharzlacken erreichen. Diese Überzüge und
üblicherweise auch die zu überziehenden Arzneiformen enthalten zusätzliche
Hilfs- und Füllstoffe, vor allem sind jedoch Acrylharzlacke körperfremde Sub
stanzen und biologisch nicht abbaubar.
Nach US-PS 37 73 919 können bestimmte, biologisch abbaubare Polymere, näm
lich Polyglykolsäure, Polymilchsäure und Copolymerisate von Milch- und Glykol
säure zur Herstellung von Retardformen verwendet werden. Die Herstellung
dieser Retardformen kann dabei A) durch Beschichten wie Sprühtrocknen,
Fließbettschichten oder Mikroeinkapseln, B) durch Einbetten ("embedding")
oder C) durch enges Vermischen, wie Lösen von Wirkstoff und Polymer in einem
Lösungsmittel und Verdampfen des Lösungsmittels erfolgen. In den Beispielen ist
allerdings nur die Herstellung von Retardformen durch "embedding" beschrieben,
daß heißt, das Polylactid wird geschmolzen, der Wirkstoff eingebracht und in der
Schmelze suspendiert, die Schmelze erstarren gelassen und in kleine Partikel
zerrieben. Bei dieser Methode besteht jedoch die Gefahr, daß der Wirkstoff
thermisch zersetzt wird. Weiters zeigt sich beim Nacharbeiten der dort im
allgemeinen Teil unter A) beschriebenen Methode des Wirbelschichtgranulierens,
daß sich die dort angegebenen Polyactide für Wirbelschichtgranulierung nicht
eignen, da die Polymerlösung beim Versprühen in unterschiedlichen Konzentra
tionen und unter Verwendung unterschiedlicher Lösungsmittel immer Fäden zog
und kein gleichmäßiger Überzug des Wirkstoffes erhalten werden konnte.
Aus EP-A-01 08 882 ist bekannt, Poly-D(-)-3-hydroxybuttersäure, im folgenden
Poly-HB genannt, als polymeres Trägermaterial zu verwenden, wobei die Poly-
HB direkt mit dem Wirkstoff vermischt und zu Tabletten verpreßt wird, in denen
der Wirkstoff gleichmäßig in einem Poly-HB-Gerüst verteilt ist. Zur Erzielung
einer Retardwirkung von mehreren Stunden sind jedoch mindestens 20 Gew.-%
Poly-HB notwendig. Dies ist insbesondere für Arzneimittel, die hochdosiert
werden müssen und deshalb große Wirkstoffmengen enthalten, von Nachteil.
Darüber hinaus gibt es Problemarzneistoffe, die ungünstige osmotische Eigen
schaften haben, so daß erst bei über 50 Gew.-% Poly-HB Anteil eine stabile Matrix
aufgebaut und eine gute Retardwirkung erzielt werden kann. Tabletten, die z. B.
200 mg Wirkstoff enthalten, müssen demnach bei dieser Methode mit mindestens
200 mg Poly-HB vermischt werden. Die dabei entstehenden Tabletten von über
400 mg Gewicht sind so groß, daß ihre Einnahme für den Patienten schon
unangenehm und sogar beschwerlich ist. Es stellte sich daher die Aufgabe,
Retardtabletten herzustellen, die nur geringe Mengen an biologisch abbaubarem,
polymeren Material bei gleichzeitig hoher Retardwirkung enthalten, wodurch
eine große Wirkstoffmenge in einer relativ kleinen Retardtablette enthalten ist.
Es wurde nun gefunden, daß es möglich ist, ausgehend von einem Wirkstoff oder
dessen Granulat mit Hilfe von Poly-HB ein bindemittelfreies Granulat herzu
stellen, das nur mit einer geringen Menge an Poly-HB überzogen ist, das
gleichzeitig gute Retardwirkung aufweist und ohne Zusatz von Hilfsstoffen zu
Tabletten verpreßbar ist.
Gegenstand der Erfindung ist demnach ein bindemittelfreies Granulat zur oralen
und parenteralen Applikation mit verzögerter Wirkstofffreisetzung bestehend aus
einem pharmazeutischen Wirkstoff oder dessen Granulat und Poly-D(-)-3-hy
droxybuttersäure, dadurch gekennzeichnet, daß das Wirkstoffgranulat mit einer
Menge von 1 bis 20 Gew.-% Poly-D(-)-3-hydroxybuttersäure bezogen auf das
Gesamtgewicht, überzogen ist.
Das erfindungsgemäße Granulat besteht nur aus dem Wirkstoff oder dessen
Granulat, welche mit einem bestimmten Anteil an Poly-HB überzogen sind. Es
besitzt gute Fließeigenschaften und kann überraschenderweise ohne zusätzliche
Hilfs- oder Füllstoffe problemlos zu Tabletten verpreßt werden.
Man kann prinzipiell jeden Wirkstoff oder dessen Granulat einsetzen und erhält
so umfassende Anwendungsmöglichkeiten. Ein Beispiel hierfür ist der Wirkstoff 7-
Hydroxyethyltheophyllin. Eine besondere Bedeutung kommt der Erfindung bei
Tabletten mit großen Wirkstoffmengen zu, da sich die Tablettengröße durch den
reduzierten Poly-HB-Gehalt erheblich verringern läßt. Beispiele für solche
Wirkstoffe sind Celiprololhydrochlorid, Hexobendindihydrochlorid, Ibuprofen,
Diclofenac-Na, etc.
Die erzielte Retardwirkung ist einerseits von den physikalischen Eigenschaften
des verwendeten Wirkstoffes abhängig, andererseits von der Dicke des Überzuges
mit Poly-HB sowie vom Molekulargewicht der verwendeten Poly-HB. Je dicker
der Überzug und/oder je höher das Molekulargewicht der verwendeten Poly-HB
sind, desto langsamer wird der Wirkstoff freigesetzt, so daß für jeden Wirkstoff 2
Parameter zur Erreichung einer gewünschten Retardzeit zur Verfügung stehen.
Der Überzug an Poly-HB beträgt 1 bis 20 Gew.-% bezogen auf das Gesamtgewicht
des Granulates, bevorzugt 1 bis 15 Gew.-%. Besonders bevorzugt ist der Bereich
von 3 bis 10 Gew.-%.
Es ist ein wesentliches Kennzeichen der Erfindung, daß viel Wirkstoff mit wenig
Poly-HB umhüllt werden kann, wobei trotzdem gute Retardeigenschaften er
reicht werden.
Das Abbauprodukt der Poly-HB, die D(-)-3-Hydroxybuttersäure ist eine körper
eigene Substanz und kann daher keine Nachteile im Metabolismus haben.
Die verwendete Poly-HB stellt man beispielsweise nach EP-A-01 49 774 biotech
nologisch durch aerobe Kultivierung eines Mikroorganismus der Gattung Alcali
genes her. Zur Herstellung des erfindungsgemäßen Granulates wird üblicherweise
eine Poly-HB eines Molekulargewichtes von etwa 50.000 bis etwa 800.000
verwendet, wobei der Bereich von 100.000 bis 400.000 besonders bevorzugt ist.
Gegenstand der Erfindung ist auch ein Verfahren zur Herstellung eines bindemit
telfreien Granulates, das dadurch gekennzeichnet ist, daß ein pharmazeutischer
Wirkstoff oder dessen Granulat in einem Granulierungsverfahren mit einer
Lösung von Poly-D(-)-3-hydroxybuttersäure besprüht und das Lösungsmittel ver
dampft wird.
In diesem Verfahren wird Poly-HB in einem für sie geeigneten Lösungsmittel wie
beispielsweise Methylenchlorid oder Chloroform gelöst. Die Menge des Lösungs
mittels ist abhängig von der Art des Lösungsmittels, vom Molekulargewicht der
verwendeten Poly-HB und von der Sprühtemperatur. Die Sprühtemperatur be
trägt etwa zwischen 35 und 50°C. Der Wirkstoff wird als Pulver oder als
Granulat eingesetzt und anschließend durch ein beliebiges aufbauendes Granula
tionsverfahren mit einer Lösung von Poly-HB besprüht, worauf nach Verdampfen
des Lösungsmittels das erfindungsgemäße Granulat erhalten wird.
Besonders vorteilhaft ist der Einsatz der Wirbelschichtgranulierung, denn bei
diesem Verfahren werden alle Verfahrensschritte in demselben Behälter ausge
führt. Der Wirkstoff oder dessen Granulat wird vorgelegt und mit einer Poly-HB-
Lösung besprüht. Durch Zufuhr von Luft oder Inertgas wird eine Wirbelschicht
aufgebaut und erhalten, wobei der Wirkstoff oder dessen Granulat unter Abdamp
fen des Lösungsmittels mit einer dünnen Schicht von Poly-HB überzogen wird.
Es entsteht ein poröses Granulat von sphärischer Form, das ohne Zusatz von
Bindemitteln oder sonstigen Hilfsstoffen zu Komprimaten beliebiger Form ver
preßt werden kann.
100 g Celiprololhydrochlorid-Granulat wurde im Wirbelschichtgranulierungsbe
hälter vorgelegt und mit 300 ml einer Lösung von 6 g Poly-D(-)-3-hydroxybutter
säure in Chloroform (2%ige Lösung) vom Molekulargewicht 142.935 mit einem
Sprühdruck von 1 bar und bei einer Temperatur von 40°C besprüht. Durch
Einblasen von Luft wurde dabei eine Wirbelschicht aufgebaut und das Lösungsmit
tel abgedampft, wobei das Granulat mit einem dünnen Überzug von Poly-HB
versehen wurde.
Der Gehalt des Wirbelschichtgranulates (WSG) an Poly-HB betrug 5 bis 6%
bezogen auf das Gesamtgewicht. Aus dem entstandenen Granulat wurden mit
einem Druck von 2,5 t, das entspricht 245,3 N/mm², Tabletten hergestellt.
Schüttvolumen des WSG:3,8 ml/g
Rüttelvolumen des WSG:3,09 ml/g
Tablettengröße:d = 9,2 mm h = 4,2 mm
Durchschnittsgewicht der Tabletten:218,8 mg ± 5,3 mg (±2,4%)
Bruchfestigkeit:19,61 kp
In analoger Weise wurden auch Granulat und Tabletten für die Beispiele 2 bis 9
hergestellt.
Zur Messung der Retardeigenschaften der Celiprololhydrochlorid-Tabletten (Bei
spiele 1 bis 5) wurden die Tabletten in 100 ml 0,9%iger Natriumchloridlösung bei 37°C in verschlossenen Braunglasflaschen geschüttelt und in Abständen von 30
bzw. 60 Minuten auf die freigesetzte Wirkstoffmenge untersucht. Auch die Half
change Methode, bei der der pH-Wert kontinuierlich innerhalb von 8 Stunden von
pH 1,3 auf pH 7,3 erhöht wird, wobei in Abständen wie oben die Wirkstofffreiset
zung gemessen wird, wurde zur Überprüfung angewandt und brachte gleiche
Ergebnisse. Die quantitative analytische Erfassung von Celiprolol erfolgte spek
tralphotometrisch in geeigneter Verdünnung bei 324 nm. Die Retardeigenschaf
ten der Tabletten mit den anderen Wirkstoffen (Beispiele 6 bis 9) wurden nach
der Half-change Methode bestimmt. Die quantitative, analytische Erfassung
erfolgte spektralphotometrisch (7-Hydroxyethyltheophyllin: 273 nm, Hexobendin
dihydrochlorid: 266 nm, Ibuprofen: 264 nm, Diclofenac-Na: 275 nm).
Claims (10)
1. Bindemittelfreies Granulat zur oralen und parenteralen Applikation mit
verzögerter Wirkstofffreisetzung bestehend aus einem pharmazeutischen
Wirkstoff oder dessen Granulat und Poly-D(-)-3-hydroxybuttersäure, dadurch
gekennzeichnet, daß der Wirkstoff oder dessen Granulat mit einer Menge
von 1 bis 20 Gew.-% Poly-D(-)-3-hydroxybuttersäure bezogen auf das Ge
samtgewicht, überzogen ist.
2. Bindemittelfreies Granulat nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
der Wirkstoff oder dessen Granulat mit einer Menge von 1 bis 15% Poly-
D(-)-3-hydroxybuttersäure bezogen auf das Gesamtgewicht, überzogen ist.
3. Bindemittelfreies Granulat nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß
der Wirkstoff oder dessen Granulat mit einer Menge von 3 bis 10% Poly-
D(-)-3-hydroxybuttersäure bezogen auf das Gesamtgewicht, überzogen ist.
4. Bindemittelfreies Granulat nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch
gekennzeichnet, daß das Molgewicht der eingesetzten Poly-D(-)-3-hydroxy
buttersäure zwischen 50.000 und 800.000 liegt.
5. Bindemittelfreies Granulat nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch
gekennzeichnet, daß das Molgewicht der verwendeten Poly-D(-)-3-hydroxy
buttersäure zwischen 100.000 und 400.000 liegt.
6. Bindemittelfreies Granulat nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, daß der Wirkstoff Celiprololhydrochlorid ist.
7. Bindemittelfreies Granulat nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß es durch eine Wirbelschichtgranulierung hergestellt
wurde.
8. Verfahren zur Herstellung eines bindemittelfreien Granulates zur oralen
oder parenteralen Applikation mit verzögerter Wirkstofffreisetzung beste
hend aus Poly-D(-)-3-hydroxybuttersäure und einem pharmazeutischen Wirk
stoff, dadurch gekennzeichnet, daß der pharmazeutische Wirkstoff oder
dessen Granulat in einem aufbauenden Granulationsverfahren mit einer
Lösung von Poly-D(-)-3-hydroxybuttersäure besprüht und das Lösungsmittel
verdampft wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß das aufbauende
Granulationsverfahren ein Wirbelschichtgranulierungsverfahren ist.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß
das bindemittelfreie Granulat zu einer Arzneiform verpreßt wird.
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US-Z: Chemcial Abstracts, 1986, Vol.105, Ref. 85056g * |
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