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Verfahren zurSerstellung von Zahnprothesen mit naturgetreuer Artikulation.
Die Zahnprotliese erfüllt ihren Zweck nur dann in vollkommener Weise, wenn die künstlichen
Zähne bei den individuell verschiedenen Kaubewegungen mit möglichst großen Flächen
aufeinanderwirken und wenn bei der ebenfalls bei jedem Individuum verschiedenkurvigen
Abbiß- und Vorbißbewegung zur Vermeidung des Abkippens der Prothese an mindestens
3 Punkten Kontakt besteht. Von den meisten Prothetikern werden die künstlichen
Zähne in einem Scharnierartikulator aufgestellt, mit dem nur ein Auf- und Zuklappen
möglich ist. Das Resultat einer Scharnieraxtikulatorarbeit ist ein sehr unvollkommenes,
' da ausgiebiger Kontakt nur für den Schlußbiß, d.i. diejenige Stellung,
die die Kiefer gegeneinander bei geschlossener Zahnreihe und ganz zurückgezogenem
Kiefer annehmen, erreicht wird. Bei den Kau- und sonstigen Bewegungen kippt die
Prothese, und es werden die Speisen nur zerquetscht, aber nicht zerkleinert. Von
Bonwill ist der Artikulator zuerst dahin modifiziert worden, d#ß er auch die Seitbißbewegungen,
die wichtigsten Kaubewegungen, wiedergibt, und zwar so, daß die Verschiebungsbalm
horizontal verläuft. Das von mehreren Forschern unternommene Studium der Unterkieferbewegungen
ergab, daß diese, wie schon oben betont, individuell verschieden sind und nicht,
wie am Bonwill-Artikulator die Seitbißbewegung, eine rein horizontale, sondern eine
geneigte Bahn haben. Es wurden nun Artikulatoren gebaut, an denen die mit Meßappaxaten
bei den Patienten gefundenen individuellen Kurven einzustellen und die künstlichen
Zähne unter Wiedergabe der Kieferbewegungen' des Patienten aufzustellen und einzuaxtik-ulleren
sind. Derartige Artikulatoren sind die von Parfitt, Constant, Kerr, Grittmann, Christensen,
Gysi, Eltner, Schröder-Rumpel. Sie haben in der Praxis nur wenig Verbreitung gefunden.
Der Gründe hierfür sind mehrere: Erstens ergibt die Registrierung der Bewegungskurven
mit den meist umständlichen Meßappaxaten häufig felilerhafte Resultate.
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Zweitens sind viele Artikulatoren nicht stabil genug gebaut und lassen
ungewollte, unkontrollierba.re Nebenbewegungen zu.
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Drittens muß unbedingt die Orientierung der Gipsmodelle von Ober-
und Unterkiefer zu den Gelenken des Artikulators richtig sein.
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Viertens wird die im Artikulator hergestellte Artikulation meist noch
dadurch verändert, daß sich während des V.ulkanisierens des Kautschnks die künstlichen
Zähne mehr oder weniger verlagern, so daß das Stück im Munde nicht so funktioniert
wie im Artikulator.
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Fünftens ist die Methode umständlich und zeitraubend und da sie auf
Manipulationen beruht, die viele Fehlerquellen enthalten, so sind die Resultate
gewöhnlich dicht recht befriedigend. Es ist darum nicht verwunderlich, daß die genannten
Artikulatoren, die zweifellos gegenüber dem einfachen Scharnierartikulator einen
Fortschritt bedeuten, nur von. sehr wenigen Prothetikern benutzt werden.
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Alle diese Mängel und Schwierigkeiten beseitigt meine Methode. Ich
verwende künstliche Backenzähne (Prämolaren und Molaren), die aus einem Porzellankörper
und einer Kauflächenauflage aus Schellack o. dgl. bestehen. Der Porzellankörper
hat das Aussehen eines Lochbackenzahnes (Diatorix) niit muldenförmiger,
glatter
und mit Unterschnitten versehener HorizontaJfläche. Die Kauflächenauflage aus Schellack
o. dgl. hut den Zweck, die der Mechanik,der Unterkie#erbewegungen entsprechende
Kaufläche selbsttätig durch den Kauakt formen zu lassen.
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Veimittels dieser Zähne - Duplexzähne -
wird die Prothese
folgendermaßen hergestellt: Nachdem vom Ober- und Unterkiefer Ab-
druck genommen
und die Gipsmodelle -und Wachsschablonen gemacht sind, wird in der bekannten Weise
der Schlußbiß festgestellt. Dann werden die Kauflächen auf die Porzellankörper mit
Wachs aufgeklebt und die Duplexzähne im Artikulator - es genügt dazu der
einfache Scharnierartikulator - so aufgestellt, wie man die Diatorix im einfachen
Artikulator aufzustellen pflegt, nämlich so, daß in der Schlußbißstellung möglichst
ganzflächiger Kontakt besteht. Nach dem Einprobieren im Munde werden die Kauflächenauflagen
von den Porzellankörpern abgenommen, und es wird die Platte in dei üblichen Weise
aus festem Material hergestellt. Darauf werden auf die Backenzahnporzellankörper
die Kauflächenauflagen aufzementiert, und das mit diesen versehene Stück wird dem
Patienten auf 2 Tage zur Benutzung überlassen. Die Auflage adaptiert sich während
der Kautätigkeit durch Abnutzung der Kaufläche der Gegenzähne (Antagonisten) und
den individuellen Kieferbewegungsbahnen, so daß bei jeder Kieferbewegung der Kontakt
der beiden Zahnreihen ein möglichst ausgiebiger und infolgedessen fester Sitz der
Prothese und die Möglichkeit sehr intensiver Nahrungszerkleinerung erreicht wird.
Nachdem die Auflage des Duplexzahnes während ihrer Funktion im Munde, die den individuellen
Kieferbewegungsbahnen entsprechende Form angenommen hat, wird für die Backenzähne
eine Gipskappe gemacht, die Auflage nebst dem Zeinent von den Porzellankörpern entfernt
und der beim Aufsetzen der Gipskappe zwischen dieser und den Porzellankörpern bestehende
Hohlraum mit einem festen Material ausgefüllt, in dem entweder ein für zahnprothetische
Zwecke ver-N#endetes leichtflüssiges Metall, wie Gußamalgam oder Silberine direkt
auf die Porzellankörper aufgegossen wird - dieses ist dann durch die Unterschnitte
der Porzellankörper fixiert -
oder es werden die Kauflächen in Gold oder einem
unechten Metall nach dem Guß- oder Stanzverfabren hergestellt und auf die Porzellankörper
aufzementiert. Man kann auch die Kauflächenauflage vermittels der Gipskappe durch
Porzellan, weißen Kautschuk oder Silikatzement ersetzen. Bei der Anfertigung von
totalem Ersatz bedarf man der Backenzähne mit Kauflächenauflage nur für das eine
Stück, das zweite -
das Gegenstück - kann mit Porzellanvollzähnen versehen
werden. Auch von 2 partiellen oberen und unteren Platten kann in der Regel die eine
mit Porzellanvollzähnen (Diatorix), die andere mit den zweiteiligen Backenzähnen
gemacht werden. Letztere sind sowohl für das Unterstück als auch für das Oberstück
zu verwenden, wenn ganz besonders die großen Zahnlücken sich auf entgegengesetzten
Seiten an den beiden Kiefern befinden, also z. B. im Oberkiefer rechts, im Unterkiefer
links.
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Meine Methode erleichtert ganz bedeutend die schwierigste und am meisten
Verständnis und Wissen erfordernde Arbeit des Prothetikers, die Herstellung individuell
naturgetreuer Artikulation, und läßt dieses von jedem exakt Arbeitenden erstrebte
Ziel im Gegensatz zu den bisher geübten Methoden in vollkommenem Maße erreichen.
Dabei nimmt die Anfertigung der Prothesen nach meiner Methode viel weniger Zeit
in Anspruch als die Herstellung bei Verwendung der Gelenkartikulation mit individueller
Einstellung, etwa so viel Zeit wie die einfache Scharnierartikulatorarbeit. Während
bei meiner Methode der Ersatz der Kauflächenauflagen durch dauerhaftes Material
hinzukommt, fällt die Arbeit des Einschleifens der fertigen Prothesen fort, und
die Herstellung des Flächenkontaktes mit den Auflagen in der Schlußbißlage geht
bei der leichten Bearbeitung dieser rascher vonstatten als die Einartikullerung
von Porzellangegenzähnen (Antagonisten).