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Artikulator. Beim natürlichen Gebiß bewegt sich während des Kauaktes
der Unterkiefer gegen die Zahnreihen des feststehenden Oberkiefers durch vertikale,
horizontale und sagitale Verschiebung. In den Kiefergelenken sind dabei beiderseitig
verschiedenartige Ünter Achsendrehung fortschreitende Kondylenbewegungen vorhanden.
Alle diese Bewegungen sind individuell verschieden und abhängig vom anatomischen
Bau der Gelenke, Muskeln und Kiefer sowie deren Veränderung. Es besteht dabei ein
gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis der Gelenke einerseits und der Aufbeißfläche
»Kauflächen in Kauebene« andererseits.
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Bei der Herstellung künstlicher Gebisse muß. zur Erlangung einer richtigen
individuellen Kau- und Bißweise die sogenannte Artikulation sowohl der einzelnen
Zähne als auch der Zahnreihen berücksichtigt werden, d. h. die Zähne müssen bei
Seitwärtsbewegung des Unterkiefers und Gleitbewegung - also Kaubewegungen - ohne
Anstoß an falsche Zahn, höker zur Okklusion:, d. h. zum Schlußbiß kommen unter Berücksichtigung
der richtigen Bißhöhe und Kauebene. Als Hilfsmittel zur Erlangung einer richtigen
Artikulation außerhalb des Mundes des Patienten dient der Artikulator. Bei den bisherigen
Artikulatoren wird die Kaubewegung nach einer Aufnahme der Kondylusbahnen in Verbindung
mit einer Aufnahme der Vorderzahnführung bestimmt. Diese Aufnahme geschieht dabei
meist so, daß unter Wahrung der richtigen Bißhöhe die Kond'ylusbahnen mittels eines
Registrierapparates bei Bewegung des Kiefers mechanisch nach Linien und Punkten
aufgezeichnet werden,
desgleichen die Vorderzahnbewegung. Entsprechend
der Aufnahme dieser Kaukurven werden Artikulatorgelenke eingestellt, die nun die
Art und Weise der Bewegung in der nötigen räumlichem Form in Verbindung mit einem
im Vorderteil des Artikulatoroberteiles angebrachten, auf einer schrägen, nicht
einstellbaren Fläche des Unterteiles gleitenden Stift reproduzieren sollen. Diese
Einstellung der Gelenke ist sehr umständlich, grob und deshalb ungenau, so daß man
auf diese Weise niemals Kaubewegungen in der richtigen räumlichen Form erreichen
kann. Es ist infolgedesen unmöglich, mit diesen Artikulatoren wirklich individuell
arbeitende Artikulationsbewegungen auszuführen.
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Um eine den individuellen Kaubewegungen angepaßte Bewegung .der beiden
Artikulatorteile zueinander zu erreichen, ist vorgeschlagen worden, das die beiden
Teile verbindende Gelenk nur für Scharnierbewegungen zu benutzen, für die eigentlichen
Artikulationsbewegungen aber das Gelenk zu lösen und den Oberteil mittels Stiften
in Kurven zu führen, die sich in einer plastischen, von Tellern des Unterteils getragenen
Masse befinden. Diese Kurven werden in die plastische Masse direkt nach im Munde
des Patienten mittels der provisorischen - Kieferplatten aufgenommenen Kau- und
Beißkurven übertragen. Bei dem nach diesem Prinzip arbeitenden Artikulator ist der
eine dieser Teller am vorderen Ende des Unterteiles angebracht, an der Stelle, wo
bei den anderen Artikulatoren die schräge unverstell.bare Fläche sitzt, der andere
unmittelbar an. dem Gelenk. Der letztere ist größer als der erste, so daß vier dicht
nebeneinanderstehende Stifte auf ihm bzw. in der von ihm getragenen Masse Führung
erhalten. Dieser Artikulator kann selbst bei der genauesten Aufnahme der Kau- und
Beißbewegungen im Munde des Patienten keine genauen Ergebnisse liefern. Die Kurven,
die nach den Aufnahmen der Kau-und Beißbewegungen im Munde des Patienten in die
plastische Masse des Artikulators übertragen werden, sind an sich sehr klein; insbesondere
gilt das für die auf den hinteren Teller übertragenen Kurven, denn in der Gegend
des menschlichen Schlundes, der diese Stelle des Artikulators entspricht, sind die
Kieferbewegungen sehr gering. Es ist deshalb unmöglich, alle Feinheiten der Bewegung
in den vier dicht nebeneinanderliegenden Kurven zum Ausdruck und mittels derselben
zur Wiedergabe zu bringen. Die Wirkung ist infolgedessen nicht anders, als ob an
dieser Stelle nur eine Kurve vorhanden wäre. Außerdem gewährt diese Anordnung der
Führungsstifte, die von einer Linie praktisch kaum abweicht, dem Artikul.atoroberteil
keinen festen Stand, so daß er bei Ausführung der Artikulationsbewegungen leicht
kippt und damit ein, genantes Führen der Stifte in allen Kurven vereitelt.
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Diesen Mängeln soll durch den den Gegenstand der Erfindung bildenden
Artikulator abgeholfen werden, dessen kennzeichnende Merkmale im wesentlichen darin
bestehen, daß das nach jeder Richtung leicht bewegliche Obergestell mit drei, auf
je einem am Untergestell befestigten Tellerchen aufsitzenden annähernd gleich weit
versetzt zueinander angeordneten Arbeitsstiften versehen ist.
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In der Zeichnung ist der Artikular in Ansicht dargestellt.
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Das aus drei Bogenstücken bestehende Un@ tergestell a des Artikulators
ruht auf drei Füßen b, die Tellerchen c tragen und ist an seinem hinteren nach oben
ragenden Teile mit zwei sektorartig gestalteten Scheiben d versehen. An dem hinteren
Bogenstück sind zwei horizontal liegende Hülsen e vorgesehen, in denen ein Bügel
f steckt. Die beiden vorderen Füße sind direkt unterhalb der Tellerchen durch ein
lösbares Bogenstück g miteinander verbunden, auf dem in einem Falz h die Okklusionsschiene
i ruht. Auf die sektorartigen Scheiben d ist je eine Kulisse h gesteckt,
die an beiden Enden mit Stellschrauben 1, m und an den einander zugekehrten
Seiten mit je einem Schlitz n versehen ist. In den Schlitzen n ist eine aus einem
Rohr mit in dasselbe gesteckten unter dem Einfluß einer Feder stehenden Zapfen bestehende
Achse o gelagert, die in ihrer Mitte eine Büchse trägt, in der eine Schraube q geführt
ist, die mit ihrer Spitze auf dem von dem hinteren Fuß getragenen Tellerchen aufruht.
Auf die Achse o sind zwei gebogene Arme r aufgesteckt, die an ihren freien als Büchse
ausgebildeten Ende gleichfalls eine Schraube q tragen, die auf j e einem der beiden
anderen Tellerchen c stehen. Auf den einander zugekehrten Seiten der Arme r ist
je eine Hülse s befestigt, in welche ein Bügel t eingesteckt ist. Die Teile der
in sich federden Achse o können durch Schrauben u festgestellt und die Achse o selbst
durch Drehen der Schrauben 1 in den Schlitzen n verstellt werden. Die Schrauben
m dienen zur Feststellung .der Kulissen k auf den Scheiben d. Sind die Schrauben
m und u gelöst, so kann der Artikulatoroberteil infolge seiner federnden
und nachgiebigen Lagerung zum Unterteil Beweglungen in jeder Richtung ausführen,
sind die S.ahraubem u angezogen, so sind nur Bewegungen wie bei einem Scharnier
möglich.
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Die Gebrauchsweise ist folgendermaßen: Zunächst werden nach Abdruck
des Kiefers Modelle aus Gips hergestellt, in die die Bügel f und t eingebettet werden.
Das Eingipsen der" Kiefermodelle geschieht ohne besondere Maße mittels der Okklusionsschiene
i und des Halbbog
ns g genau nach Kiefermundlage des Patienten.
Die Kauebene ist durch den Halbbogen g festgelegt. Nach Anfertigung des @.Zodiells
werden feste Grundplatten aus Kautschuk mit Längsleisten im Oberkiefer und Querleisten
im. Unterkiefer in der Gegend des ersten Backzahnes hergestellt. Mit diesen Schablonen
wird der Höhenbiß im Munde des Patienten genommen nach vorheriger Anbringung von
Wachswall. Der Höhenbiß wird reguliert durch entprechendes Abschneiden von Wachs
und Leiste. In dem erhaltenen Höhenbiß wird die Kauebene durch Einstellen der Okklusionsschiene
inz Munde bestimmt. Modell nebst Schablone wird nun im Artikulator eingestellt und
die Zähne nach dem gewonnenen Höhenbiß nach anatomischen und mechanischen Regeln
in Okklusion auf der Grundplatte aufgestellt. Zur Artikulationsbestimmung wird dann
:der Eckzahn und zweite Prämular im Oberteil entfernt, die Lücken gehäuft mit Wachs
ausgefüllt und nun die Artikulationskaubewegung mit der Schablone im Munde des Patienten
genommen. Durch die Kauflächen des Unterkiefers sowie die Leiste werden dabei in
die Wachsfüllungen die Kau- und Gleitbewegungskurven in horizontaIer, vertikaler
und sagitaler Richtung - also vollkommen räumlich - aufgenommen. Diese Kaueindrücke
werden. nun. auf eine weiche, später erhärtende Masse, z. B. Siegellack, Zement,
Kupferamalgan, welche auf .die Tellerehen c in weichem Zustand gehäuft wird, übertragen.
Zu diesem Zwecke werden die Schablonen auf die Modelle im Artikulator gesetzt, in
diesem Schlußbiß genommen und nach Lockern der Schraube m und u die Modelle nach
Art der Kaubewegungen bewegt. Dabei beschreiben die Führungsstifte q nach Maßgabe
der gewonnenen Kaukurven in der weichen Masse räumliche Kurven, die nach Erhärten
der Masse bestehen bleiben. Die Artikulationsregulierung der Zahnreihen erfolgt
nun nach diesen auf der erhärteten Masse befindlichen Kurven, indem auf ihnen die
Stifte q geführt werden. Diese Bewegungen lassen sich in jeder Richtung leicht ausführen,
da der Mechanismus sich ihnen schmiegsam anpaßt. Kaukurven und Führungsstifte stellen
für die Artikulationsbewegtungen die eigentlichen Gelenke dar. Die Artikulatorgelenke
haben keinen Einfluß auf die Art der Kaubewegungen, sie haben lediglich den Zweck,
das Ober- und Unterteil zusammenzuhalten, evtl. die Achse zu verstellen.
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Mit Hilfe des beschriebenen Artikulators ist ein wirklich individuelles
Arbeiten ermöglicht, da die Kaukurven direkt und vollkommen zuverlässig vermittelt
werden. Die Führung der Stifte auf drei Kurven, die im Artikulator annähernd gleich
weit versetzt zueinander so angeordnet sind, daß sich zwei derselben im Vorderteil
befinden, wo die Artikulationsbewegungen am .größten sind und deren entsprechenden
Punkte immer die entsprechende Lage der Kauebene angeben:, muß die richtigen, dem
betreffenden Patienten entsprechenden Artikulationsbewegungen in Richtung, Neigung
und Lage genau ergeben.