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Verfahren und Ofen zur Gewinnung von Gasen aus festen Brennstoffen.
Aus Brennstoff mit hohem Wassergehalt, wie Torf, Holzabfälle, Braunkohle, Lignite,
Waschberge, Klaubeberge, Kehricht o. dgl. konnten bisher, soweit dies überhaupt
geschehen ist, Gase nur von niederem kalorischen Wert gewonnen werden. Solche Gase
aber, die weniger als 2ooo Kalorien perKubikineter liefern, eignen sich für Heiz-,
Koch-und Beleuchtungszwecke für größere Verbrauchsanlagen schon darum nicht, da
sie zu große Querschnitte für die Leitungen erfordern. Für den Kraftbetrieb sind
sie ebenfalls wenig geeignet. Auch das in gewöhnlichen Wassergaserzeugern gewonnene
Gas aus gutem Brennstoff ist infolge des Heißblasens sauerstoff-, stickstoff- und
kohlensäurehaltig und daher nie so hochkalorisch wie ohne diese Verunreinigungen.
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Zweck der vorliegenden Erfindung ist es nun, ein Verfahren zu schaffen,
um aus jeder Art fester Brennstoffe,. also vor allem auch minderwertigen, die an
verschiedenen Stellen in großen Mengen vorkommen und oft nicht einmal die Aufwendung
größerer Transportkosten verlohnen, vollwertige Gase, d. h. solche von mehr als
2500 Kalorien, zu gewinnen. Erreicht wird .dieser Zweck gemäß der Erfindung
dadurch, daß einerseits die Kohlensäure oder der Wasserdampf, die in bekannter Weise
auf den auf einer Temperatur von mindestens 7oo° gehaltenen verkokten Brennstoff
geleitet werden, in von Stickstoff befreitem Zustande zur Auswertung kommen, anderseits
die Erhitzung auf elektrischem Wege erfolgt, so daß ein kontinuierlicher Betrieb
bei beliebig hoher Temperatur möglich ist. Hierdurch wird noch eine höchst ökonomische
Wechselwirkung in der Ausnützung elektrischer Kraftanlagen und genannter Vorkommen
minderwertigerBrennstoffe erzielt, da der Überschuß an Elektrizität (Nachtelektrizität)
jeweils zur Vollvergasung des Brennstoffes und das gewonnene Voll-(Kraft-)gas, .das
zweckmäßig in Gasometern aufgespeichert und weitergeleitet werden kann, zum Kraftbetrieb
bzw. zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Kraftzentrale benutzt werden kann.
Im Zusammenhang damit ist die Verwendung-von Gasen aus elektrischen Reduktionsöfen,
die sowieso an elektrischen Leitungsnetzen liegen, besonders vorteilhaft, .die neben
Kohlensäure, Wasserdampf und Teerstoffen auch Metall- und Metalloxyddämpfe enthalten,
die als Kontaktsubstanzen die Bildung von niedrigsiedenden oder gasförmigen Kohlenwasserstoff
begünstigen. Gerade ,der Gehalt an. diesen Kohlenwasserstoffen steigert den kalorischen
Wert des erzielbaren Gases ganz bedeutend.
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Ebenso eignen sich die stickstofffrei gewonnenen Gase von Kalzinier-Zementbrenn-und
Agglomerieröfen. -In Abb. i, 2 und 3 der Zeichnung sind zwei Ausführungsformen des
Ofens zur Ausführung des Verfahrens nach der Erfindung in lotrechtem Längsschnitt
bzw. im Schnitt nach der Linie A-A der Abb. 2 zur Darstellung gebracht, und zwar
zeigt Abb. i einen Gasofen mit einfachem Vergasungsschacht a, in dessen Wänden_b
-an Transformatoren c anschließend Elektroden d eingebaut sind, zwischen welchen
der Brennstoff als Heizwiderstand eingeschaltet ist. Die Wasserdampf- oder Kohlensäureeinführung
erfolgt unterhalb des Rostes e .durch Düsen f, die Gasabnahme an der Decke durch
Leitungsrohr g.
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Bei der Ausführungsform nach Abb. 2 und 3 schließt sich dem Hauptvergasungsschacht
a ein Hilfsschacht h an, welcher nach aufwärts reicht, um die schrägliegende,
in den Hauptschacht a mündende Verkokungskammer oder Retorte i herumgeführt ist
und in die Reinigungskammer k mündet, in welcher oberhalb eines Staubfilters r das
Gasableitungsrohr g vorgesehen ist. Durch Leitung l können gesonderte Aufschließungsgase
sowie gegebenenfalls Azetylen o. dgl. der Verkokungskammer i zugeführt werden. Doch
können diese sowie -Gase aus elektrischen Reduktionsöfen o. dgl. auch .durch eine
in den oberen Teil des Vergasungsschachtes mündende Leitung na eingebracht
werden.
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p ist ein Stutzen für Zuleitung von Reaktionsgasen in den Hilfsschacht
h.
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Die Beheizung erfolgt durch elektrische
Heizminen
ia, welche in den Haupt- und Hilfsschachtwandungen eingebaut sind.
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An der Decke des Hauptschachtes kann ein Fülltrichter o für Zuschlagchargen
vorgesehen sein.
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Als Zersetzungsgase für die Vollvergasung kommen auch die bei .der
trockenen Destillation von Brennstoffen gebildeten Gase in Frage, welche, wenn die
trockene Destillation in derselben Apparatur einschließend erfolgt, mit dem verkokten
Brennstoff in den Vergasungsschacht gelangen, über den glühenden Koks streichen
und die Bildung von Vollgas bewirken, das in Fortsetzung des Kreislaufes unter Einhaltung
oder Erhöhung der Erhitzung bis zu dem Verkokungsraum geführt wird, an welchen es
eine Wärme abgibt, die für - die trockene Destillation ausgewertet wird.
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Das auf diese Weise gewonnene Gas besitzt einen kalorischen Wert von
ungefähr 3000 bis 400o Kalorien pro Kubikmeter und ist als Kraftgas sowie
zu Leucht-, Heiz- und Kochzwecken vorzüglich zu gebrauchen, ebenso eignet es sich
mit Sauerstoff für autogene Schweißung. Die Wirkung der Kohlensäure bei Hochtemperatur
auf die teerigen Bestandteile der trockenen Destillation besteht in einer Abspaltung
von Kohlenstoff unter Bildung von niederen, also flüssigen, gasförmigen Kohlenwasserstoffen
und wird ,durch die in den Gasen infolge der Asche enthaltenen Metalldämpfe und
Metalloxyde noch verstärkt, wodurch der Wert der Gase gehoben wird. Um nun für große
Konsumgebiete auch den Vorteil kleiner Gasleitungsquerschnitte zu erreichen, wird
nach' vorliegender. Erfindung .den Zersetzungsgasen Azetylen beigemischt, das .durch
die hochentwickelte Karbidindustrie in genügenden Mengen zur Verfügung gestellt
werden kann. Das Azetylen beteiligt sich beim Durchstreichen durch den Vergasungsraum
an den Reaktionen und bildet teilweise Benzol, teilweise geht es .in Aethylen, Aetan
sowie Kondensationsprodukte mit Kohlenoxyd wie Azetaldehyd über. Dadurch wird auch
infolge von Kontraktionen der kalorische Wert der Gase noch wesentlich gesteigert,
gleichzeitig aber die Gefährlichkeit des Gases infolge hohen Azetylengehaltes durch
Herabsetzung des Azetylengehaltes vermindert.
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Werden die Verkokungsgase des festen Brennstoffes selbst zur Vollvergasung
.derselben verwendet, so wird das Azetylen vorteilhaft bereits in die Verkokungszone
eingeleitet, daß es schon dort an den Reaktionen teilnehmen undwertvolleProdukte
bilden kann. Ein Zusatz von etwa z o Prozent Azetylen genügt, um das entstehende
Gas von etwa 3ooo auf 4000 bis 5000 Kalorien zu bringen. Durch den Zusatz
von Azetylen ist man unabhängig von der Qualität des Brennstoffes in bezug auf Wasser-
und Aschegehalt, auch fallen die bei Gaskohlen häufig auftretenden großen Mengen
von Schwefelwasserstoff, die eine peinliche Reinigung des Gases erfordern, hier
weg.
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Ist die Karb:idfabrik in der Nähe der Gasanstalt, dann verbilligt
sich die Verwendung des Azetylens, weil .die teuere Emballage des Karbides wegfällt
und der Kalkschlamm der Azetylenentwicklung abgenutscht und geglüht dem Karbidprozeß
wieder zugeführt werden kann.
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Die elektrische Erhitzung des Vergasungsschachtes erfolgt entweder
dadurch, daß der Brennstoff als Heizwiderstand zwischen Elektroden eingeschaltet
ist, oder zweckmäßig durch in die Schachtwandungen eingebaute Heizminen, die nicht
mit dem Brennstoff und den Ofengasen in Berührung kommen und eine leichte Regulierung
und konstante Temperaturhaltung ermöglichen. Als Material der Heizminen kommt Stahlguß,
Graphit, Elektrodenkohle, Karborunduem!, Siloxyden usw. in Betracht. Bei Erhitzung
von Brennstoffen und Gas durch Heizminen wird dem Schacht ein langgestreckter, flacher
Querschnitt gegeben, wobei von großem Vorteil ist, den Schacht nach unten konisch
zu erweitern, damit kein Ansetzen eintreten kann und die Reaktionsfläche nach unten
vergrößert wird.
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Der feste, meist feinkörnige oder pulverförmige Brennstoff kann in
den Vergasungsschacht automatisch auch von oben eingegeben werden, und zwar in kleinen
Dosen, damit die Schachthitze beim freien Fall voll zur Geltung kommt.
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Im allgemeinen wird der stark wasserhaltige Brennstoff der Verkokung
in einer unmittelbar in den Vergasungsschacht einmündenden Kammer ausgesetzt, die
ein Rotierofen oder eine fest angeschlossene Retorte sein kann, .die schräg eingestellt
ist und das verkokte Gut in den Vergasungsschacht frei oder durch mechanische Mittel
hineinrutschen läßt.
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Die Heizung der Verkokungsretorte erfolgt teilweise durch Wärmestrahlung
aus dem Vergasungsschacht, teilweise durch Ausnutzung der hocherhitzten Ofengase,
die ihre Wärme an die Verkokungsretorte abgeben, indem sie erst diese umspülen,
bevor sie zur Reinigung kommen. Sie können vor .der Umspülung ' der Verkokungsretorte
in einen zweiten ebenfalls geheizten Schacht, der mit :dem Hauptschacht verbunden
bzw. an diesen angeschlossen ist, gebracht werden.
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An diesen zweiten Schacht, in welchem hauptsächlich die Aufschließung
der hochsiedenden
Teerbestandteile erfolgt, kann noch gesondert
Kohlensäure oder Wasserdampf beigemischt werden.
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Sind; keine reinkohlensäureliefernden Industrien in der Nähe der Gasanstalt,
so kann die erforderliche Kohlensäure zur Aufschließung des festen Brennstoffes
aus Rauchgasen von Feuerung durch Verflüssigung oder Absorption in Wasser unterDruck
gewonnen werden.
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Nach dem Verfahren läßt sich Gas, das in jeder Beziehung dem Leuchtgas
ebenbürtig ist, erzielen. Es kann nicht nur für Heiz-, Leucht- und Kochzwecke, sondern
auch als Kraft- und Reduktionsgas verwendet und je nach dem Zweck in der Zusammensetzung
variiert werden.
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Das Verfahren gestattet endlich, besonders bei Aufschließung der hochsiedenden
Teerbestandteile die Gewinnung hochwertiger Nebenprodukte, wie Azetaldehyd, Azeton,
Benzol- und anderer Spaltungs- und Kondensationsprodukte, während das Teerpech;-
mit aufgeschlossen werden kann.
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Zur Reinigung des Gases von Flugstaub können Filter aus Stückkohle
oder Steinen verwendet werden.
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Wird der Brennstoff nur teilweise vergast, so gewinnt man als Nebenprodukt
einen Koks, der sich für die Reduktionsprozesse im elektrischen Ofen sehr gut eignet.
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Infolge der geringen im Vergasungsapparat befindlichen Brennstoffmenge
im Verhältnis zur Tagesmenge ist das Verfahren auch dem gewöhnlichen Gaserzeugungsverfahren
weit überlegen in bezug auf rasche Inbetriebnahme und Außerbetriebsemung sowie Betriebüberwachung
und Behebung von Betriebsstörungen.