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Die Erfindung bezieht sich gattungsgemäß auf ein Verfahren für die
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Reinigung von Abwasser, insbesondere von kommunalem Abwasser, mit
Hilfe einer zweistufigen Belebungsanlage, in der die erste Stufe als hochbelastete
Adsorptionsstufe und die zweite Stufe als schwachbelastete Belebungsstufe betrieben
werden, wobei das aus der Adsorptionsstufe ablaufende, behandelte, durch eine Zwischenklärung
geführte Abwasser unmittelbar oder über eine Tropfkörperstufe in die zweite Stufe
eingeführt wird, wobei der Überschlußschlamm aus der Zwischenklärung sowie aus einer
der zweiten Stufe nachgeschalteten Nachklärung der Schlammverarbeitung zugeführt
wird und wobei in der hochbelasteten Adsorptionsstufe mit einer hauptsächlich aus
Prokaryonten bestehenden Biozönose gearbeitet wird. Anders ausgedrückt meint Belebungsstufe
eine Stufe mit einem oder mehreren Belebungsbecken oder auch eine Tropfkörperanlage
mit nachgeschaltetem Mischbecken.
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Das gattungsgemäße Verfahren gehört zu neueren Maßnahmen der Abwasserreinigung,
nämlich zur sogenannten Adsorptionstechnologie, für die besondere Betriebsverhältnisse
in der Adsorptionsstufe kennzeichnend sind (vergl. DE-PS 26 40 875). Die besonderen
Betriebsverhältnisse sind z. B. dadurch gekennzeichnet, daß die Adsorptionsstufe
mit einer Schlammbelastung von mindestens 2 kg BSB5 pro Kilogramm Trockensubstanz
und Tag betrieben wird, daß durch die Menge des aus der Zwischenklärung abgezogenen
Überschußschlammes der Schlamm in der Adsorptionsstufe in der Einarbeitungsphase,
in der Substratatmung einsetzt, gehalten wird, während der Überschußschlamm aus
der zweiten, mit einer Schlammbelastung von z. B. 0,15 kg BSB5 pro Kilogramm Trockenstubstanz
und Tag betriebenen Stufe ohne Rückführung sofort aus dem Schlammkreislauf entfernt
wird. Die Einarbeitungsphase ist die der Substratatmung gleichsam vorgeschaltete
Phase. Die Einarbeitungsphase ist folglich der Grenzbereich, in dem die Substratatmung
gerade beginnt, aber noch nicht voll wirksam ist. Um den Schlamm der Adsorptionsstufe
in diesem Zustand zu halten, bedarf es eines geringen
Schlammalters
und eines entsprechend gesteuerten Abzuges des Überschußschlammes aus der Zwischenklärung.
In Verbindung mit der angegebenen Raumbelastung und der hohen Schlammbelastung in
der Adsorptionsstufe erreicht man, daß dort hauptsächlich eine Adsorption hoher
molekularer Verbindungen im Vordergrund steht und diese Verbindungen ohne Abbau
(bzw. bei fakultativer Fahrweise mit einem zusätzlichen Abbaugrad von 5% - 15%)
in der Zwischenklärung mit dem Überschußschlamm ausgetragen oder in gelöster Phase
als niedere organische Verbindung in die Belebungsstufe verfrachtet werden. Die
ansonsten für den Abbau dieser Verbindungen erforderliche beachtliche Energie wird
somit eingespart. In der zweiten Stufe können die niedermolekularen und leichter
abbaubaren Verbindungen besonders leicht und schnell biologisch abgebaut werden,
wenn dort mit der angegebenen Schlammbelastung gearbeitet wird. Im Rahmen der Adsorptionstechnologie
kann das Adsorptionsbecken für einen Betrieb mit einem Sauerstoffgehalt von nahezu
0 mg/l ausgelegt und fakultativ anaerob betreibbar sein.
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Das gattungsgemäße Verfahren der Adsorptionstechnologie (DE-PS 33
17 371), welches in der hochbelasteten Adsorptionsstufe mit einer hauptsächlich
aus Prokaryonten bestehenden Biozönose arbeitet, schafft diese Verhältnisse dadurch,
daß der Adsorptionsstufe mit dem Rohabwasser eine Menge von Prokaryonten als Ergänzungsbiomasse
ständig zugeführt wird, die pro Volumeneinheit zumindest 1 Gew.-% der in der Volumeneinheit
dieser Stufe arbeitenden Biomasse ausmacht. Die Adsorptionsstufe wird hier zu einer
Züchtungsstufe, die insbesondere die Aufgabe hat, Bakterien zu kultivieren, die
zur raschen Bildung von resistenten Stämmen neigen. Dabei werden alle Möglichkeiten
der Schaffung von neuen Lebensformen (Mutation, Selektion, Variabilität, Plasmidenübertragung)
ausgenutzt. Das Rohabwasser wird dabei zweckmäßigerweise ohne Vorklärung in die
Adsorptionsstufe eingeführt. Vorzugsweise beträgt die Menge der Ergänzungsbiomasse
5 bis 15 Gew.-%, wenn es sich
um kommunales Abwasser, 1 bis 5 Gew.-%,
wenn es sich um industrielles, jedoch Prokaryonten mitführendes Rohabwasser handelt.
Mit Prokaryonten sind besonders Protocyten und damit Darmbakterien gemeint (vergl.
Hans G. Schlegel "Allgemeine Mikrobiologie", 1981, Abschnitte 3., 3.1 bis 3.16).
Das gattungsgemäße Verfahren nutzt die Tatsache, daß solche Prokaryonten in jedem,
mit einem mehrstufigen Belebtschlammverfahren behandelbaren Abwasser ausreichend
enthalten sind, so daß aus dem Rohabwasser die Ergänzungsbiomasse zugeführt werden
kann.
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Insbesondere sind die Prokaryonten in kommunalem Abwasser enthalten.
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Sie sind aber auch in gewerblichem Abwasser bzw. in kommunal/industriellem
Abwasser ausreichend vorhanden. Stets kommt man bei dem gattungsgemäßen Verfahren
zu erstaunlicher Verfahrensstabilität bei pH-Stößen, Salzstößen, Belastungsstößen
und toxischen Stößen. Ist mit solchen Stößen zu rechnen und sind diese Stöße in
der Größe bekannt, so läßt sich ein jeweils optimaler Wert für die Ergänzungsbiomasse
unschwer durch Leitversuche ermitteln. Man kommt zu einer deutlich besseren Elimination
organisch abbaubarer und schwer abbaubarer Substanzen. Bezogen auf die Eliminationsleistung
in der Adsorptionsstufe liegt der biologische Abbau etwa bei 15% bis 20%. Es sind
praktisch keine Eukaryonten oder Protozoen in der Adsorptionsstufe mehr zu finden.
Das ist auch der Grund, weshalb der Belebtschlamm in der Adsorptionsstufe einen
höheren organischen Anteil als üblicher Belebtschlamm aufweist. Er zeichnet sich
durch eine höhere physiologische Aktivität aus. Die Eliminationswirkung des Höchstlastschlammes
liegt im Vergleich zum Schwachlastschlamm um den Faktor 30 bis 60 höher.
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Darüber hinaus gibt es unter den Prokaryonten anscheinend Arten oder
Mutanten, die in der Lage sind, sich auf extreme Randbedingungen einzustellen, und
zwar mit großer Variabilität sowohl bei reiner Population als auch gemischter Population.
Die Prokaryonten, insbesondere die Protocyten und Darmbakterien, wachsen sehr schnell.
Sie haben bei optimalen, durch die Menge der Ergänzungsbiomasse eingestellten
Lebensbedingungen
in der Adsorptionsstufe eine Generationsfolge von nur bis 20 Minuten, maximal bis
etwa einer Stunde. Folglich können sie einem sehr starken Selektionsdruck ausgesetzt
werden, wobei sie sich in kurzer Zeit wechselnden Umweltbedingungen anpassen. Allerdings
kann es bei dem gattungsgemäßen Verfahren, je nach der Zusammensetzung des zu behandelnden
Rohabwassers und den klimatischen Verhältnissen, vorkommen, daß in der zweiten Stufe
eine Blähschlammbildung auftritt. Untersuchungen haben gezeigt, daß es sich dabei
um sehr leichte Bakterienstämme, z. B. Nokardia, handelt, die Überhand gewonnen
haben.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das gattungsgemäße Verfahren
so zu führen, daß eine Bildung von Blähschlamm in der zweiten Stufe auf einfache
Weise unterdrückt werden kann.
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Zur Lösung dieser Aufgabe lehrt die Erfindung, daß eine Teilmenge
des aus der Zwischenklärung abgezogenen Überschußschlammes aus der Adsorptionsstufe
in die zweite Stufe eingeführt wird und daß dadurch eine Blähschlammbildung in der
zweiten Stufe unterdrückt wird. In dem Merkmal, daß in der zweiten Stufe eine Blähschlammbildung
vermieden wird, liegt eine Mengenangabe in bezug auf die Teilmenge des aus der Zwischenklärung
abgezogenen Überschlußschlammes aus der Adsorptionsstufe, der in die zweite Stufe
eingeführt wird. Die geeignete Menge findet man ohne weiteres durch entsprechende
Versuche. Im Rahmen der Erfindung kann die Teilmenge des Uberschußschlammes aus
der Adsorptionsstufe kontinuierlich in die zweite Stufe eingeführt werden. Im Rahmen
der Erfindung liegt es aber auch, die Teilmenge des Uberschußschlammes aus der Adsorptionsstufe
periodisch in die zweite Stufe einzuführen. Arbeitet man so, so ist eine Variante
der Erfindung dadurch gekennzeichnet,
daß von Zeit zu Zeit eine
vollständige Neubeimpfung der zweiten Stufe mit der Teilmenge des Überschußschlammes
aus der Adsorptionsstufe vorgenommen wird - Die erfindungsgemäß in die zweite Stufe
eingeführten Prokaryonten bewirken überraschenderweise infolge ihrer besonderen,
vorstehend aufgeführten Eigenschaften in der zweiten Stufe ein Populationsgleichgewicht,
welches in bezug auf die Reinigungswirkung in der zweiten Stufe sehr wirksam arbeitet,
blähschlammbildende Bakterien aber nicht mehr enthält und unterdrückt.
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Bei einem anderen, mehrstufigen Belebungsverfahren, bei dem die erste
Stufe als hochbelastete Stufe gefahren wird und das aus der ersten Stufe ablaufende
Abwasser über eine Zwischenklärung einer als Tropfkörper ausgeführten Nitrifikationsstufe
zugeführt wird, dem eine Nitrifikationsstufe in Form eines Belebungsbeckens nachgeschaltet
ist, ist es bekannt (DE-PS 29 08 134), eine Teilmenge des aus der ersten Belebungsstufe
abgezogenen Überschußschlammes in die Denitrifikationsstufe einzuführen. Das trägt
zur Lösung der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe nichts bei.
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Im folgenden werden die Erfindung und die durch die Erfindung erreichten
Vorteile anhand einer schematischen Zeichnung ausführlicher erläutert.
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Die einzige Figur zeigt ein Schema einer Anlage zur Durchführung des
erfindungsgemäßen Verfahrens. In der Figur erkennt man eine zweistufige Belebungsanlage.
Die erste Stufe arbeitet mit einem Belebungsbecken 1, welches eine hochbelastete
Adsorptionsstufe darstellt.
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Die zweite Stufe arbeitet mit einem Belebungsbecken 2, welches als
schwachbelastete Belebungsstufe betrieben wird. Das zulaufende Abwasser kommt über
die Leitung 3. Es mag sich um kommunales Abwasser
handeln. Es wird
ohne Vorklärung, wenn auch nach mechanischer Reinigung bei 4 in das erste Belebungsbecken
1 eingeführt.
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Das aus der Adsorptionsstufe ablaufende behandelte Abwasser wird über
eine Zwischenklärung 5 geführt. Es gelangt danach in das Belebungsbecken 2 der zweiten
Stufe. Der Überschußschlamm aus der Zwischenklärung 5 sowie aus einer der zweiten
Belebungsstufe nachgeschalteten Nachklärung 6 wird der Schlammverarbeitung zugeführt.
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Das zeigen die eingezeichneten Abzugleitungen 7 und 8. In der hochbelasteten
Adsorptionsstufe wird mit einer hauptsächlich aus Prokaryonten bestehenden Biozönose
gearbeitet. Insoweit wird auf die Beschreibungseinleitung verwiesen. Zu diesem Zweck
kann im übrigen auch eine Teilmenge des aus der Zwischenklärung abgezogenen Überschußschlammes
über die Leitung 9 dem zulaufenden Rohabwasser wieder zugeführt werden.
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Wesentlich ist, daß eine Teilmenge des aus der Zwischenklärung 5 abgezogenen
Überschußschlammes aus dem Belebungsbecken 1, d. h.
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aus der Adsorptionsstufe, in das Belebungsbecken 2, d. h. in die zweite
Stufe eingeführt wird, und zwar in solcher Menge, daß in der zweiten Belebungsstufe
eine Blähschlammbildung vermieden wird. Diese Teilmenge kann kontinuierlich oder
periodisch zugeführt werden, im letzteren Falle auch zur vollständigen Neubelebung
der zweiten Belebungsstufe.