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Verfahren und Umformwerkzeug zum Gleichlauf-Weiterziehen
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von napfförmigen Werkstücken Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zum Gleichlauf-Weiterziehen von napfförmigen Werkstücken, wobei durch eine auf den
Napfboden aufgebrachte Ziehkraft eine axiale Zugbeanspruchung der umgeformten Napfzarge
erfolgt. Die Erfindung betrifft weiter ein Umformwerkzeug zur Durchführung des Verfahrens.
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Nach DIN 8584 Blatt 3 ist Tiefziehen im Weiterzug ein Tiefziehverfahren,
bei dem ein napfförmiger Hohlkörper zu einem Hohlkörper kleineren Umfangs umgeformt
wird.
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Zum Unterschied gegenüber dem sogenannten Stülpziehen, das ein Tiefziehen
im Weiterzug mit Wirkung des Ziehstempels in entgegengesetzter Richtung zur Stempelwirkrichtung
des vorangegangenen Tiefziehvorganges ist, wird als Gleichlauf-Weiterziehen ein
Tiefziehvorgang bezeichnet, bei dem die Stempelwirkbewegung in gleicher Richtung
wie
die des vorangegangenen Tiefzuges erfolgt.
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Bei dem bekannten Verfahren zum Gleichlauf-Weiterziehen der eingangs
genannten Gattung (D. Schmoeckel, E. Böhm, H.-E. Engel, Fertigung von Näpfen mit
Flansch aus Mittelblech, Z. Werkstatt und Betrieb 117 (1984) 8, S. 521) wird die
erforderliche Ziehkraft ausschließlich durch den Ziehstempel auf den Napfboden aufgebracht.
Die Restzarge, d.h. der noch nicht umgeformte Zargenabschnitt größeren Umfangs ist
bei diesem bekannten Verfahren kraftfrei. Da die Krafteinleitung ausschließlich
am Napfboden erfolgt, stellt das Auftreten von Bodenreißern die Grenze dieses Verfahrens
dar. Eine Steigerung der durch den Ziehstempel eingeleiteten Umformkraft ist nur
so weit möglich, solange noch keine Bodenreißer auftreten. Damit ist auch die Grenze
des erzielbaren Umformgrades gegeben, der ein Maß für die Durchmesserreduzierung
bei einem Tiefziehvorgang darstellt.
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Aufgabe der Erfindung ist es daher, bei einem Verfahren der eingangs
genannten Gattung die Anwendung höherer Umformkräfte und somit die Erzielung eines
höheren gesamten Umformgrades zu ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß auf die Restzarge
eine axiale Druckraft ausgeübt wird.
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Die für den Umformvorgang erforderliche Umformkraft wird hierbei nur
noch teilweise durch den Ziehstempel auf den Napfboden übertragen, so daß die Grenze
der Bodenreißkraft nicht fiberschritten wird. Der andere Teil der Umformkraft wird
als Druckkraft in die Restzarge eingeleitet.
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Beide Teile der Umformkraft wirken in gleicher Richtung
und
unmittelbar auf den Umformvorgang ein.
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Vorzugsweise wird je nach Anwendung (d.h. Geometrie und Werkstoff)
die auf die Restzarge ausgeübte axiale Druckkraft so gewählt, daß sie das 0,2 bis
1,5fache der auf den Napfboden aufgebrachten Ziehkraft beträgt.
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Das Aufbringen einer axialen Druckkraft auf die Restzarge bei einem
Weiterziehvorgang ist an sich bekannt, nämlich beim Stülpziehen mit ausweichendem
Stülpring (D. Schmoeckel, H.-E. Engel, Niederhalterloses Stülpziehen mit ausweichendem
Stützring, Z. Werkstatt und Betrieb 117 (1984) 1, S. 55). Dort verläuft die Wirkrichtung
der auf die Restzarge ausgeübten Druckkraft jedoch entgegengesetzt zur Stempelwirkrichtung;
die auf die Restzarge ausgeübte Druckkraft wirkt somit nicht unmittelbar in Umformrichtung
sondern erleichtert nur den Werkstofffluß in die Umformzone. Die Umformkraft selbst
wird hierbei im Gegensatz zum erfindungsgemäßen Verfahren hauptsächlich durch die
Stempelziehkraft aufgebracht (die Druckkraft auf die Restzarge beträgt das 0,2 bis
0,3fache der maximalen Ziehstempelkraft bei einer optimalen Gegenhaltekraft von
70 bis 80 % der Bodenreißkraft), was schon dadurch deutlich wird, daß die Grenze
dieses bekannten Verfahrens auch bei druckkraftbeaufschlagter Restzarge im Auftreten
von Bodenreißern liegt.
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Durch Gleichlauf-Weiterziehverfahren lassen sich grundsätzlich höhere
Gesamtumformgrade als durch Stülpziehen erzielen, da die Werkstoffbeanspruchung
beim Stülpzug aufgrund der schärfere Umlenkung immer höher liegt.
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Der grundsätzliche Unterschied zu dem erfindungsgemäßen Verfahren
wird weiterhin dadurch deutlich, daß es bei diesem bekannten Stülpziehen nicht möglich
ist, über die Restzarge eine größere Kraft einzuleiten als die Stempelziehkraft,
da sonst der Napf vom Stülpring abhebt.
Im Gegensatz dazu könnte
beim erfindungsgemäßen Verfahren auf die Stempelziehkraft vollständig verzichtet
werden, d. h. der Ziehstempel könnte entfallen; der Umformvorgang ließe sich auch
allein mit der auf die Restzarge ausgeübten Druckkraft als einziger Umformkraft
durchführen.
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Ein Umformwerkzeug zur Durchführung des Verfahrens mit einer Ziehmatrize
und einem axial in die Ziehmatrize hineinbewegbaren Ziehstempel ist dadurch gekennzeichnet,
daß konzentrisch zu dem Ziehstempel ein in gleicher Richtung wie dieser wirkender
Druckring vorgesehen ist, der die axiale Druckraft auf die Restzarge überträgt.
Der Antrieb dieses Druckringes kann unabhängig vom Ziehstempelantrieb erfolgen;
da die Wirkrichtungen der beiden Kräfte gleich sind, kann die Antriebsbewegung des
Druckringes jedoch auch von der Antriebsbewegung des Ziehstempels abgeleitet werden,
beispielsweise unter Zwischenschaltung von Federn.
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Da die Grenze der auf die Restzarge aufgebrachten Druckkraft durch
ein Ausknicken oder Ausbauchen der Restzarge bestimmt wird, kann eine äußere Abstützung
der Restzarge durch einen Stützring und/oder eine innere Abstützung der Restzarge
durch einen ringförmigen Niederhalter eine wesentliche Steigerung der übertragbaren
Druckkraft ermöglichen.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen des Erfindungsgedankens sind
Gegenstand weiterer Unteransprüche.
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Die Erfindung wird nachfolgend an Ausführungsbeispielen näher erläutert,
die in der Zeichnung dargestellt sind, wobei in den einzelnen Figuren jeweils in
Halbschnitten a) der Ausgangszustand, b) ein Zwischenstadium während des Umformvorganges
und c) der Endzustand nach Beendigung des Umformvorganges dargestellt ist. Es zeigt:
Fig.
1 das Gleichlauf-Weiterziehen eines napfförmigen Werkstücks mit druckbeaufschlagter
Restzarge unter Verwendung eines die Restzarge umgebenden Stützringes, Fig. 2 das
gleiche Verfahren bei zusätzlicher Verwendung eines Niederhalters, Fig. 3 das Gleichlauf-Weiterziehen
von mit einem Randflansch versehenen napfförmigen Werkstücken, Fig. 4 das gleiche
Verfahren wie Fig. 3 unter Verwendung eines Niederhalters, Fig. 5 das gleiche Verfahren
wie Fig. 4 unter Verwendung eines ausweichenden äußeren Stützringes und Fig. 6 in
einem Halbschnitt ein Umformwerkzeug zur Durchführung des Verfahrens nach Fig. 3,
wobei jedoch der Ziehstempel und die Ziehmatrize in entgegengesetzten Richtungen
angetrieben werden, während der Druckring stationär ist.
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Bei allen dargestellten Ausführungsbeispielen weist das verwendete
Umformwerkzeug eine ringförmige Ziehmatrize 1 und einen axial dazu bewegbaren Ziehstempel
2 auf. Ein den Ziehstempel 2 konzentrisch umgebender Druckring 3 wird bei den Beispielen
nach den Fig. 1 bis 5 in gleicher Richtung wie der Ziehstempel 2, jedoch unabhängig
von diesem angetrieben, weil der Ziehstempel 2 wegen der Vergrößerung der Zargenhöhe
einen größeren Weg zurücklegt als der Druckring 3.
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Ein Werkstück 4 aus Tiefziehblech, das in einem oder mehreren vorangegangenen
Tiefziehvorgängen oder Stülpziehvorgängen zu einem beispielsweise zylindrischen
Napf geformt wurde, wird durch den Ziehstempel 2 durch die Zieh-
matrize
1 gezogen und dabei zu einem Napf mit verringertem Durchmesser und vergrößerter
Zargenhöhe umgeformt.
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Die vom Ziehstempel 2 eingeleitete Ziehkraft wird auf den Napfboden
4a übertragen und bewirkt eine Zugbeanspruchung der umgeformten Napfzarge 4b.
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Der Druckring 3 überträgt als weiteren Anteil der Umformkraft eine
axiale Druckraft auf die Restzarge 4c, d.h.
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den jeweils noch nicht umgeformten Abschnitt der Napfzarge.
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Um ein Ausknicken oder Ausbauchen der Restzarge 4c nach außen unter
der Wirkung der aufgebrachten Druckkraft zu verhindern, ist bei dem in Fig. 1 gezeigten
Beispiel ein die Restzarge 4c umgebender Stützring 5 vorgesehen, der sich auf der
Oberseite der Ziehmatrize 1 abstützt.
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Der Umformvorgang ist in dem in Fig. 1c dargestellten Stadium beendet,
weil der Druckring 3 nach dieser Stellung keine axiale Druckkraft mehr auf die Zarge
ausüben könnte. Bei dem erreichten, verhältnismäßig hohen Umformgrad (Ziehverhältnis)
reicht die allein durch den Ziehstempel 2 aufgebrachte Ziehkraft nicht aus, um einen
Durchzug auszuführen. Bei einer Steigerung der Stempelziehkraft würde in diesem
Fall ein Bodenreißer auftreten.
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Die so erzielten napfförmigen Werkstücke haben daher einen konischen
Randabschnitt, der bei einigen Werkstükken erwünscht ist und bei anderen Werkstücken
nicht stört, bei denen der Rand ohnehin abgetrennt wird.
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Das in Fig. 2 geneigte Umformwerkzkug unterscheidet sich von dem Umformwerkzeug
nach Fig. 1 im wesentlichen nur
dadurch, daß zusätzlich ein ringförmiger
Niederhalter 6 verwendet wird, der den Ziehstempel 2 konzentrisch umgibt und die
Restzarge 4c auch an der Innenseite abstützt, um ein Ausbauchen oder Ausknicken
auch nach innen zu vermeiden. Wie in Fig. 2 mit einem Pfeil angedeutet ist, wird
der ringförmige Niederhalter 6 ebenfalls nach unten gedrückt, jedoch wird dadurch
kein Anteil der Umformkraft erzeugt, sondern nur eine faltenfreie Führung der Napfzarge
im konischen Umformabschnitt.
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Bei den Beispielen nach den Fig. 3 bis 6 hat sowohl das Ausgangswerkstück
4 als auch das erzeugte Werkstück einen Randflansch 4d über den der Druckring 3
die axiale Druckkraft in die Restzarge 4c einleitet. Napfförmige Werkstücke mit
Randflansch werden für viele Anwendungsfälle benötigt.
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In Fig. 3 ist das Gleichlauf-Weiterziehen ohne Verwendung eines äußeren
Stützringes oder eines inneren Niederhalters gezeigt. Da der Druckring 3 den Ziehstempel
2 unmittelbar umgibt, drückt der Druckring 3 am Ende des Umformvorganges (Fig. 3c)
auf den gesamten, verbreiterten Randflansch 4d und ebnet diesen ein.
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Das in Fig. 4 gezeigte Umformwerkzeug unterscheidet sich von dem vorher
beschriebenen Umformwerkzeug nur dadurch, daß hier ein ringförmiger Niederhalter
6 verwendet wird, den der Druckring 3 konzentrisch umgibt. Der Niederhalter 6 verhindert
ebenfalls die Faltenbildung.
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Das in Fig. 5 gezeigte Umformwerkzeug unterscheidet sich von dem Umformwerkzeug
nach Fig. 4 dadurch, daß eine äußere Abstützung der Restzarge 4c durch einen äußeren
Stützring 5 erfolgt. Wegen des Randflansches 4d muß der Stützring 5 beweglich angeordnet
sein; er stützt sich deshalb über eine oder mehrere Druckfedern 7 ab, beispielsweise
am Fuß der Ziehmatrize 1. Bei der Abwärtsbewegung des Druckringes 3 und des Randflansches
4d weicht der Stützring 5 nach unten aus, wobei er jedoch jeweils die Restzarge
4c nach außen abstützt, um ein Ausbauchen zu verhindern.
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Das in Fig. 6 gezeigte Ausführungsbeispiel entspricht hinsichtlich
des Verfahrensablaufs dem Beispiel nach Fig. 3; das Werkstück wird durch Aufbringen
einer Ziehkraft am Napfboden 4a durch den Ziehstempel 2 und durch Aufbringen einer
axialen Druckkraft auf die Restzarge 4c zu einem Napf kleineren Durchmessers umgeformt,
der einen Randflansch 4d aufweist.
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Abweichend ist jedoch der Werkzeugaufbau in Fig. 6. Der Ziehstempel
2 wird durch den gestellfesten Druckring 3 hindurch nach oben angetrieben, während
zugleich die Ziehmatrize 1 durch einen nach unten bewegten Pressenstempel 8 nach
unten bewegt wird. Diese Ausführungsform des Umformwerkzeugs bietet sich an, wenn
eine Presse zur Verfügung steht, die im Oberteil einen Pressenstempel 8 und im Unterteil
einen entgegengesetzt bewegbaren Ziehstempel 2 (Ziehkissen) aufweist.
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Allen dargestellter Beispielen'ist gemeinsam, daß die Umformkraft
teilweise durch den Ziehstempel 2 und teilweise
durch den Druckring
3 aufgebracht wird. Das Verhältnis dieser beiden Kräfte richtet sich nach der Werkstückgeometrie
und nach den Materialeigenschaften des Werkstücks. Im allgemeinen wird die vom Druckring
3 auf die Restzarge 4c ausgeübte axiale Druckraft das 0,2 bis 1,5-fache der auf
den Napfboden 6a aufgebrachten Ziehkraft betragen. Bei der Umformung eines Napfes
aus Stahl St W 24 von 4 mm Wanddicke von einem Durchmesser von 92 mm auf einen Durchmesser
von 62 mm betrug die axiale Druckkraft das 0,4fache der durch den Ziehstempel ausgeübten
Ziehkraft; auf diese Weise wurde eine optimale Aufteilung der Umformkraft auf die
beiden Kraftkomponenten erzielt.
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Bei den beschriebenen Ausführungsbeispielen wurde von dem häufigsten
Anwendungsfall eines rotationssymmetrischen Werkstückes ausgegangen. Das Verfahren
ist jedoch auch bei Werkstücken anderer Abmessungen ausführbar, beispielsweise bei
Werkstücken mit rechteckigem Grundriß.
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Es ist auch möglich, das Verfahren zur Herstellung von mit mehreren
Abstufungen versehenen Werkstücken einzusetzen.
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