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Verfahren zur Herstellung von Schwefelsäure. Die in Bleikammern durch-
Oxydation dLr schwefeligen Säure in Gegenwart von Nitroseprodukten herbeigeführte
Bildung.der Schwefelsäure beruht auf einer exothermischen Reaktion, welche gleichzeitig
ein' Temperaturmaximum aufweist.
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Die durch die Reaktion frei gewordene Wärme hat die Tendenz, die Temperatur
der reagierenden Körper zu erhöhen und demzufolge die Reaktionsbedingungen zu ändern.
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,Die Produktionsintensität, d. h. das pro Kubikmeter Reaktionsraum
hergestellte Schwefelsäuregewicht, ist bekanntlich im Gloverturm am größten. Dasselbe
kann 25o kg Monohydrat in der Reaktionszone überschreiten, während es in den Kammern
höchstens 12 bis r5 kg und gewöhnlich nur 4 bis 5 kg beträgt.
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Man hat schon, längst Mittel und Wege gesucht, uni die Kammerproduktion
zu . erhöhen, und hat dabei gewöhnlich das Hauptgewicht auf die Abführung der Reaktionswärme
durch bessere Kühlung der Wände gelegt. Im Moritzverfahren z. B. sind die Ausstrahlungsflächen
durch Erhöhung der Kammern und Verminderung ihrer Breite vergrößert worden. Im Mill-Packard-Verfahren
ist man sogar so weit gegangen, die Kammerwände äußerlich durch Wasserberieselung
zu kühlen. Man hat ferner versucht, die Kammern vollständig durch Gloverähnliche
Türme zu ersetzen. Durch dieäw Mittel hat man allerdings eine gewisse Produktionserhöhung
erreicht, ohne doch der Gloverproduktion nahezukommen, Der Unterschied zwischen
den Reaktionsbedingungen im Glover und in den Kammern besteht aber nun in der Hauptsache
darin, daß in ersterem die entbundene Reaktionswärme sofort und am Entstehungspunkte
selbst in Verdampfungswärme des Wassers übergeht, so daß die Temperatur automatisch
auf eine bestimmte Höhe reguliert wird, welche lediglich von der Konzentration abhängig
ist. Man drückte dies so aus, daß die flüssige und die Gasphase Gleichgewicht gesetzt
werden.
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Da sich nun das Temperaturmaximum erfahrungsgemäß zwischen den äußersten
im Glover herrschenden Temperaturen befindet, und dieses Maximum da, wo es sich
einstellt, konstant bleibt, solange die Konzentration ebenfalls konstant ist, so
sieht man ein, warum im Glover eine Höchstproduktionszone existieren muß.
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Aus obigem geht hervor, daß das Reaktionsmaximum durch folgende gleichzeitig
einzutreffende Bedingungen bewirkt wird. Eine bestimmte Konzentration, eine bestimmte
Temperatur und. die Verdampfung eines Wasserüberschusses, welche die Temperatur
trotz der entbundenen Reaktionswärme konstant erhält.
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Dementgegen wird in. den Kammern die Wärme nicht gleich am Reaktionspunkte
abgeführt, sondern durch die Bleiwände, deren durchschnittliche Entfernung von demselben
eine beträchtliche ist. Eine Selbsteinstellung der Reaktionstemperatur findet nicht
statt, denn es folgt keine Wasserverdampfung mehr.
Im Opelsehen
Turmsystem wird die Reaktionswärme durch außerhalb der Türme aufgestellte Apparate
abgeführt, welche die Zirkulationssäure kühlen. Auch hier erfolgt diese Abführung
nicht in urmittelbarer Nähe des Reaktionspunktes, sondern in beträchtlicher Entfernung.
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In den Kammern sinkt die Temperatur regelmäßig, weil sich die Reaktion
mit dem allmählichen Verschwinden der schwefeligen Säure nach und nach abstumpft
und die entsprechend abnehmende Reaktionswärme ein kaum vermindertes Gasvolumen
zu erwärmen hat. Man entfernt sich also mehr und mehr vom Temperaturmaximum. Während
also in der ersten Kammer eine überschüssige, Wärmeproduktion besteht, empfindet
man in der letzten das Entgegengesetzte.
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Von einem anderen Gesichtspunkte aus getrachtet, hängt die Bildungsreaktion
der Schwefelsäure noch vom Gleichgewicht ab, welches sich zwischen verschiedenen
Faktoren einzustellen sucht, von welchen die hauptsächlichen folgende sind: die
Konzentration der schwefeligen Säure
die Konzentration der Nitrosenprodukte N2 03, die Konzentration der Schwefelsäure
sowohl in der flüssigen als in der Gasphase.
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In der Kammer stellt sich aber dieses Gleichgewicht um so langsamer
ein, als die Moleküle, welche aufeinander einzuwirken haben, in den großen Kammerräumen
weiter zerstreut und insbesondere weiter von der Bodensäure entfernt sind, deren
Temperatur und dadurch bedingte Dampfspannung einen wichtigen Einfluß auf dieses
Gleichgewicht ausübt.
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Das nachstehend beschriebene Verfahren ist auf obige Betrachtungen
gestützt und wie folgt gekennzeichnet i. Die entbundene Wärme wird in unmittelbarer
Nähe des Reaktionspunktes abgeführt. 2. Die Temperatur und die Konzentration im
Reaktionsraume können jeweils derartig geregelt werden, daß ihnen die für die Reaktion
am günstigsten erkannten Werte gegeben werden können.
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3. Die Flüssigkeiten und Gase, welche aufeinander einwirken, werden
im Gegenstrom miteinander in innige Berührung gebracht.
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Der Hauptwert wird also nicht auf die Kühlung der Wände gelegt, sondern
auf die Einhaltung sowohl der günstigsten Temperatur als auch der günstigsten Konzentration.
Die Abführung der Reaktionswärme, welche allerdings notwendig ist, erfolgt daher
nur unter Wahrung dieser Hauptbedingungen.
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Zu diesem Zwecke - werden die Kammern durch Röhrensysteme ersetzt,
welche aus parallelstehenden Röhren geringen Durchmessers zusammengesetzt sind.
Jedes Rohr ist mit einem oder mehreren Wassermänteln umgeben, in welchen der Wasserzufluß
in der Weise geregelt werden kann, daß die innere Röhrentemperatur die gewünschte
Höhe beibehält. Im Innern erhalten die Rohre eine geeignete regelmäßige Füllung.
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Die von dem Gloverturm kommenden Gase streichen parallel durch die
Röhren eines oder mehrerer aufeinanderfolgenden Stränge, während die Zirkulationssäure;
welcher das zur Säurebildung notwendige- Wasser beigefügt wird, im Gegenstrome herabrieselt.
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Durch geeignete Verteiler werden die Gase und Flüssigkeiten in regelmäßiger
Weise zwischen den Röhren des. gleichen Systems verteilt.
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Größe und Que-schnittform der Röhren sind in der Weise bestimmt, daß
der Einfluß des Wassermantels sich leicht durch die ganze Fläche fühlbar macht.
Die Zahl der Röhren eines Röhrensystems hängt vom Gasvolumen, d. h. von der gewünschten
Säureproduktion, sowie von dem zur Verfügung stehenden Gasdrucke ab. Die Höhe derselben
wird durch die zum Wärmeaustausch benötigten Fläche bestimmt, unter Berücksichtigung
eines gegebenen Temperaturgefälles zwischen innerer und äußerer Zirkulationsflüssigkeit.
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Für das vorliegende Verfahren ergeben sich folgende Vorteile: Die
Reaktionstemperatur sowie die Konzentration der zirkulierenden Säure können leicht
kontrolliert und durch geeignete Einstellung der inneren und äußeren Flüssigkeitszirkulation
auf die gewünschten Höhen reguliert werden.
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Die bleiernen Wärmeaustauschflächen werden in vorteilhaftester Weise
ausgenutzt,: da der Austausch zwischen zwei ini Gegenstrom zirkulierenden Flüssigkeiten
und nicht mehr, wie dies in den Kammern der Fall ist, zwischen zwei ziemlich willkürlich
zirkulierenden Gasen erfolgt. Der Austauschkoeffizient kann daher leicht das Zwanzigfache
erreichen.
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Das für eine gegebene Produktion benötigte Bleigewicht sowie die Gebäudeflächen
werden dementsprechend ganz bedeutend kleiner, wodurch eine beträchtliche Ersparnis
in den Installationskosten erfolgt.
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Es wird möglich, zwecks Reinigung oder Reparatur eine oder mehrere
Röhren eines Systems außer Betrieb .zu setzen, ohne den Gang der Fabrikation zu
stören. Desgleichen kann die Zahl der arbeitenden Röhren der gewünschten Produktion
angepaßt werden.
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Die Fabrikation hat der Kammerfabrikation gegenüber eine größere Unabhängigkeit
von atmosphärischen Umständen. .
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Durch rationellere Ausnutzung derReaktionswärme kann die ganze Produktion
direkt als 6ogradige Säure gewonnen werden, selbst wenn.
die in
den Röstgasen zur Verfügung stehenden Kalorien dies in gewöhnlichen Kammersystemen
nicht gestattet hätten.
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Die Wasserzerstäubungsapparate fallen gänzlich weg. In beiliegender
Zeichnung, welche die Schwefelsäureapparatur in schematischer Weise darstellt, ist
i der Gloverturm, in welchen die Ofengase durch Rohr 2 eintreten, und von welchem
sie durch Rohr 3 nach dem ersten Rohrsystem q. Weiterstreichen. Dieses Rohrsystem
besteht aus einer gewissen Anzahl gleicher Röhren 5, welche innen geeignete gleichartige
Füllung erhalten und außen mit einem evtl. mehrteiligen Wassermantel umgeben sind,
in welchem der Wassereintritt z. B. durch Hahn 7 geregelt werden kann. Jedes Rohr
kann durch Schieber 8 und g vom übrigen Teile des Systems isoliert werden. Mehrere
Systeme io, von denen das letzte mit möglichst abgekühlter Zirkulationsflüssigkeit
umgebene ii als Gay-Lussac benutzt werden kann, können hintereinander aufgestellt
werden. Die in Behälter 12 gesammelte Nitrose-Gay Lussac-Säure wird durch Pumpe
13 in den über dem Glover ausgestellten Speisebehälter 14 befördert. Die Gloversäure
fließt in den Behälter 15, nachdem sie im Kühler 16 abgekühlt worden ist, und wird
von dort durch Pumpe 17 in den Gay-Lussac-Speisebehälter 18 hochgehoben. Der Überschuß,
welcher der Produktion entspricht, wird durch 1g abgeleitet. Die Röhrensysteme q,
io usw. werden durch Behälter 2o gespeist, von denen jeder nach Bedarf in abgemessenen
Quantitäten folgende Säuren erhalten kann.
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Durch Leitung 21: strömt die Säure aus dem nächstfolgenden System,
welche in Behälter 22 gesammelt und durch Pumpe 23 gehoben worden ist, durch Leitung
24 Nitrose-Gay-Lussacsäure, durch Leitung 25 Gloversäure, durch Leitung 26 Wasser,
durch Leitung 27 Zirkulationssäure aus dem gleichen Röhrensystem, vom unteren Behälter
22 kommend.
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Die aus dem System abfließende Säure wird durch einen Kühler 28 gekühlt.
Ein Teil derselben kann auf Wunsch durch Rohrag entnommen werden, doch in der Regel
wird die gesamte Säureproduktion durch den Gloverturm geschickt.