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Aus der Literatur sind Umsetzungen von Hydroxylamin HO-NH2 (II) mit
Zimtsäure und deren Derivaten sowie verwandten Verbindungen der allgemeinen Formel
bekannt, die zu Monoadditionsverbindungen der allgemeinen Formel
in der R und Rl obige Bedeutung haben, führen (Houben-Weyl, Methoden der organischen
Chemie, Stuttgart, 1971, Bd. X/1, S. 1115-6).
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Bekannt ist ferner die Umsetzung von Hydroxylamin (I1) mit Acrylsäurederivaten
der allgemeinen Formel H2C=CH-COR2 (V) (R2=OCH3 -OC2H5 oder -NH2)' wobei Diadditionsprodukte
der allgemeinen Formel
in der R2 obige Bedeutung hat, erhalten werden (Houben-Weyl, loc. cit.; US Patent
38 67 445).
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Die Umsetzungsprodukte IV und Vl werden in unbefriedigenden Ausbeuten
erhalten.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung des 3,3-Bis-[2-carboxyethylj-3-(hydrnxy-ammonium)-propionsäurebetains
(I) ist dadurch gekennzeichnet, daß man entweder a) Hydroxylamin mit Acrylsäure
im Molverhältnis von 1: 2 bis 1: 4,5 bei 0 bis 900C, gegebenenfalls in Gegenwart
eines Lösungsmittels und gegebenenfalls unter Kühlung umsetzt, oder b) Oxime der
allgemeinen Formel
in der R3 und R4 für Wasserstoff, einen gesättigten oder ungesättigten Kohlenwasserstoff
mit 1 bis 8 Kohlenstoffatomen stehen oder zusammen mit dem sie verbindenden Kohlenstoffatom
einen gesättigten oder ungesättigten iso- oder heterocyclischen Ring bilden können,
wobei die Gruppierung
auch mehrfach im Molekül enthalten sein kann, mit Acrylsäure im Molverhältnis 1:
2 bis l: 4,5 in Gegenwart von Wasser und gegebenenfalls in Gegenwart von polaren
organischen Lösungsmitteln und gegebenenfalls unter Kühlung umsetzt.
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Die Umsetzung kann durch folgendes Formelschema wiedergegeben werden:
Das Ausgangsprodukt Hydroxylamin kann in bekannter Weise (G. Brauer,
Handbuch der präparativen anorganischen Chemie, 3 Auaage, Stuttgart 1975, S. 464)
vor der Umsetzung mit Acrylsäure aus seinen technisch leicht zugänglichen Salzen
hergestellt werden, indem man z. B. Hydroxylaminhydrochlorid in ethanolischer Lösung
mit Natriumethylat umsetzt, vom gebildeten Natriumchlorid abtrennt und das gelöste
Hydroxylamin bei tiefen Temperaturen auskristallisieren läßt. Es ist natürlich auch
möglich, Hydroxylamin durch Ionen-Austausch aus seinen Salzen herzustellen (H. Holzapfel,
Z. anorg. allg. Chemie, 288, 28-35 (1956)).
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in einer bevorzugten Ausführungsform kann die erfindungsgemäße Verbindung
(I) dadurch gewonnen werden, daß man direkt die aus Hydroxylammoniumchlorid und
Natriumethylat hergestellte alkoholische Hydrow xylamin-Lösung mit Acrylsäure gemäß
Formelschema (VII) unter an sich gleichen Bedingungen umsetzt.
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Nachteilig wirkt sich bei diesem Verfahren die begrenzte Haltbarkeit
des freien Hydroxylamins aus; Hydroxylamin ist thermisch labil; ferner führen Spuren
von Schwermetallionen zu seiner katalytischen Zerset zung.
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Die Herstellung der erfindungsgemäßen Verbindung (I) mit einem Oxim
als Ausgangsmaterial, wird bevorzugt. Die Reaktion erfordert die Anwesenheit von
Wasser, wobei pro Oximgruppe 1 Mol Wasser eingesetzt wird.
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Größere Wassermengen wirken sich jedoch nicht nachteilig auf die Reaktion
aus. Die Umsetzung kann in Gegenwart oder Abwesenheit von polaren organischen Lösungsmitteln
durchgeführt werden. Je nach Art des eingesetzten Oxims und den gewählten äußeren
Bedingungen ist die Reaktion nach 1 bis 12 Stunden beendet.
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Die Verbindung (1), die in hoher Reinheit anfällt, kann z. B. durch
Filtration oder Zentrifugation abgetrennt werden.
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Als Ausgangsmaterialien können sowohl Aldoxime als auch Ketoxime
eingesetzt werden, vorzugsweise Ketoxime, die z. T. im großtechnischen Maßstab erzeugt
werden. Geeignete Oxime, deren funktionelle Gruppe > C = NOH ist, sind Verbindungen
der allgemeinen Formel
in der R3, R4 = H, gesättigter, ungesättigter Kohlenwasserstoff mit 1 bis 8 C-Atomen
ist oder
in der die Gruppe > C = NOH als Baustein in ein gesättigtes oder ungesättigtes
iso- oder heterocyclisches System R5 integriert ist.
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Des weiteren kann die Gruppierung > C = NOH in der beschriebenen
Art auch mehrmals im gleichen Molekül enthalten sein. Im besonderen sind folgende
Oxime geeignet: Acetonoxim, Butanonoxim, Cyclopentanonoxim, Cyclohexanonoxim, Melhyl-isobutylketoxim,
Methyl-propylketoxim, MethylWtert.butylketoxim, Methylbutylketoxim.
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Die Umsetzung von Oximen mit wäßriger Acrylsäure sei am Beispiel
der Reaktion von Butanonoxim durch folgendes Formelschema erläutert:
Bei der Reaktion wird neben der erfindungsgemäßen Verbindung (1) die dem Oxim zugrunde
liegende Carbonylverbindung gebildet.
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Die Umsetzung von Oximen mit wäßriger Acrylsäure zu (I) muß im Gegensatz
zu den bekannten Umsetzungen mit Säuren (Houben-Weyl, Methoden der organischen Chemie,
Stuttgart 1968, Bd. X/4, S. 269-71) als völlig überraschend bezeichnet werden: nach
den bekannten Verfahren erfolgt lediglich eine hydrolytische Spaltung des Oxims,
wobei sich das gebildete Hydroxylamin zum entsprechenden Hydroxylammoniumsalz stabilisiert.
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Demgegenüber entsteht bei der Reaktion von Oximen mit wäßriger Acrylsäure
das erfindungsgemiiße 3,3-Bis-
[2-carboxyethyt]-3-(hydroxy-ammonium)-propionsäurebetain.
Nach dieser verbesserten Verfahrensvariante lassen sich Ausbeuten der erfindungsgemäßen
Verbindung (I) bis zu 95% erzielen.
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Die bei der Reaktion gebildete Carbonylverbindung kann in vielen
Fällen nach Abtrennung von (I) destillativ als wertvolles Lösemittel gewonnen werden
und z. B. zur Herstellung des Ausgangsoxims dienen.
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Die Herstellung des Oxims erfolgt in bekannter Weise (vgl. z. B.
Organicum, Organisch-Chemisches Grundpraktikum, Berlin, 1977,S.707): die Carbonylverbindung
wird mit geeigneten Salzen des Hydroxylamins, z. B.
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Hydroxylammonchlorid, versetzt. Die bei der Oximbildung freigesetzte
Säure wird mit Basen neutralisiert. Das Oxim wird anschließend von der wäßrigen
Phase abgetrennt und ohne weitere Reinigung direkt mit Acrylsäure und Wasser zu
(I) umgesetzt. Die Einsatzmengen und Reaktionsbedingungen werden entsprechend vorstehend
beschriebener Umsetzung von Oximen mit Acrylsäure und Wasser gewählt.
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Die so hergestellte erfindungsgemäße Verbindung (I) kann in Substanz
oder nach ihrer Neutralisation oder Teilneutralisation mit Laugen in Form wasserlöslicher
Salze als Antioxidationsmittel eingesetzt werden. In diesen Formen kann sie infolge
ihrer reduzierenden Wirkung auch zur Zerstörung von Rest-Peroxiden, z. B. in Polymerisaten,
überall dort Verwendung finden, wo eine Peroxid-Zerstörung z. B. durch Metallionen
oder schwefelhaltige Verbindungen aufgrund spezieller Anwendungszwecke unerwünscht
ist.
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Zum Nachweis der peroxidzerstörenden Wirkung von (I) dient folgender
Versuch: Zu 100 g wäßriger Polyacrylsäure mit einem H2O2-Gehalt von 1,45% werden
5,5 g (I) gegeben. Nach einstündigem Erhitzen auf ca. 1000C ist derjodometrische
Nachweis auf Peroxide negativ. Im Vergleichsversuch (ohne Zugabe von (I)) werden
noch 1% H202 nachgewiesen.
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Wegen der milden reduzierenden Wirkung von (I) eignen sich seine
wäßrig-alkalischen Lösungen vorzüglich als Entwicklerlösungen für photographische
Zwecke. Die können allein oder in Kombination mit den im Handel erhältlichen Entwicklern
für Negativ- und Positiv-Material eingesetzt werden.
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Die Substanz eignet sich ferner als Fungizid vorzugsweise gegenüber
Mehltaupilzen.
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Des weiteren können die reduzierenden Eigenschaften von (I) oder
seiner Salze genutzt werden, um z. B. in Kombination mit Oxidationsmitteln Redoxpolymerisationen
zu initiieren.
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Die Charakterisierung der erfindungsgemäßen Verbindung (I) erfolgte
durch Elementaranalyse, IR-Spektroskopie und Röntgenstrukturanalyse.
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Beispiel I 37,7 g Hydroxylaminhydrochlorid (0,5 Mol) werden in 50
ml absoluten Ethanol suspendiert. Unter Kühlen werden 200 ml einer Natriumethylat-Lösung,
hergestellt durch Auflösen von 11,5 g Natrium in 200 ml absoluten Ethanol, langsam
zugetropft. Vom ausgefallenen Natriumchlorid wird abgesaugt. Das Filtrat, bestehend
aus einer alkoholischen Hydroxylamin-Lösung, wird bei Raumtemperatur zu 126 g Acrylsäure
(1,75 Mol) getropft.
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Nach ca. 3 bis 4 Stunden beginnt sich die Lösung einzutrüben. Nach
weiteren 12 Stunden wird der ausgeschiedene kristalline Festkörper, 86,5 g 3,3-Bis-[2-carboxyethyll-3-(hydroxy-ammonium)-propionsäurebetain,
abgenutscht.
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Ausbeute: 86,5 g entsprechend 70% de#r Theorie bezogen auf Hydroxylaminhydrochlorid.
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Analyse für CgHlsNO7: gef.: C = 43,4%, H = 6,4%, N = 5,9%; ber.: C
= 43,4%, H=6,1%,N=5,6%.
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Beispiel 2 Zu 72 g Acrylsäure (1 Mol) und 6 g Wasser (0,33 Mol) werden
unter Rühren 38 g Cyclohexanonoxim (0,33 Mol) gegeben. Durch Außenkühlung wird die
Temperatur der Reaktionsmischung unter 400C gehalten.
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Nach 9 Stunden wird das kristalline Betain (I) abfiltriert. Die Ausbeute
beträgt 66 g entsprechend 80% der Theorie, bezogen auf das eingesetzte Oxim.
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Analyse: gef.: C = 43,6%, H = 6,5%, N = 5,9%.
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Beispiel 3 Zu 72 g Acrylsäure (1 Mol) und 9 g Wasser (0,5 Mol) werden
29,3 g Butanonoxim (0,286 Mol) unter Rühren zugegeben. Die Temperatur wird unter
Außenkühlung unter 400C gehalten. Nach 9 Stunden wird das kristalline Betain (I)
abgenutscht. Die Ausbeute beträgt 68 g entsprechend 95% der Theorie, bezogen auf
das eingesetzte Oxim.
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Analyse: gef.: C = 43,6%, H = 6,6%, N = 5,8%.
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Beispiel 4 73 g Acetonoxim (1 Mol) werden mit 21,6 g Wasser (1,2
Mol) und 253 g Acrylsäure (3,5 Mol) versetzt. Die Reaktionstemperatur wird während
der nächsten 4 Stunden, gegebenenfalls unter Außenkühlung, unterhalb 500C gehalten.
Nach 12 Stunden werden 229 g (I) abgetrennt. Bezogen auf das eingesetzte Oxim entspricht
dies einer Ausbeute von 92% der Theorie.
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Beispiel 5 86 g Hydroxylammonchlond (1,2 Mol) werden in 200 g Wasser
gelöst. Die Lösung wird zu 72 g Butanon (1 Mol) gegeben. Anschließend wird mit 66
g Soda, gelöst in 180 ml Wasser, neutralisiert. In einem Scheidetrichter wird die
organische Phase (Butanonoxim) abgetrennt. Die erhaltene Lösung wird mit 20 g Wasser
(1,1 Mol) und 229 g Acrylsäure (3,2 Mol) versetzt. Die Temperatur wird auf 356C
gehalten. Nach 10 Stunden werden 209 g (1) isoliert. Die Ausbeute entspricht 84%
der Theorie, bezogen auf das eingesetzte Butanon.
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Beispiel 6 70 g Hydroxylammonchlorid (1 Mol) werden in 162 g Wasser
gelöst. Danach werden 81,3 g Methylisobutylketon (0,8 Mol) zugegeben, im Anschluß
daran 53,6 g Soda, gelöst in 146 g Wasser. Die organische Phase wird abgetrennt
und mit 201,6 g Acrylsäure (2,8 Mol) und 18 g Wasser (1 Mol) versetzt. Die Reaktionstemperatur
wird unter Außenkühlung unterhalb 350C gehalten. Nach Stehen über Nacht werden 175
g (1) abgetrennt. Bezogen auf eingesetztes Methylisobutylketon beträgt die Ausbeute
88% der Theorie.