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Treibladungsanzünder fur Treibladungen extrem hoher Lade-
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dichte Es ist durch den Bericht C. F. Curtis, J. W. Wrench Jr., Interior
Ballistics NDRC Report No. A-397, OSRD Report Nr. 6468 Washington 1945 (Seite 61
f) und durch Schießerprobungen bekannt, daß Treibladungen sehr hoher Ladedichte
(ca 1 gr/cm3) zu Abbrandstörungen und / oder zu katastrophalen Druckanstiegen während
der Anzündung der Ladung neigen, so daß sogar das anzutreibende Geschoß und/oder
die als Abschußgerät benutzte Rohrwaffe zerstört werden können.
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Der Grund hierfür liegt darin, daß bei solchen Ladedichten, unmittelbar
nach der Anzündung nicht zu beeinflussende Druckwellen auftreten können. Dies ist
vor allem darauf zurückzuführen, daß lokale Unterschiede in der Ladedichte entsprechend
dem Abbrandgesetz unterschiedliche Treibgasproduktion hervorrufen, so daß unerwünschte
Druckgradienten entstehen. Dieser Vorgang kann mit einer hohen Geschwindigkeit ablaufen,
K(, : a.% das Geschoß aufgrund von Ausziehwiderstand, Massenträgheitskraft, und
Reibkraft sich nicht schnell genug in Bewegung setzt. Somit steht zu Beginn des
Anzündvorganges bei schnell wachsendem Druck nur der geometrisch begrenzte Ladungsraum
der Waffe zur Verfügung, was zur Folge haben kann, daß die Waffe zerstört wird.
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Hohe Ladedichten lassen sich vor allem mit Schüttpulver erreichen.
Die damit einkergehenien Schwierigkeiten treten ein, wenn sich die Ladedichte der
Schüttdichte nähert oder sie sogar übersteigt. Bei Treibladungen für die Munition
moderner Hochleistungskanonen scheint heute jedoch die hohe Ladedichte unausweichlich
notwendig zu sein, wenn nicht auf größere Patronen oder auf Treibladungspulver mit
höherem Energiegehalt ausgewichen werden kann. Darüber hinaus muß erwartet werden,
daß besonders moderne Pfeilgeschosse, die im Waffenrohr über
Treibkäfige
beschleunigt werden, durch gestörte Anzündung beschädigt werden und durch ihre spezielle
Heckform damit eine Katastrophe begünstigen können.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Treibladungsanzünder
zu bauen, welcher auch bei extrem hoher Ladedichte die Treibladung so anzündet,
daß Druckanstiege und die damit verbundenen Folgen nicht eintreten können.
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Die Aufgabe wird, ausgehend von einem Treibladungsanzünder für Treibladungen
extrem hoher und somit katastrophenträchtiger Ladedichte, bestehend aus einem Anzündelement,
einer Verstärkerladung und einer hierfür notwendigen Haltevorrichtung, erfindungsgemäß
dadurch gelöst, daß der Einbauort des Anzündelementes in der Treibladung so gewählt
ist, daß unmittelbar nach Einleiten des Anzündvorganges die extrem hohe Ladedichte
in eine unkritische Ladedichte überführt wird.
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Die Erfindung geht von der Tatsache aus, daß die Anzündung durch konventionelle
Anzünder nicht nur Druckwellen im bereits produzierten Treibgas erzeugt, welche
als Vieillesche Wellen bekannt sind, sondern daß durch diese Gasdruckdifferenzen
vor allem Dichteunterschiede in der Pulverschüttung hervorgerufen werden. Die Erkenntnis
der Pulvermitbewegung beim Schuß geht auf den Franzosen H. Sebert in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Die sich fortpflanzenden Dichteunterschiede
in der Pulverschüttung kann man deshalb kurz als "Sebert-Wellen" bezeichnen. Diese
führen zu den bereits erwähnten lokalen Erhöhungen der Treibgasproduktion, aber
auch zu mechanischen Beanspruchungen der einzelnen festen Pulverteilchen, und zu
dem sog. Körnerdruck auf den eschoßboden.Da im Extremfall die Pulverkörner dann
sogar zerstört werden können, ist eine weitre Verstärkung von Vieille- und Sebert-Wellen
denkbar, so daß dadurch normalerweise zuerst das empfindlichere Geschoß und danach
das Waffenrohr zerstört werden können. Die Zerstörung der Waffe ist jedoch nicht
zu erwarten, wenn der Ladungsraum durch
eine Ausweichbewegung des
Geschosses vergrößert wird, so daß die erzeugten Treibgase expandieren können.
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Erreicht wird dieser Vorgang dadurch, daß der Einbau ort des Anzündelementes
in der Treibladung so gewählt ist, daß unmittelbar nach Einleiten des Anzündvorgangs
die extrem hohe Ladedichte in eine unkritische Ladedichte überführbar ist.
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Die US-Patentschrift 2, 434, 652 beschreibt den Aufbau eines Anzünders,
der auf den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Anmeldegegenstand zu haben
scheint. Bei näherer Betrachtung des Gegenstandes dieser US-Patentschrift ist jedoch
keinerlei Ubereinstimmung mit dem Anmeldegegenstand der hier eingereichten Erfindung
zu erkennen.
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So ist der Gegenstand der US-Patentschrift eine Rakete, wohingegen
der Anmeldegegenstand eine Patrone ist. Rakete und Patrone müssen von ihren Funktionen
her betrachtet und verglichen werden. Der Ausströmdüse der Rakete entspricht daher
der Hülsenmund der Patrone. Der Raketenantrieb erfolgt durch den Rückstoß, den die
ausströmenden Gase ausüben.
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Beim Schießen mit einer Rohrwaffe entsteht Treibgas, welches aus dem
Hülsenmund der Patrone ausströmt und so das Geschoß antreibt.
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Durch die ausströmenden Gase wird ein Rückstoß erzeugt, welcher bei
der Patrone vom Hülsenmund in Richtung Hülsenboden, bei der Rakete von derJDüse
in Richtung Raketenspitze wirkt. Betrachtet man die Düse der Rakete analog zum Hülsenmund
der Patrone und die Raketenspitze analog zum Geschoß und überträgt nun den Ort des
Primers (squib mit der Nr. 1d in Figur 1 des US-Patents) auf die Patrone, so erfolgt
die Anzündung also ganz konventionell am Hülsenboden und nicht am Geschoßboden,
wie in der Erfindung vorgeschlagen wird.
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Die Treibladung ist aus Scheibenpulver aufgebaut. Durch die US-Erfindung
wird angestrebt, eine bezüglich der Brenndauer extrem kurze Anzündzeit der einander
berührenden großen Oberflächen zu erreichen. Diese Oberflächen sind radial eingerichtet
und lassen sich daher wirksam nur durch.Zündstrahlen gleicher Richtung bedienen.
Eine vergleichbare Funktion gibt es bei der Erfindung nicht. Wie bei jeder Patrone
soll hier die Anzündung der Treibladung zwar auch möglichst gleichzeitig an allen
Orten erfolgen, aber erst, nachdem das Geschoß in Bewegung gesetzt und die extrem
hohe Ladedichte durch die von der Geschoßbewegung ausgehende Verdünnungswelle aufgelockert
ist.
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Anhand eines in der Figur dargestellten Ausführungsbeispieles -wird
die Erfindung näher erläutert.
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Die Figur zeigt eine Patrone mit einem am Mund einer Treibladungsilülve
3 schernatiseh eingezeichneten Treibkäfiggeschoß 1 nebst Geschoßheck 2. In den Hülsenboden
12-ist ein Treibladungsnzz.dffl eingebaut. Der Treibladungsanzünder ragt in die
Treibladung 4 hinein und wird gegen diese durch ein äußeres Anzünderröhrchen 5 abgegrenzt.
Die Wand dieses Anzünderröhrchens 5 wird durch Ausströmfenster 9a, 9b, 9c, 9y, 9z
durchlöchert, wobei sich mindestens ein Ausströmfenster 9a an der Stirnseite des
äußeren Anzünderröhrchens 5 befindet. Im Innern dieses Anzünderröhrchens 5 verläuft
ein inneres Anzünderröhrchen 6, an dessen Spitze ein Primer 7 in unmittelbarer Nähe
des Ausströmf.ensters 9a eingebaut ist. Das innere Anzünderröhrchen 6 beinhaltet
ferner eine Initiierungsleitung 11, welche in einem Inertraum 1d verläuft.
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Das äußere Anzünderröhrchen 5 und das innere Anzünderröhrchen 6 werden
durch eine Verstärkerladung 8 (Booster) voneinander getrennt.
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Der Primer 7 wird vorzugsweise elektrisch über die Initiierungs-
leitung
11 initiiert. Er kann aber auch über eine konventionelle pyrotechnische Verbindung
initiert werde.
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Der initiierte Primer 7 feuert durch die Ausstrdmfenster a und b den
unmittelbar unter dem GesshoSheck X und dem Treibkäfig 1 befindlichen Teil der Treib)adung
4 an. Somit wird dieser Teil des Treibladungspulvers 4 zuerst in Treibgas umgesetzt,
welches nunmehr in der Lage ist, das Geschoß schonend in Bewegung zu setzen, bevor
der restliche bzw. der überwiegende Teil der Treibladung brennt. Dabei muß sich
zwischen der in Primer-Nähe gelegenen Stirnfläche des Anzünders und dem Geschoßboden
1 und 2 soviel Treibladungspulver 4 befinden, daß der Bewcgungsbeginn des Geschosses
geeignet eingeleitet werden kann.
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Selbstverstiåndlich könnte in der technischen Ausführung auch auf
das obere Ausströmfenster und die dazugehörige Ausströmung a verzichtet werden,
wenn die unmittelbar unter der Stirnflache anzulegenden Ausströmfenster b für den
Zweck der geeigneten Einleitung der Geschoßbewegung hinreichende Ausströmunger liefern
Die restliche Verstärkerladung 8 darf nur angezündet werden, wenn die Ausströmfenster
a bzw. b geeignet bedient sind.
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Die weiteren Ausströmfenster müssen danach in der Reihenfolge h. c.
d ... y, z von der Anzündladung beaufw schlagt werden.
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Zweck dieses Vorganges ist ein Auflockerr der Treibladung hoher Dichte
in den vom bewegten Geschoß freigegebenen Raum hinein. Dabei muß sichergestellt
sein, daß die sich über die einzelnen Pulverkörner ebenfalls in Richtung b, c, d
... y, S ausbreitende Flammfront die entsprechende Anzündflont, die von der Verstärker-Ladung
mittels der Ausström-Fenster hervorgerufen ist1 nicht überholt und hEchstens am
Hülsenboden 12 einholt.
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Durch die erfindungsgemäß ausgeführte Anzündung ist die katastrophenträchtige
Treibladung hoher Dichte in eine problemlose Ladung unkritischer Dichte überführt.
Eine Starung der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Beschickung der Ausström-Fenster
läßt außerdem erwarten, daß eine Verbesserung des ballistischen Wirkungsgrades des
Systeme Treibladung- Rohrgeschoß erreicht wird. Dies bietet weiterhin die Möglichkeit,
die für eine bestimmte Mündungsgeschwindigkeit erforderliche Treibladungsmasse unter
sonst gleichen Bedingungen gegenüber der bei konventioneller Anzündung zu reduzieren.
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Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin,
da a) die Anzündung der Treibladung nicht mehr zur Zerstörung von Waffe und Munition
führen kann, b) die Bedienungsmannschaft des jeweiliegen Geschützes nicht mehr gefährdet
wird1 c) der katastrophensichere Treibladungsanzünder mit einfachsten Mitteln herzustellen
ist, d) der katastrophensichere Treibladungsanzünder billig in der Herstellung ist,
e) bereits existierende Munition mit einem derartigen katastrophensicheren Treibladungsanzünder
ohne großen Aufwand nachzurüsten ist.
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f) bessere Schießergebnisse zu erwarten sind.
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Bezugszeichenliste: 1 Treibkäfig (Unterteilj 2 Geschoßheck 3 Treibladungshülse
4 Treibladung 5 äußeres Anzünderröhrchen 6 inneres Anzünderröhrchen 7 Primer 8 Verstärkerladung
(Booster) 9 Ausströmfenster a, b, c, ... y, z 1d Inertraurn 11 Initiierungsleitung
12 Patronenboden, Hülsenboden
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