-
-
"Elektrisch isolierende Kunstharzmasse"
-
Die Erfindung betrifft eine elektrisch isolierende Kunstharzmasse,
insbesondere auf Basis von Epoxidharzen, mit gegenüber dem Basismaterial erhöhter
Elektronenleitfähigkeit.
-
In der Elektrotechnik besteht ein großer Bedarf an Kunstharzmassen,
z. B. für die Herstellung von Isolatoren oder Gehäusen, deren elektrische Leitfähigkeit
bezogen auf den Querschnitt der Kunstharzmasse (Volumenleitfähigkeit) innerhalb
eines Bereiches, in dem die Kunstharzmasse noch als Isolator wirkt, z. B. zwischen
etwa 10-14 und 10-7 t g cm) 1, vorgewählt werden kann. Denn hierdurch ist es möglich,
noch ausreichende Isolierwirkung aufrechtzuerhal-
ten und gleichzeitig
zu erreichen, daß die Volumenleitfähigkeit des Isolators größer ist als die Leitfähigkeit
von sich evtl. einstellenden Oberflächenverschmutzungen oder Oberflächenbelägen
(OberflächenleitfähigkeitJdes des Isolators. Durch diese Maßnahme wird ein Überschlag
entlang der Oberflächen eines zwischen elektrische Leiter eingefügten Isolators
und somit seine Zerstörung mit Sicherheit vermieden. Des weiteren ist es mit Isolatoren,
deren Leitfähigkeit z. B. um 3 bis 5 Zehnerpotenzen vergrößert ist, leicht möglich,
unerwünschte und ggf. gefährliche Aufladungen und/oder Überspannungen von den zu
isolierenden Teilen gefahrlos abzuleiten.
-
Bekannte elektrisch isolierende Kunststoffe, die gegenüber ihrem Basismaterial
erhöhte Elektronenleitfähigkeit aufweisen, enthalten elektronenleitende Füllstoffe
wie Kupfer, Gold, Platin, Kohle oder Graphit. Kunststoffe mit solchen Zusätzen haben
jedoch den Nachteil, daß bei geringem Anteil dieser Füllstoffe keine Erhöhung der
Leitfähigkeit bei einer Vergrößerung des Zusatzes die Leitfähigkeit jedoch derart
sprunghaft ansteigt, daß der Kunststoff aufgrund seiner hohen Leitfähigkeit nicht
mehr als elektrischer Isolator gelten kann. Dies ist dadurch zu erklären, daß beim
Erreichen eines Schwellwertes bezüglich des Füllstoffzusatzes soviele leitfähige
Füllstoffkörner im Kunststoff vorhanden sind, daß sich diese genügend oft berühren
und somit durchgehende elektronenleitende Pfade im Kunststoffkörperbilden.
-
In der Praxis beobachtet man bei einem Isolierkörper aus einem solchen
Kunststoff ohne Füllstoffe eine Leitfähigkeit von z. B. etwa 10-15 bis 10-18 (#.cm)-1,
die bei einem Zusatz von Füllstoffen in geringen Mengen etwa konstant bleibt und
die sich beim Erreichen des Schwellwertes bezüglich der zugegebenen Füllstoffmenge
schlagartig auf Werte von etwa 10 4 ( cm)-l ändert.
-
+ erfolgt
Wie sich nun aus Vorstehendem ergibt, ist
es somit nicht möglich, die elektrische Leitfähigkeit des bekannten Kunststoffes
in jenem Bereich, in dem dieser noch als Isolierstoff gilt, kontinuierlich zu variieren.
-
Ausgehend von diesem Stand der Technik lag der Erfindung daher die
Aufgabe zugrunde, eine elektrisch isolierende Kunststoffmasse der eingangs genannten
Art anzugeben, deren Elektronenleitfähigkeit innerhalb eines Bereiches, in dem die
Kunststoffmasse noch als elektrischer Isolator zu gelten hat, stufenlos und beliebig
einstellbar ist. Darüber hinaus soll die Kunststoffmasse bei einfacher und kostengünstiger
Herstellungsmöglichkeit sowie universeller Anwendbarkeit den beim Einsatz auftretenden
Anforderungen gewachsen sein.
-
Die Lösung dieser Aufgabe ist bei einer elektrisch isolierenden Kunstharzmasse
der eingangs genannten Art erfindungsgemäß gekennzeichnet durch den Zusatz von Elektronenakzeptor-Molekülen
und/oder Elektronendonator-Molekülen zur Bildung von Charge-Transfer-Komplexen durch
zumindest teilweise Umsetzung mit funktionellen Gruppen des Basismaterials und/oder
dessen Zusatzstoffen unter Freisetzung von Elektronen, in Mengen von 0,1 bis 60
Gew. %, insbesondere 1 bis 20 Gew. %, bezogen auf das Gesamtgewicht.
-
Die Erfindung geht somit von dem Gedanken aus, der Kunstharzmasse
bzw. dem Polymerisat einen Zusatz bei zugeben, dessen Moleküle im wesentlichen einzeln
mit einzelnen geeigneten funktionellen Gruppen der Polymerkette bzw. des Polymerrings
eine Bindung unter Elektronenübertragung im Sinne eines Charge-Transfer-Komplexes
eingehen.
-
Die Kunstharzmasse und der Zusatz sind jeweils neutrale Stoffe. Wenn
man die Kunstharzmasse jedoch in kleinen Vo-
lumenelementen betrachtet,
so treten dort sowohl funktionelle Gruppen mit einer besonders hohen Elektronendichte
und an einer anderen Stelle solche Gruppen mit geringer Elektronendichte auf.
-
Zu den Gruppen mit hoher Elektronendichte kann man z. B.
-
die folgenden zählen: Olefinische Kohlenstoff-Doppelbindungen, Kohlenstoff-Dreifachbindungen,
NH-Gruppen, C,N-Dreifachbindungen, Kohlenstoffbindungen in Aromaten und Heterocyclen
soweit die 4 n + 2 Regel von Hückel befolgt ist, sowie CN-Bindungen in Heterocyclen,
OH-Gruppen, SH-Gruppen, Äther- und Thioäthergruppen, Jod, Stickstoff-Einfach- oder
Mehrfachbindungen und schließlich Sauerstoff- und Schwefelbindungen.
-
Zu den Gruppen, die in einer polymeren organischen Verbindung eine
geringe Elektronendichte bzw. Elektronenmangel haben, kann man z. B. die folgenden
zählen: Kohlenstoff-Doppelbindungen, die in ihrer beider Nachbarschaft folgende
elektronenabziehende Gruppierungen haben: Halogen-Gruppen, Pseudohalogen-Gruppen,
Carbonyl-Gruppen, Nitro-Gruppen, OH-Gruppen, SH-Gruppen, C,S-Gruppen; ferner der
Schwefel in Sulfoniumsalzbindungen, der Sauerstoff in Oxoniumsalzbindungen und der
Stickstoff in Ammoniumsalzbindungen.
-
Unter Elektronenakzeptoren versteht man Neutralstoffe, die von anderen
neutralen organischen Molekülen Elektronen besonders leicht aufnehmen können, unter
Elektronendonatoren versteht man dagegen solche Neutralstoffe, die Elektronen besonders
leicht an andere organische Moleküle abgeben können. Man kann nun ein Elektronenakzeptormolekül
mit einem Elektronendonatormolekül umsetzen. Dabei tritt ein Ladungsübergang auf
und es bildet sich ein sogenannter Charge-Transfer-Komplex.
-
Solche Verbindungen wurden bereits miteinander umgesetzt, um organische
salzartig aufgebaute Festkörper zu erhalten mit hoher elektrischer Leitfähigkeit,
die in der Zukunft einmal als elektronische Leiter geringen Gewichts in speziellen
Fällen eingesetzt werden sollen (Koonce, C.S.
-
"Pleierls Transitions in Semimetallic one Dimensional Charge Transfer
Salts", Solid State Commun. 14, (1974) 11, S. 1141 - 1144). Festkörper dieser Art
sind jedoch nicht als Werkstoffe für den vorliegenden Fall und insbesondere nicht
als Isolierstoffe geringer Leitfähigkeit geeignet, denn die Leitfähigkeit solcher
Festkörper liegt in einer Größenordnung von etwa 10'1 bis 10+3 (cm) 1.
-
Gemäß der vorliegenden Erfindung wird nun die homogene Volumenleitfähigkeit
von elektrisch isolierenden Kunstharzmassen dadurch erhöht, daß analog zllr Bildung
von Charge-Transfer-Komplexen die mit Elektronenunterschuß ausgestatteten funktionellen
Gruppen des Kunststoffes mit zugesetzten Elektronendonator-Molekülen umgesetzt werden
und/oder die mit Elektronenüberschuß ausgestatteten funktionellen Gruppen des Kunststoffes
mit Elektronenakzeptor-Molekülen umgesetzt werden.
-
Es entstehen dann im Kunststoff Charge-Transfer-Komplexe, deren Donator-
oder Akzeptoranteil jeweils ein Bestandteil der Kunstharzmasse ist. Analog zu der
Zahl der so "intergrierten" Charge-Transfer-Komplexe entstehen in der Kunstharzmasse
frei bewegliche Elektronen. Bei Sonzentrationserhöhung des Zusatzes erhöht sich
die Zahl der "integrierten" Charge-Transfer-Komplexe, falls die Kunststoffmasse
noch über geeignete nicht abreagierte funktionelle Gruppen verfügt. Dabei erhöht
sich auch die Zahl der frei beweglichen Elektronen und somit die Volumenleitfähigkeit
in jenem Bereich, in dem die Kunstharzmasse als elektrischer Isolator gilt, in Abhängigkeit
von der Konzentration des Zusatzes.
-
Dies ist aber gerade jener Bereich, in dem durch Zusatz eines leitfähigen
Füllstoffes eine Erhöhung der Leitfähigkeit bei Kunststoffen gemäß dem Stand der
Technik nicht realisiert werden kann.
-
Soll die Kunstharzmasse für elektrische Isolatoren Anwendung finden,
so ist eine vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung gekennzeichnet durch den Zusatz
von Elektronenakzeptor-Molekülen und/oder Elektronendonator-Molekülen in solchen
Mengen, daß die ausgehärtete Kunstharzmasse eine Leitfähigkeit in der Größenordnung
von 10-10 bis 10-12 (5z-cm) 1 vorzugsweise etwa iO'll (#.cm)-1 aufweist.
-
Soll die Kunstharzmasse elektrische Ladungen ableiten, wie z. B. beim
Einsatz für antistatische Gehäuseteile oder Tonträger, so ist eine andere empfehlenswerte
Weiterbildung der Erfindung gekennzeichnet durch den Zusatz von Elektronenakzeptor-Molekülen
und/oder Elektronendonator-Molekülen in solchen Mengen, daß die ausgehärtete Kunstharzmasse
eine Leitfähigkeit von mehr als 10 (. cm)-1, vorzugsweise in der Größenordnung von
10 7 bis 10 9 ( g- cm) 1 aufweist.
-
Als Elektronenakzeptoren können vorteilhaft ein oder mehrere Zusätze
aus folgender Gruppe dienen: Tetracyanoquinodimethan, 1,3,5-Trinitrobenzol, Chloranil,
p-Chinon, dienophile Stoffe wie Tetracyanoäthylen und Maleinsäureanhydrid.
-
Als Elektronendonatoren ist ein Zusatz oder mehrere Zusätze aus folgender
Gruppe zu empfehlen: Tetrathiafulvalen, Dibenzotetrathiafulvalen, Perylen, Pyren,
Pyridazin, aromatische Amine, t-Stilben, Phenothiazine, Anthracen, Naphtalin.
-
Außer elektrisch isolierenden Kunstharzmassen auf der Basis von Epoxidharzen,
kann das Basismaterial ebenso vorteilhaft im wesentlichen aus Polyamid oder Polyester
oder Polyurethan bestehen.
-
Der Gegenstand der Erfindung hat für Gießharze eine besondere Bedeutung,
denn mit solchen Gießharzen lassen sich sehr leicht selbst Körper mit komplizierten
Formen, wie sie in der Elektrotechnik z. B. für Isolatoren oder Gehäuse Verwendung
finden, sehr leicht herstellen. Bevorzugte Anwendungsgebiete sind in der Drehstromtechnik
Herstellung von Durchführungen, Sabesvndrschlüssen und Isolatoren, in der Hcchspannungs-Gleichstromübertragungstechnik
zur Isolierung von Kabeln und Schaltern bzw. Schaltanlagen und in anderen Gleichspannungsanlagen
wie Beschleunigern, Bestrahlungsgeräten oder Röntgengeräten, Einsatz zu den gleichen
oder ähnlichen Zwecken. Für den Fall, daß die Polymerkette des Basismaterials nicht
über ausreichend geeignete funktionelle Gruppen zur Bildung von Charge-Transfer-Komplexen
verfügt, kann es sich empfehlen, Zusatzstoffe einzumischen oder vorzugsweise im
Sinne eines Kopolymerisats einzupolymerisieren, welche entsprechende funktionelle
Gruppen in ausreichendem Maße aufweisen.
-
Beispiele Zur Herstellung einer elektrisch isolierenden Kunstharzmasse
wurden 20 g eines Epoxid-Harzes mit der Bezeichnung V3105 (Hersteller: Firma Ciba-Geigy)
und 20 g des zugehörigen Härters bei Zimmertemperatur unter Stickstoffatmosphäre
getrennt gerührt. Separat wurden 400 mg Tetracyanoäthylen in 50 ml Dichlormethan
<CH2 Cl2) gelöst. Bei einer Temperatur von 70 OC wurde dann die Tetracyanoäthylenlösung
in 20 Portionen zu je 2,5 ml innerhalb einer Zeitspanne von etwa 2 Stunden nacheinander
zur Harzlösung gegeben. Zwischen den einzelnen Zugaben destillierte das Trichlormethan
ab. Nachdem die gesamte Tetracyanoäthylenmenge zugegeben und das Lösungsmittel verdampft
war, wurde die Epoxidharzlösung und die Härterösung miteinander vermischt und in
eine Gießform von der Größe 100 x 100 x 4 mm eingegossen. Die Gieß-
form
war vorher mit einem Trennmittel (Agent de demoulage QZl3, Hersteller: Firma Ciba-Geigy)
welches das Anhaften des Epoxidharzes verhindert, präpariert worden. Das Produkt
wurde nun 20 Stunden lang bei einer Temperatur von 80 OC und anschließend 20 Stunden
bei einer Temperatur von 140 OC ausgehärtet und nach dem Abkühlen die Volumenleitfähigkeit
bestimmt (vgl. Tabelle).
-
Ein stabförmiger Probekörper mit den Abmessungen 7,5 x 15 x 60 mm
wurde mit dem in der Leitfähigkeit modifizierten Epoxidharz hergestellt. Dieser
Probenkörper wurde unter Schwefelhexafluorid mit einem Absolutdruck von 400 kPa
in einer weitgehend homogenen Elektrodenanordnung geprüft. Bei Gleichspannungen
bis 200 kV an einer hochstabilisierten Spannungsquelle zeigte sich ein gegenüber
einer geometrisch gleichen Probe aus unbehandeltem Epoxidharz um 3 Zehnerpotenzen
erhöhter Ableitstrom. Damit ist gezeigt, daß die Leitfähigkeit um drei Zehnerpotenzen
gegenüber dem Basismaterial erhöht werden konnte. Bei höheren Spannungen ergab sich
- insbesondere bei Verschmutzung - eine wesentlich geringere Neigung zum Gleitüberschlag
der modifizierten gegenüber der nicht modifizierten Probe.
-
Auf ähnliche Weise wurden weitere Proben mit anderen Basismaterialien
und anderen Zusätzen hergestellt sowie untersucht und die aus nachstehender Tabelle
ersichtlichen Ergebnisse erreicht.
-
Ergebnisse von Leitfähigkeitsmessungen mit verschiedenen Basismaterialien
und verschiedenen Zusätzen Basismaterial Zusatz Gew. % Lösungsmittel Art des Zusatzes
Elektrische Leitdes Zusatzes für Zusatz D = Donator fähigkeit A = Akzeptor (#. cm)-1
Epoxidharz kein Zusatz - - 10-16 " C6N4 0,3 Dichlormethan A 0,5 x 10-14 " C6N4 1
Dichlormethan A 0,13 x 10-13 " t-Stilben 3 Benzol D 0,2 x 10-11 " Anthracen 3 Benzol
D 0,53 x 10-10 " Naphtalin 3 Benzol D 0,33 x 10-10 " Dibenzotetra- 3 Benzol D 0,5
x 10-10 thiafulvalen " Tetracyano- 3 Acetonitril A 0,5 x 10-10 quinodimethan " C6N4
18 Dichlormethan A 4 x 10-8 Polyurethan kein Zusatz - - 0,5 x 10-13 " C6N4 6 - A
0,38 x 10-10 " Anthracen 3 - D 0,33 x 10-10 " C6N4 3 - A 1 x 10-11 " C6N4 36 - A
2 x 10-8 Polyamid kein Zusatz - - 10-14 " C6N4 3 - A 0,14 x 10-11 " Anthracen 3
- D 0,33 x 10-11