-
Wilhelm Höfflinghoff
-
6800 Mannheim Alfred Donath 6700 Ludwigshafen/Rhein Verfahren zur
Herstellung von zur Abschirmung gegen radioaktive Strahlen dienendem Material.
-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von zur Abschirmung
gegen radioaktive Strahlen, insbesondere gegen Gammastrahlen, dienendem Material.
-
Zur Sicherung des Energiebedarfs der nächsten Jahre und Jahrzehnte
wird in immer stärkerem Maße die Kernenergie herangezogen, da man davon ausgeht,
daß fossile Brennstoffe zur Erzeugung der erforderlichen Wärme nur noch in beschränktem
Umfange auf der Erde
vorrätig sind. Dabei wird derzeit die gesteuerte
Kern-Kettenreaktion bestimmter Elemente bevorzugt zur Wärmeerzeugung damit zur Stromerzeugung
ausgenutzt.
-
Bei der Kettenreaktion werden - dies ist das wesentliche Problem-
radioaktive Strahlen frei, welche die in der näheren und weiteren Umgebung um das
Kraftwerk herum lebenden Menschen, Tiere und Pflanzen schädigen können. Eine solche
Schädigung tritt dann auf, wenn die auf das Individium einwirkende radioaktive Strahlung
einen bestimmten Maximalwert überschreitet. Die Folge sind Verbrennungen, krebsartige
Erkrankungen und dergleichen, welche in vielen Fällen zum Tod6 führen. Ist die Strahlung
nicht energiereich genug, um die genannten Erkrankungen hervorzurufen, so besteht
immer noch die Gefahr, daß die radioaktive Strahlung zu Schädigungen der Erbmasse
der Individuen führt. Gerade letztere Schädigungen sind erheblich problematischer
und auch schwieriger zu erkennen, da sie sich erst in der Zukunft voll auswirken.
Aus diesem Grunde werden die Bereiche, in denen die radioaktive Strahlung entsteht,
in räumen eingekapselt, die gegen Abstrahlung von radioaktiven Strahlen weitestgehend
gesichert
sind. Anders ausgedrückt: Man umhüllt die sogenannten
"heißen Zonen mit Material, welches die radioaktiven Strahlen nicht oder nur in
geringem, dann aber unschädlichem Maße durchläßt.
-
Ein solches Material ist Blei, welches eine ausreichende Abschirmung
gegen Gammastrahlen bildet, und welches zur Abbremsung bzw. Absorption von schnellen
Neutronen mit einer Polyäthylenschicht versehen ist. Blei besitzt jedoch ein großes
spezifisches Gewicht und einen niedrigen Schmelzpunkt.
-
Außerdem bereitet die Installation der aus Blei bestehenden Abschirmungen
oft gewisse Schwierigkeiten.
-
Dennoch benutzt man Blei zur Bildung der Abschirmung bei nicht stationären
Kraftwerken in Schiffen, U-Booten etc.
-
Für stationäre Kernkraftwerke verwendet man wegen der besseren Verarbeitungsmöglichkeit
Beton oder Barytbeton, welch letzterer auch unter dem Namen Abschirmbeton bekannt
ist. Der Barytbeton ist aus Kies, Sand, bestimmten Zuschlägen und Bindemitteln zusammengesetzt,
wobei als wichtigster Zuschlagstoff Baryt (Schwerspat, BaSO4) verwendet wird. Als
Bindemittel kommen fast ausschließlich Zemente in
Frage, welche
nach Gesichtspunkten der Betonverarbeitungstechnologie ausgewählt werden. Gegebenenfalls
können auch Kunstharze oder Bitumen als Bindemittel verwendet werden; mit letzteren
hat man jedoch kaum Erfahrungen. Die Verarbeitung erfolgt meist auf der Baustelle;
eine fabrikmäßige Vorfertigung erscheint zwar prinzipiell möglich, wird jedoch wegen
der Transportprobleme nur bei verhältnismäßig kleinen und gewichtsmäßig leichten
Bauelementen erfolgen. Um bestimmte Schwächungsgrade oder Schwächungswerte zu erzielen,
d.h. um eine ausreichende Abschirmung zu erzielen, müssen die Wände aus Beton ausreichend
dick ausgeführt sein, was für den Einsatz in nicht stationären Kraftwerken auf Schiffen
und dergleichen wegen des Gewichtes ungünstig ist.
-
Probleme, wie sie bei Kernreaktoren und Kernkraftwerken auftreten,
findet man auch in röntgenologischen Untersuchungslabors, beispielsweise in Labors
zur Werkstoffprüfung, in medizinischen Röntgenuntersuchungslabors oder in Räumen,
in denen bestimmte Krankheiten mit Röntgen- oder ähnlichen energiereichen Strahlen
behandelt werden. Teilweise
verwendet man hier Blei-Abschirmelemente
und zum Teil werden auch Abschirmelemente aus Baryt-beton benutzt. Die Ausführung
der Abschirmung ist auf die im Labor befindlichen Geräte abgestimmt, wobei besonders
die Art der verwendeten Strahlen für die Abschirmung wesentlich ist.
-
Sollen im gleichen Labor andere Strahlungsarten oder energiereichere
Strahlen angewandt werden, so müssen, da auch andere Geräte eingesetzt werden, zwangsläufig
die Abschirmmaßnahmen geändert werden.
-
Dies bedeutet in den meisten Fällen eine Verbesserung der Abschirmung.
Solche Verbesserungen der Abschirmung können oft überhaupt nicht durchgeführt werden,
weil z.B. die statischen Auflagen nicht erfüllt werden können.
-
Das Problem der Abschirmung der radioaktiven Strahlen ist nicht das
einzige Problem. Bei Kernkraftwerken der derzeit eingesetzten Bauarten wird der
Strom von mittels Turbinen angetriebenen Generatoren erzeugt. Eine absolute Dichtigkeit
kann nicht erzielt werden. Es besteht die Gefahr, daß mit dem Dampf radioaktive
Partikel nach außen dringen können.
-
Auch bestimmte Arten von Abluft können radioaktive
Partikel
enthalten. Diese Partikel sind nur durch Filter rnit geeigneten Filtermaterialicn
ausreichend auszufiltern. Die radioaktiven Partikel bleiben im Filter zurück und
müssen dann unschädlich gemacht, d.h. in sicheren Bunkern deponiert werden.
-
Bei dem Kettenreaktionsprozess entstehen radioaktive, oft giftige
Zerfallsprodukte, die nicht mehr weiterverarbeitet werden können und somit als Müll
anfallen. Dieser "Atommüll" wird zur Zeit in dichte Behälter eingeschlossen und
in unterirdischen Kavernen in Salzstöcken abgelagert. Dabei ist darauf zu achten,
daß sich die Salziagerstätten in tektonisch ruhigem Gebiet befinden, so daß die
Höhlungen auch in den nächsten Jahrhunderten nicht durch Erdbeben oder andere tektonische
Ereignisse zerstört werden. Die Behälter selbst sind meist aus korrosionsfreiem
Material, so daß die Gefahr einer Beschädigung verhältnismäßig gering ist; eine
Restgefahr bleibt jedoch immer noch bestehen.
-
Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren der eingangs genannten
Art zu schaffen, mit dem ein Material hergestellt werden kann, bei welchem eine
gute Verarbeitungsmöglichkeit vor Ort und in der Fabrik gegeben
ist,
weiches leichter ist als die bekannten Materialien und bei welchen der Schwächungsgrad
mindestens ebensogut ist wie der von Beton-, Barytbeton oder ähnlichen Materialien.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein erstes Verfahren der
eingangs genannten Art gelöst, nach dem pulverförmige oder pulverisierte Verbindungen
des Blei es und Kunstharz in einem bestimmten Mischungsverhältnis miteinander vermischt
werden und danach das Kunstharz ausgehärtet wird.
-
In einer weiteren Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens werden
pulverförmige oder pulverisierte Verbindungen des Bleies und Erdalkalien und/oder
Erden, insbesondere Tonerde, miteinander vermischt und danach zur Bildung von Bauelementen
verfrittet.
-
Als Bleiverbindungen kommen dabei insbesondere die Oxyde des Bleies
und das Bleicarbonat in Frage. Bevorzugt wird das Blei- (II)- Oxyd, PbO, Bleimonoxyd,
da sich dies als günstig für harte, energiereiche Gammastrahlung erwiesen he.t.
Mischt man das PbO mit Kunstharz und läßt das Gemisch aushärten, dann wird der zusätzliche
Effekt erzielt, daß das fertige, ausgehärtete Produkt, welches beispielsweise als
Platte
ausgebildet sein kann, sowohl die Gammastrahlung als auch schnelle Neutronenstrahlung
optimal abschirmen kann.
-
Es besteht auch die Möglichkeit, anstatt PbO auch PbO2 und Pb304 zu
benutzen.
-
Außerdem besteht die Möglichkeit, anstatt ein Oxyd des Bleis, Bleicarbonat
dem Kunstharz zuzumischen.
-
Da PbO verhältnismäßig teuer ist, besteht auch die Möglichkeit, einen
Teil des Bleioxyds durch das Bleicarbonat zu ersetzen.
-
Bleioxyd und Bleicarbonat fallen in Pulverform an und können somit
bequem dem Kunstharz beigemischt werden. Sie dienen im wesentlichen der Abschirmung
und Absorption von harten energiereichen Strahlen, z.B.
-
Gammastrahlen.
-
Die gewünschte Zusammensetzung, d.h. das Mischungsverhältnis von Bleiverbindung
plus Harz hängt im wesentlichen von der Strahlungsart bzw. Strahlungsquelle ab.
-
Das Harz hat außerdem noch den Vortsil, daß es zur Abschirmung von
schnellen Neutronen optimal geeignet ist.
-
Mit der Menge an Harz kann die Abschirmung und die Absorption derartiger
schneller und heißer Neutronen eingestellt werden.
-
Es besteht auch die Mögl.ichlreit, zusätzlich noch
geeignete
Trägermaterialien hinzuzufügen; dies können sein pulverige Rückstände aus einem
Flotationsverfahren zur Anreicherung von Erzen, pulverisierte Schlacke, Rotschlasm.
-
Als Kunstharz kann vorteilhaft ein unter Druck und Hitze verfestigbares
Harz eingesetzt werden, beispielsweise ein Thermoplast oder ein Duroplast, Selbstverständlich
kann auch flüssiges Kunstharz verwendet werden, welches auf der Baustelle oder in
der Fabrik unter Zufuhr von Härter ausgehärtet werden kann.
-
Stellt man Platten, Schalen oder dergleichen aus der Mischung von
Kunstharz mit Bleioxyden oder Bleicarbonat her, dann kann man zur Verstärkung auch
Glasfasern oder Kohlefasern beimischen; ähnlich wie bei Karosserieelementen aus
Kunststoff besteht natürlich auch die Möglichkeit, Glasfaservliese in die Bleioxyd-
bzw. Bleicarbonat-Kunststoffmischung einzuarbeiten, Mit dem erfindurigsgemäßen Verfahren
werden Materialien geschaffen, die sich zu allen möglichen Bauteilen verarbeiten
lassen. Man kann beispielsweise Platten, Rohre, oder glasfaserverstärkte Behälter
zur Aufnahme von radioaktiven Abfallprodukten wie Filterrückständen, Zerfalisprodukten
mit langer Haltwertszeit herstellen.
-
Das Material kann auf Metalle aufgeschichtet werden, insbesondere
auf in radioaktiv verseuchten Gegenden
zu bewegende Räum- oder
Bergefahrzeuge. Die Beschichtung kann durch Aufspritzen von flüssigen, an der Luft
aushärtendem Material oder durch Aufspachteln von Material mit entsprechender Konsistenz
erfolgen. Selbstverständlich kann das Material in der Fabrik vorgefertigt und wegen
des relativ geringen Gewichtes problemlos auf die Baustelle gefahren werden. Es
besteht auch die Möglichkeit, da Material auf der Baustelle zu verarbeiten bzw.
das Verfahren auf der Baustelle anzuwenden, indem das flüssige Gemisch aus Kunststoff
und Blei oxyd und/oder Bleicarbonat und den Zusatzmitteln auf der Baustelle vergossen,
verspritzt oder in ähnlicher Weise verarbeitet wird.
-
Vermischt man anstatt Kunstharz Erdalkalien und/oder Erden, insbesondere
Tonerde mit den Bleiverbindungen, dann kann das Gemisch frittiert werden, d.h. soweit
erhitzt werden, bis die Erdalkalien bzw. die Erden zusammensintern unter Einschluss
der Bleiverbindungen. Das hierbei entstehende Ma-terial kann fabrikmäßig in Form
von Platten oder Steinen hergestellt werden, welche dann auf einer Baustelle unter
Zwischenfügen von auszuhärtendem Kunstharz mit den Bleiverbindungen zum einheitlichen
Mauerwerk
zusammengesetzt werden kann.
-
An Hand einiger Beispiele sollen die besonderen Vorteile der Erfindung
näher erläutert und beschrieben werden. Dabei werden einige Materialien, die in
bestimmter Zusammensetzung nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt worden
sind, in einer Tabelle aufgeführt und Blei und Barytbeton gegenübergestellt. Bei
allen Untersuchungen wurde jeweils eine Platte mit den Abmessungen 15 cm x 15 cm
mit einer γ- Strahlung mit 300 kV durchstrahlt. Ein Maß für die Güte ist dabei
der mittlere Schwächungswert.
-
In der folgenden Tabelle sind die einzelnen Werte eingetragen: Gruppe
Mischungsver- Plattendicke mittl. mittl.
-
hältnis in cm Dichte Schwächungsin g/c³ wert A 25% Schlacke 15% Rotschlamm
10 % Fe2O3 4,3 2,75. 114 50 % PbO 20% Schlacke B 20% Rotschlamm 60% PbO, an Ze-
4,3 2,75 134 ment gebunden 50% Schlacke C 50% PbO + 4,4 2,96 215 10% Harz D 50%
Schlacke 4,2 3,29 307 50% PbO + 20% Harz
Gruppe Mischungs- Platten-
mittl. mittl.
-
verhältnis dicke Dichte7in Schwächungsin cm g/cm³ wert 15% Harz E
4,23 4,23 8500 85% PbO Barytbeton 5,0 3,2 40 Blei 0,5 11,3 123 Die % - Angabe; sind
nur ungefähre Werte. Die Schwächungswerte werden z.T. Abweichungen zeigen bis etwa
8% nach oben und unten.
-
Man erkennt aus der Tabelle, daß das Material mit einem Mischungsverhältnis
von 7 Teilen PbO und 1 Teil Harz (entspricht etwa dem Material der Gruppe E) die
besten Ergebnisse zeigt. Im Vergleich zu Barytbeton ist zu sagen, daß die aus diesem
Material E gefertigten Wände etwa 1/3 so dünn zu bemessen sind, als solche aus Barytbeton.
-
Man erhält also eine Wafiddicken-ersparnis von 66%.
-
Die Materalien der Gruppen A und B führen zu einer Wanddickenersparnis
von ca. 30%, die der Gruppe C zu einer solchen von 40% und die der Gruppe D zu einer
Einsparung von mehr als 48% im Vergleich zu Barytbeton.