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Dielektrische Flüssigkeiten für die Metallbearbeitung durch Elektroerosion
Die vorliegende Erfindung betrifft dielektrische Flüssigkeiter, auf der Basis von
Kohlenwasserstoffen zur Verwendung in Elektroerosionsprozessen. Bei diesen modernen,
vielseitig anwendbaren Verfahren erfolgt eine Bearbeitung von elektrisch leitenden
Werkstoffen durch Funkenentladungen zwischen einer Werkzeugelektrode und einem Werkstück
in einer Arbeitsflüssigkeit.
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Der besondere Vorteil dieser Verfahren liegt in der groben Genauigkeit,
mit der auch aus sehr harten Werkstoffen Wegen stände von komplizierter Formgebung
hergestellt werden können.
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Die Wirtschaftlichkeit von Funkenerosionsverfahren wird wesentlich
durch den Verschleiß der Werkzeug-Elektrode und durch das in der Zeiteinheit abtragbare
Werkstoffvolumen, also die Abtragsleistung am Werkstück, bestimmt. Beide Größen
können durch die Natur des Arteitsmediumsbeeinflußt werden. Neben Wasser und Siliconölen,
deren Verwendung nur in speziellen Fällen möglich bzw. sinnvoll ist, werden in der
Praxis vor allem dünnflüssige Kohlenwasserstofföle, insbesondere Mineralölprodukte,
eingesetzt.
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In der Palette dieser Kohlenwasserstofföle, die sich einen Viskositätsbereich
von etwa 1,5 bis 20 cst bei ,~cw erstreckt,
nimmt die Effektivität
im Schruppprozeß, in dem der wesentliche Metallabtrag von der Werkstück-Elektrode
erfolgt, mit zunehmender Viskosität zu. Andererseits aber lassen sich die zur Glättung
der Metalloberfläche erforderlichen Schlichtoperationen im Funkenerosionsprozeß
nur mit vergleichsweise niedrigviskosen Dielektrika (1,5 bis etwa 5 cSt bei 200C)
durchführen, weil in dieser Bearbeitungsstufe wirksame Durchspülung auch engster
Arbeitsspalte gewährleistet sein muß. Aus diesem Grunde ist für viele Anwendungsbereiche,
die zunächst einen möglichst hohen Metallabtrag und anschließend eine sorgfältige
Oberflächenglättung erfordern, eine optimale Arbeitsweise nur unter Austausch des
Arbeitsmediums möglich. Unter diesem Wechsel des Dielektrikums leidet aber die Wirtschaftlichkeit
des Verfahrens, so daß in der Praxis oft beide Arbeitsgänge mit ein und demselben
Arbeitsmedium durchgeführt werden, wobei man zugunsten der Schlichtoperationen niedrigere
Viskositäten bevorzugt, damit aber von vornherein verringerte Abtragsleistungen
in Kauf nimmt.
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Es wurde schon versucht, die Abtragsleistung durch gezielte Auswahl
der als Arbeitsmedium dienenden Kohlenwasserstoffe oder durch Zugabe von Additiven
zu verbessern. So wird z.B. in der GB-PS 1 146 024 eine Reihe von Kohlenwasserstoffgemischen
genannt, die sich hauptsächlich aus Naphthalin sowie Bi- und Terphenylen zusammensetzen.
Derartige Produkte haben aber durchweg den Nachteil, daß sie normalerweise in fester
Form vorliegen, selbst in eutektischer Zusammensetzung. Nur wenige Mischungen, für
deren Herstellung ein hoher technischer Aufwand erforderlich ist, können bei Raumtemperatur
bzw. bei den etwas darüber liegenden Arbeitstemperaturen flüssig gehalten werden.
Darüber hinaus weisen sie einen intensiven und unangenehmen Geruch auf.
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Zur Erzielung höherer Abtragsraten wurden auch bereits besonders legierte
Funkenerosionsöle empfohlen. So beschreibt die US-PS 3 639 275 dielektrische Flüssigkeiten
auf der Basis von Mineral-Ölen mit einem Gehalt an organischen Erdalkalisulfonaten
und Phenolen bestimmter Zusammensetzung. Der US-PS 3 648 013 ist der Einsatz von
Leitfähigkeitsverbesserern, bestehend aus Chromsalzen
besonderer
Alkylsalicylsäuren und Erdalkalisalzen ausgewählter Alkylsulfobernsteinsäuren, zu
entnehmen. Die US-PS 3 708 422 nennt als Zusätze langkettige aliphatische Amine.
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Abgesehen von den Schwierigkeiten, die mit dem Einmischen oftmals
sehr geringer Mengen Additive verbunden sind, weisen die beschriebenen legierten
Produkte den Nachteil auf, daß infolge der insbesondere beim Schruppprozeß auftretenden
Verluste an Erosionsöl durch Abdampfen die Additive rasch angereichert werden, wodurch
sich negative Auswirkungen auf den Erosionsprozeß, etwa durch zu hohe Leitfähigkeit
des Dielektrikums, ergeben können.
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Eine der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe bestand
daher darin, einfach herstellbare Kohlenwasserstofföle zur Verfügung zu stellen,
die die geschilderten Nachteile nicht aufweisen, vielmehr bereits bei niederen Viskositäten,
die für Schlichtoperationen bevorzugt werden, hohe Abtragsraten am Werkstück gestatten.
Diese Aufgabe wird durch die Erfindung gelöst.
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Gegenstand der Erfindung sind dielektrische Flüssigkeiten für die
Metallbearbeitung durch Funkenerosion auf der Basis von Kohlenwasserstoffen, die
dadurch gekennzeichnet sind, daß sie durch Entparaffinierung von Mineralölfraktionen
mit einem Gehalt an n-Paraffinen im Bereich von 15 bis 50 Gewichtsprozent nach der
Molekularsieb- oder der Harnstoffadduktmethode erhalten wurden, wobei der Gehalt
an n-Paraffinen gegenüber dem des Ausgangsgemisches um mindestens 25 Prozent, vorzugsweise
um mindestens 40 Prozent, vermindert ist, und daß sie eine Viskosität von 1,5 bis
20 cSt bei 2O0C besitzen.
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Die Entparaffinierung von Kohlenwasserstoffgemischen, insbesondere
von Mineralölfraktionen, mittels der Molekularsieb- oder der Harnstoffadduktmethode
ist als solche bekannt und daher nicht Gegenstand der vorliegenden Erfindung. Die
genannten Verfahren sind z.B. in Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, Ergänzungsband,
Seiten 18 bis 21 (1970) beschrieben. Mittels dieser Verfahrcn werden die n-Paraffine
aus Gemischen mit andercn Kohlenwasserstoffen
selektiv entfernt.
Die so gewonnenen Normalparaffine stellen ein begehrtes Zwischenprodukt dar, z.B.
für die Herstellung von Waschmitteln mit leichter Abbaubarkeit.
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Überraschend wurde nun gefunden, daß die nach der Abtrennung der n-Paraffine
zurückbleibenden Kohlenwasserstoffmischungen sich ausgezeichnet als dielektrische
Flüssigkeiten für die Metallbearbeitung durch Funkenerosion eignen. Als Ausgangskohlenwasserstoffgemische
können Testbenzin-, Petroleum-, Kerosin-, Gasölsowie leichte Schmierölfraktionen
dienen. Die Viskosität der nach der Entparaffinierung zurückbleibenden Kohlenwasserstoffgemische
soll dabei im Bereich von 1,5 bis 20 cSt bei 200C liegen.
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Im allgemeinen wird bei der Entparaffinierung mittels Molekularsieb-
oder Harnstoffadduktverfahren der Gehalt an n-Paraffinen um wenigstens 40 Prozent
gesenkt. Derart erhaltene Produkte stellen bevorzugte Funkenerosionsflüssigkeiten
gemäß der vorliegenden Erfindung dar. Die Eigenschaften von Mineralölfraktionen
sind im Hinblick auf die Verwendung als Dielektrika in Funkenerosionsprozessen jedoch
bereits dann deutlich verbessert, wenn der Gehalt an n-Paraffinen im Ausgangsmaterial
um mindestens 25 Prozent vermindert wurde.
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Besonders bevorzugt werden solche erfindungsgemäßen Kohlenwasserstoffgemische,
die eine Viskosität von 1,5 bis 5 cSt bei 200C besitzen. Derartige Fraktionen sind
als Allzweckdielektr ka für die Metallbearbeitung durch Funkenerosion sehr geeignet,
weil sie einerseits hohe Abtragsraten im Schruppprozeß ermöglichen, andererseits
aber auch wegen ihrer vergleichsweise niedrigen Viskosität und damit guten Spülfähigkeit
bei den Schlichtoperationen zur Glättung der Metalloberfläche der Werkstücke eingesetzt
werden können.
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Ausgezeichnete dielektrische Flüssigkeiten für die Metallbearbeitung
durch Funkenerosion werden bei der Entparaffinierung von Kerosin- und Gasöl schnitten
mittels der Molekularsiebmethode erhalten. Kerosinfraktionen sieden etwa im Bereich
von 175 bis
3250C, Gasölfraktionen etwa im Bereich von 200 bis 3600C.
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Wenn gewünscht, können die erfindungsgemäßen Elektroerosionsflüssigkeiten
noch Zusatzstoffe zur Modifizierung bestimmter Eigenschaften in Mengen von 0,005
bis 0,5 Gewichtsprozent der Gesamtmischung, z.B. Oxydationsinhibitoren, Leitfähigkeitsverbesserer,
Additive mit Dispergiereigenschaften und/oder Geruchsverbesserungsmittel, enthalten.
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In dem anschließend wiedergegebenen Beispiel wird anhand von Werten
für die Materialabtragsrate (Vw) am Werkstück der technische Fortschritt aufgezeigt,
der mit der erfindungsgemäßen Funkenerosionsflüssigkeit A gegenüber vier vergleichbaren
konventionellen Funkenerosionsflüssigkeiten B, C, D und E erzielt werden kann.
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Dem aufgeführten Zahlenmaterial liegen Versuche zugrunde, die mit
einer AEG-Funkenerosions-Werkzeugwaschine Elbomat Typ 400 H mit Impulsgenerator
Eloplus 60 gemäß VDI-Richtlinie 3400 unter Verwendung von Elektrolysekupfer als
Werkzeug-Elektrode und Werkzeugstahl SEL 2714 als Werkstück durchgeführt wurden.
Die in der jeweiligen Spalte Maschinen-Einstellung angegebenen Werte sind Einstellungen
für Stromstufe (I), Impulsdauer (ti) und Pausendauer (wo), die für die oben beschriebene
Funkenerosionsanlage eindeutig definiert sind.
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Beispiel Produkt A (Erfindung) Es handelt sich um ein entparaffiniertes
Gasöl mit folgenden charakteristischen Merkmalen:
Kohlenwasserstoffzusammensetzung
n-Paraffine 11,6 Gewichtsprozent Isoparaffine und Naphthene 80,3 Gewichtsprozent
Aromaten 8,1 Gewichtsprozent Viskosität bei 200C 4,47 cSt Das Produkt A ist durch
Entparaffinierung nach der Molekularsiebmethode aus dem Produkt B erhalten worden.
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Produkt B (Vergleich) Es handelt sich um ein Gasöldestillat aus einem
Nahost-Rohöl.
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Kohlenwasserstoffzusammensetzung n-Paraffine 22,0 Gewichtsprozent
Isoparaffine und Naphthene 70,8 Gewichtsprozent Aromaten 7,2 Gewichtsprozent Viskosität
bei 2o0C 4,40 cSt Produkt C (Vergleich) Es handelt sich um ein mittels Furfurolextraktion
und Schwefelsäurebehandlung raffiniertes Gasöl aus einem Nahost-Rohöl.
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Viskosität bei 200C . 5,78 cSt Produkt D (Vergleich) Es handelt sich
um ein mittels Furfurolextraktion raffiniertes Spindelöldestillat aus Tia Juana-Rohöl.
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Viskosität bei 2O0C 14,4 cSt
Produkt E (Vergleich)
Es handelt sich um einen mit Schwefelsäure raffinierten Petroleumschnitt aus einem
Nahost-Rohöl.
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Viskosität bei 200C 2,02 cSt Die mit den Funkenerosionsflüssigkeiten
A (Erfindung) und B bis E (Vergleich) erhaltenen Ergebnisse sind in Tabelle I zusammengestellt.
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Tabelle I
Iate (Vw) in mm3 /min |
Mabchinen- Abtragsrate (Vw) in 3/min |
Einstellung bei den Produkten |
/ti/to A B C D E |
9/ 9/3 465 393 409 425 356 |
9/ wo/2 506 439 460 457 422 |
9/11/1 496 421 452 442 397 |
6/ 9/3 289 266 254 280 248 |
6/10/2 295 270 276 281 258 |
6/11/1 299 270 275 1 278 254 |
Die zusammengestellten Werte beweisen die Überlegenheit des erfindungsgemäßen Produktes
A. Die mit diesem Produkt maximal möglichen Abtragsraten liegen deutlich höher als
diejenigen, die mit vergleichbaren Produkten aus dem Stand der Technik erzielt werden
können. Die Steigerung in der Abtragsrate gegenüber dem Produkt B, aus dem das erfindungsgemäße
Produkt A durch Entparaffinieren erhalten wurde, beträgt bei Schruppoperationen
in hohen Stromstufen im Durchschnitt etwa 17 Prozent und in mittleren Stromstufen
etwa 10 Prozent. Bemerkenswert ist auch, daß sogar das Produkt D, das wegen seiner
wesentlich höheren Viskosität
lediglich in Schruppoperationen eingesetzt
werden kann, unter diesen Betriebsbedingungen von dem erfindungsgemäßen Produkt
A deutlich übertroffen wird. Darüberhinaus eignet sich das erfindungsgemäße Produkt
wegen seiner geringeren Viskosität und der damit verbundenen höheren Spülfähigkeit
auch für Schlichtoperationen; das bedeutet, daß es ein echtes Allzweckdielektrikum
darstellt.