DE2160A - Entfernungsmesser lür Kriegszwecke - Google Patents
Entfernungsmesser lür KriegszweckeInfo
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Description
1877.
Klasse 42.
w. KLiNKERFUES in göttingen.
Entfernungsmesser für Kriegszwecke.
Patentirt im Deutschen Reiche vom 4. December 1877 ab.
Der im folgenden beschriebene Distanzmesser zeichnet sich vor allen den zahlreichen auf diesem
Gebiete angegebenen Constructionen durch eine für die Artillerie höchst wichtige Eigenschaft
aus, nämlich dadurch, dafs derselbe unmittelbar und ohne Rechnung anzeigt, wie viel die Wurfweite
eines abgefeuerten, im übrigen gut gezielten Schusses, zu klein oder zu grofs gewesen
ist. Das Princip, nach welchem diese Correction erhalten wird, ist beinahe unabhängig
von der Voraussetzung über die Dimensionen anvisirter Objecte, wie sie für die Distanz
des ersten Schusses im Interesse der Schnelligkeit und Bequemlichkeit gemacht wird. Der
zweite Schufs wird nicht nur gröfstentheils von dem Fehler dieser Voraussetzung, sondern zugleich
von dem Einflufs der atmosphärischen Zustände befreit. Die für die Wurfweite erforderliche
Verbesserung kann ungefähr in derselben Secunde, in welcher das Projectil platzt,
aufgefafst werden, und zwar bis auf Vi0 bis V5
ihres Betrages genau, je nach der Uebung.
Wäre beispielsweise der erste Schufs um 5 pCt. der Distanz fehlerhaft gewesen, so würde der
Fehler des zweiten nur noch V2 pCt. bis 1 pCt.
betragen. Der zweite Schufs würde für Feld-Artillerie in den meisten Fällen hiernach schon
wirksam werden. Auf jeden Fall aber würde dies für einen dritten sofort verbessert abzugebenden
Schufs gelten.
Die Grund-Idee des Verfahrens ist sehr einfach, führt aber zu der eben so einfachen
und höchst bequemen Ausführung nur durch eine Reihe von Betrachtungen, welche zum Theil
der höheren Mathematik entnommen werden mufsten.
Noch einmal mag hier an die Voraussetzung erinnert werden, dafs der Schufs sorgfältig gezielt
sei, und zwar auch unter Berücksichtigung der Abweichung der Projectile nach Rechts, wie
sie von den Regeln der artilleristischen Praxis vorgeschrieben wird. Zwar könnte diese Abweichung
in aller Strenge nur berücksichtigt werden, wenn man die Distanz schon genau kennt, aber der hier zu begehende Fehler ist
so klein, dafs er für vorliegenden Zweck praktisch nicht mehr in Betracht kommt.
Wenn wir uns so, gemäfs eben erwähnter Voraussetzung, die Abweichung der Geschosse
nach rechts eliminirt denken, so dürfen wir die Flugbahn oder die ballistische Curve als eine
ebene Curve ansehen. Ihre Projection auf die Horizontal-Ebene wird eine gerade Linie sein,
und die nöthigen mathematischen Betrachtungen werden ohne erhebliche Fehler vereinfacht.
Es ist nun evident, dafs ein seitlich vom feuernden Geschütz, etwa in der Entfernung
von einem, zwei, drei oder nach Umständen noch mehr Geschütz-Intervallen aufgestellter Beobachter
jedes Geschofs von nicht correcter Wurfweite ebenfalls seitlich vom Ziele crepiren
sehen wird; im anderen Falle, wenn der Beobachter das Crepiren in der durch das Ziel gelegten
Verticallinie, sei es hoch oder niedrig, wahrnimmt, liegt darin der Beweis, dafs das
Geschofs in einer Distanz geplatzt ist, welche mit der des Zieles übereinstimmt. Das Ziel
markirt man vor dem Schusse durch einen der Verticalstriche der Fernrohrplatte, damit der
Rauch der Sprengwolke die Beurtheilung nicht störe. Die seitliche Verschiebung oder Parallaxe
der Sprengwolke tritt schon bei einem kleinen Fernrohr von etwa i4maliger Vergröfserung
mit vollkommen hinreichender Deutlichkeit auf.
Es kann nun das Liniennetz der Fernrohrplatte so eingerichtet werden, dafs die Verschiebungen
der Rauchwolke parallel der nach Distanzen bezifferten Abscissen-Axe unmittelbar
die Verbesserung der Wurfweite ergeben, und zwar so, dafs der entsprechende Unterschied
der Zahlen diese Wurfweite vorstellt. Diese Eigenschaft hat das Netz der beiliegenden
Zeichnung Fig. 2.
Wäre z. B. der erste Schufs unter der Annahme einer Distanz von 2400 m gezielt und
abgefeuert und von einem 1 Geschütz-Intervall seitlich stehenden Beobachter, nachdem der
Verticalstrich 2400 auf das Ziel geführt war, das Platzen des Geschosses in dem Verticalstriche
2300 bemerkt worden, so wäre die angenommene Distanz um 100 m zu vermindern.
(Wenn der Beobachter mehrere Geschützintervalle seitlich sich aufgestellt hat, tritt eine
leichte Modification des Verfahrens ein, wie später gezeigt werden wird.)
Mathematische Entwicklung für die Verbesserung der Netz-Construction (Fig. 1).
Es stellt hier die Ordinate der eingezeichneten Linie, im folgenden mit y bezeichnet, die Bild-
gröfse vor, welche von einem Gegenstande von bestimmter Dimension und Entfernung in der
Focusebene des Fernrohrs entworfen wird. Es sei h die verticale Dimension des Objects, beispielsweise
die etwa i,7 m betragende mittlere Körperlänge eines Mannes, r die Distanz desselben,
/ die Brennweite des Fernrohres, so ist:
Die Gleichung zwischen der Abscisse χ dagegen und der Distanz bleibt willkürlich und kann
einem bestimmten. Zwecke, den man verfolgt, gemäfs gewählt werden. Es kann für gewisse
Gelegenheiten nützlich sein, dafs χ und r gleichmäfsig
wachsen.
Wenn demgemäfs:
gesetzt wird, wobei α eine willkürliche Constante
vorstellt, so folgt durch die Elimination von r aus den Gleichungen 1) und 2)
3) ... xy = a/i/= Constans,
welches die Asymptotengleichung einer Hyperbel , ist. Der Vortheil, welcher hierbei erlangt wird,
dafs die Abscissen gleichmäfsig wachsen, ist aber nur gering gegen den einer leichten und
directen Verbesserung der Schufsweite, den man durch eine andere Linie erhält.
Es sei nun in G das feuernde Geschütz, O der
Ort des Beobachters, Z das Ziel, C der Ort des crepirenden Geschosses auf die Horizontalebene
projicirt, P ein Punkt auf der geraden Linie OZ, so gewählt, dafs CP parallel G O wird. Dann
ist G Z gleich r, G C gleich der unverbesserten Distanz, welche wir mit r" bezeichnen wollen.
Der Kürze halber sei noch G O = i, CP gleich p gesetzt.
Der Beobachter sieht das Geschofs um den Sehwinkel COZ seitlich vom Ziel crepiren.
Bis auf sehr kleine Gröfsen höherer Ordnung genau ist
4) ... tang. COZ=Jz
wofür aber, wiederum unter Vernachlässigung der höheren Potenzen der Correction r — r° im
Schlufs-Resultat
5) ... tang.
gesetzt werden kann. Diese Tangente braucht man nur mit f, der Brennweite des Fernrohrs,
zu multipliciren, um die entsprechende lineare Bildgröfse auf der Netzplatte zu haben. Offenbar
ist nun aber diese Bildgröfse identisch mit dem Increment von x, welches dem Increment r — r"
der Distanz entspricht. Bezeichnen wir das Increment von χ mit Δ x>
so haben wir zunächst weiter
6)
Δ * = t
Ferner haben wir nach der Figur die Proportion:
oder wenn r — r" = /\r gesetzt wird,
8) . · · P =y Δ r.
8) . · · P =y Δ r.
Da wir die Gröfsen Δ x und Δ r a^s Differentiale
behandeln dürfen, wollen wir sie im folgenden zu gröfserer Einfachheit nun auch als solche durch d χ und dr bezeichnen. Die
Gleichung 6) wird mit Rücksicht auf 8), wenn wir für ρ seinen Werth setzen
9) ... dx — -^dr
und also durch Integration:
und also durch Integration:
10) . . . χ = — V- arbiträrer Constante.
/ r 1
Die arbiträre Constante dürfen wir gleich Null setzen, wenn wir den Nullpunkt der χ so wählen,
dafs er r = 00 entspricht.
Verbinden wir die Gleichung
mit der auch hier gültigen Gleichung i)
so erhalten wir
y _ h
χ
i
Wir werden also durch die vorgehenden Entwicklungen auf das durch seine Einfachheit überraschende
Resultat geführt, dafs die gesuchte Curve eine gerade Linie ist. Aber nicht jede
gerade Linie, welche wir im Netz benutzen können, erfüllt den Zweck. Wir lernen als
wesentliches Erfordernifs kennen, dafs die Gerade mit der Abscissenaxe einen bestimmten Winkel w
bilden mufs, dessen Tange?ite durch die Gleichung
h
12) . . . tang. W = -
12) . . . tang. W = -
gegeben wird.
Das Netz ist also leicht zu entwerfen, sobald
man das Verhältnifs — und die Brennweite /
kennt. Denn alsdann braucht man nur die Gerade unter dem Winkel w gegen die X- Axe
zu ziehen, nach Gleichung 11) die Werthe von χ zu berechnen und aufzutragen, welche den zu
berücksichtigenden Distanzen entsprechen, nach letzteren zu beziffern und die zugehörigen
Ordinaten zu ziehen. Für die Gröfse des Gefechtsintervalles i besteht meist eine Vorschrift
im Dienstreglement der Artillerie. (Bei der preufsischen Feld - Artillerie beträgt i nahezu
10 Manneslängen; danach würde, wenn h eine Manneslänge vorstellt, w = — 5° 43' oder auch
1740 17' werden.)
Es wird nicht selten vorkommen, dafs man das feindliche Gefechtsintervall nahe
genug kennt, um danach die Distanz für den ersten Schufs zu nehmen. Da aber diese
Intervall, wir wollen es mit ii bezeichnen, eine
horizontale Dimension ist, so würde eine lästige Drehung des Fernrohres um seine Axe
erforderlich werden. Um dieselbe zu ersparen, kann man auf der Netzplatte noch ein supplementäres
Netz anbringen, bei welchem die BiIdgröfsen des Geschützintervalles il, das heifst
die Werthe von
der X- Axe parallel aufgetragen sind.
Da nun dieses supplementäre Netz nur die Approximation für den ersten Schufs liefern und
im allgemeinen nicht zur Verbesserung dienen soll, so dürfen diese Bildgröfsen durch eine
beliebige Linie begrenzt sein, z. B. auch durch eine unter 45 ° geneigte Gerade. Dieses in
letzterer Weise begrenzte Netz würde übrigens in dem speciellen Falle, dafs i1 = i wäre, auch
bequem zur Verbesserung dienen können, wie leicht zu erkennen ist. Nun erkennt man aber
auch leicht aus den vorhergehenden Entwicklungen, dafs gerade für diesen einzigen Fall,
wo das supplementäre Netz eine praktische Bedeutung erlangen würde, dasselbe dadurch überflüssig
wird, dafs die Bildgröfsen der Intervalle mit den χ des gewöhnlichen Netzes übereinstimmen.
Man kann bei dem im folgenden gezeichneten Netze sich ebensowohl der Ordinaten als Bildgröfsen bedienen, wobei h = i,7 m oder
einer Manneslänge angenommen worden ist, als auch der Abscissen, natürlich vom Nullpunkt
an gerechnet, unter der Annahme i ~ z'1 = 17 m
für ein Geschützintervall. Für f liegt der Werth 0,528 m zu Grunde.
Das Netz und die praktische Handhabung des Distanzmessers.
DasNetz ist in Fig. 2 für die Annahme/=- 528 mm
ca. 14-fach vergröfsert gezeichnet. Die nöthige Zurückführung auf natürliche Gröfse kann durch
Photographie oder auch durch einen Pantographen bewirkt werden.
Fig. 3 zeigt das Aeufsere des Distanzmessers. Es bedeutet:
α die Schraube für die Excenter-Auslösung
der Bewegung in Höhe;
b die Schraube für Einstellung in Höhe;
c die Schraube für die Excenter-Auslösung der Horizontal-Bewegung;
d die Schraube für Horizontal-Bewegung;
e das Stück mit Diaphragmen, an der Laffette der Geschütze zu befestigen;
/ einen Kegel am Stativ, in die Diaphragmen von e passend;
g das Fernrohr des Distanzmessers.
Der kegelförmige Fufs der Säule des Stativs pafst in zwei Platten mit kreisförmigen
Durchbohrungen. Die Platten können an der Laffette festgeschraubt werden. Am Kopf der
Säule ist eine doppelte Bewegung auszuführen; das Fernrohr kann sowohl um die vertical gedachte
Axe der Säule gedreht, als auch gegen den Horizont geneigt werden.
Hat der Beobachter nur über ein einziges Intervall seitlicher Aufstellung zu verfügen, so
steckt er den Distanzmesser auf die Laffette des nicht feuernden Geschützes und sucht die Distanz
für den ersten Schufs, entweder, indem er das Bild eines feindlichen Soldaten mit der Ordinate
der geneigten Geraden zusammen stellt, oder auch, wenn die Voraussetzung z'1 = i sich als
statthaft erweist, aus der Abscisse der Bildgröfse des Intervalls. Es wird dann die durch den
Nullpunkt gehende Verticale für die Distanz 00 auf eins der feindlichen Geschütze geführt; das
zunächst links befindliche giebt dann die Stelle an, wo die Distanz (hier in Metern) abzulesen
ist. Feuert man nun bei dieser Stellung des Fernrohrs auf das letzterwähnte, zur linken erscheinende
feindliche Geschütz den ersten Schafs ab, so wird man den Kern der Sprengwolke in
derjenigen Verticalen des Netzes sehen, welcher die wahre oder verbesserte Distanz entspricht.
Dasselbe gilt, wenn man die Mannshöhe für den ersten Schufs benutzt hat; auch dann ist
die in der Verticalen der Sprengwolke abzulesende Distanz unmittelbar die verbesserte.
In mancher Hinsicht erscheint es noch vortheilhafter, statt der verticalen Dimension eines
Mannes die Spurweite eines feindlichen Geschützes als Grundlage für die Distanz des
ersten Schusses zu benutzen, weil der Feind im Felde im allgemeinen nicht vermeiden kann,
die Geschützräder sichtbar werden zu lassen und weil das für die Spurweite gebräuchliche Maafs
fast durchgehends, wie bei gröfseren Fuhrwerken, 153 cm beträgt. Durch ein mäfsiges Fernrohr
schon sind die Radreifen aus der Entfernung von 2000 m und darüber in der in Betracht
kommenden Stellung deutlich zu erkennen, und es wird leicht, das Fernrohr mit den zwei
Schrauben ohne Ende so zu richten, dafs das eine Rad auf der im Netz gezeichneten punktirten
Hyperbel steht, das andere auf deren verticaler Asymptote. An der Hyperbel ist dann an dieser
Stelle die Distanz in Metern abzulesen. (Die gegenüber an der Asymptote selbst stehenden
Zahlen bedeuten die Distanz eines Mannes, dessen Scheitel in dieser Höhe gewesen, nachdem
seine Füfse auf die durch den Nullpunkt gehende Horizontale gestellt waren. Letztere
Einrichtung ist vorwiegend für Infanterie in der Defensive bestimmt.)
Für den Gebrauch zur See oder ähnliche Gelegenheiten können auch die Intervalle von
Geschützluken Anhaltspunkte bieten, wenn das Netz den Dimensionen entsprechend gemacht ist.
Ferner kann an der Stelle eines Mannes auch ein Pferd im Widerrist treten, weil dessen Durchschnittshöhe
fast genau der eines Mannes entspricht.
In dem Netz findet sich noch eine zweite, geneigt durch den Nullpunkt gehende Gerade,
welche mit »Reiter« bezeichnet ist; dieselbe giebt die Distanz eines Reiters, wenn die Hufe
des Pferdes auf die durch den Nullpunkt gehende Horizontale gestellt werden, während sie selbst
den Scheitel des Reiters berührt.
Die Verbesserung tritt offenbar um so deutlicher hervor, je gröfser der seitliche Abstand
des Beobachters vom feuernden Geschütz gewählt wird; deshalb wird man gern um ein
;«-faches Intervall sich seitlich aufstellen. Das Aufsuchen der Approximation für den ersten
Schufs geschieht auch dann ganz wie eben beschrieben, unter Benutzung einer Mannshöhe
oder eines einfachen feindlichen Intervalles; nur die Verbesserung erleidet die kleine Modification,
so dafs man den Betrag der Verbesserung ebenfalls /«-fach vergr'öfsert erhält, daher durch m
dividiren niufs, um die einfache Verbesserung zu erhalten. Wäre z. B. m = 3 und 2600 m die
erste Approximation gewesen, und das Geschofs
in der Verticalen für 3000 crepirt, so wäre -—
oder 133 111 die Verbesserung, also 2733 m die verbesserte Distanz. Die kleine Rechnung, die
bei dieser Modification verlangt wird, kann Niemand schwer fallen. Bei weiteren Verbesserungen
vertritt der verbesserte Schufs selbst die erste Approximation. Demge.mäfs
mufs aber auch der Verticalstrich der verbesserten Distanz vor dem Schusse auf das Ziel
gestellt worden sein.
Hierzu I Blatt Zeichnungen.
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