-
Abwasserreinigung Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung
und Verwertung der in Abwässern enthaltenen Feststoffe.
-
Die Abwasserreinigung wurde als vordringliches Problem der zivilisierten
Menschheit erkannt. Insbesondere in dicht besiedelten Gebieten, wie beispielsweise
in Europa, nimmt die Abwasserverschmutzung ständig zu. Ein Grund hierin liegt nicht
zuletzt in der Tatsache, daß die Abwasserreinigung mit hohen Kosten verbunden ist
und daß den Abwässern entzogenen Stoffe nicht einer sinnvollen Wiederverwendung
zugeführt werden können. Eine wirtschaftlich kaum ins Gewicht fallende Ausnahme
bildet biologisch aufbereiteter Abwasserschlamm, der zur Lockerung von Böden verwendet
werden kann.
-
Die aufwendige Abwasserreinigung wurde daher stets nachlässig behandelt
bis die Verseuchung der Gewässer zu energischen Maßnahmen aufrief.
-
Zur Reduzierung der Abfallmenge wird der Schlamm vielfach getrocknet
und verbrannt. Die unverbrennbaren Rückstände betragen jedoch in aller Regel immer
noch 30 ffi der getrockneten Massen.
-
Die Deponie dieser getrockneten Stoffe scheitert im allgemeinen an
Raummangel bzw. birgt wiederum Gefahren für die Trinkwasserverseuchung.
-
Eine Lösung dieses Problems und gleichzeitig eine Lösung, die die
Herstellung von Kläranlagen wirtschaftlich interessant macht, kann also nur dann
gefunden werden, wenn der den Abwassern entzogene Schlamm wieder einer sinnvollen
Verwertung zugeführt wird.
-
Es ist bereits vorgeschlagen worden, Schlämme aus der Abwasserreinigung
von Papierfabriken nutzbar zu machen, indem sie nach dem Trocknen mit nicht- oder
schwerlöslichen Flammschutzsalzen vermischt werden und die gebildete Mischung anschließend
Ausgangsstoffen zur Fertigung synthetischer Stoffe, insbesondere Spanmaterial für
Holzspanplatten, zugegeben wird.
-
Dieser Vorschlag ist mit erheblichen Vorteilen verbunden, indem er
nicht nur eine interessante Möglichkeit zur Verwertung von Abwässerschlämmen aufzeigt,
sondern auch eine Lehre zur vorteilhaften Einbringung von beispielsweise Flammschutzsalzen
in Artikel, wie Spanplatten, an die Hand gibt. Ein Nachteil der bekannten Maßnahme
ist, daß sich je nach Beschaffenheit des Abwassers nicht immer die erforderlichen
Mengen Zusatzstoffe einbringen lassen oder aber eine gewisse Entmischungstendenz
bei der Mischung aus Fasermaterial und Zusatzstoff vorhanden ist.
-
Es wurde nun gefunden, daß diese Unzulänglichkeiten vermieden werden-können,
wenn das Verfahren zur Gewinnung und Verwertung der in Abwässern enthaltenen Fest
stoffe durch Flockung der suspendierten Feststoffe, mechanische Entwässerung und
Trocknung der mechanisch entwässerten Feststoffe gemäß der Erfindung in der Weise
durchgeführt wird, daß der bei der Trocknung gebildete Feststoff in Gegenwart von
Zusatzstoffen zerfasert wird.
-
Der Vorteil der Zerfaserung des bei der Trocknung gebildeten Feststoffes
in Gegenwart des Zusatzstoffes liegt insbesondere in der höheren Beladbarkeit des
die Feststoffe bildenden Fasermaterials und in der geringen Entmischungstendenz.
-
Bei der Zerfaserung der Feststoffe werden Bindungskräfte geschaffen,
die im allgemeinen bereits unmittelbar nach ihrem Entstehen dadurch neutralisiert
werden, daß sich Fasern zusammenlagern oder Gas- bzw. Flüssigkeitspartikel anlagern.
-
Bei der Erfindung hingegen findet die Zerkleinerung des Feststoffes
in Gegenwart von pulverförmigen Zusatzstoffen statt, so daß die durch Zerfaserung
geschaffenen Bindungskräfte unmittelbar auf die Zusatzstoffe wirken. Die dadurch
bewerkstelligte Anlagerung ist praktisch irreversibel und somit für die hohe Stabilität
der Mischung verantwortlich.
-
Die Herstellung des zu zerfasernden Materials kann auf verschiedene
Weise erfolgcn.
-
Die Zusatzstoffe, deren Eigenschaften im fertigen Erzeugnis erwünscht
sind, können vor der Flockung des Abwassers zugegeben werden. Es bildet sich dann
bereits beim Flockungsprozeß eine homogene Mischung aus Zusatzstoff und im Abwasser
enthaltenem Trägerstoff, die während der Trocknungsphasen erhalten bleibt.
-
Der Zusatzstoff kann aber auch unmittelbar vor der Zerfaserung des
Trägermaterials untergemischt werden.
-
Schließlich können die Zusatzstoffe im Anschluß an die mechanische
Entwässerung des Abwasserschlammes in speziellen Mischpumpen zudosiert werden.
-
In besonders vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung werden die
Zusatzstoffe, die im Abwasser praktisch unlöslich oder bei Flockungsbedingungen
abscheidbar sind und die mechanische Entwässerung nicht erschweren, vor der Flockung
der
in den Abwassern enthaltenen Stoffe zugesetzt, und die löslichen
und/oder die Entwässerung erschwerenden Zusatzstoffe vor der Zerfaserung eingebracht.
Besonders geeignete vor der Flockung zuzusetzende Stoffe sind solche, deren Partikel
in Lösung eine entgegengesetzte Ladung zu den bei der Flockung gebildeten Fasermaterialien
aufweisen. Diese Verfahrensvariante hat den Vorzug, daß eine homogene Mischung mit
einem Minimum an Mischenergie erhalten wird.
-
Als Zusatzstoffe kommen in Betracht: Flammschutzmittel, insbesondere
Borsäure und borhaltige Verbindungen, Phosphate und phosphathaltige Verbindungen,
Karbonate mit seinen Verbindungen sowie Silikate, Insektizide und Fungizide. Es
empfiehlt sich, vor der Zerfaserung Bindemittel einzubringen.
-
Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltene Erzeugnis besitzt
eine große Zahl von Anwendungsmöglichkeiten.
-
Es läßt sich in Kunststoff- und Preßmassen einarbeiten.
-
Eine besonders gute Verwertbarkeit liegt in der Spanplattenindustrie.
Das gewonnene Fasermaterial kann zur Herstellung von Ein- und Mehrschichtplatten
in Mengen von 5 bis 35 % der Gesamtmasse zugesetzt werden und bringt sämtliche Stoffe,
die in der fertigen Holzspanplatte wegen ihrer Wirkung erforderlich sind, ein.
-
Der erfindungsgemäße Verfahrensablauf gestaltet sich wie folgt: Sofern
das aufznarbeitende Abwasser grobe Bestandteile aufweist, wird zunächst deren Zerkleinerung
in an sich bekannten Vorrichtungen, wie Zerkleinerungspumpen oder "Rechenwölfen"
betrieben. Zur Aufbereitung des Abwassers wird unter Verwendung sogenannter Flockungsmittel,
wie Metallsalze oder Polyelektrolyte, in an sich bekannter Weise geflockt. Gegebenenfalls
werden bereits vor der Flockung Zusatzstoffe zugemischt.
-
Der bei der Flockung erhaltene Schlamm wird in einem Eindicker angereichert,
einer Filtriereinrichtung, wie einem Vakuumfilter oder einer Zentrifuge, zugeführt
und auf einen Wassergehalt von 50 bis 75 Ges.% entwässert, Vorzugsweise erfolgt
die Entwässerung auf eine Feuchte um 60 Gew.%.
-
Anschließend wird der Filterrückstand in eine Trocknungsvor richtung
geleitet und dort bis auf 2 bis 10 Gew, Feuchtigkeit getrocknet. Zweckmäßigerweise
wird die Trocknung bis zu einer Restfeuchte um 5 % getrieben. Durch die Trocknung
wird nicht nur die Feuchtigkeit weitgehend ausgetrieben, sondern auch, im Falle
einer thermischen Trocknung, eine Sterilis ation des Trägermaterials erreicht.
-
In der letzten Verfahrensstufe wird der Fest stoff in Gegenwart von
Zusatzstoffen zerfasert. Falls bei dieser Verfahrensstufe eine ergänzende oder alleinige
Beigabe von Zusatzstoff beabsichtigt ist, empfiehlt sich die Vorschaltung eines
Mischprozesses. Ist die zugegebene Materialmenge gering oder der Zusatzstoff bereits
sehr feinkörnig, kann ein Mischprozeß entfallen.
-
Für die Zerfaserung ist es zweckmäßig stark beschleunigende mit Prallflächen
versehene Vorrichtungen zu verwenden. Solche Vorrichtungen sind Schlagscheiben-,
Planscheiben- oder Prallstiftmühlen, insbesondere jedoch Pralltellermühlen.
-
Je nach Beschaffeiteit der Zusatzstoffe kaiin es vorteilhaft sein,
während des Zerfaserungsvorgangs unter Vakuum zu arbeiten, damit die bei der Zerfaserung
an den Trägerstoffen freiwerdenden Bindungskräfte für die Anlagerung des Zusatzstoffes
zur Verfügung stehen und nicht durch Buftmoleküle blockiert werden.
-
Das Ergebnis des erfindungsgemäßen Verfahrens ist einerseits ein reines
Abwasser, das auf konventionelle Art und Weise nachbehandelt werden kann, andererseits
ein faseriger Hilfsstoff, der mit verschiedenen Zusatzstoffen beladen ist und der
Verwertung ztigeführt wird. Durch das erfindungsgemäße Verfahren lassen sich die
Kosten der Abwasseraufbereitung zumindestens zu einem Teil decken. Außerdem ist
für finanzschwache Betriebe bzw. Gemeinden ein Anreiz gegeben, ein Klärwerk unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betreiben.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren wird am Beispiel der Reinigung von
Abwässern einer Papierfabrik und der Herstellung eines flammhemmenden Hilfsstoffes
für Holzspanplatten dargelegt.
-
Das anfallende Abwasser hat einen Feststoffgehalt von ca.
-
0,2 bis 0,3 Vo, der sich aus Zellstoffasern, Farbstoffpartikeln und
Mineralien zusammensetzt. Um den Mineral- bzw.
-
Metallgehalt der Feststoffteilchen zu erhöhen, erfolgt die Flockung
mit Metallsalzen und Kalkmilch. Das mit dem Flockungsmittel versetzte Abwasser wird
einem Absetzbecken zugeleitet, worin sich bei langsamer Bewegung des Gemisches der
Abwasserschlamm am Boden des Beckens absetzt. Das über dem Abwasserschlamm stehende
Klärwasser wird durch einen Überlauf direkt einem Gewässer oder einer weiteren an
sich bekannten aeroben bzw. aneroben Reinigung zugeführt.
-
Der entstandene Schlamm mit einem Feststoffgehalt von etwa D bis 5
Gew. wird in eine Mischbütte gepumpt, wo er in Konsistenz und Farbe eingestellt
werden kann. Diese Maßnahme kann dann entfallen, wenn ein in seiner Zusammensetzung
stets gleichbleibender Klärschlamm anfällt.
-
Die Fasersuspension wird anschließend einem Drehfilter zugeleitet,
der den Schlamm auf eine Restfeuchte von etwa 60 % eindickt. Sollte das ProdUkt
hierbei keine krümelige Form erhalten, kann dem Drehfilter ein Pastenverformer oder
eine ähnliche Einrichtung nachgeschaltet werden.
-
Die entstandenen ungleichmäßig geformten und ungleichmäßig großen
granulatähnlichen Feststoffkörper werden einer thermischen Trocknungseinrichtung
zugeleitet, die das Wasser bis zu einer Restfeuchte von etwa 5 Sb austreibt.
-
Nach dieser Verarbeitungsstufe liegen Feststoffkörperchen vor, die
etwa im Verhältnis 60 : 40 aus Zellulosefasern und Mineralien bestehen. Die Mineralien
waren hierbei bereits bei der Flockung derart ausgewählt, daß sie an sich flammhemmend
wirken und auch teilweise - in dieser Form allerdings erst bei höheren Temperaturen
- Glasfluß zu bilden vermögen.
-
Um jedoch auch bereits bei niedrigeren Temperaturen eine flammhemmende
Wirkung zu erzielen wird dem Material noch Borsäure beigemengt. Dies geschieht in
einer als Mahl-und Mischvorrichtung dienenden rralltellermühle. Hierzu wird das
Granulat gemeinsam mit Borsäure, beispielsweise im Verhältnis 1 : 1 dosiert, so
daß sich nach der Mischung ein Hilfsstoff ergibt, der aus etwa 30 Gewichtsteilen
Zellulose, 20 Gewichtsteilen Mineralien und 50 Gewicht#-teilen Borsäure besteht.
-
Das gewonnene Material kann Holzspänen zur Fertigung von Spanplatten
in Mengen von ca. 25 Ges.% zugesetzt und nach Herstellung einer Schüttung unter
in der Spanplattenindustrie bekannten Bedingungen verpreßt werden.