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Die vorliegende Erfindung betrifft ein klappbares Scharniersystem mit Schnellwechselvisier für Schutzhelme.
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Es gibt eine Vielzahl von Helmen, an denen die vorliegende Erfindung sinnvoll angebracht werden kann.
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Der industrielle Schutzhelm zum Beispiel (auch Bauhelm oder Industrieschutzhelm) ist ein Helm, der in den meisten modernen Industriestaaten als Zubehör zum Arbeitsschutz auf Baustellen oder anderen Gefahrenbereichen vorgeschrieben ist. Helme zum Schutz gegen Waffenwirkung werden dagegen meist als Gefechtshelm oder ballistischer Schutzhelm bezeichnet.
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Der industrielle Schutzhelm dient in erster Linie zum Schutz des Kopfes vor herabfallenden Teilen und pendelnden Lasten.
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Die Helmschale ist in der Regel aus harten Plastikwerkstoffen hergestellt, wobei sowohl Duroplaste als auch Thermoplaste zum Einsatz kommen. Metalle, vor allem Aluminium, wurden in der Vergangenheit verwendet, kommen jetzt aber kaum noch zum Einsatz. Thermoplaste altern relativ schnell, bereits nach vier Jahren muss der Helm wegen Versprödung ausgesondert werden, bei Duroplasten muss eine Aussonderung nach acht Jahren erfolgen. Je nach Umweltbedingungen kann die Versprödung aber auch früher eintreten.
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Als Visier wird der bewegliche Teil eines Helmes bezeichnet, der zum Schutz des Gesichtes und der Augen dient. Auch moderne Helme verfügen über Visiere, etwa der Motorradhelm oder Fahrradhelm zum Schutz im Straßenverkehr, in der Luft- und Raumfahrt oder zum Arbeitsschutz zum Beispiel gegen Funkenflug oder in der chemischen Industrie.
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Visiere sollen zugleich bestmöglichen Schutz vor Verletzungen durch Waffen, aufprallende Gegenstände wie Steine, Splitter oder Geschosse sowie gegen Schlageinwirkung ermöglichen und zugleich lange eine uneingeschränkte Sicht sicherstellen. Dabei sollen sie zugleich leicht aufbauen, bevorzugt klappbar und sollten bei Beschädigung wechselbar sein.
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Heutige Visiere werden aus Plexi- oder Panzerglas gefertigt. Solche Visiere werden z. B. an Helmen von Spezialeinsatzkräften eingesetzt.
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In der Forstwirtschaft bestehen Schutzvisiere oft aus feinmaschigen Gittern, die wie ein stabiles Netz vor den Helm gezogen werden, um Schutz gegen Sägemehl, Splitter oder Astteile zu gewähren.
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In Rettungsdienst, Katastrophenschutz und bei der Feuerwehr finden heutzutage meist Schutzhelme aus Hartkunststoff mit transparenten Visieren Verwendung. Diese Helme werden als Teil der persönlichen Schutzausrüstung betrachtet.
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Ballistische Schutzhelmen sind Spezialhelme und werden in der Regel von Spezialeinsatzkräften jedoch auch zunehmend von Streifenpolizisten, welche zuerst am Einsatzort eintreffen (sogenannte „First Responder“), zum Eigenschutz getragen.
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Ein schützt den Kopf seines Trägers vor direktem Beschuss mit Feuerwaffen sowie vor Splittern und der Einwirkung von Hieb- und Stichwaffen.
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Die grundsätzliche Schutzwirkung eines ballistischen Schutzhelms besteht darin, ein auftreffendes Projektil (z. B. ein Geschoss, Stein oder einen Splitter) zu stoppen und zu verhindern, dass das Projektil den Kopf eines Trägers des Schutzhelms penetriert. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Schutzwirkung besteht darin, die Einwirkung der kinetischen Energie des Projektils auf den Kopf des Trägers möglichst gering zu halten.
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Eine weitere Funktion des Schutzhelmes besteht darin zu verhindern, dass der Schutzhelm durch ein Projektil soweit eingedrückt werden kann, dass eine erhebliche Restenergie auf den Kopf einwirkt. Durch geeignete Materialien bei der Ausgestaltung des Helms ist dieser Aspekt gewährleistet, insbesondere jedoch im Visierbereich sowie in dem Randbereich des Helms zum Visier ist hier eine Schwachstelle, da der Rand dazu neigt bei Beschuss nach innen zu abzuknicken bzw. dass sich das Visier aus der Befestigung zum Helm löst.
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Um im Einsatz nicht mit dem heruntergeklappten bzw. hochgeklappten Visier mit der Umgebung zu kollidieren, ist das Visier in jeder Position flächenreduziert, also stets stabil und in Nähe des Helms anliegend.
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Das Scharniersystem ist weiterhin so ausgeführt, dass auch bei unterschiedlichen Außentemperaturen (- 20°C bis +50°C) die Funktion und Sicht nicht erheblich eingeschränkt wird.
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Konventionelle Helme sind in der Regel schon mit einem Schutzvisier ausgestattet, der Gesicht sowie Kinn- und Halsregionen des Trägers schützen soll. Bestehende Visiere werden über ein sogenanntes „Rail-System“ adaptiert und verfügen über je eine einseitige Aufnahme links und rechts am Helm. Die Klapp und Haltefunktion des Visiers, sowie das stufenlose Hochschieben aus dem Gesichtsfeld ist nur bedingt umgesetzt und eine Notentriegelung durch den Träger sowie einer anderen Person fehlt teilweise gänzlich.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, alle aus dem Stand der Technik bekannten Schutzhelme mit Visier, insbesondere solche für Spezialkräfte und Polizei, dahingehend zu verbessern, dass der Tragekomfort und die Handhabbarkeit gerade des Visiers wesentlich verbessert wird.
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Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung und der Ausgestaltung gemäß der in Anspruch 1 und folgenden aufgeführten technischen Beschreibung.
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So verfügt das klappbare Schnellwechselvisier für Schutzhelme (1) zur optimalen Bewegung des Visiers über ein Viergelenksystem (A) mit dem oberen, helmnahen Gelenk für untere Drehbewegung (2) dem oberen, mittlerem Gelenk (3) sowie oberen äußeren Gelenk (4) für die obere Drehbewegung sowie dem unteren, äußeren Gelenk (5) für die untere Drehbewegung. Die oberen Positionen des Gelenkes (2 und 3) sind hier mit minimalen Abstand zum Helm konstruiert, um einen minimalen Überstand und eine maximale Reduktion der Beschleunigungs- und Widerstandskräfte durch das hoch stehende Visier (6) zu erreichen.
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Das klappbare Scharniersystem mit Schnellwechselvisier für Schutzhelme (1) verfügt weiter über ein Notentriegelungs / Wechselsystem mit integriertem Mißbrauchschutz. Hierzu wurde eine Zwei-Klappen Mechanik einkonstruiert, bei der als erstes die hintere Klappe (7) eingedrückt werden muss bevor durch Hintergriff an der vorderen Klappe (8) und jeweiligem Druck nach außen die Entriegelung öffnet und das Visier (1) vom Helm abgenommen werden kann.
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Zur besseren Montage des Schnellwechselvisiers (1) in die Adaptierung sowie zur Auffindung der richtigen Adaptierungsposition wurde weiter ein Hochleistungsmagnet (9) in Verbindung mit einer Selbstzentrierung (10) eingebracht. Führt nun der Träger das Schnellwechselvisier (1) in Richtung Helm, so hilft der Magnet (9) die Adaptierungsstellen der richtigen Befestigungsposition besser zu finden.
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Um zwei Rastpositionen des Visiers zu ermöglichen, ist am unteren Gelenkarm eine Stellschraube für die Hemmung der Visierscheibe (11) vorgesehen. Je nach Einsatz und Gewicht des Visiers (6) kann mit Hilfe dieser Stellschraube (11) die obere sowie auch die untere Rastposition selbsthemmend verstärkt oder abgeschwächt werden.
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Weiter dient der Hebel (15) zur Arretierung des Scharniersystems in der oberen, der unteren und in mehreren Zwischenpositionen. Die Verriegelung erfolgt durch das Verschieben des Hebels und führt zur Blockade.
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Eine leichtere Bewegung gegen die Rutschhemmung wird dadurch erreicht, dass man 1-4 Federn (14) einhängen und zugunterstützend einsetzen kann. Bei leichteren Visieren, Ballistische Visiere können zum Beispiel ein Gewicht von bis zu ca. 2,5Kg haben, oder bei Nichtgebrauch können die Federn in einer Ruheposition gelagert werden.
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Am großen Stellrad (12) um das Gelenk (2) kann durch Eindrehen und verursachtem Quetschen eines Silkonrings gegen eine Kontur die Bremskraft beim Öffnen und Schließen stufenlos eingestellt werden. Diese Funktion ist durch die Wahl der Materialien praktisch über den gesamten Temperatureinsatzbereich gewährleistet.
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Zur Unterstützung der Stabilität der Aufnahme des Visiers über das Rail-System ist zusätzlich eine Querverbindung (13) angebracht. Im Falle eines defekten Rail-Systems oder beim Abreißen des Systems vom Helm übernimmt diese die Halterung der gesamten Visierhalterung. Weiter können hier Gegengewichte angebracht werden, um das Gesamtsystem auszubalancieren und um ggf. ein Übergewicht des Helms bei aufgesetzter Peripherie aufzufangen.
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Der erfindungsgemäße Schutzhelm mit klappbarem Schnellwechselvisier verfügt konstruktiv über integrierte Abdichtungen der Drehpunkte, welche ein Eindringen von Schmutz und Wasser vorzubeugen. Alle beweglichen Bauteile sind durchgängig in Kombination von Metall / Kunststoff Gleitmaterialien ausgebildet.
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Bevorzugt werden als Materialien der Komponenten hochfeste und korrosionsstabile Aluminium Legierungen oder geeignete ballistische Materialien eingesetzt. Je nach Umgebung kann das klappbare Scharniersystem mit Schnellwechselvisier für Schutzhelme unter Umständen auch über den Einsatz von geeigneten Kunststoffen nachgedacht werden, um die Gewichtsbilanz zu verbessern.
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Übergangsbauteile, welche ggf. Lücken und Spalten des Systems überdecken und Schützen, können, falls dieses den gesetzlichen Vorschriften bzgl. des Einsatzgebietes erlauben, auch kostengünstig und flexibel mittels Additive Manufacturing, also 3D Druck Verfahren oder auch aus Rapid-Prototyping Verfahren hergestellt werden.
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Rapid-Prototyping-Verfahren sind Fertigungsverfahren, die das Ziel haben, vorhandene CAD-Daten möglichst ohne manuelle Umwege oder Formen direkt und schnell in Bauteile umzusetzen. Die unter dem Begriff des Rapid Prototyping seit den 1980er Jahren bekannt gewordenen Verfahren sind in der Regel Urformverfahren, die das Werkstück schichtweise aus formlosem oder formneutralem Material unter Nutzung physikalischer und/oder chemischer Effekte aufbauen.
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Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Bauteile eignen sich in der Regel alle Rapid-Prototyping-Verfahren, die im Folgenden aufgeführt sind.
Elektronenstrahlschmelzen (EBM) | Metalle |
Fused Deposition Modeling (FDM) | ABS, Polylactide |
Laminated Object Modelling (LOM) | Papier, Kunststoffe, Keramik oder AI |
Laser Engineered Net Shaping (LENS) | Metalle |
Laserauftragschweißen | Metalle wachsartige Thermoplaste, UV- |
Multi Jet Modeling (MJM) | empfindliche Photopolymere, Sand, Metallpulver, Glaspulver |
Polyamidguss | Polyamide |
Selektives Laserschmelzen (SLM) | Metalle, Kunststoffe, Keramiken |
Selektives Lasersintern (SLS) | Thermoplaste: Polycarbonate, Polyamide, Polyvinylchlorid, Metalle, Keramiken |
Space Puzzle Molding (SPM) | Kunststoffe |
Stereolithografie (STL oder SLA) | flüssige Duromere oder Elastomere |
Binder Jetting (3D-Druck) | Pulver und Granulate |
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand seiner erfindungsgemäßen Aufbaus und seiner Funktion unter Bezugnahme auf die Zeichnungen näher erläutert, wobei:
- 1 eine Seitenansicht des Schutzhelms mit heruntergeklapptem Schnellwechselvisier zeigt
- 2 eine Seitenansicht des Schutzhelms mit hochgeklapptem Schnellwechselvisier zeigt
- 3 eine Schrägansicht des Schutzhelms mit hochgeklapptem Schnellwechselvisier zeigt
- 4 eine Schrägansicht des Schutzhelms mit heruntergeklapptem Schnellwechselvisier zeigt
- 5 eine Schrägansicht des Schutzhelms mit Verriegelungshebel des Wechselvisiers zeigt
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Bezugszeichenliste
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- 1.
- Schutzhelm mit klappbarem Schnellwechselvisier
- A.
- Viergelenksystem
- 2.
- oberes, helmnahes Gelenk für untere Drehbewegung
- 3.
- oberes, mittleres Gelenk für die obere Drehbewegung
- 4.
- oberes, äußeres Gelenk für die obere Drehbewegung
- 5.
- unteres, äußeres Gelenk für die untere Drehbewegung
- 6.
- Visier
- 7.
- hintere Wechselklappe
- 8.
- vordere Wechselklappe
- 9.
- Adaptierung Visier
- 10.
- Hochleistungsmagnet
- 11.
- Stellschraube zur stufenlosen Verstellung der oberen und unteren Rastposition
- 12.
- Stellschraube zur stufenlosen Einstellung der Bremskraft beim Öffnen und Schließen des Visier
- 13.
- Querverbinder Stabilisierung
- 14.
- Federpaket zur Hub-Unterstützung Visier je nach Gewicht der Visierscheibe
- 15.
- Verriegelung Scharniersystem