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Die Europäische Union plant ein eCall (emergency call) genanntes automatisches Notrufsystem für Kraftfahrzeuge, das ab 2018 verpflichtend in neuen Kraftfahrzeugen eingebaut werden muss. Im Fahrzeug montierte Geräte melden einen Verkehrsunfall automatisch an die einheitliche europäische Notrufnummer und sollen durch die dadurch sofort eingeleiteten Rettungsmaßnahmen helfen, die Zahl der Verkehrstoten zu senken. Bei einem Unfall wird ein Notruf (eCall) an die Euronotrufnummer 112 ausgelöst, der einen Minimaldatensatz direkt an eine Notrufzentrale (PSAP – Public Safety Answering Point) absetzt, gleichzeitig wird auch eine Sprachverbindung für den Fall aufgebaut, dass ein Insasse des Unfallfahrzeugs noch sprechen kann. eCall soll automatisch und manuell auslösbar sein. Mittels eines Tasters im Fahrzeug könnten auch Dritte, die an das Unfallfahrzeug kommen, den Notruf auslösen. Der Minimaldatensatz enthält unter anderem den Unfallzeitpunkt, die genauen Koordinaten des Unfallorts, die Fahrtrichtung (wichtig auf Autobahnen und in Tunneln), Fahrzeug-ID, Service Provider-ID und eCall-Qualifier (automatisch oder manuell ausgelöst). Optional ist die Übermittlung von Daten von Bord-Sicherheitssystemen möglich, wie der Schwere des Unfallereignisses und der Zahl der Insassen, ob die Sicherheitsgurte angelegt waren, ob das Fahrzeug sich überschlagen hat und ähnliches.
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Die Bestandteile einer aus dem Stand der Technik bekannten eCall-Vorrichtung sind:
- – Steuergerät, das den Standort im Notfall über eine Mobilfunk-Einheit an die Notrufzentrale meldet;
- – Positionsbestimmungsmodul zur Feststellung der Fahrzeugposition und Fahrtrichtung zum Zeitpunkt des Unfalles;
- – Mobilfunk-Antenne;
- – Sensoren zum Erkennen aller Unfall-Arten;
- – Mikrofon und Lautsprecher, damit die Notrufzentrale mit den Fahrzeuginsassen sprechen kann, um sich zum Beispiel nach der Zahl der Verletzten und der Schwere der Verletzungen zu erkundigen;
- – Notstromversorgung, um die Funktion auch nach einem Unfall mit Zerstörung der Fahrzeugbatterie über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten;
- – eine Taste, mit der ein Notruf manuell ausgelöst werden kann, etwa bei plötzlichen Erkrankungen, einem Überfall oder wenn man auf einen Unfall zukommt;
- – Kontrollleuchte, die die Funktionsfähigkeit des Systems anzeigt bzw. eventuelle Fehler;
- – Datenbank mit allen Rettungskarten bei den Leitstellen, damit über die VIN-Nummer des Unfallfahrzeugs die modellspezifische Rettungskarte problemlos an die Retter übermittelt werden kann.
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Die Einführung von eCall bedingt unter anderem die Ausstattung von Fahrzeugen mit einem Galileo- und GSM-Modul, einer Antenne sowie einem zusätzlichen Steuergerät, in dem die eCall-Funktion implementiert ist. Diesbezüglich wird eCall auch als Wegbereiter für die Verkehrstelematik bei privaten Verbrauchern gesehen, da viele der für eCall nötigen Einbauten die Gleichen sind, die auch für andere telematische Anwendungen benötigt werden. Mit dem eCall könnte somit zugleich in jedem Fahrzeug eine technische Plattform für Zusatzdienstleistungen etabliert werden. Denn die Verordnung sieht vor, dass parallel oder aufbauend auf der bordeigenen eCall-Vorrichtung umfangreiche Zusatzdienste angeboten werden können. Auch für Mobilfunkanbieter ergeben sich hier neue Geschäftsfelder, da die für eCall nötige SIM-Karte optional auch kostenpflichtige Telematikdienste ermöglichen könnte. Die Einwahl in ein Mobilfunknetz im europaweit geplanten eCall-Verbund erfolgt erst unmittelbar nach dem Unfall, so dass keine Bewegungsprofile von Fahrzeugen anfallen, die auf Basis der Telekommunikations-Überwachungsverordnung gespeichert würden.
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Die Ausstattung eines Kraftfahrzeugs mit einer eCall-Vorrichtung – auch wenn dieses dort nicht so bezeichnet ist – ist aus dem Stand der Technik bekannt, beispielsweise aus
DE 298 03 757 U1 oder
DE 44 01 660 A1 . Die technischen Komponenten des Systems können an verschiedenen Orten innerhalb des Fahrzeugs angeordnet sein. Alternativ sind integrierte Module verfügbar, die die Mehrzahl oder auch alle der funktionsrelevanten Komponenten beinhalten.
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Aufgabe der Erfindung ist es, eine Vorrichtung bereit zu stellen, mit der ein eCall-System innerhalb eines Kraftfahrzeugs so geschützt angeordnet ist, dass seine Funktionalität durch die Folgen eines Unfalls nicht beeinträchtigt wird. Aufgabe der Erfindung ist es weiterhin, dass durch das eCall-System nach dem Unfall eine störungsfreie Kommunikation zwischen einer Rettungsleitstelle und dem Fahrzeugführers beziehungsweise einem Fahrzeuginsassen erfolgen kann.
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Die Aufgabe wird durch einen Fahrzeugsitz mit den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 erfüllt. Der erfindungsgemäße Fahrzeugsitz ist mit allen Komponenten ausgestattet, die für ein funktionssicher arbeitendes eCall-System notwendig sind. Das eCall-System wird im Rahmen dieser Anmeldung gebildet aus dem der Unfallsensorik zur Unfallsensierung, dem Mobilfunkmodul mitsamt Mobilfunkantenne zum Senden und Empfangen von Notrufsignalen und zur bidirektionalen Sprachübermittlung, dem Positionsbestimmungsmodul zur Orts- und Fahrtrichtungsbestimmung (bevorzugt ausgelegt auf GPS, Glonass sowie Galileo-Empfang), der Stromquelle zur Versorgung aller vorgenannten Komponenten mit der benötigten Energie sowie dem Steuergerät, das die vorgenannten Komponenten miteinander verbindet und die nötigen Schritte zur Ausführung des eCalls durchführt. Der erfindungsgemäße Notrufschalter dient zum manuellen Aufbau eines Notrufs, das Mikrofon und der Lautsprecher fungieren als Freisprecheinrichtung, mittels der ein Insasse des verunfallten Fahrzeugs mit der angefunkten Notrufzentrale sprechen kann, falls er dazu aus gesundheitlichen Gründen noch in der Lage ist, und dieser entsprechende Informationen zukommen lassen kann. Dies kann die Koordination der einzuleitenden Rettungsmaßnahmen deutlich verbessern und beschleunigen. Der erfindungsgemäße Fahrzeugsitz kann beispielsweise als der Fahrersitz in einem Nutzfahrzeug eingebaut sein. Bei einem Unfall ist der Fahrzeugsitz innerhalb der Kabine eines Nutzfahrzeugs oder auch eines anderen Kraftfahrzeugs sehr sicher positioniert. Er ist regelmäßig am Kabinenboden durch Schraubverbindungen sicher verankert. Der Fahrzeugsitz und insbesondere seine inneren Systeme stellen quasi einen crashsicheren Raum dar. Durch die Integration der eCall-Einrichtung – dies sind die Komponenten des eCall-Systems samt der weiteren in Anspruch 1 genannten Komponenten – in den Fahrzeugsitz wird somit erreicht, dass das System im Falle eines Unfalls mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht beschädigt wird. Die Stromquelle dient als integrierte Energieversorgung, die vorteilhafterweise als eine Batterie ausgebildet ist; diese stellt zudem sicher, dass das System autark funktioniert, auch wenn der Fahrzeugsitz keine Energieanbindung mehr zum Fahrzeug hat.
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Eine vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass der Fahrzeugsitz ein vollständig in ihn integriertes Rückhaltesystem, insbesondere einen integrierten Dreipunkt-Sicherheitsgurt, aufweist. Der Fahrzeugsitz kann in diesem Fall als komplette Einheit in die Kabine eines Nutzfahrzeug eingebaut werden und gegen einen Fahrzeugsitz ausgetauscht werden, der nicht über ein eCall-System verfügt. So wird es möglich, ältere Fahrzeuge im Sinne einer Nachrüstung mit einer eCall-Notruffunktion auszustatten. Auch in der Erstausrüstung ergeben sich bei der Montage des Fahrzeugsitzes als Kompletteinheit Vorteile. Die Montage kann schneller und einfacher erfolgen, wenn der Fahrzeugsitz nicht noch innerhalb der Kabine mit den Kommunikationssystemen des Fahrzeugs verbunden werden muss. Die Funktionsprüfung des eCall-Systems kann außerhalb der Kabine bereits vorab erfolgen. Das spart Zeit und Aufwand am Produktionsband des Fahrzeugherstellers.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass der Fahrzeugsitz mindestens einen weiteren Sensor aufweist. Der Fahrzeugsitz beziehungsweise das eCall-System kann dabei vorteilhafterweise mit einem Gassensor ausgerüstet sein, der einen Notruf auslöst, wenn das Vorhandensein von betäubendem oder gesundheitsschädigendem Gas ab einer bestimmten Konzentration sensiert wird. Auch andere Sensoren können zusätzlich oder alternativ im Fahrzeugsitz vorhanden sein, beispielsweise eine weitere Unfall-Sensorik, die an unterschiedlichen Stellen im Fahrzeugsitz angeordnet sein können oder unterschiedliche Detektions-Verfahren nutzen. Damit lässt sich die Sicherheit erhöhen, dass der Notruf/eCall bei einem Unfall ausgelöst wird. Bevorzugt ist die weiteren Unfall-Sensorik redundant.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass der Fahrzeugsitz mindestens ein weiteres Mikrofon und/oder einen weiteren Lautsprecher aufweist. Wenn am Fahrzeugsitz mehrere Mikrofone angeordnet sind, so kann bei einer Beschädigung eines Mikrofons durch die Unfalleinwirkung ein zweites dessen Aufgabe übernehmen. Andererseits kann, wenn mehrere Mikrofone volle Funktion aufweisen, das mit dem besten beziehungsweise stärksten Signal durch die Steuerung identifiziert werden. So wird die Sprachqualität des Notrufs optimiert. Die Mikrofone können, dem Stand der Technik folgend, zum Beispiel in das Gurtband integriert sein oder als sogenanntes Schwanenhals-Mikrofon ausgeführt sein. Wenn am Fahrzeugsitz mehrere Lautsprecher angeordnet sind, trägt dies zusätzlich zur Optimierung der Sprach- beziehungsweise Verständigungsqualität bei.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass der Fahrzeugsitz mindestens einen weiteren Notrufschalter aufweist. Wenn am Fahrzeugsitz mehrere Notrufschalter zur manuellen Einleitung eines Notrufs angeordnet sind, hat der Sitzinsasse es leichter, einen der Notrufschalter zu betätigen, falls er durch die Unfallfolgen bewegungseingeschränkt sein sollte. Bevorzugt ist/sind der/die Notrufschalter als Taster ausgebildet, wodurch die Betätigung bei sehr eingeschränkter Bewegungsfreiheit des Insassen einfach erfolgen kann. Auch kann mindestens einer der Notrufschalter an der Rückseite der Rückenlehne des Fahrzeugsitzes angebracht werden, um dem Fahrer die Möglichkeit zu geben, den Notruf von einer sich in einem Fahrerhaus befindlichen, hinter dem Fahrzeugsitz angeordneten Liege aus zu aktivieren, falls er erkrankt ist oder überfallen wird.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die Sensoren und/oder die Mikrofone und/oder die Lautsprecher und/oder die Notrufschalter jeweils redundant zueinander sind. Aufgrund der Redundanz wird eine Erhöhung der Funktionssicherheit erreicht.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass der Fahrzeugsitz eine integrierte Kopfstütze aufweist, an der das/die Mikrofon(e) und der/die Lautsprecher angeordnet sind. Die Lautsprecher können zum Beispiel beidseitig im Bereich der integrierten Kopfstütze angeordnet sein. Dies bietet den Vorteil, nahe an den Ohren des Sitzinsassen zu sein. Im Hinblick auf die Mikrofone ist festzuhalten, dass diese im Bereich der Kopfstütze nahe am Mund des Sitzinsassen sind und somit zu einer guten Sprachqualität beitragen.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass Steuergerät, Unfallsensorik, Mobilfunkmodul mit Mobilfunkantenne, Positionsbestimmungsmodul und Stromquelle zu einem eCall-Modul verbunden sind. Dadurch sind die genannten Komponenten kompakt angeordnet und somit gut in den Fahrzeugsitz bei geringem Platzbedarf integrierbar. Außerdem können sie mit einem crashsicheren gemeinsamen Modul-Gehäuse untergebracht werden.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass in dem eCall-Modul zusätzlich ein Mikrofon und ein Lautsprecher sind. Damit sind alle system- beziehungsweise funktionsrelevanten Komponenten in einem Gehäuse vereint. Dieses kann geschützt innerhalb der Sitzstruktur angebracht werden, so dass die Wahrscheinlichkeit maximiert wird, dass das Modul auch nach einem Unfall noch die bestimmungsgemäße Funktionalität aufweist. Alternativ oder zusätzlich kann auch ein Notrufschalter in das eCall-Modul integriert. Dabei ist dann auch der Notrufschalter bei einem Unfall gut geschützt und bleibt funktionsfähig.
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Eine weitere vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass das eCall-System eine bidirektionale Schnittstelle zu einem Fahrzeugdatenbussystem, insbesondere einem CAN-Bus, aufweist. Damit ist das eCall-System unter anderem auch als Freisprechmodul verwendbar und während eines Telephonats kann ein Audio-System des Fahrzeugs über den Bus stumm geschaltet werden.
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Die Aufgabe wird auch durch die Verwendung eines eCall-Systems, das mit mindestens einem Notrufschalter, mindestens einem Mikrofon und mindestens einem Lautsprecher, verbunden ist, in einem Fahrzeugsitz gemäß Schutzanspruch 13 gelöst. Dadurch ergeben sich die gleichen Vorteile, die oben schon zu dem Fahrzeugsitz mit integriertem eCall-System ausgeführt wurden.
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Die Aufgabe wird auch durch die Verwendung eines eCall-Systems, insbesondere wenn dieses innerhalb eines Fahrzeugsitzes angeordnet ist, als Freisprechanlage gemäß Schutzanspruch 14 gelöst. Dadurch muss keine zusätzliche Freisprechanlage im Fahrzeug installiert werden und ein Notruf kann bei Bedarf sicher abgesetzt werden.
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Bei der Verwendung des eCall-Systems beziehungsweise der eCall-Einrichtung sind auch alle vorteilhaften Weiterbildungen der Schutzansprüche 2 bis 12 möglich, ohne dass hierauf im Einzelnen separate Ansprüche formuliert wurden.
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Alle in den Unteransprüchen angegebenen Merkmale der vorteilhaften Weiterbildungen sind sowohl für sich jeweils einzeln als auch in beliebigen Kombinationen zur Erfindung gehörig.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 29803757 U1 [0004]
- DE 4401660 A1 [0004]