DE19724458A1 - Verwendung proteolytischer Enzyme zur Verbesserung der Absorption von Arzneimitteln - Google Patents
Verwendung proteolytischer Enzyme zur Verbesserung der Absorption von ArzneimittelnInfo
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- A61K38/43—Enzymes; Proenzymes; Derivatives thereof
- A61K38/46—Hydrolases (3)
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von mindestens
einem proteolytischen Enzym zur Verbesserung der Adsorption von
Arzneimitteln über das Darmepithel.
Proteolytische Enzyme, insbesondere Serin- und Thiol-Proteasen
wie z. B. Trypsin, Chymotrypsin, Bromelain und Papain werden seit
mehreren Jahrzehnten zur sogenannten systemischen Enzymtherapie
oral appliziert. Ihre Unbedenklichkeit und die Wirksamkeit die
ser Anwendung ergibt sich aus einer Reihe von publizierten kli
nischen Studien. Der Nachweis der systemischen Absorption (Bio
verfügbarkeit) oral applizierter Enzyme ist schwierig, da er ei
ne komplexe Analytik erfordert. Durch Studien an Tieren und Pro
banden wurde jedoch die zunächst ungewöhnlich erscheinende Ab
sorption dieser Enzyme aus dem Verdauungstrakt immer wieder be
stätigt. Unklar blieb hingegen die Frage, auf welche Weise Pro
teine dieser Größe (mehrere 10 kD) die Darmschleimhaut als in
takte Moleküle in höherem Ausmaß passieren können.
Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, die Absorption von Arz
neimittelstoffen über das Darmepithel zu verbessern.
Diese Aufgabe wird durch die in Anspruch 1 angegebene Erfindung
gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen
angegeben.
Gemäß Anspruch 1 ist die Verwendung von mindestens einem proteo
lytischen Enzym und gegebenenfalls Rutosid zur Verbesserung der
Absorption von Arzneimitteln über das Darmepithel vorgesehen.
Von uns kürzlich durchgeführte Arbeiten an intestinalen Zellkul
turmodellen lassen darauf schließen, daß proteolytische Enzyme
die Darmschleimhaut durch passive Diffusion auf parazellulärem
Wege überwinden, weil sie in der Lage sind, die natürlichen Bar
riereeigenschaften des Darmepithels, welche in den normalerweise
dicht geschlossenen Zell-Zell-Verbindungen ("tight junctions")
begründet sind, lokal und in reversibler Weise zu modulieren.
In einer bevorzugten Ausführungsform wird als proteolytisches
Enzym Trypsin, Bromelain und/oder Papain gegebenenfalls in Ver
bindung mit Rutin verwendet.
Die erfindungsgemäß verwendeten Enzyme lassen sich kostengünstig
aus den folgenden Rohmaterialien isolieren.
Bromelain ist ein proteolytisch wirksames Enzym aus dem Preßsaft
der Ananas und kann auch noch aus reifen Früchten isoliert wer
den.
Papain ist ein proteolytisches Enzym, das aus dem Milchsaft der
unreifen, fleischigen Früchte des Melonenbaums Carica Papaya ge
wonnen wird. Reines Papain ist ein kristalines Polypeptid mit
einem MG. von 23350, das aus einer Kette von 212 Aminosäurere
sten mit 4 Disulfid-Brücken besteht; Sequenz und Raumstruktur
sind bekannt. Papain wird vielfältig eingesetzt: Aufgrund seiner
Protein-spaltenden Eigenschaft als "Fleischzartmacher" oder
"Mürbesalz", zum Klären von Bier, zur Brot- und Hartkeksherstel
lung, in der Lederzubereitung, in der Textil-Industrie zum Ent
basten von Seide und zur Verhinderung von Wollverfilzung, in der
Tabak-Industrie zur Qualitätsverbesserung, zur Rückgewinnung von
Silber aus verbrauchtem photographischem Material, ferner in der
Bakteriologie zur Pepton-Gewinnung. In der Medizin dient Papain
bereits zur Unterstützung der enzymatischen Verdauung, zur en
zymatischen Wundreinigung und als Zusatz zu Zahnprothese-Reini
gungsmitteln. Für Spezialzwecke werden Papain-Präparate auch an
Kunststoffpolymere oder Agarose trägergebunden angeboten. Papain
ist auch als Katalysator zur Synthese von Oligopeptiden verwen
det worden.
Trypsin ist ein proteolytisches Enzym, das ebenfalls im Pankreas
gebildet wird und in Verbindung mit anderen Enzymen bereits the
rapeutisch eingesetzt wird. Es gehört zu den Serin-Proteinasen.
Kristallines Trypsin hat ein MG. von ca. 23300, ist in Wasser,
nicht aber in Alkohol löslich, besitzt ein Wirkungsoptimum bei
pH 7-9 und spaltet Peptid-Ketten spezifisch Carboxy-seitig der
basischen Aminosäurereste L-Lysin und L-Arginin. Die räumliche
Struktur des aus 223 Aminosäuren bestehenden Trypsins ist be
kannt.
Chymotrypsin gehört zu den Verdauungsenzymen. Es entsteht im
Pankreas aus Zymogenen unter der Einwirkung von Trypsin. Chy
motrypsin gehört zur Familie der Serin-Proteasen aufgrund eines
Katalysemechanismus, an dem wesentlich ein Serin-Rest beteiligt
ist.
Eine besonders gute Wirksamkeit zeigt sich bei der Verwendung
einer Kombination der Enzyme Bromelain, Papain und/oder Trypsin.
Neben der bemerkenswerten und unerwarteten Wirkung dieser Enzyme
hat die kombinierte Verwendung der genannten Enzyme weiterhin
den Vorteil, daß auch bei einer Langzeitanwendung keine schädi
genden Nebenwirkungen auftreten.
Weiterhin kann zusätzlich Rutosid dem Medikament beigemischt
werden. Rutosid ist ein Glycosid, das zu den Flavonoiden gehört.
Eine besonders gute Wirksamkeit hat die kombinierte Verwendung
von 20 bis 100 mg Bromelain, 40 bis 120 mg Papain und 10 bis 50
mg Trypsin pro Dosiseinheit.
Ganz besonders bevorzugt ist eine Kombination von 90 mg Brome
lain, 120 mg Papain und 100 mg Rutosid × 3H2O.
In einer anderen bevorzugten Ausführungsform wird eine Kombina
tion von 48 mg Trypsin, 90 mg Bromelain und 100 mg Rutosid × 3H2O
verwendet.
Rutosid wird vorzugsweise in Mengen von 10 bis 100 mg, besonders
bevorzugt 100 mg pro Dosiseinheit verwendet.
Das Medikament kann weiterhin alle üblichen Hilfs- und/oder Trä
gerstoffe enthalten.
Als Hilfs- und Trägerstoffe kommen z. B. Lactose, Magnesiumstea
rat, Stearinsäure, Talkum, Methacrylsäure, Copolymerisat Typ A,
Shellack, Makrogol 6000, Dibutylphthalat, Vanillin, Titandioxid,
weißer Ton, Polyindon, gelbes Wachs und Carnaubawachs in Frage.
Auch die Verwendung von weiteren Absorptionsverbesserern
und/oder Enzyminhibitoren, einschließlich bio-(muco) adhäsiver
Materialien in Kombination mit proteolytischen Enzymen und wei
teren Arzneistoffen ist möglich. Bekannte Beispiele für die oben
genannten Stoffe sind mittelkettige Triglyceride, Gallensäuren
bzw. ihre Salze, verschiedene Tenside bzw. Emulgatoren, Aproti
nin, Bowman-Birk-Proteinase-Inhibitor, Polyacrylsäure, Cellulo
sederivate (HPMC, HMC, etc.), Alginate oder Chitosan.
Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Verbesserung
der Absorptionsfähigkeit eines Wirkstoffs und/oder Nährstoffs
über das Darmepithel, bei dem dem Wirkstoff und/oder Nährstoff
ein proteolytisches Enyzme beigegeben wird.
Die hier beschriebene Absorptionsverbesserung von Arzneistoffen
durch die Kombination mit einem oder mehreren proteolytischen
Enzymen ist nicht auf den peroralen Applikationsweg beschränkt,
sondern ist grundsätzlich auch auf alle anderen, sogenannten al
ternativen Applikationswege übertragbar. Dies betrifft insbeson
dere die (trans-)dermale, nasale, oculare, buccale, vaginale,
pulmonale oder rektale Applikation von Arzneistoffen und die da
zu erforderlichen pharmazeutischen Formulierungen, sowohl zur
Erzielung von systemischen wie auch topischen (lokalen) Wirkun
gen.
Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung im einzelnen erläu
tern.
Das Vasopressin-Derivat Desmopressin, welches unter anderem zur
Behandlung des Diabetes insipidus eingesetzt wird, ist seit kur
zem auch als orale Arzneiform (DDAVP bzw. Minirin Tabletten,
Ferring) im Handel. Gegenüber den bislang erhältlichen Formulie
rungen zur parenteralen und nasalen Anwendung muß jedoch die
oral zu verabfolgende Menge dieses Arzneistoffs von 4 bzw. 10 µg
pro Dosis auf 100 bzw. 200 µg erhöht werden. Aufgrund der ab
sorptionsverbessernden Wirkung proteolytischer Enzyme kann die
Dosis in einer gemeinsamen Formulierung dieser Stoffe erheblich
reduziert werden. Die proteolytischen Enzyme werden in Dosierun
gen verabreicht von a) 20 bis 100 mg Bromelain, 40 bis 120 mg
Papain und 10 bis 50 mg Trypsin pro Dosiseinheit, b) 90 mg Bro
melain, 120 mg Papain und 100 mg Rutosid pro Dosiseinheit oder
c) 90 mg Bromelain, 48 mg Trypsin und 100 mg Rutosid pro Dosi
seinheit.
Aufgrund von Untersuchungen an den eingangs erwähnten Zellmodel
len läßt sich abschätzen, daß sich unter Zusatz der oben genann
ten proteolytischen Enzyme die orale Dosis von Desmopressin um
mindestens 90% gegenüber der sonst erforderlichen Dosis redu
zieren läßt.
Das gleiche Prinzip ist auf weitere Peptidhormone bzw. deren
Analoga anwendbar, z. B. Calcitonin, Sandostatin, Detirelix etc.
Antisense-Oligonukleotide werden eingesetzt, um nach spezifi
scher Bindung an die DNA die Expression bestimmter Gene (z. B.
Entzündungsfaktoren, Onkogene, etc.) zu verhindern. Während zur
Steigerung der Hydrolyse-Resistenz dieser Stoffe durch die Syn
these von entsprechenden Phosphothioaten ein entscheidender
Fortschritt gelungen ist, bleibt jedoch der kontrollierte Trans
port dieser relativ großen und schlecht lipidlöslichen Moleküle
über biologische Barrieren ein Problem, insbesondere über die
Darmschleimhaut nach oraler Applikation.
Hierzu bietet die Formulierung mit Hilfe proteolytischer Enzyme
eine Lösung. Die lokale Anwendung eines Antisense Phospho
rothioat-Oligonukleotids zur p65-Untereinheit des NF-kappa B be
seitigte eine in Mäusen experimentell erzeugte Colitis, und zwar
besser als durch Glucocorticoide. Durch die Kombination mit pro
teolytischen Enzymen läßt sich der Transport der verwendeten
Oligonukleotide an ihren Wirkort und dadurch die Wirksamkeit
dieses Therapiekonzepts weiter verbessern.
Prinzip der somatischen Gentherapie ist es, in die (unter Um
ständen krankheitsbedingte fehlerhafte) Expression des Erbgutes
einzugreifen und dadurch die behandelten Körperzellen gezielt
zur Produktion bestimmter Proteine zu veranlassen. Die Anwendung
von Genen als Arzneistoffe ist jedoch nur möglich, sofern Formu
lierungen zur Verfügung stehen, welche den Gen-Transfer am Pati
enten in sicherer und reproduzierbarer Form ermöglichen. Die
orale Anwendung von Gen-Therapeutika erscheint insbesondere im
Hinblick auf die Epithelzellen des Verdauungstraktes vielver
sprechend, da die vorliegende Erfindung eine effiziente Resorp
tion der Gen-Therapeutika durch das Darmepithel sicherstellt.
Bei entzündlichen Darmerkrankungen spielt Interleukin 1 (IL-1)
eine wichtige Rolle. Durch spezifische IL-1 Rezeptor-Antago
nisten (IL-1ra) kann die pro-inflammatorische Aktivität von IL-1
unterdrückt werden. Eine lokale Gentherapie ist mit Hilfe eines
protease-resistenten adenoviralen Vektors, der das IL-1ra-Gen
enthält, möglich. Durch die Formulierung dieses Vektor mit Hilfe
von transportverbessernden Proteasen wird die Effektivität die
ser Therapie signifikant gesteigert.
Intramuskuläre Injektion von transforming growth factor-beta 1
cDNA in Form eines pRSV Expressionsvektors (pRSVTGF-β) linderte
bzw. verhinderte in Ratten die Ausbildung einer experimentell
ausgelösten Colitis. Durch die Formulierung eines solchen Vek
tors mit Hilfe proteolytischer Enyzme werden ausreichende Mengen
des Vektors aus dem Gastrointestinaltrakt systemisch verfügbar,
um diese Art der Gentherapie nicht nur per injectionem, sondern
auch auf oralem Wege durchzuführen.
Claims (9)
1. Verwendung von mindestens einem proteolytischen Enzym zur
Verbesserung der Adsorption eines Wirkstoffs und/oder Nährstoffs
über das Darmepithel.
2. Verwendung gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als
proteolytisches Enzym Trypsin, Chymotrypsin, Bromelain oder Pa
pain oder eine Kombination von einem oder mehreren dieser Enzyme
verwendet wird.
3. Verwendung gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
daß zusätzlich Rutosid verwendet wird.
4. Verwendung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, daß 20 bis 100 mg Bromelain, 40 bis 120
mg Papain und 10 bis 50 mg Trypsin pro Dosiseinheit verwendet
werden.
5. Verwendung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß 90 mg Bromelain, 120 mg Papain und
100 mg Rutosid pro Dosiseinheit verwendet werden.
6. Verwendung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, daß 90 mg Bromelain, 48 mg Trypsin und
100 mg Rutosid pro Dosiseinheit verwendet werden.
7. Verwendung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, daß 10 bis 100 mg, vorzugsweise 100 mg
Rutosid × 3H2O pro Dosiseinheit verwendet werden.
8. Verwendung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet, daß jeder Applikationsweg verwendet wer
den kann, insbesondere der perorale, (trans-)dermale, nasale,
oculare, buccale, vaginale, pulmonale oder rektale Applikations
weg.
9. Verfahren zur Verbesserung der Absorptionsfähigkeit eines
Wirkstoffs und/oder Nährstoffs über das Darmepithel, dadurch ge
kennzeichnet, daß dem Wirkstoff beziehungsweise Nährstoff ein
proteolytisches Enzym beigegeben wird.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE1997124458 DE19724458A1 (de) | 1997-06-10 | 1997-06-10 | Verwendung proteolytischer Enzyme zur Verbesserung der Absorption von Arzneimitteln |
Applications Claiming Priority (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE1997124458 DE19724458A1 (de) | 1997-06-10 | 1997-06-10 | Verwendung proteolytischer Enzyme zur Verbesserung der Absorption von Arzneimitteln |
Publications (1)
Publication Number | Publication Date |
---|---|
DE19724458A1 true DE19724458A1 (de) | 1998-12-24 |
Family
ID=7832052
Family Applications (1)
Application Number | Title | Priority Date | Filing Date |
---|---|---|---|
DE1997124458 Withdrawn DE19724458A1 (de) | 1997-06-10 | 1997-06-10 | Verwendung proteolytischer Enzyme zur Verbesserung der Absorption von Arzneimitteln |
Country Status (1)
Country | Link |
---|---|
DE (1) | DE19724458A1 (de) |
Cited By (3)
Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
---|---|---|---|---|
WO2001070258A1 (en) * | 2001-03-19 | 2001-09-27 | Santana, Cristiano, Alberto, Ribeiro | Pharmaceutical composition of carrier substance for products based on vitamin-e, bromeline and hyaluronidase |
WO2011103920A2 (en) | 2010-02-25 | 2011-09-01 | Evonik Röhm Gmbh | Pharmaceutical or neutraceutical formulation |
CN114107265A (zh) * | 2021-11-05 | 2022-03-01 | 罗钰玲 | 一种提取菠萝蛋白酶的工艺 |
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DE2006514A1 (de) * | 1969-02-21 | 1970-09-10 | M Hooreman | Neue proteolytische enzymatische Produkte, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung |
-
1997
- 1997-06-10 DE DE1997124458 patent/DE19724458A1/de not_active Withdrawn
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CN114107265B (zh) * | 2021-11-05 | 2023-12-01 | 罗钰玲 | 一种提取菠萝蛋白酶的工艺 |
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8130 | Withdrawal |