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'Einsatz von Mikroorganismen bei der Aufzucht und Mast von Tieren,
damit hergestellte Futtermittel und Verfahren zur Herstellung der Mikroorganismen
und Futtermittel." Gegenstand dieser Erfindung ist: 1. der Einsatz von Mikroorganismen
der Bifidusgrllppe bei der Aufzucht und Mast von Tieren; 2. die Kultivierung und
Gewinnung der Bifidusstämme im technischen Maßstab; 3. die Prüfung der Bifidobakterien
auf Ansiedlungsfähigkeit im Intestinaltrakt der Zucht- und Masttiere; 4. die Herstellung
der für Fütterungszwecke zu verwendenden Kulturen; 5. die Herstellung eines Futtermittels
mit Bifidokulturen; 6. die Verfütterung der Kulturen an Zucht- und Masttieren.
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Während der letzten zehn Jahre ist eindeutig festgestellt worden,
daß Mikroorganismen der Bifidusgruppe (früher als L. bifidus) eine sehr bedeutsame
Rolle im menschlichen Verdauungskanal spielen. So fand man, um nur die wichtigsten
der Ergebnisse zu zitieren, daß 1. Bifidobakterien in vivo und in vitro antibiotische
Substanzen produzieren können, die vorzüglich gegen gram-neative aerobe Organismen
und gegen Micrococcen wirksam sind. So wird der Aufstieg von Fäulnis erregern
in
höhere Darmabschnitte in auf3erordenti.ich starkem Maße durch eine intakte Darmflora,
in der sich zahlreiche Bifidobakterien finden, gehemmt. Noch ist nicht wissenschaftlich
völlig abgeklärt worden, ob diese antibiotischen Faktoren identisch mit den organischen
Säuren sind, die durch die Bifidobakterien gebildet werden.
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2. Bifidobakterien in vivo über die coliformen blikroorganismen, wie
z0B. Escherichia coli und andere dominieren.
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3. Bifidobakterien in außerordentlich starkem Maße den Eiweiß- und
Ammoniakstoffwechsel ihres Wirtes zu beeinflussen vermögen. So ist von IUTHING mitgeteilt
worden, daß eine sehr wirksame Therapie des hipatischen Comas durch die Verabreichung
von Bifidus-tfilchkulturen durchgeführt werden kann. Dabei konnte gezeigt werden,
daß eine signifikante Senkung des Blutammoniaks der freien Serumphenole unter der
Behandlung mit Bifidobakterien auftritt.
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Über die Rolle von Bifidobakterien bei Säugetieren liegen bisher
so gut wie keine Beobachtungen vor.
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Zahlreiche Untersuchungen und Fütterungsversuche sind zwar mit Hilfe
aerober Bazillen (L. acidophius, bzw.
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Joghurt) durchgeführt worden, jedoch waren die Ergebnisse durchwegs
unbefriedigend. Bifidobakterien sind offensichtlich deshalb bisher noch nie fiir
derartige Versuche herangezogen worden, weil man aufgrund des ernährungsphysiologischen
Verhaltens von ?leischtieren (Schweine, Kälter etc.) nicht annehmen konnte, daß
eine Ansiedlung von Bifidobakterien im Intestinaltrakt dieser Tiere stattfinden
könnte. Zwar sind
auch im Darmkanal von Schweinen und Wiederkäuern
anaerobe lactobazillen gefunden worden, jedoch scheint es so gut wie sicher zu sein,
daß diese Mikroorganis nien nicht zur Bifidusgruppe zu rechnen sind.
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Aufgrund einer Heilie von Praxisversuchen konnte iiberraschenderweise
gefunden werden, daß es unter bestimmten Voraussetzlmgerl gelingt eine Ansiedlung
von Bifidobakterien - auch humaner herkunft - ebenfalls bei Zucht- und Masttieren
zu erreichellc Die Grundlagen flir eine erfolgreiche Ansiedlung und die daraus resultierenden
Folgen und positiven Ergebnisse sind erfindungsgemäß folgende: 1. daß die verwendeten
Mikroorganismen der Bifidusgruppe zugehören und zur Besiedlung des Darmkanals der
Tiere geeignet sind 2. daß die - nach dieser Erfindung - verwendeten Mikroorganismen
in der nachstehend erfindungsgemäßen beschriebeslen Weise vorge züchtet und gewonnen
werden; 3. daß bei der Verabreichung der Mikroorganismen noch zusätzlich Wirkstoffe
mit verfüttert werden, die ein optimales Wachstum der Keime im Darmkanal gewährleisten.
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Bei Einhaltung dieser Richtlinien tritt im Darmkanal der Tiere eine
iiberwiegende Bifidusflora auf, wie es mit Hilfe der üblichen bakteriologischen
Nachweisverfahren eindeutig ermittelt wurde.
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Tiere, die über eine Bifidusflore verfügen, wobei diese mit Hilfe
eines, ihrem Organismus fremden, nach den erfindungsgemäßen Gesichtspunkten ausgewählten,
Bifidusstammes erzeugt
worden ist, unterscheiden sich von Normaltieren.
Das heißt, sie unterscheiden sich von solchen Tieren, die einer konventionellen
Aufzucht und Mast unterzogen wurden dadurch, daß die Sterbiichkeitsrate um 50 und
mehr Prozent geringer ist als diejenige von Normaltieren. Ferner unterscheiden sie
sich noch durch eine erheblich gesenkte Anfälligkeit fijr Darmerkrankungen, die
bekanntlich eine der Haupttodesursachen, vor allem für Jungtiere, darstellen.
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Das nachfolgende Beispiel demonstriert den erheblichen Unterschied
bei der Durchfallsquote von Normalferkeln und Bifidusferkeln. Der Versuchszeitraum
betrug bei diesem, wie bei allen anderen Versuchen, 12 Monate.
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Durchfallquote bei Normalferkeln: 75 % Durchfallquote bei Bifidusferkeln:
7 % Die Senkung der Durchfallquote um 90 QZO und damit die Unterschiede zwischen
Normal- und Bifidustieren sind aufgrund der Praxisversuche so groß, daß sie außerhalb
jeder statistischen Fehlergrenze liegen.
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Einer der wichtigsten Punkte der vorliegenden Erfindung stellt die
Massenkultivierung der allgemein als schwer ziichtbar geltenden Bifidobakterien
dar. Aus diesem Grunde ist die Kultivierung von Bifidobakterien im technischen Maßstab,
die zur Massengewinnung erforderlich ist, mit Gegenstand dieser Erfindung, Diese
Massengewinnung und die dazu notwendigen Arbeitsschritte werden im nachstehenden
Beispiel näher erläutern: Beispiel 1: Um Bifidusbakterien im technischen Maßstab
kultivieren zu können wird folgendermaßen verfahren:
Die isolierten
Bifidobakterien werden zunächst auf einem der üblichen festen Nährböden in entsprechender
Menge unter streng anaeroben Verhältnissen angezüchtet. Von diesem Bakterienrasen
wird dann mit Hilfe eines sterilen Wattepinsels die gesamte Bakterienmenge abgeerntet
und der Pinsel in eine geringe Menge von einem geeigneten Nährmedium, das einen
Zusatz von Hefeautolysat enthält, versenkt. Bei der Verimpfung von nur kleinen Bakterienmengen
erfolgt nur spärliches oder gar kein Wachstum. Voraussetzung für ein erfolgreiches
Wachstum in dem Nährmedium ist also die Verimpfung einer möglichst großen IieimmengeO
Als Näh:medium kann eines der iiblichen Nährmedien für Bifidusbakterien verwendet
werden, aber auch Milch (z.B. Vollmilch, Magermilch) oder Molke Wesentlich ist jedoch
der Zusatz von Hefeautolysat in einer Menge von 051 bis 5 , insbesondere 0,1 bis
2 %. Die Verimpfung großer Bakterienmengen ist deshalb von Bedeutung, weil Bifidobakterien,
wie auch einige andere Keime, in ihrem intermediären Stoffwechsel offensichtlich
eine Substanz erzeugen, die die Zellteilungsfrequenz nicht nur der eigenen, sondern
auch anderer Bakterienzellen positiv beeinflußt, wie mit Hilfe abgetötfr Bifidusextrakte
gezeigt werden konnte. Erfährt diese teilungsfördernde Substanz durch die Verimpfung'Wrelativ
große Mengen Nährmedium eine zu starke Verdünnung so kann die Wirkung dieser Substanz
nicht zum Tragen kommen.
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Ist der so beimpfte Nährboden gleichmäßig und dicht bewachsen, so
erfolgt die Zugabe einer weiteren kleinen Menge des gleichen Nährmediums bis ebenfalls
die Wachstumsdichte wieder das ursprüngliche Maß erreicht hat. Auf diese Weise wird
die Nährflüssigkeit aufgefüllt bis auf ein Volumen von etwa 10 bis 20 ml. Diese
10 bis 20 ml werden nach erfolgtem Wachstum in 50 ml des gleichen Nährmediums übertragen
und ebenfalls wiederum bei 37 bis 420C bis zum dichten Bewachsen bebebrütet. Von
dieser Kultur ausgehend kann dann mit Impfmengen
von 10 % eine
beliebig große Menge von Nährboden be-
werden, die dann jeweils bis zum dichten Bewuchs inkubiert wird. Im Verlauf mehrerer
Passagen (je nach Bifidusstamm etwa 10 bis 20) erfolgt eine laufende Reduzierung
der notwendigen Bebrütungszeit von anfangs 10 bis 24 Stunden auf einheitlich 2 bis
3 Stunden für alle Bifidusstämme. Erfindungsgemäß neu an dieser bisher noch nicht
beschriebenen bakteriologischen Arbeitstechnik erscheint die Tatsache, daß es auf
diese Weise möglich ist, auch schwer kultivierbare Keime, wie z.B. Bifidusbakterien,
in relativ kurzer Zeit zu Vermehrungsraten zu bringen, die einen volltechnischen
Einsatz solcher Mikroorganismen gestatten.
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Die Prüfung der auf diese Weise gewonnenen Bifidobakterien auf Ansiedlungsfähigkeit
im Intestinaltrakt der Masttiere erfolgte auf nachstehende Methode bzw. Beispiel:
Beispiel 2: Die gewonnenen Kulturen werden an Mast- und Zuchttiere verfüttert, und
zwar in einer Menge von etwa 5 bis 100 gr/kg Körpergewicht. In der Zeit nach der
Verfütterung werden in Abständen von etwa 2 bis 3 Tagen Kotproben auf das Vorhandensein
des verfütterten Bifidusstammes geprüft. Nach dieser Zeit bereits müssen im Kob
Keimzahlen der verfütterten Bifidusstämme bis zu einem Titer von 10-9 bis 70 nachweisbar
sein, Diese Titerhöhen müssen während der gesamten Zeitspanne der Verfütterung beibehalten
werden. Nur Stämme, die diese Anforderungen erfüllen, sind für den Einsatz zu dem
erfindungsgemäßen Futtermittel und Verfahren geeignet.
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Eine Resistenz der verwendeten Stämme gegenüber geringen Mengen Antibiotika
ist ebenfalls erforderlich.
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Die für die Zwecke der Verfütterung bestimmten Kulturen werden nach
folgendem Beispiel angezüchtet und vermehrt
Beispiel 3: Als Nährmedium
dient Magermilch oder Molke mit einem Zusatz von 0,1 bis 2 ffi Hefeextrakt oder
Hefeautolysat, das in iiblicher Weise sterilisiert wurde. Diese Nährlösung wird
mit 10 r,b? einer nach Beispiel 1 hergestellten Bifiduskultur beimpft und bei 37
bis 42°C drei Stunden bebrütet. Anschließend ist die Kultur für die Verfütterung
bereit. Sie kann aber auch iiber Gefriertrocknung oder sonstige schonende Trocknungsverfahren
zu einem Dauerpräparat aufgearbeitet werden.
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Die Zugabe von Hefeextrakt bzw. Hefeautolysat hat nicht nur den Sinn
einer Washstumsförderung der Bifidobakterien in dem Nährmedium, sondern bewirkt
auch eine verbesserte Anwachsrate der verfiitterten Mikroorganismen im Darm der
Tiere.
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Die Bifiduskulturen Icönnen als frische Stämme direkt dem Futter im
Stall zugemischt werden. Aber von besonderem wirtschaftlichen Interesse ist vor
allem die erfindungsgemäß geschaffene Möglichkeit, daß die getrockneten Bifiduskulturen
sehr lange lagerfähig sind und deshalb als Futterzusatzmittel verwendet oder aber
daraus bereits formulierte Futtermittel hergestellt werden können. - Die Bifiduskulturen
lassen sich aber auch zusammen mit den Futtermitteln trocknen.
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Die beschriebenen Bifiduskulturen werden in Mengen, wie unter Beispiel
2 aufgeführt, an die Tiere verfüttert. Der Zeitpunkt der Fütterung soll so früh
als möglich nach der Geburt gewählt werden0 Je früher die erfindungsgemäße Verfütterung
einsetzt, desto besser sind die eintretenden Erfolge.
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Unter den erfindungsgemäß gewählten Bedingungen kommt es bei der Verfütterung
von Bifiduskulturen zum Aufbau einer künstlichen Darmflora, die eine außerordentlich
positive protektive Wirkung auszuüben vermag. Diese positive Wirkung äußert sich
in einer Senkung der Erkrankungsrate, insbesondere der Durchfälle, sowie in einer
absoluten Senkung der Sterblichkeitsziffer von Jungtieren um rund 50 ffi und mehr.
(Beispiel eines Versuches: Sterblichkeitsrate der Kontrollgruppe: 29 % - Sterblichkeitsrate
der Bifidusgruppe: 14 %.) Patentansrliche: 1. Einsatz von Mikroorganismen bei der
Aufzucht und Mast von Tieren, damit hergestellte Futtermittel und Verfahren zur
Herstellung der Mikroorganismen und Futtermittel, dadurch gekennzeichnet, daß die
Mikroorganismen Kulturen der Bifidusgruppe sind.
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2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß den Tieren
zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Bifiduskulturen mitverfüttert werden.
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3. Verfahren nach Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß
die zur Verfütterung verwendeten Bifidusstämme vor ihrer Verwendung auf ihre Ansiedlungs-
und Vermehrungsfähigkeit im Darmkanal der Tiere geprüft werden.
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4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch
gekennzeichnet, daß die ausgewählten Bifidusstämme gegenüber geringen Mengen Antibiotika
resistent sind.