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In der klinischen Praxis erfolgt eine parenterale intravenöse Ernährung
immer dann, wenn der Patient auf Grund einer schweren Erkrankung oder nach operativen
Eingriffen an der oralen Nahrungsaufnahme gehindert ist. Die Entscheidung, ob eine
parenterale Ernährung durchgeführt wird, richtet sich nach dem Allgemeinzustand
des Patienten. Ist dieser schlecht und ist zu erwarten, daß über längere Zeit keine
orale Nahrungsaufnahme erfolgen kann, so wird man alle notwendigen Nährstoffe intravenös
zuführen müssen. Zur kompletten parenteralen Ernährung gehören Wasser, Vitamine,
Elektrolyte, Spurenelemente, Kohlehydrate, Aminosäuren und Fette, wobei in manchen
Fällen auch noch Alkohol als Kalorienquelle hinzukommen kann. Seit einer Reihe von
Jahren befinden sich in ihrer Zusammensetzung abgestimmte Infusionslösungen im Handel,
die die genannten Stoffe in einer für den menschlichen Körper verträglichen Form
enthalten. Man unterscheidet als Basis für eine komplette parenterale Ernährung
drei Infusionslösungstypen, nämlich Kohlehydratlösungen, Aminosäurelösungen und
Fettemulsionen. Diesen sind Vitamine, Elektrolyte und Spurenelemente beigemischt,
die mengenmäßig gegenüber den drei Hauptnahrungsträgern nur einen kleinen Teil der
Ernährung ausmachen. Mit der parenteralen Ernährung muß der gesamte Kalorien- und
Stickstoffbedarf gedeckt werden. Die einzelnen Nährstoffe weisen einen recht unterschiedlichen
Nährwert auf. So entspricht 1 g Kohlehydrat ungefähr 4 kcal, 1 g Alkohol ungefähr
7 kcal und 1 g Fett ungefähr 9 kcal. Aminosäuren sollen hingegen für den Aufbau
von Proteinen als Bausteine zur Verfügung stehen. Dies ist aber nur möglich, wenn
die durch Fette und Kohlehydrate zugeführte Kalorienmenge den Energiebedarf des
Organismus deckt. Andernfalls werden Aminosäuren gleichfalls als Kalorienquelle
verwertet, was aber normalerweise unenvünscht ist und zu einer negativen Stickstoffbilanz
führt.
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In der Praxis der klinischen Anwendung wird also die komplette parenterale
Ernährung durch Zufuhr dreier getrennter Infusionslösungen durchgeführt. Es ist
also die Überwachung der mengenmäßigen Zufuhr aus drei verschiedenen Iufusionslösungsbehältern
nötig.
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Eine wesentliche Vereinfachung würde es bedeuten, wenn alle Nährstoffe
in einer infundierbaren Lösung enthalten wären. Da jedoch chemisch wie auch physikalisch
Fette, Kohlehydrate und Aminosäuren unter den Bedingungen der Sterilisation und
Lagerung miteinander unverträglich sind und sich nicht als homogene Mischung für
Infusionszwecke bereiten lassen, ist diese Möglichkeit bisher noch nicht realisiert
worden.
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Bisher waren lediglich Kombinationen von Aminosäuren mit Kohlehydraten
in Form von reduzierenden Zuckern und/oder Polyalkoholen sowie Fettemulsionen mit
einem Zusatz von Kohlehydraten in Form von Polyalkoholen als Infusionslösungen für
medizinische Zwecke bekannt.
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In der USA. -Patentschrift 3 046 197 ist eine intravenös applizierbare
Lösung aus Gesamteiweiß und Fett beschrieben, die aus einem adiaphorischen Serum
aus tierischem Blutserum, etwas abgebaut durch vorsichtige Behandlung mit Pepsin,
und Schweinefett-Öl besteht.
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Da die intravenöse Verabfolgung von Fett heute ausschließlich als
Emulsion erfolgt, kommt deren Herstellung eine besondere Bedeutung zu. Fette, unter
denen sich vorzugsweise Baumwollsaatöl und
Sojabohnenöl bewährt haben, werden mit
Hilfe von natürlichen oder synthetischen Emulgatoren, die für Infusionszwecke verträglich
sind, wie z. B. Ei-Lecithin und Sojaphosphatiden oder Mono- und Diglyceriden langkettiger
Fettsäuren, in wäßriger Phase emulgiert.
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Es gelingt so, Öl-in-Wasser-Emulsionen herzustellen, die einige Jahre
und auch unter extremen Temperaturbedingungen stabil sind. Ein Zusatz von Elektrolyten
führt jedoch in kurzer Zeit zum Brechen der Emulsion, ein Vorgang, der eine weitere
Verwendung für intravenöse Infusionen verbietet. Hauptsächlich dieser Vorgang des
Aufrahmens verhinderte bisher die Kombination von Fett mit anderen Nährstoffen in
derselben Lösung.
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Es wurde nun gefunden, daß unter Einhaltung der nachstehend beschriebenen
Bedingungen eine Fettemulsion hergestellt werden kann, in deren wäßriger Phase Aminosäuren
gelöst sind. Dies ist umso erstaunlicher, als Aminosäuren, die in Wasser gelöst
sind, in ionischer Form vorliegen und man daher ein Brechen der Fettemulsion erwarten
würde.
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Im Gegensatz zu Mikroorganismen und anderen niedrigen Lebewesen ist
der tierische und speziell der menschliche Organismus nicht in der Lage, alle für
den Aufbau von Proteinen notwendigen Aminosäuren selbst zu synthetisieren. Man kennt
acht sogenannte essentielle Aminosäuren, die in der Nahrung enthalten sein müssen,
wenn ernsthafte Störungen im Eiweißhaushalt vermieden werden sollen. Handelsübliche
Aminosäureinfusionslösungen enthalten daher stets diese Aminosäuren und zusätzlich
einige sogenannte nichtessentielle Aminosäuren, die als Stickstoffquelle für die
übrigen zwölf im menschlichen Organismus vorkommenden Aminosäuren dienen. Als solche
werden häufig die Aminosäuren Glycin, Alanin, Prolin, Histidin und Arginin dem Gemisch
essentieller Aminosäuren zugefügt.
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Aminosäure-Infusionslösungen enthalten die essentiellen Aminosäuren
Lysin, Methionin, Phenylalanin, Leucin, Isoleucin, Valin, Tryptophan und Threonin
zumeist in Mengenverhältnissen, die auf Grund von Fütterungsversuchen als Minimalmenge
für einen geregelten Eiweißstoffwechsel erkannt worden sind.
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Es wurde nun festgestellt, daß es wider Erwarten möglich ist, sowohl
die essentiellen Aminosäuren in diesen Relationen mit der Fettemulsion zu kombinieren
und zusätzlich noch die nichtessentiellen Aminosäuren Glycin, Alanin, Prolin und
Histidin hinzufügen als auch den Gesamtgehalt an Aminosäuren in der Fettemulsion
in weiten Grenzen zu variieren. So ist es gelungen, stabile, nicht pyrogen wirkende
und intravenös infundierbare Fettemulsionen herzustellen, deren Gehalt an Aminosäuren
zwischen etwa. 1 und etwa 100/ob deren Fettgehalt zwischen etwa 1 und etwa 15°/o
variierte und deren Teilchengröße stets unter 1 p lag. Diese Emulsionen, die z.
B. unter Verwendung von gereinigten Sojaphosphatiden im Hochdruckhomogenisator hergestellt
waren, ließen sich mit Hitze sterilisieren und verhielten sich bei Lagerung bei
600 C wie handelsübliche reine Fettemulsionen.
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Es wurde weiterhin gefunden, daß sich ein Zusatz von Glycerin oder
anderen Polyalkoholen, wie z. B.
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Sorbit oder Xylit, in Konzentrationen zwischen etwa 2 und etwa 7,
5°/0 günstig auf die Herstellung und Stabilität der aminosäurehaltigen Fettemulsion
auswirkt. Bei Fehlen eines solchen Zusatzes kann man, wenn die fertige Aminosäure-Fettemulsion
bei erhöhter Temperatur gelagert wird, schon bald die
Abscheidung
kleiner Fetttröpfchen an der Glaswand der Flasche beobachten. -Es zeigte sich ferner,
daß die Aminosäure Arginin in Salzform oder als freie Base die Herstellung einer
stabilen Emulsion stört, was offenbar auf die stark polare Guanidiniumgruppe des
Arginin-Moleküls zurückgeführt werden muß. Da Arginin als Bestandteil handelsüblicher
Aminosäurelösungen für die parenterale Ernährung wegen seiner Funktion im Harnstoff-Zyklus
jedoch von Wichtigkeit ist, würde die - Fortlassung dieser Aminosäure einen gewissen
Nachteil im Hinblick auf die Bindung des freien Ammoniaks im Blutplasma bedeuten.
Die Schutzfunktion des Arginins kann aber von den Aminosäuren Ornithin und Citrullin
übernommen werden.
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L-Ornithin ist besonders wirkungsvoll, da es innerhalb des Harnstoff-Zyklus
dem Arginin nahesteht.
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Es wurde noch gefunden, daß L-Ornithin im Gegensatz zu L-Arginin
bzw. L-Ariginin#HCl die Stabiliät der Fettemulsion nicht im negativen Sinne beeinflußt.
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In den aminosäurehaltigen Fettemulsionen wird daher L-Ornithin an
Stelle von Arginin verwendet.
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Mit Hilfe der neuen aminosäurehaltigen Fettemulsionen ist eine wesentliche
Verbesserung der Methode der parenteralen Ernährung möglich, da 1. die zugefügte
Flüssigkeitsmenge gegenüber der bisherigen Methode, bei der Aminosäuren und Fette
getrennt zugeführt wurden, bis zu 33010 vermindert werden kann, wodurch der Spielraum
für die Zuführung anderer, z. B. verdünnter Kohlehydratlösungen oder Therapeutika,
vergrößert wird, und 2. eine Vereinfachung der parenteralen Ernährung in der klinischen
Praxis möglich ist, da jetzt an Stelle von drei nur noch zwei verschiedene Infusionslösungen
gehandhabt werden müssen und 3. die bisher von den Herstellern empfohlene simultane
Verabreichung hypertoner Aminosäurelösung zusammen mit Fettemulsionen, um Venenwandreizungen
zu verhindern, nunmehr durch Verwendung einer aminosäurehaltigen Fettemulsion obligat
gemacht werden kann und 4. die Gefahr einer Aufrahmung der Fettemulsion in der Zuführungskanüle
bei unsachgemäßer simultaner Infusion von Fettemulsion und Aminosäurelösung durch
nunmehr kompatible Kombination dieser beiden Nährstoffe entfällt.
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Die Zusammensetzung und die Herstellung der aminosäurehaltigen Fettemulsion
wird in den folgenden Beispielen erläutert. Andere mögliche Ausführungsformen ergeben
sich aus den Angaben in der Beschreibung und in den Patentansprüchen.
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Beispiel 1 In 51 doppelt destilliertes Wasser werden unter Verwendung
eines Rührers die folgenden Stoffe gelöst: D,L-Isoleucin........................
16,9 g L-Leucin............................. 26.9 g D,L-Threonin.........................
16,9 g D,L-Valin 22, 9 .... 22,9 g D, L-Tryptophan 10, 0 g
D.L-Phenvlalanin .....................
22,9 g D, L-Methionin 27,5 g L-Lysin ....................... ...... 6,0 g L-Leucin
............................ 24g L-Isoleucin ......................... 8,5 g Glycin
.............................. 320,0 g Glycerin ............................ 500,0
g Zu dieser Lösung gibt man 75 g durch Extraktion von Sojamehl mit Äthylalkohol
gewonnene gereinigte Sojaphosphatide und durchmischt die Lösung. Alsdann fügt man
500 g gereinigtes Sojabohnenöl hinzu und füllt mit doppelt destilliertem Wasser
auf ein Volumen von 10 1 auf. Mit einem schnellaufenden Rührer (z. B. Ultraturrax)
wird dann voremulgiert und anschließend im Hochdruckhomogenisator bei einem Druck
von 400 kg/cm2 homogenisiert. Die fertige Emulsion wird in Glasflaschen der 1. hydrolytischen
Klasse unter Stickstoff abgefüllt, und die verschlossenen Flaschen werden hitzesterilisiert.
Die Teilchen einer solchermaßen hergestellten Emulsion sind kleiner als 1 p. Die
Emulsion ist steril und pyrogenfrei.
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Beispiel. 2 In 5 1 doppelt destilliertes Wasser werden folgende Stoffe
gelöst: L-Leucin ............................ 24 g L-Isoleucin .........................
14 g L-Valin ............................. 16 g L-Threonin ..........................
10 g L-Phenylalanin ..................... 22 g L-Methionin..........................
24 g L-Tryptophan......................... 5 g L-Lysin .............................
16 g L-Ornithin .......................... 8,5 g L-Histidin 11 g L-Alanin.............................
130 g Glycin .............................. 125 g Sorbit ..............................
500 g Zur fertigen Lösung fügt man, wie im Beispiel 1 beschrieben, 75 g Sojaphosphatide,
500 g Sojabohnenöl und füllt auf das Endvolumen von 101 auf. Man verfährt wie im
Beispiel 1 beschrieben und erhält eine sterile, pyrogenfreie Emulsion, deren Teilchengröße
unter 1 u liegt.
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Beispiel 3 In 5 1 doppelt destilliertes Wasser werden folgende Stoffe
gelöst: L-Leucin............................. 24 g L-Isoleucin..........................
14 g L-Valin ............................. 16 g L-Threonin ..........................
10 g L-Phenylalanin .......................... 22 g L-Methionin .........................
24 g L-Tryptophan ........................ 5 g L-Lysin .............................
16 g L-Ornithin........................... 8,5 g L-Histidin...........................
11 g L-Alanin ............................ 130 g Glycin 125 g Zur fertigen Lösung
fügt man, wie im Beispiel 1 beschrieben, 75 g Sojaphosphatide, 500 g Sojabohnenöl
und füllt auf das Endvolumen von 101 auf. Man verfährt wie im Beispiel 1 beschrieben
und erhält
eine sterile, pyrogenfreie Emulsion, deren Teilchengröße
unter 11l liegt.