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Die Erfindung bezieht sich auf ein Treibmittel, insbesondere zum Aufbau
von Treibladungen für Patronen, aus Nitrocellulose, Nitrocellulose/Nitroglycerin,
Nitroquanidinpulver und wenigstens einem diesem Pulver zugesetzten Oxydator, wie
Hexanitroäthan.
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Die Bemühungen zur Leistungssteigerung von Munitionen, die in klassischen
Waffensystemen (Rohrwaffen) zum Verschuß kommen sollen, sind entweder auf eine Erhöhung
der Pulvermenge oder eine Erhöhung des Energieinhaltes der zu verwendenden Pulver
gerichtet.
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Die erstgenannte Entwicklungsrichtung hat zu den bekannten Hochleistungspatronen
mit überdimensionierten Patronenhülsen geführt. Obgleich auf diese Weise eine Leistungssteigerung
verhältnismäßig einfach erreichbar ist, widerspricht eine solche Lösung logistischen
Überlegungen und waffentechnischen Erfordernissen. Insbesondere bei Munitionen für
Maschinenwaffen führt eine Vergrößerung der Treibladungen und damit der Patronenhülsen
zu untragbaren Abmessungen der Waffenverschlüsse und mithin zu einer Verlängerung
der Verschlußwege. Eine unerwünschte Verminderung der Kadenz muß die unvermeidbare
Folge sein.
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Zur Erhöhung des Energieinhaltes ist schon vorgeschlagen worden, herkömmlichen
Nitrocellulose-oder Nitroglycerinpulvern Oxydatoren zuzusetzen, die bei der Verbrennung
der Pulver eine Nachoxydation der nicht durchoxydierten Pulvergase ermöglichen.
Nach der deutschen Patentschrift 277 594 soll ein derartiges Pulver beispielsweise
aus 68 % Nitrocellulose, 16 % Hexanitroäthan, 9 % Trinitoluol und 7 % Diäthyldiphenylharnstoff
bestehen. Die Herstellung dieses bekannten Pulvers soll in der Weise erfolgen, daß
die einzelnen Bestandteile zunächst in feuchtem Zustand innig gemischt, dann durch
Anwendung von Wärme miteinander gelatiniert und getrocknet werden, worauf anschließend
das so erhaltene Produkt mittels geeigneter Walzen oder Pressen in die gewünschte
Form gebracht wird. Das vorgenannte bekannte Treibmittel besitzt, wie in Laborversuchen
ermittelt wurde, in der Tat den erwünschten hohen Energieinhalt, ist jedoch nicht
lagerfähig und mithin zur Verwendung in Munition nicht brauchbar.
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Bei Gemischen der vorgenannten Art finden insbesondere unter Temperatureinflüssen
chemische Umsetzungen und, durch den relativ hohen Dampfdruck des Hexanitroäthans
bedingt, Dislokalisierungen statt, die den Aufbau einer aus dem vorgenannten Treibmittel
bestehenden Treibladung nachhaltig stören. So beginnt bereits bei einer Temperatur
von etwa 50° C, die bei der Lagerung von Munition durchaus in Betracht zu ziehen
ist, eine Sublimation des Hexanitroäthans, die zur Wanderung dieses Stoffes aus
der Ladung heraus an bevorzugte Stellen in der Patrone, wie z. B. dem Geschoßboden,
führt. Derartige unkontrollierbare Ladungsveränderungen führen naturgemäß zu untragbaren
Streuungen der innenballistischen Werte.
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Nach alledem müssen die bisher angestellten Bemühungen zur Leistungssteigerung
bei Munitionen der oben beschriebenen Art als insgesamt unbefriedigend angesehen
werden. Demzufolge besteht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung in der Schaffung
einer Treibladung und in der zweckmäßigen Ausgestaltung des in der Patronenhülse
befindlichen Treibladungsraumes, wobei die zu schaffende Treibladung entweder unter
Aufrechterhaltung der Leistung bekannter Munitionen eine Verringerung des Treibladungsvolumens
oder unter Beibehaltung der bisherigen Treibladungsmengen eine wesentliche Steigerung
der Munitionsleistung ermöglichen soll.
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Ausgehend von einem Treibmittel, insbesondere zum Aufbau von Treibladungen
für Patronen, aus Nitrocellulose-, Nitrocellulose/Nitroglycerin-, Nitroquanidinpulver
und wenigstens einem diesem Pulver zugesetzten Oxydator, wie Hexanitroäthan, wird
diese Aufgabe nach dem Vorschlag der Erfindung dadurch gelöst, daß der Treibladungsraum
in wenigstens zwei gasdicht gegeneinander abgeschlossene Kammern unterteilt ist,
von denen die eine Kammer das Pulver und die andere Kammer den Oxydator aufnimmt.
Auf diese Weise wird eine Fixierung des Oxydators in der Treibladung erreicht.
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Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung können bei einer im Treibladungsraum
einer Patronenhülse angeordneten Treibladung die Kammern durch an den Innenwandungen
der Patronenhülse anliegende Zwischenwände quer zur Patronenhülsenlängsachse gebildet
sein, wobei die Zwischenwände nach dem Einbringen der jeweiligen Kammerfüllung in
die Patronenhülse eingepreßte Folien sein können, die unter Radialspannung gasdicht
an den Innenwandungen der Patronenhülse anliegen.
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Im folgenden soll die Erfindung an Hand einer im Treibladungsraum
einer Patronenhülse angeordneten Treibladung in Verbindung mit der Zeichnung näher
beschrieben werden.
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Die Zeichnung veranschaulicht eine Infanteriepatrone mit einer an
sich bekannten Patronenhülse und einem in den Hülsenhals dieser Patronenhülse in
herkömmlicher Weise eingesetzten Infanteriegeschoß. Im Boden der Patronenhülse 1
ist in gleichfalls bekannter Weise ein Zündhütchen 2 angeordnet, dessen Zündstrahl
durch einen Zündkanal in den Treibladungsraum eintreten kann. Dem Boden der Patronenhülse
benachbart ist im Treibladungsraum eine Schicht 3 herkömmlichen Schießpulvers angeordnet.
Diese Pulverschicht ist nach vorn mittels einer sich quer durch den Treibladungsraum
hindurcherstreckenden Zwischenwand 4 in Gestalt einer Folie aus Polyäthylen abgedeckt,
die gasdicht an den Innenwandungen der Patronenhülse anliegt. Im Abstand vor der
genannten Zwischenwand befindet sich zum Hülsenhals hin eine zweite gleichartige
Zwischenwand 4 und zwischen den beiden Zwischenwänden ist der Oxydator 5 angeordnet.
Wie die Zeichnung zeigt, wiederholt sich der beschriebene Treibladungsaufbau mehrfach,
so daß, ausgehend vom Boden der Patronenhülse, mehrere gasdicht gegeneinander abgeschirmte
Füllungen aus herkömmlichem Schießpulver und dem verwendeten Oxydator aufeinander
folgend angeordnet sind.
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Bekanntlich ist die Leistung einer Treibladung abhängig vom Verlauf
des Gasdruckes bei der Verbrennung. Insoweit erweist sich bei der Infanteriemunition
die Auswahl der Schießpulvertypen hinsichtlich ihrer Abbrandgeschwindigkeit als
äußerst wichtig. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Anfeuerungspulver zu, also
der durch den Zündstrahl des Zündhütchens zur Entzündung zu bringenden Pulverfüllung.
Wird als Anfeuerungspulver ein rasant abbrennendes Pulver verwendet, so ergibt sich
ein sehr schneller Gasdruckanstieg, während bei Verwendung
langsam
brennender Anfeuerungspulver gleichen Wärmeinhalts das Druckmaximum später eintritt.
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Durch Kombination verschiedenartiger Pulvertypen im Ladungsaufbau.
also z. B. eines langsam brennenden Pulvers als erste Schicht auf dem Zündhütchen
und eines rasant brennenden Pulvers zwischen der ersten und der zweiten Oxydatoreinbettung
in der Treibladung, kann eine wesentliche Erhöhung des mittleren Gasdruckes bei
gleichzeitiger Verminderung des Druckmaximums erreicht werden. Die Gasdruckkurve
wird durch eine derartige Anordnung in Richtung einer Volldruckkurve bei Vergrößerung
der Diagrammfläche verändert, was eine bessere Beschleunigung des Geschosses gewährleistet.
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Versuche haben gezeigt, daß bei Anwendung des erfindungsgemäßen Treibladungsautbaues
das Treibladungsvolumen um etwa ein Drittel gegenüber bekannten Treibladungen gesenkt
werden kann, ohne daß eine Abnahme der Mündungsgeschwindigkeit der Geschosse eintritt.
In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt. daß der Leistungsgewinn bei Verwendung
eines Oxvdators nicht nur auf der Nachoxydation des unvollständig oxydierten Schießpulvers
beruht, sondern auch auf die Verbrennung des entsprechend ausgewählten Kapselmaterials
mit dem Sauerstoff des Oxvdators zurückzuführen ist.