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Hydrophile Kolloide wie Gelatine sind im wesentlichen bei mäßigen
Temperaturen von beispielsweise 27°C in Wasser löslich. Falls jedoch versucht wird,
größere Mengen eines solchen Kolloids bei diesen Temperaturen in Wasser aufzulösen,
zeigt es sich, daß das Kolloid nicht ohne weiteres in Lösung übergeht. Wenn beispielsweise
gelatinehaltige Dessertmassen durch Auflösen eines pulverförmigen Stoffs in Wasser
und anschließendes Abkühlen bis zum Erreichen eines gelartigen Zustands zubereitet
werden sollen, hat es sich als erforderlich erwiesen, die Temperatur des Wassers,
in welchem das Gelatine-Dessert-Gemisch aufgelöst werden soll, auf einen wesentlich
oberhalb der Mindesttemperatur, bei welcher Gelatine löstlich ist, liegenden Wert
zu erhöhen. Infolge dieser erhöhten Lösungstemperatur ist eine längere Kühlzeitspanne
bis zum Gelieren des Desserts erforderlich. Wenn Wasser mit einer Temperatur von
beispielsweise 82°C zugegeben werden muß, um ein Gemisch, aus dem ein Gelatine-Dessert
zubereitet werden soll, aufzulösen, benötigt die Gelatine ersichtlicherweise eine
wesentlich längere Zeitspanne bis zum Gelieren nach dem Einbringen in eine Kühlvorrichtung,
als wenn die Lösung bei einer Temperatur von 27°C hergestellt wird. Die für die
Zubereitung von Gelatine-Desserts erforderliche, außerordentlich lange Zeitspanne
hat dazu geführt, daß derartige Desserts nicht in den Fällen verwendet werden, in
denen die Zubereitung unmittelbar vor dem Verzehr erfolgen soll. Für die Zubereitung
eines Gelatine-Desserts für die Mahlzeit muß die Hausfrau üblicherweise wesentlich
vor der Zubereitung der anderen Bestandteile der Mahlzeit mit der Bereitung des
Desserts beginnen.
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Es hat sich gezeigt, daß die Schwierigkeit der langen Zeitspanne bis
zum Gelieren der Dessertlösung nicht auf die dem Gelatinebestandteil innewohnende
Unlöslichkeit zurückzuführen ist. Wenn die anderen Bestandteile, beispielsweise
Zucker, Geschmackstoff, Farbstoff und Nahrungsmittelsäure, sämtlich bei Raumtemperatur
in Wasser sofort löslich sind, ist auch die Gelatine bei derselben Temperatur löslich.
Gelatine, die aus dem gelösten bzw. Sol-Zustand getrocknet worden ist, besitzt an
sich die Fähigkeit, sich bei Temperaturen von etwa 15,6 bis 27°C in Wasser aufzulösen;
diese Fähigkeit geht jedoch infolge des Bestrebens der Gelatine, anstatt im Wasser
eine Dispersion zu bilden, auf der Wasseroberfläche zu schwimmen, verloren. Mit
zunehmender Hydratisierung an der Oberfläche der Flüssigkeit verkleben sich die
Teilchen des Kolloids miteinander, verklumpen und gelieren, so daß sie selbst dann,
wenn sie in der Flüssigkeit absinken, den größten Teil ihrer Fähigkeit, sich in
der Flüssigkeit aufzulösen, verloren haben. Aus diesem Grund ist es erforderlich,
daß die Kolloidteilchen im Lösungsmittel dispergiert werden, bevor sie Klumpen bilden
und gelieren und somit ihr Auflösen bei niedrigen Temperaturen unmöglich machen.
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Das Problem der Dispersion der Bestandteile eines trockenen Gelatine-Dessert-Gemisches
in Wasser ist bereits erkannt worden. Beispielsweise wird in der USA: Patentschrift
2 819 970 vorgeschlagen, die Gelatine mit einem Dispersionsmittel zu überziehen,
wobei als Dispersionsmittel Silikone, Ester aus mehrwertigen Alkoholen und Fettsäuren,
wie Glycerinmonostearat, Sorbitan-Fettsäureester sowie Polyoxyäthylenderivate von
Sorbitanestern und Fettsäuren verwendet werden. Andere vorgeschlagene Dispersionsmittel
sind Fettsäureamide, sulfatierte Monoglyceride von Fettsäuren, sulfatierte Teilester
aus Fettsäuren und mehrwertigen Alkoholen, Schwefelsäureester von mit höheren Fettalkoholen
veresterten Hydroxycarbonsäuren, kationische Netzmittel, Metallsalze substituierter
quaternärer Hydroxycycloimidin-Metallalkoholate und andere Substanzen hohen Molekulargewichts.
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Es hat sich jedoch gezeigt, daß die in der USA.-Patentschrift 2 819
970 vorgeschlagenen Dispersionsmittel einen oder mehrere der folgenden Nachteile
besitzen: 1. Die Lösungen, in welchen sie angewandt werden, erhalten ein trübes
bzw. wolkiges Aussehen, obgleich ein klares Aussehen im allgemeinen erwünscht ist;
2. es treten Geschmacksabweichungen und Geruchbildung durch das Dispersionsmittel
oder infolge von Oxidation und Zersetzung des Dispersionsmittels während der Lagerung
auf, und 3. es treten unerwünschte physikalische Reaktionen, wie Koazervation und
Ausfällung, zwischen dem Dispersionsmittel und der Gelatine bzw. dem sonstigen Kolloid
auf.
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Darüber hinaus erwiesen sich zahlreiche organische Verbindungen von
höherem Molekulargewicht als für die Verwendung als Dispersionsmittel unbrauchbar,
da sie im allgemeinen geringe Löslichkeit in Wasser bei Raumtemperatur besitzen.
Außerdem können sie sich als Lösungsstoffe bzw. aufgelöste Stoffe für das durch
sie zu dispergierende hydrophile Kolloid erweisen.
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Es ist ferner bekannt, beispielsweise aus F. J. B a u r in »Journ.
Am. Oil Chemist's Soc.«, 31 (l954), S. 196 bis 199, und den USA.-Patentschriften
2 791 509, 2 615159 und 2 615160, die verschiedensten Nahrungsmittel mit einem wasser-
und ölabweisenden Schutzüberzug aus Acetinfetten zu versehen. Die Lehren der genannten
Literaturstellen vermittelten dem Fachmann, insbesondere auch deshalb, weil die
mit Acetinfetten überzogenen Nahrungsmittel durch den Überzug vor einem Wasserzutritt
geschützt werden sollen, keinerlei Hinweis darauf, wie unter Vermeidung der eingangs
geschilderten Schwierigkeiten erfolgreich und reproduzierbar hydrophile Kolloide
in größeren Mengen in Wasser relativ niedriger Temperatur, insbesondere Raumtemperatur,
dispergieren können.
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Es hat sich nun überraschenderweise gezeigt, daß sich vier bestimmte,
ein niedriges Molekulargewicht aufweisende, den alphatischen Säureester mehrwertiger
Alkohole
hervorragend als Dispergiermittel für größere Mengen an Gelatine und anderen hydrophilen
Kolloiden in wäßrigen Medien darstellen, so daß sich die im wesentlichen löslichen
Kolloide beim Dispergieren in Wasser aufzulösen vermögen. Gegenstand der Erfindung
ist somit die Verwendung des Glycerin-di- oder -triacetats oder -propionats als
Dispergiermittel für teilchenförmige, eßbare und als Gebermittel zu verwendende
hydrophile Kolloide. -Die genannten di- und trisubstituierten Glycerinester besitzen
eine außerordentlich geringe Flüchtigkeit, ein geringes Eigenaroma und einen geringen
Eigengeschmack, eine vernachlässigbare oder gar keine Lösbarkeit für hydrophile
Polymere und eine sehr hohe Dichte, welche das Absinken der Teilchen des kolloidalen
Polymeren in das Lösungsmittel begünstigt, und vermögen eine Wasserlöslichkeit bei
Raumtemperatur zu verleihen. Glycerin-Buttersäureester haben sich als nicht brauchbar
erwiesen, da bereits eine leichte Hydrolyse zu unerwünschten Geruchsabweichungen
führt. Andere Verbindungen, wie Propylenglykol und Glycerin, sind ebenfalls nicht
brauchbar, da sie selbst Lösungsmittel für das hydrophile Kolloid darstellen.
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Von den erfindungsgemäß verwendbaren Dispergiermitteln hat sich Triacetin
als wirksamstes Dispergiermittelfür die verschiedensten hydrophilen Kolloide erwiesen.
Außerdem führt es zur geringsten Geruchs-und Geschmacksabweichung. Vorzugsweise
werden die Mischungen aus hydrophilen Kolloiden, insbesondere Gelatine, und den
erfindungsgemäß verwendbaren Dispergiermitteln zu Desserts verarbeitet.
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Mit Hilfe der vier angegebenen Dispergiermittel können die verschiedensten
hydrophilen Kolloide in wäßrigen Medien gelöst werden. Derartige hydrophile Kolloide
sind insbesondere Gelatine, Natriumkaseinat, Methylzellulosederivate, wie Natriumcarboxymethylzellulose
u. dgl. Der Ausdruck »hydrophile Kolloide« soll aber auch mehlartige Substanzen,
wie Weizenmehl, Maismehl und Kartoffelmehl, einschließen. Vorzugsweise versieht
man jedoch Gelatine mit einem Überzug aus einem der genannten Dispergiermittel,
um sie zur Herstellung von Gelatine-Desserts zu verwenden. Hierbei lassen sich dann
diese Desserts in wesentlich kürzerer Zeit und ohne Bildung eines wolkigen bzw.
trüben Gels mit Geschmacks-und Geruchsabweichung zubereiten. Zur Schaffung eines
Gelatine-Desserts, das in Wasser bei Raumtemperaturen von weniger als 27°C löslich
ist, hat es sich als vorteilhaft erwiesen, amorphe Gelatine, d. h. aus dem gelösten
bzw. Sol-Zustand getrocknete Gelatine, zu verwenden. Dieses Trocknen aus dem Sol-Zustand
kann durch Trommel- oder Sprühtrocknen, im Unterschied zum Bett- bzw. Flachtrocknen,
erfolgen. Beim letztgenannten Verfahren wird die Gelatinelösung zuerst geliert,
dann getrocknet und anschließend zu Stücken zerkleinert und zu einem Pulver vermahlen.
Die Gelatine sollte einen verhältnismäßig niedrigen Feuchtigkeitsgehalt von vorzugsweise
weniger als 4 Gewichtsprozent besitzen.
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Das Dispergiermittel, das aus einem der vier angeführten Glycerinester
oder aus Kombinationen derselben bestehen kann, sollte derart auf die Kolloidteilchen
aufgebracht werden, daß letztere beim In-Berührung-Bringen mit Wasser an einem vorübergehenden
Anhaften aneinander gehindert werden. Gleichzeitig erhöhen die Dispergiermittel
das Teilchengewicht und unterstützen das Absinken der Teilchen unter die Wasseroberfläche.
Weiterhin begünstigt die Benetzungsfähigkeit der Dispergiermittel eine Verteilung
der Teilchen in der gesamten Wassermasse. Das Befeuchten und das Absinken der Kolloidteilchen
sind wichtige Funktionen der Dispergiermittel, da eine Hauptschwierigkeit bei der
Auflösung von pulverförmigen Kolloiden darin besteht, daß die Pulverteilchen auf
der Oberfläche der Flüssigkeit schwimmen. Während die Hydratisierung einer auf der
Oberfläche schwimmenden Masse konzentrierter Pulverteilchen zu vorübergehend oder
dauerhaft gelierten Massen führt, die nur schwierig oder gar nicht dispergierbar
sind, werden die mit dem Dispergiermittel überzogenen Kolloidteilchen benetzt und
verteilt und können bei leichtem Durchmischen bzw. Rühren infolge der dem Kolloid
eigenen Löslichkeit im Wasser in Lösung gebracht werden. Das Dispergiermittel erhöht
zwar nicht die Löslichkeit des Kolloids, bringt aber infolge seines Vermögens, die
Teilchen zu benetzen und absinken zu lassen, die Kolloidteilchen außer Berührung
mit anderen derartigen Teilchen, so daß sich die einzelnen Teilchen frei im Wasser
zu lösen vermögen: Das Dispergiermittel erfüllt diese Aufgabe, ohne daß es zur Bildung
eines unerwünschten, beständigen Schaums, welcher ungelöste Kolloidteilchen einzuschließen
trachtet, kommt. Eine solche Schaumbildung kann aber hervorgerufen werden, wenn
die Kolloidteilchen im Wasser einer beträchtlichen Rührwirkung unterworfen werden.
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Wie erwähnt, werden die erfindungsgemäßen Dispergiermittel als Überzug
auf die Teilchen des hydrophilen Kolloids aufgebracht. Das Überziehen kann auf verschiedene,
dem Fachmann auf diesem Gebiet geläufige Weise erfolgen. Beispielsweise können das
Kolloid und das Dispergiermittel in einen Mörser eingebracht und das Dispergiermittel
mittels eines Stößels auf die Kolloidteilchen aufgeschmiert werden. Andererseits
kann das Dispergiermittel in Form einer Flüssigkeit unmittelbar auf das Kolloid
aufgesprüht werden. Beispielsweise kann eine Alkohollösung des Dispergiermittels
auf das Kolloid aufgesprüht und der Alkohol verdampft werden. Das Dispergiermittel
kann auch in Alkohol gelöst und zusammen mit dem Kolloid mittels eines Stößels im
Mörser verrieben bzw. gemahlen werden, worauf der Alkohol wiederum verdampft wird.
In jedem Fall besteht das erhaltene Produkt aus Teilchen eines hydrophilen Kolloids,
die mit einem Dispergiermittel aus Diacetin, Triacetin, Dipropionin oder Tripropionin
überzogen sind.
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Die Konzentration des Dispergiermittels relativ zum Gewicht der Gelatine
oder von sonstigen hydrophilen Kolloiden ist nicht kritisch. Der Mengenanteil an
Dispergiermittel beträgt, bezogen auf das Kolloidgewicht (Trockenbasis), zweckmäßigerweise
1 bis 15 Gewichtsprozent, vorzugsweise 5 bis 10 Gewichtsprozent. Bei Verwendung
von zu wenig Dispergiermittel ist die Dispergierfähigkeit unvollkommen; bei Verwendung
von zu viel Dispergiermittel wird dagegen das Produktnicht trocken und fließfähig,
so daß bei Verwendung des Gemisches als Gelatine-Dessert-Masse beispielsweise Störungen
der Vorrichtungen, welche automatisch eine entsprechende Menge des Dessertgemisches
einem Karton zumessen, auftreten können. Dies ist darauf zurückzuführen, daß das
Gemisch möglicherweise nicht frei in die Packung hineinzufallen vermag. Die genaue
Menge des jeweiligen
Dispergiermittels, die zum Überziehen eines
bestimmten Kolloids benötigt wird, läßt sich in einer einfachen Versuchsreihe ermitteln.
Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Menge an dem jeweiligen Dispergiermittel
teilweise von der Teilchengröße, der Dichte und dem Feuchtigkeitsgehalt des zu überziehenden
Kolloids abhängig ist.
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Bei Verwendung von Gelatine als dem bevorzugten hydrophilen Kolloid
ist es höchst wünschenswert, die mit dem Dispergiermittel überzogene Gelatine in
Form eines ein Süßmittel, eine genießbare Säure, einen Puffer sowie Geschmack- und
Farbstoffe enthaltenden Gemisches zu verwenden. Das Süßmittel kann Zucker, Saccharin
oder ein anderer Süßstoff sein. Die genießbare Säure kann aus einer oder mehreren
der normalerweise in Gelatine-Desserts verwendeten Säuren bestehen, beispielsweise
Adipinsäure, Zitronensäure oder Fumarsäure. Als Puffer kann beispielsweise Natriumcitrat
verwendet werden, während die Farb- und Geschmacksstoffe handelsübliche Stoffe sein
können.
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Die folgenden Beispiele veranschaulichen die Herstellung von mit den
erfindungsgemäß verwendbaren Dispergiermitteln überzogenen hydrophilen Kolloiden.
Beispiel 1 Gelatine wurde aus dem gelösten bzw. Sol-Zustand durch Trommeltrocknen
getrocknet, worauf 20 g der Gelatine einer Lösung aus 0,5 cm3 Triacetin in 10 cm3
Äthylalkohol zugegeben wurde. Das Gemisch wurde mittels Mörser und Stößel verrieben
und anschließend zwecks Entfernung des Alkohols an der Luft getrocknet. Die zugegebene
Triacetinmenge wurde, bezogen auf das Gewicht der Trockenmasse, auf 2,5 Gewichtsprozent
eingestellt. Unter leichtem Rühren löste sich die überzogene Gelatine innerhalb
von 3 Minuten in 27°C warmem Wasser vollständig auf. Beispiel 2 Das Verfahren nach
Beispiell wurde mit dem Unterschied wiederholt, daß an Stelle der Gelatine 20 g
Weizenmehl einer Teilchengröße von 0,147 mm und an Stelle des Triacetins Tripropionin
verwendet wurden. Das überzogene Mehl ließ sich unter leichtem Rühren in Wasser
von 27°C dispergieren.
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Aus einer mit einem erfindungsgemäß verwendbaren Dispergiermittel
überzogenen Gelatine läßt sich wie folgt ein Gelatine-Dessert herstellen.
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Beispiel 3 Ein Gemisch der folgenden Zusammensetzung: trommelgetrocknete
Gelatine, mit 2,5 °/o Triacetin überzogen .... 10 g Zucker ..........................
72 g Adipinsäure ...................... 2,4 g Natriumcitrat . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . 0,79
Farb- und Geschmackstoffe . . . . . . . . 0,1 g ließ
sich in 3 Minuten unter leichtem Rühren in Wasser einer Temperatur von 27'C in Lösung
bringen. Die Lösung war klar und zeigte keine Trübung bzw. wolkiges Aussehen; beim
Kühlen gelierte die Mischung auf dieselbe Weise wie eine herkömmliche Gelatine-Dessert-Masse.