-
Das erfindungsgemäße Verfahren betrifft die weitere Reinigung technischer
Zuckerlösungen unter Verwendung von stark basischen mit schwach sauren Kationenaustauschern,
wobei die zu reinigende Zukkerlösung zunächst über einen mit Sulfation beladenen
Anionenaustauscher mit Schwammstruktur perkoliert wird.
-
Stand der Technik Seit der Auffindung der Ionenaustauscher auf der
Basis von Kunststoffen, insbesondere derjenigen, die durch Polymerisation von zyklischen
Kohlenwasserstoffen mit Divinylverbindungen gewonnen werden und sich durch besondere
Stabilität gegenüber technischen Zuckerlösungen auszeichnen, sind die Verfahren,
die sich mit der weiteren Reinigung technischer Zuckerlösungen mittels solcher Ionenaustauscher
befassen, außerordentlich zahlreich geworden.
-
Die bisher vorgeschlagenen Verfahren können in folgende Gruppen eingeteilt
werden: 1. Verfahren zum Austausch der Kationen: Austausch der Alkaliionen und der
Erdalkaliionen unter Verwendung von Kationenaustauschern, die mit NH4-, Na-, Mb
Ionen beladen sind.
-
2. Verfahren zur Entfärbung von Zuckerlösungen: Zur Entfärbung von
technischen Zuckerlösungen wurde die Verwendung von schwach basischen Anionenaustauschern
in der Hydroxylform oder von stark basischen Anionenaustauschern, insbesondere solchen
mit makroporöser Natur in der Cl-, Br-, CH- oder S0,7 Form vorgeschlagen.
-
3. Verfahren zur Entsalzung technischer Zuckerlösungen: a) Entsalzung
einer technischen Zuckerlösung unter Verwendung eines stark sauren Kationenaustauschers
in der H-Form und eines schwach basischen Anionenaustauschers in der OH-Form, wobei
die genannten Austauscher sowohl in Mischung (Mischbettverfahren) als auch getrennt
zur Anwendung kommen können.
-
b) Entsalzung einer technischen Zuckerlösung unter Verwendung eines
stark basischen Anionenaustauschers in der OH-Form und eines schwach sauren Kationenaustauschers
in der H-Form.
-
c) Entsalzung einer technischen Zuckerlösung unter Verwendung eines
stark sauren Austauschers in der NH4 Form und eines stark basischen Anionenaustauschers
in der CH-Form.
-
d) Entsalzung einer technischen Zuckerlösung unter Verwendung eines
stark sauren Austauschers in der NH4 Form und eines stark basischen Anionenaustauschers
in der Co. -Form.
-
e) Entsalzung einer technischen Zuckerlösung unter Verwendung einer
Kombination von zwei Mischbettaustauscherkolonnen, deren eine ein Gemisch eines
schwach sauren Kationenaustauschers in der H-Form und eines schwach basischen Anionenaustauschers
in der OH-Form, während die andere Kolonne ein Gemisch, bestehend aus einem stark
basischen Anionenaustauschers in der OH-Form und einem schwach sauren Kationenaustauschers
in der H-Form, enthält.
-
Von den angeführten Verfahren haben sich bisher in der Technik nur
die Verfahren der Gruppen 1 und 2 durchgesetzt, während die Verfahren der Gruppe
3 nur in Form des unter 3, a) geschilderten sogenannten klassischen Entsalzungsverfahrens
an einzelnen Stellen in der Zuckerindustrie Eingang gefunden haben.
-
Alle anderen Verfahren der Gruppe 3 sind noch im Versuchsstadium oder
technich nicht erprobt.
-
Die Vielzahl der vorgeschlagenen Verfahren deutet bereits an, daß
die zu lösenden Probleme bedeutende Schwierigkeiten bereiten. Diese sind teils technischer,
teils wirtschaftlicher Natur. Es sind besonders vier Probleme, die bisher eine wirtschaftliche
tragbare Lösung nicht gefunden haben: 1. Die Bildung von Invertzucker bei der Behandlung
technischer Zuckerlösungen mit Kationenaustauschern, die mit H-Ionen beladen sind,
und den damit verbundenen Zwang, die Entsalzung der Zuckerlösung bei möglichst tiefer
Temperatur durchzuführen, was eine Abkühlung der Zuckerlösung auf etwa 10 bis 12°
C notwendig macht.
-
2. Die Kapazitätsverminderung der verwendeten Anionenaustauscher,
die durch Bestandteile der technischen Zuckerlösung hervorgerufen wird und dazu
zwingt, diese Austauscher nach 300
bis 400 Zyklen gegen fabrikneue
auszutauschen, was die Wirtschaftlichkeit der Reinigungsverfahren stark belastet.
-
3. Die Beseitigung der stark mit organischer Substanz belasteten,
Kalium enthaltenden Abwässer, aus der Regenerierung der erschöpften Ionenaustauscher
stammenden Ablaugen.
-
4. Die verhältnismäßig hohen Kosten, die die Regenerierung der Austauscher
verursacht. Die verschiedenen bisher vorgeschlagenen Entsalzungsverfahren berücksichtigen
nun jeweils eines oder mehrere der aufgezeigten Probleme, ohne sie in ihrer Gesamtheit
lösen zu können.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren ist nun aber in der Lage, einen großen
Teil der vorhandenen Schwierigkeiten zu überwinden.
-
Dazu ist zunächst einiges über das Austauschverhalten schwach saurer
Austauscher zu sagen.
-
Alle bisher im Handel befindlichen schwach sauren Kationenaustauscher
verfügen im voll aktivierten Zustand, d. h. in der H-Form, über ein Spektrum von
aktiven Gruppen, deren Arbeitsgebiet zwar in der Hauptsache zwischen pH 3,0 und
8,0 liegt, ein Teil der aktiven Gruppen ist jedoch auch in der Lage, bei einem pH-Wert
unterhalb 3,0 bis etwa 1,5 noch H-Ionen gegen Kationen auszutauschen. Das bedeutet,
daß, falls in einer Lösung Salze von Säuren mit entsprechend hohem Dissoziationsgrad
vorhanden sind, durch die Austauschreaktion an diesem schwach sauren Kationenaustauscher
so viel von dieser starken Säure gebildet wird, daß in der Lösung ein pH-Wert von
2 bis 3 erreicht wird.
-
Wendet man nun einen solchen schwach sauren Kationenaustauscher zur
Reinigung einer Zuckerlösung an, so ist eine Inversion dieser Saccharose bei normaler
Betriebstemperatur (oberhalb 60° C) unvermeidlich, da die im Austauscher vorhandenen
N-Ionen nach Maßgabe ihres Dissoziationsgrades katalytisch wirken, d. h., die H-Ionen
mit dem höchsten Dissoziationsgrad haben die größte katalytische Wirkung auf die
Inversion der Saccharose.
-
Zu erwähnen ist noch die deutsche Patentschrift 1195 240; dort
wird ein Verfahren zur Reinigung technischer Zuckerlösungen vorgeschlagen, das darin
besteht, daß man die zu reinigende Zuckerlösung zunächst über einen mit Kohlensäure
beladenen Anionenaustauscher leitet und dann einen Teil dieser Zuckerlösung über
einen mit Ammoniumionen beladenen Kationenaustauscher perkoliert, die Teile der
Zuckerlösung wieder vereinigt, das gebildete Ammoncarbonat entfernt, den pH-Wert
dieser vom Ammoncarbonat befreiten Lösung mißt und die festgestellte Abweichung
von einem gewünschten Sollwert zur Steuerung eines Mischventils verwendet, das die
Mischung der Anteile so steuert, daß ein gewünschter pH-Wert in der konzentrierten
Zuckerlösung (Dicksaft) erreicht wird. Nachdem während eines Beladungsvorganges
des Carbonat-Austauschers mit den Anionen der technischen Zuckerlösung sich die
Konzentration des Alkalicarbonates in dieser Lösung laufend ändert, muß das Mischungsverhältnis
in gleichem Maße geändert werden. Dies erfordert nicht nur einen Schnellverdampfer
zur Entfernung des Ammoncarbonates aus der Zuckerlösung, sondern auch einen beträchtlichen
Aufwand an elektronischen Steuermitteln, die einen wesentlichen Teil der Kosten
einer solchen Entsalzungsanlage ausmachen und darüber hinaus erheblich störanfällig
sind, wobei eine Störung in dieser Steueranlage zu beträchtlichen Verlusten an Zucker
durch Inversion führen kann.
-
Ein weiterer Nachteil dieses Verfahrens ist es, daß die behandelte
Zuckerlösung an Stelle der entfernten ionisierten Verunreinigungen eine äquivalente
Menge Ammoncarbonat enthält, die nur zum kleinen Teil technisch zurückgewonnen werden
kann und deren größerer Anteil daher verlorengeht. Dieser Verlust an Ammoniak bzw.
Ammoncarbonat belastet die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens erheblich.
-
Demgegenüber wird bei dem erfindungsgemäßen Verfahren durch den in
besonderer Weise konditionierten schwach sauren Kationenaustauscher nur die Summe
der in der mit dem Carbonat-Austauscher behandelten technischen Zuckerlösung enthaltenen
Alkalicarbonate entfernt, indem die Alkaliionen absorbiert und die zugehörige Kohlensäure
in Form von CO., abgespalten wird. Eine Regelung dieser Reaktion ist nicht notwendig;
damit entfällt die gesamte Regeleinrichtung einschließlich des Schnellverdampfers,
was eine erhebliche Verminderung der Baukosten der Entsalzungsanlage bedeutet. Da
mit der Verwendung eines Kationenaustauschers in der Wasserstofform kein Ammoniumsalz
gebildet wird, enthält die gereinigte Zuckerlösung kein Ammoncarbonat, somit geht
auch mit der Zuckerlösung kein Ammoniak verloren, und der Ammoncarbonat-Kreislauf
zur Regenerierung der Carbonat-Austauscher kann geschlossen werden.
-
Zusammengefaßt kann gesagt werden, daß die Investitionskosten zur
Aufstellung einer Entsalzungsanlage, die nach dem System des Carbonatverfahrens
arbeitet, und ebenso die laufenden Betriebskosten mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
stark vermindert werden.
-
Die Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, daß die so vorbehandelte
Zuckerlösung zunächst in an sich bekannter Weise über einen mit Kohlensäure beladenen
Anionenaustauscher mit normaler Porenstruktur perkoliert wird und dann die gebildeten
Alkalicarbonate aus dieser Zuckerlösung durch Behandlung mit einem extrem schwach
sauren Kationenaustauscher in der Wasserstofform entfernt werden, der dadurch erhalten
wird, daß ein schwach saurer Kationenaustauscher zunächst vollständig mit Kationen
beladen und anschließend in wäßriger Suspension in der Bewegung mit einer H-Ionen
enthaltenden Lösung behandelt wird, bis die den Austauscher umgehende Lösung nach
Beendigung der Säurezugabe einen pH-Wert von 3,5 bis 5,0 aufweist.
-
Ferner besteht eine bevorzugte Ausführungsform des beanspruchten Verfahrens
darin, daß ein schwach saurer Kationenaustauscher in der Wasserstofform verwendet
wird, der bei einer höheren Wasserstoffionenkonzentration als 4- bis 5mal 10-4M01
pro Liter kein Salzspaltungsvermögen mehr besitzt.
-
Beispiel 1 Aktivierung des Kationenaustauschers Der schwach saure
Kationenaustauscher wird zunächst durch Behandlung mit NaOH vollständig mit Kationen
beladen. Dann wird der so vorbehandelte Austauscher mit Wasser aufgeschlämmt und
durch Rühren in Bewegung gesetzt. Nun wird langsam eine verdünnte Mineralsäure zugesetzt
und die Einstellung des pH-Wertes in der Lösung abgewartet. Die Säurezugabe wird
beendet, wenn ein pH-Wert von 3,5 etwa
5 Minuten nach Beendigung
der Säurezugabe bestehenbleibt. Nun wird der aktivierte Austauscher durch Auswaschen
von der umgebenden Salzlösung befreit und ist dann zur Anwendung bereit. Behandlung
der technischen Zuckerlösung mit der Austauscherkombination Es werden zwei Kolonnen
verwendet: 1. Eine Kolonne mit 300 cmä eines C03 Austauschers.
-
2. Eine Kolonne mit 100 cm-3 des wie oben aktivierten schwach sauren
Kationenaustauschers, der auf pH = 4,0 eingestellt wurde. Über beide Kolonnen wurde
eine mit Kalk und Kohlensäure vorgereinigte technische Zuckerlösung (Dünnsaft) perkoliert.
Arbeitstemperatur 90° C. Aufenthaltsdauer in den Kolonnen C03 Kolonne . . . . .
. . . . . . . . . . . . . 3 Minuten H-Kolonne .................... 1 Minute Zusammensetzung
des Dünnsaftes (6,51) vor der Behandlung Trockensubstanz ............... 15,3% Zucker
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14,1% Reinheit ......................
92,2% Alkallsalze .................... 23,86mval/500ml Invertzucker . . . . . .
. . . . . ....... 0,119% Trockensubstanz pH-Wert ...................... 8,35 Zusammensetzung
des Dünnsaftes nach der Behandlung Trockensubstanz ............... 14,55% Zucker
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... 14,041/0 Reinheit . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . 96,51/o Alkalisalze ......... 4
.......... 12,90mval/500ml Invertzucker .................. 0,166% Trockensubstanz
pH-Wert ...................... 5,65 Beispiel 2 Der Kationenaustauscher wurde mit
einer verdünnten Schwefelsäure, die vorher zur Regenerierung eines stark porösen
Anionenaustauschers, der zur Entfärbung eines Dünnsaftes verwendet wurde, in der
im Beispiel 1 beschriebenen Weise regeneriert. Der Endpunkt wurde auf pH 5,0 eingestellt.
Es wurden bei einer Arbeitstemperatur von 90° C 6,01 Dünnsaft folgender Zusammensetzung
behandelt. Zusammensetzung vor der Behandlung Trockensubstanz ............... 15,600%
Zucker ........................ 14,35% Reinheit ...................... 92,00% Alkalisalze
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25,2 mval/500 ml Invertzucker ..................
0,083% Trockensubstanz pH-Wert ...................... 8,40 Zusammensetzung nach
der Behandlung Trockensubstanz ............... 17,00% Zucker........................
16,20% Reinheit ...................... 95,30% Alkalisalze .................... 12,33mva1/500ml
Invertzucker .................. 0,098% Trockensubstanz pH-Wert ......................
8,56 B e i s p i e 1 3 (Vergleichsversuch) Der im Beispiel 1 verwendete Kationenaustauscher
wurde in der üblichen Form voll mit überschüssiger Säure durchregeneriert. Er lieferte
mit einer technischen Zuckerlösung zusammengebracht einen pH-Wert von 2,9.
-
Eine technische Zuckerlösung (Dünnsaft) wurde nun bei 90° C, wie im
Beispiel 1 beschrieben, zunächst über den C03 Austauscher, dann über den Kationenaustauscher
unter gleichen Bedingungen perkoliert. Zusammensetzung des Dünnsaftes vor der Behandlung
Trockensubstanz ............... 15,15% Zucker ........................ 13,80% Reinheit
........
. ............. 91,10% Alkalisalze .................... 23,85mva1/500m1
Invertzucker . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,119 % Trocken-Substanz pH-Wert
...................... 8,35 Zusammensetzung des Dünnsaftes nach der Behandlung Trockensubstanz
............... 14,59% Zucker ........................ 13,700% Reinheit ......................
93,50% Alkalisalze .................... 13,11mval/500m1 Invertzucker . . . . . .
. . . . . . . . . . . . 1,067% Trocken-Substanz pH-Wert ...................... 3,65
Die folgende Tabelle zeigt die Abhängigkeit der Invertzuckerbildung von der Einstellung
des pH-Wertes bei der Regeneration eines schwach sauren Kationenaustauschers.
pH-Wert I Gehalt an Invertzucker |
der Regenerationslösung t goo C auf Trockensubstanz |
PH 1,0 1,0670% |
pH 2,5 0,2850/0 |
pH 3,6 0,1650% |
pH 4,0 0,163% |
pH 4,5 0,1331/o |
pH 5,0 0,0980/0 |
Gehalt an Invertzucker der Ausgangslösung: 0,085 % auf T. S.
-
Die technische Zuckerlösung, die zu dieser Bestimmung verwendet wurde,
war ein Dünnsaft, der vorher mit einem C03 Austauscher behandelt wurde.
-
Die Aufenthaltsdauer des Saftes im Kationenaustauscher
betrug
bei allen Versuchen 1,0 Minute, das ist der Zeitraum, in dem ein Saftteil den Kationenaustauscher
von oben nach unten durchlaufen hatte.
-
Die Tabelle zeigt, daß die Behandlung von Invertzucker bei geeigneter
Wahl des Kationenaustauschers und des einzustellenden pH-Wertes der Regenerationslösung
fast vollständig unterbunden werden kann, obgleich die normale Arbeitstemperatur
von 90° C zur Anwendung kam.
-
Durch die Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens ergeben sich
folgende Vorteile gegenüber den bisher angewendeten Verfahren: 1. Das Verfahren
kann bei 90° C durchgeführt werden, ohne eine störende Inversion der Saccharose
befürchten zu müssen. Der Investitions-und Wärmeaufwand für Abkühlung und Wiederanwärmung
des Dünnsaftes entfällt. 2. Der Chemikalienverbrauch ist auf die zur Regeneration
des Entfärbungsharzes verwendete Schwefelsäure reduziert, da das zur Regeneration
des Carbonataustauschers verwendete Ammoncarbonat durch Destillation und Umsetzung
mit der Kohlensäure der Fabrik vollständig zurückgewonnen wird.
-
3. Die zur Regeneration des Entfärbungsharzes und des Kationenaustauschers
verwendete Schwefelsäure fällt nach der Regeneration als konzentrierte Salzlösung
mit einem pH-Wert von 4 bis 5 an, kann leicht neutralisiert und auf Kalisalze verarbeitet
werden und so einen Teil der Kosten für die Schwefelsäure decken.
-
4. Es entfallen die konzentrierten Ablaugen, die üblicherweise bei
der Regeneration in Form überschüssig angewendeter Natronlauge in Schwefelsäure
erhalten werden.