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Die Erfindung bezieht sich auf einen Gleitfallschirm, dessen Kappen-Bahnen
im Rückenteil zur Bildung einer Abzugsöffnung und im Vorderteil kürzer als an den
Seitenteilen sind und im Rückenteil und in den Seitenteilen mit nach hinten weisenden
Luftaustrittsöffnungen versehen sind.
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Nach physikalischen Gesetzen bewegt sich ein frei schwebender Fallschirm
so, daß die Angriffslinie des angehängten Gewichtes mit der Richtung der resultierenden
aerodynamischen Kraft übereinstimmt. Die aerodynamischen Kräfte bestehen definitionsgemäß
aus Auftrieb und Widerstand. Der Auftrieb steht senkrecht zur Richtung der freien
Strömungsgeschwindigkeit, während der Widerstand mit dieser Richtung übereinstimmt.
So hat ein senkrecht niedergehender Fallschirm nur eine Widerstandskomponente und
keine Auftriebskomponente. Die Längsachse des Fallschirmes stimmt dann mit der Richtung
des Niedergehens überein. Ein solcher Fallschirm ist stabil bei einem Anstellwinkel
von 0 Während Fallschirme, welche bei einem Anstellwinkel von 0= stabil sind, sich
als geeignet für viele Zwecke erweisen, gibt es Anwendungsbereiche, in welchen eine
nach vorne gerichtete Bewegung des niedergehenden Fallschirmes erwünscht ist. Der
Fallschirmspringer soll außerdem die vorwärtsgerichtete Bewegung ändern können.
Ein solcher Fallschirm ist gleitfähig und wird als lenk- bzw. steuerfähig bezeichnet.
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In Anbetracht der oben erwähnten Definition bildet die Längsachse
eines gleitenden Fallschirmes einen Winkel mit der freien Strömungsrichtung; der
Fallschirm hat dabei einen stabilen Anstellwinkel, welcher vom Verhältnis der Auftriebs-
und Widerstandskomponenten abhängt. Der Winkel bewegt sich zwischen 0J und einem
großen Winkel, von z. B. 80J oder sogar 85°, bezogen auf die Senkrechte. Der Ergänzungswinkel
zur Waagerechten wird dann Gleitwinkel genannt.
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Es ist offensichtlich, daß ein gleitender und steuerbarer Fallschirm
besonders dann nützlich ist, wenn der Gleitwinkel relativ klein ist. In Anbetracht
der Flugmechanik sollte eine solche Fallschirmkappe eine relativ große Auftriebskomponente
bei einer möglichst geringen Widerstandskomponente aufweisen. , Zum Beispiel hat
ein Fallschirm, dessen Auftriebs-und Widerstandskomponenten gleich sind, einen Gleitwinkel
von 4S'=. Ein solcher Fallschirm gleitet dieselbe Strecke, die er gleichzeitig an
Höhe verliert. Wenn jedoch die Auftriebskomponente vergrößert ; werden und die Widerstandskomponente
verkleinert werden kann, kann der Fallschirm wesentlich weiter gleiten.
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In dem USA.-Patent 3 099 426 wird ein Fallschirm der eingangs als
bekannt vorausgesetzten Art beschrieben und dargestellt, welcher Gleitfähigkeit
aufweist und bis zu einem gewissen Ausmaße gesteuert werden kann, um an einem gewünschten
Punkt sicher niederzugehen. Dieser Fallschirm hat nach unten gegenüber Vorderteil
und Rückenteil vorspringende Seitenteile und ist auf allen Teilen der Schirmkappe
und insbesondere auch auf seinem Vorderteil mit nach hinten weisenden Luftaustrittsöffnungen
versehen. Während solche Fallschirme mit Erfolg für manche Zwecke verwendet wurden,
hat sich bei ausgedehnten Tests und beim Gebrauch herausgestellt, daß der Anstellwinkel
der Fallschirmkappe, das Verhältnis von Auftrieb zu Widerstand und der waagrechte
Abstand, welchen der Fallschirm zurücklegt für viele wichtige Zwecke ungenügend
sind. Der stabile Anstellwinkel eines solchen Fallschirmes lieg zwischen 40" und
42J, das Verhältnis von Auftriel zu Widerstand (mit A!W bezeichnet) beträgt etwa
0,84 bis 0,90. Wenn ein solcher Fallschirm in eines Höhe von 305 m abgesetzt wird.
legt er in waagrechter Richtung eine Strecke von weniger als 305 m zurück.
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Es hat sich nun herausgestellt, daß Fallschirme, welche manche Merkmale
der Schirmkappe eines solchen Fallschirmes übernehmen, trotzdem so aufgebaut sein
können, daß sie die Beschränkungen und Nachteile dieser Fallschirme überwinden und
neue, wichtige Erkenntnisse vermitteln.
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Die Erfindung hat sich also die Aufgabe gestellt, einen Gleitfallschirm
der eingangs als bekannt vorausgesetzten Gattung so auszugestalten, daß die Gleiteigenschaften
verbessert werden.
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Zur Lösung dieser Aufgabe wird erfindungsgemäß die Anordnung so getroffen,
daß die Bahnen im Vorderteil der Schirmkappe geschlossene, glatte und vom Basisrand
bis zum Scheitel miteinander verbundene Bahnen sind, die eine die Ablösung des Luftstromes
auf der Oberseite der Bahnen verhindernde Krümmung aufweisen.
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Vorzugsweise wird die Anordnung so getroffen, daß die Bahnen im Vorderteil
der Schirmkappe in an sich bekannter Weise kürzer sind als die Bahnen im Rückenteil
der Fallschirmkappe.
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Eine zweckmäßige Ausgestaltung sieht vor, daß die Teile des Basisrandes
des Vorderteiles und/oder Rückenteiles der Schirmkappe nach unten gekrümmt zu den
Teilen des Basisrandes an den Seitenteilen der Schirmkappe verlaufen.
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Zum Stande der Technik sei noch bemerkt, daß aus dem USA.-Patent 2
307 000 bereits ein Gleitfallschirm bekannt ist, dessen Kappe eine vollkommen geschlossene
Oberfläche aufweist. Es ist dieser Patentschrift aber keine Anregung zu entnehmen,
gerade bei einem Fallschirm der hier in Rede stehenden Gattung, der an sich viele
Öffnungen aufweist, im Vorderteil der Kappe keine Öffnungen anzubringen, um damit
Ablösungserscheinungen zu vermeiden. Bei dem bekannten Fallschirm findet sich im
übrigen lediglich ein radialer Spalt, welcher der Dämpfung des Entfaltungsstoßes
dient. und zudem gehört die Vorderseite bei diesem bekannten Fallschirm zu den längsten
Fallschirmteilen und ist am Basisrand nach innen gewölbt.
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Als Ergebnis der erfindungsgemäßen Ausgestaltung gleiten solche Fallschirme
20 bis 30 0,'o weiter in waagrechter Richtung und besitzen einen stabilen Anstellwinkel
bis zu 47' oder mehr. Das Verhältnis von AJW dieser Fallschirme liegt im Bereich
von etwa 1,04 bis 1,10. Es ist deshalb möglich, den Fallschirm mit verschiedenen
Ausführungsformen automatischer Steuervorrichtungen und elektronischer Zielanfluggeräte
zu bestücken, mit welchen der Fallschirm und seine Last innerhalb eines vorbestimmten
Bereiches oder näher an einem Zielpunkt niedergehen kann, welcher vom Ort der Öffnung
weiter entfernt ist, als es bisher möglich war. Wahlweise kann der Fallschirm von
einem Fallschirmspringer mit der Hand bedient werden, um genau an einem gewünschten
Punkt niederzugehen, welcher ebenfalls vom Orte der Öffnung weiter entfernt ist.
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Diese Ergebnisse werden erzielt, wenn man die
Fallschirmkappe
mit einem relativ großen, geschlossenen und im wesentlichen glatten Flächenbereich
versieht, der sich im Vorderteil der Schirmkappe befindet. Über diesen Bereich fließt
ein »gebundener« Luftstrom, welcher eine Auftriebskomponente erzeugt. Andererseits
sind die Seiten- und Rückenteile der Schirmkappe mit Luftabzugsöffnungen versehen,
durch welche die Luft von unterhalb der Kappe so abfließen kann, daß Düsen-Reaktionskräfte
entstehen, welche zum Vorwärtstreiben und zum Steuern des Fallschirmes verwendet
werden können. Die Kombination und das Ineinandergreifen der so entstehenden Auftriebs-
und Vortriebskräfte befähigen den Fallschirm, relativ große Entfernungen gleitend
zurückzulegen und sehr genau während des Niedergehens gesteuert zu werden.
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Ein Ausführungsbeispiel wird an Hand von Zeichnungen nachfolgend beschrieben.
Es zeigt F i g. 1 eine Draufsicht einer Schirmkappe, F i g. 2 eine Seitenansicht
der in F i g. 1 dargestellten Schirmkappe, wobei der Luftstrom über der Schirmkappe
angedeutet ist, F i g. 3 eine Vorderansicht eines Fallschirmes mit einer Schirmkappe
der in F i g. 1 dargestellten Ausführungsform, F i g. 4 eine Rückenansicht einer
weiteren Ausführungsform des Fallschirmes von F i g. 1, F i g. 5 eine Vorderansicht
einer weiteren Ausführungsform der Fallschirmkappe.
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In dem Ausführungsbeispiel, welches zum Zwecke der Darstellung in
den F i g. 1 bis 5 gezeigt ist, besitzt der Fallschirm eine Schirmkappe 2 mit Fangleinen
4. Diese Fangleinen 4 erstrecken sich über den Scheitel 6 der Schirmkappe 2 und
nach unten vom Basisrand 8 der Schirmkappe aus zu Aufhängepunkten 10 an Lastgurten
bzw. Haltetauen 12, an welchen eine Last 14 befestigt ist.
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Wie in der in F i g. 1 dargestellten Draufsicht zu sehen ist, besitzt
die Schirmkappe 2 einen Vorderteil 16, welcher etwa 20 bis 50 °/o des Flächenbereiches
der Schirmkappe 2 einnimmt und aus festen Bahnen 18 von festem Material besteht.
Diese Bahnen 18 sind auf der Gesamtlänge der sich radial erstreckenden Seiten miteinander
vernäht oder auf andere Weise miteinander verbunden.
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Die Seitenteile 20 der Schirmkappe 2 bestehen aus Bahnen 22, welche
in der Nähe des Basisrandes 8 der Schirmkappe 2 und entlang eines Teiles der in
der Nähe des Scheitels 6 befindlichen, sich radial erstreckenden Seiten der Bahnen
miteinander vernäht sind. Die Seitenteile 20 sind auf diese Weise mit sich
radial erstreckenden Luftauslaßöffnungen 24 zwischen dem Basisrand 8 und dem Scheitel
6 versehen. Durch diese Luftauslaßöffnungen 24 kann Luft von unterhalb der
Schirmkappe 2 nach außen strömen. Des weiteren kann die Länge der Vorderseiten 26
der Luftauslaßöffnungen 24 zwischen den Befestigungspunkten 28 mit den jeweils benachbarten
Bahnen 22 größer sein als die Länge der Rückseiten 30 der Luftauslaßöffnungen 24.
Bei solch angeordneten Luftauslaßöffnungen blähen sich die Vorderseiten 26 der Luftauslaßöffnungen
24 während der Abwärtsbewegung mehr nach außen als die Rückseiten 30 der Luftauslaßöffnungen
24, so daß die ausströmende Luft die Luftauslaßöffnungen 24 nach hinten aufgehen
läßt, wie es in den F i g. 2 und 3 zu sehen ist. Die auf diese Weise entstehenden,
nach rückwärts gerichteten Luftstrahle aus den Luftauslaßöffnungen 24 verleihen
dem Fallschirm einen Vortrieb während des Niedergehens, wodurch der Gleiteffekt
der Schirmkappe 2 vergrößert wird.
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Die Anzahl, die Länge und die Anordnung der verschiedenen Luftauslaßöffnungen
24 in den Seitenteilen 20 der Fallschirmkappe 2 kann beträchtlich
verändert werden, um die besten Ergebnisse bei Fall-# Schirmkappen verschiedener
Größen und bei Fallschirmen, welche für besondere Anwendungsbereiche und Zwecke
verwendet werden, zu erzielen. An den Vorderseiten 26 irgendeiner oder mehrerer
der Luftauslaßöffnungen 24 können Steuerleinen 32 für die Öffnungen befestigt sein
und sich von dort zum Aufhängepunkt 10 oder zu einem anderen Punkt erstrekken,
um vom Fallschirmspringer oder durch einen Steuermechanismus bedient zu werden.
Auf diese Weise können die Luftauslaßöffnungen 24 geöffnet oder geschlossen werden,
um während des Niedergehens des Fallschirmes diesen zu steuern oder um verstärkte
bzw. gesteuerte Gleitbewegungen durchzuführen, was von der Windrichtung abhängt,
dem Neigungswinkel des Niedergehens oder vom Zielpunkt bzw. dem Bereich, in welchem
der Fallschirm und seine Last landen sollen.
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Um die Gleit- und Steuerbewegung des Fallschirmes weiter zu vergrößern,
ist der Rückenteil 34 der Schirmkappe 2 mit einer oder mehreren Öffnungen versehen.
Es handelt sich dabei um ausgeschnittene Teile bzw. um Düsen, welche als Luftabzugsöffnungen
dienen und durch welche Luft in rückwärtiger Richtung aus der Schirmkappe 2 entweichen
kann. Der Luftstrom bzw. die Luftströme, welche dabei aus dem Fallschirm ausströmen,
verleihen diesem einen weiteren Vortrieb, so daß die Gleitfähigkeit vergrößert wird.
So sind bei dem Fallschirm die Bahnen oder Felder 36, welche den Rückenteil 34 der
Schirmkappe 2 bilden, mit einem oder mehreren, waagrechten oder sich am Umfang erstreckenden
Abzugsschlitzen 38 versehen. Das Material, aus welchem die Oberseiten der Abzugsschlitze
38 gebildet sind, kann etwas länger sein als das Material an den Unterseiten
der Schlitze, so daß die Schlitze die Form von nach rückwärts gerichteten Düsen
annehmen können, wie sie im Zusammenhang mit den Luftauslaßöffnungen 24 der Seitenteile
20 der Schirmkappe beschrieben wurden.
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Die Bahnen 36, welche den Rückenteil 34 der Schirmkappe 2 bedecken,
können in manchen Fällen etwas kürzer sein als die Bahnen 18 am Vorderteil
16 und an den Seitenteilen 20 der Schirmkappe 2.
Der Basisrand
8 der Schirmkappe 2 ist an der rückwärtigen Seite des Fallschirmes dann etwas nach
oben gekrümmt, wie es bei 40 in F i g. 4 zu sehen ist. Auf diese Weise entsteht
eine relativ große Abzugsöffnung 42, welche über einen breiten Bereich am
rückwärtigen Teil der Schirmkappe 2 ständig offen ist. Die letztgenannte Ausführungsform
ist jedoch nicht erforderlich und in manchen Fällen sogar unerwünscht.
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Um die Stabilität des Fallschirmes während des Niedergehens und um
die Steuerungs- und Führungsmöglichkeiten zu vergrößern, sind die Seitenteile 20
der Schirmkappe 2 mit Stabilisierungsflächen 44 versehen, welche sich vom Basisrand
8 der Schirmkappe nach unten erstrecken. Diese Stabilisierungsflächen 44 helfen
auch den Fallschirm um seine senkrechte Achse und in Richtung des Windes zu drehen,
wenn der Fallschirm niedergeht. Sie bilden auch eine Art
von Kanal
für die Luft, welche sich in Richtung der Gleitbewegung von der Vorder- bis zur
Rückseite der Schirmkappe 2 erstreckt, um die Richtungsstabilisierung der Anordnung
zu erreichen und aufrechtzuerhalten.
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Das Verhältnis von Auftrieb zu Widerstand und der Gleitwinkel des
Fallschirmes können geändert «-erden, wenn die Länge der Fangleinen 4, welche sich
vom Basisrand 8 zu den Aufhängepunkten 10 erstrecken, an der Vorder- oder an der
Rückseite der Schirmkappe 2 geändert wird.
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Bei manchen Tests hat es sich herausgestellt, daß der Basisrand 8
des Vorderteils 16 nach innen ausbeult bzw. umschlägt, besonders bei großen Anstellwinkeln
der Schirmkappe 2. Aus diesem Grunde sind bei der Schirmkappe 2, welche in F i g.
5 und 6 dargestellt ist, die Bahnen 18 im Vorderteil 16 kürzer als
die Bahnen 36 im Rückenteil 34 der Schirmkappe 2.
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Auch bei der Ausführungsform nach F i g. 5 und 6 ist der Vorderteil
16 der Schirmkappe 2 über dem Basisrand 8 geschlossen und besteht aus festen
Bahnen, welche miteinander vernäht oder auf andere Weise auf der Gesamtlänge der
sich radial erstreckenden Seiten miteinander verbunden sind, um die Bindung der
Luftströmung über der Vorderseite der Schirmkappe 2 und ein hohes Verhältnis von
Auftrieb zu Widerstand zu erreichen.
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Es kann eine Mittelleine mit dem Scheitel 6 der Schirmkappe 2 verbunden
sein, welche an einer oder an mehreren der Aufhängepunkte 10 befestigt ist;
ihre Länge entspricht nahezu der Länge der Fangleinen 4. Der Scheitelpunkt der Schirmkappe
wird dabei niedergedrückt bzw. während des Niedergehens des Fallschirmes nach innen
gezogen.