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Die Erfindung bezieht sich auf einen nicht rostfreien Automatenstahl,
bei welchem die guten Bearbeitungseigenschaften durch spanabhebende Werkzeuge durch
die Zugabe der Elemente Schwefel, Blei, Tellur und Selen in ganz bestimmten Grenzen
erreicht werden sollen. Insbesondere handelt es sich bei dem Stahl nach der Erfindung
um einen reinen Kohlenstoffstahl mit niedrigem oder mittlerem Kohlenstoffgehalt
von vorzugsweise nicht über 0,13,1/o C oder einem niedriglegierten Stahl, in dem
der Gehalt an zugegebenen Elementen so gering ist, daß der Gehalt an Eisen mehr
als 95% beträgt.
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In der britischen Patentschrift 538 104 wurde vorgeschlagen, bei nicht
austenitischen rostfreien Stählen mit einem Chromgehalt von 8 bis 30%" welche zur
Verbesserung der Bearbeitungseigenschaften 0,03 und 0;ü5 bis 0,15% Schwefel enthielten,
Tellur und/ oder Selen an Stelle von Schwefel als Zusatz zu benutzen. Hierbei ging
man von der Auffassung aus, daß Schwefel, Selen und Tellur sämtlich zur gleichen
Gruppe VI des Periodischen Systems gehörten und viele gleichartige Eigenschaften
aufwiesen, so daß man sie wahlweise als Zusätze zur Beeinflussung der Bearbeitungseigenschaften
bei derartigen, nicht austenitischen rostfreien Stählen gegeneinander austauschen
könne.
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Wegen der hohen Kosten insbesondere von Tellur wird man einen derartigen
Ersatz von Schwefel durch Tellur nur dann vornehmen können, wenn hierdurch ganz
ungewöhnliche Vorteile hinsichtlich der Steigerung der Bearbeitungseigenschaften
erzielbar sind. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß im Gegenteil in Stählen mit
einem derart hohen Chromgehalt bei Ersatz des Schwefels durch Selen und/oder Tellur
die Bearbeitungseigenschaften überraschenderweise verschlechtert werden.
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Nicht rostfreie Automatenstähle mit einem Gehalt an Schwefel und Blei
gehören seit langer Zeit zum bekannten Stand der Technik, und es ist auch die Zugabe
von Tellur zur Verbesserung der Bearbeitungseigenschaften von derartigen Stählen
seit langem bekannt, um eine weitere wesentliche Verbesserung zu erzielen.
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Nachteilig war jedoch bei den letztgenannten tellurhaltigen, nicht
rostfreien Stählen, daß die Zugabe von Tellur wegen des hohen Preises von Tellur
und den besonderen Schwierigkeiten bei seiner Zugabe zur Stahlschmelze die Herstellungskosten
erheblich belastete.
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Die Erfindung hat sich die Aufgabe gestellt, die Herstellungskosten
von Tellur und Blei enthaltenden Stählen erheblich zu erniedrigen und das teure
Element Tellur zu einem Teil bei gleich guten Bearbeitungseigenschaften und unter
Aufrechterhaltung der erforderlichen physikalischen, mechanischen und Warmbearbeitungseigenschaften
durch ein anderes, billigeres Element zu ersetzen.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, daß in Blei- und schwefelhaltigen
Stählen mit einem Gehalt an Tellur von etwa 0;05% oder etwas mehr eine nachteilige
und schädliche Wirkung eintritt, wenn das gesamte Tellur durch den billigeren Bestandteil
Selen ersetzt wird, während überraschenderweise keine nachteilige Beeinflussung
der Bearbeitungseigenschaften auftritt, wenn Tellur nur in ganz bestimmten Grenzen
durch Selen ersetzt wird.
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Diese ungünstige Beeinflussung der Bearbeitbarkeit eines Stahles,
bei dem das gesamte Tellur durch Selen ersetzt wird, ist in vergleichenden Versuchen
festgestellt worden.
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Bei diesen Versuchen wurde jeweils ein Schneidwerkzeug aus einem Schnelldrehstahl
herkömmlicher Art und üblicher Ausbildung senkrecht zur Achse auf einen Rundstahl
von 70 mm zur Einwirkung gebracht, wobei das Schneidwerkzeug bis zu einer Schnittiefe
von 12,7 mm vorgeschoben wurde und der Vorschub pro Umdrehung des Werkzeuges in
gleicher üblicher Größe bei allen Versuchen eingestellt wurde.
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Die Bearbeitbarkeitsuntersuchungen wurden an einem Stahl durchgeführt,
dessen Grundzusammensetzung, die nachfolgend mit A bezeichnet wird, wie folgt war:
Element C .......................... 0,080% Mn ......................... 1,02% P
........................... 0,07% Si .......................... 0;01% S ...........................
0,33% Pb ......................... 0,26% Fe .......................... Rest Unter
Verwendung von Stahl dieser Grundzusammensetzung wurden Versuche durchgeführt mit
einem Tellur enthaltenden Stahl sowie einem Stahl gleicher Grundzusammensetzung,
bei dem das gesamte Tellur durch Selen ersetzt war.
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Bei der Herstellung der für die Bearbeitbarkeitsuntersuchungen bestimmten
Stähle wurde die gleiche Stahlschmelze der Zusammensetzung A verwendet, so daß die
Vergleichsstähle von der gleichen Charge bzw. Gießpfanne herrührten und nur in verschiedene
Gußformen gegossen worden waren, wobei das Tellur und Selen den verschiedenen Blockformen
beim Gießen des Stahls zugesetzt wurde. Auf diese Weise bestand die einzige Verschiedenheit
zwischen den beiden Stählen, an denen die vergleichenden Untersuchungen zur Feststellung
der Bearbeitbarkeit durchgeführt wurden, nur darin, daß der eine Stahl Tellur und
der andere Stahl Selen enthielt.
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Beide Stähle wurden unter gleichen Bedingungen mit gleichen Werkzeugen
der obenerwähnten Art und der oben beschriebenen Wirkungsweise bearbeitet, wobei
beide Stahlwerkstücke mit gleicher Oberflächengeschwindigkeit von rund 100 rn/min
umliefen, bis das Werkzeug zerstört war. Die bis zum Ausfall des Werkzeugs abgespante
Stahlmenge wurde gewogen und ergab einen die Bearbeitbarkeit des Stahls kennzeichnenden
Index. Die Ergebnisse der vergleichenden Bearbeitbarkeitsteste sind in der nachfolgenden
Tabelle I wiedergegeben.
Tabelle I |
Stahlzusammensetzung Bearbeitbarkeits- |
index |
Stahl A + 0,056 Te ........... 13,50 |
Stahl A + 0,052 Se ............. |
11,11 |
Bearbeitbarkeitsuntersuchungen in der oben beschriebenen Weise wurden auch an anderen
Stahlstücken durchgeführt, wobei wiederum die Stähle jeweils von der gleichen Schmelze
stammten und lediglich nur von der gleichen Gießpfanne in verschiedene Formen abgegossen
waren, wobei beim
Gießen des Stahls entweder Tellur oder Selen zugesetzt
worden war, so daß wiederum vergleichbare Stähle entstanden. Diese Stähle hatten
eine mit B bezeichnete Grundzusammensetzung wie folgt: Element C ..........................
0,08% Mn ......................... 1,050/0 P ........................... 0,07% Si
.......................... 0,010/u S ........................... 0,32% Pb .........................
0,200/0 Fe .......................... Rest Die relative Bearbeitbarkeit dieser beiden
Stahlsorten wurde mit den folgenden Werten ermittelt:
Tabelle II |
Stahlzusammensetzung Bearbeitbarkeits- |
index |
Stahl B -I- 0,033 Te . . . . . . . . . . . . . 14,98 |
Stahl B + 0,044 Se ............. 13,19 |
Aus diesen Versuchen geht hervor, daß bei Ersatz des gesamten Tellurs durch Selen
oder sogar durch eine etwas größere Selenmenge (s. Tabelle 1I) die Bearbeitbarkeit
nicht so gut ist wie die eines Stahls, der nur Tellur enthält.
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Wenn man jedoch nach dem Vorschlag der Erfindung einen bestimmten
Teil des Tellurs durch Selen ersetzt, erhält man überraschenderweise einen Automatenstahl,
dessen Bearbeitbarkeit mindestens ebensogut und in manchen Fällen noch wesentlich
besser ist als sie ein allein Tellur enthaltender gleichartiger Stahl ohne Selenzusatz
aufweist.
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Da eine bestimmte Gewichtsmenge Selen wesentlich billiger als die
gleiche Gewichtsmenge Tellur ist, kann nach der Erfindung somit ein Automatenstahl
hergestellt werden, der bei gleichen Bearbeitungseigenschaften wesentlich billiger
ist, da Selen als Ersatz für einen Teil, wenn auch nicht für alles Tellur verwendet
wird.
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Die Erfindung betrifft, auf diesen Erkenntnissen aufbauend, einen
nicht rostfreien Automatenstahl mit einem niedrigen oder mittleren Gehalt an Kohlenstoff,
vorzugsweise nicht mehr als 0,13'% C, der die Bearbeitbarkeit verbessernden Elemente
Schwefel, Blei und Tellur enthält, und besteht zur Lösung der ihr zugrunde liegenden
Aufgabe darin, daß er 0,8 bis 1,2% Mangan, 0,04 bis 0,09% Phosphor, 0,25 bis 0,35
% Schwefel, 0,08 bis 0,35% Blei, 0,010 bis 0;035% Selen, 0,010 bis 0,035 % Tellur
enthält, wobei die Summe des Selen- und Tellurgehaltes 0,025 bis 0,065% beträgt,
Rest Eisen mit üblichen Verunreinigungen und Begleitern, wie Silizium.
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Obwohl die Erfindung sehr gut bei hoch kohlenstoffhaltigen Stählen
angewendet werden kann, die auch Mangan in wirksamen Mengen enthalten, ist sie auch
auf niedriglegierte, nichtrostende Stähle anwendbar.
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Mit dein erfindungsgemäßen Stahl wurden Bearbeitbarkeitstests in der
oben beschriebenen Weise durchgeführt. Es handelte sich hierbei um Tellur und Selen
zusammen mit Blei und Schwefel enthaltendem Stahl. Diese Untersuchungen wurden mit
vier verschiedenen Grundzusammensetzungen durchgeführt, nämlich mit den Grundzusammensetzungen
A und B, von denen bereits weiter oben die Rede war, sowie mit den folgenden Zusammensetzungen
C und D.
Element I C (°/o) I D (o/o) |
C ................ 0,08 0,08 |
Mn ............... 1,00 0,99 |
P ................ 0,07 0,07 |
Si ................ 0,01 0,01 |
S ................. 0,32 0,32 |
Pb ............... 0,23 0,21 |
Fe . . . . . . . . . . . . . . . . Rest Rest |
Bei jedem der weiteren Tests wurde der Vergleich zwischen Stählen der gleichen Grundzusammensetzung
und aus der gleichen Schmelze gemacht, wobei der eine Stahl jeweils Tellur allein
und der andere Tellur mit Selen enthielt, wobei beide Zusätze während des Gießens
des Stahls in Gußformen zugegeben worden waren. Der einzige Unterschied zwischen
den beiden Stahlsorten jeder Grundzusammensetzung besteht also nur in dem Tellur
bzw. dem Tellur und Selengehalt.
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Die Ergebnisse dieser weiteren Bearbeitbarkeitsteste finden sich in
Tabelle III.
Tabelle III |
Stahl Bearbeitungs- |
index |
Stahl A -f- 0,029 Te + 0,021 Se ... 14,33 |
Stahl A + 0,056 Te . . . . . . . . . . . . . 13,50 |
Stahl B + 0,023 Te -i- 0,025 Se ... 16,57 |
Stahl B + 0,033 Te ............. 14,98 |
Stahl C -I-- 0,025 Te + 0,025 Se ... 16,40 |
Stahl C + 0,053 Te ............. 15,45 |
Stahl D + 0,024 Te + 0,029 Se ... 20,17 |
Stahl D + 0,046 Te ............. 19,59 |
Beim Vergleich der sich aus der obigen Tabelle ergebenden Bearbeitbarkeit der verschiedenen
Stahlarten könnte geschlossen werden, daß der Stahl A auf Grund seines höheren Bleigehalts
gegenüber dem Stahl B eine bessere Bearbeitbarkeit aufweisen sollte als Stahl B.
Die jedoch zutage tretende Abweichung erklärt sich daraus, daß die Stahlsorten A,
B, C und D von verschiedenen Schmelzen stammen, bei denen beim Schmelzen voneinander
verschiedene Bedingungen geherrscht haben, die sich in Verschiedenheiten des zuvor
erwähnten Bearbeitbarkeitsindex äußern, wobei die Abweichungen unter bestimmten
Umständen bis zu ±3,8 tragen können. Solche Abweichungen und Fehler einer Vergleichbarkeit
werden vermieden, wenn, wie oben beschrieben, zwei Stahlproben von der gleichen
Gießpfanne der gleichen Schmelze für den Vergleichsversuch herangezogen werden.
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Aus der obigen Tabelle III ergibt sich, daß der Ersatz eines Teils
des Tellurs durch Selen die Bearbeitbarkeit nicht beeinträchtigt, daß also nicht
die beim vollständigen Ersatz des Tellurs durch Selen beobachtete nachteilige Erscheinung
eintritt. Der sich
ergebende Stahl hat einen Bearbeitbarkeitsindex
in dem gewünschten Grad, wobei der Stahl selbst billiger herzustellen ist, als ein
nur Tellur enthaltender Stahl.
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Eine weitere wertvolle Besonderheit des erfindungsgemäßen Stahles
besteht noch darin, daß durch den erfindungsgemäß ausgewählten Bereich der Zugaben
von Blei, Tellur und Seien in einem nicht rostfreien Automatenstahl mit niedrigem
oder mittlerem Kohlenstoffgehalt eine gute und gleichmäßige Verteilung der die Bearbeitungseigenschaften
verbessernden Einschlüsse dieser Zugaben im Stahl erreicht wird, was für die Erzielung
guter Bearbeitungseigenschaften sehr erwünscht ist.
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Der Mindestschwefelgehalt von 0,25 8/o und der Mindestbleigehalt von
0,080/0, wie dies oben angegeben ist, bestimmen sich dadurch, daß unterhalb dieser
Mindestwerte der Schwefel- und Bleigehalt keinerlei praktische Bedeutung zur Verbesserung
der Bearbeitbarkeit des Stahls mehr haben und daß vorzugsweise der geringste Bleigehalt
nicht unter 0,150l0 liegt, ebenso wie festgestellt worden ist, daß ein Bleigehalt
von 0,15 bis 0,358/o besonders zur Verbesserung der Bearbeitbarkeit des Stahls beiträgt,
selbstverständlich verglichen mit im übrigen gleichen, jedoch bleifreien Stählen.
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Die Höchstwerte für den Schwefel- und Bleigehalt bestimmen sich dadurch,
daß bei überschreiten dieser Grenze die physikalischen und/oder mechanischen Eigenschaften
des Stahls beeinträchtigt werden können. Die obere Grenze des Schwefelgehalts wird
im Hinblick auf die Erzielung guter Warmbearbeitungseigenschaften besonders ausgewählt,
da ein hoher Schwefelgehalt in Gegenwart von Tellur und Selen Warmbrüchigkeit hervorrufen
könnte.
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Wie schon früher festgestellt wurde, soll die Summe von Tellur und
Selen zwischen 0,025 und 0;065% ausmachen. Wenn die Summe aus Selen und Teliur unter
0,0250/0 liegt, ergibt sich keine fühlbare Wirkung der beiden Elemente hinsichtlich
der Verbesserung der Bearbeitbarkeit. Die obere Grenze von 0,0658/o für die Summe
aus dem Selen- und Tellurn anteil ergibt sich dadurch, daß bei einem übersteigen
dieser Grenze die Bearbeitbarkeit nicht mehr fühlbar verbessert wird, so daß sich
lediglich die Herstellungskosten verteuern, ohne daß eine Verbesserung der Stahleigenschaften
selbst erzielt wird. Es ergibt sich nach den Feststellungen der Anmelderin kein
wirtschaftlich auswertbarer Vorteil, wenn das Gesamtgewicht von Selen und Tellur
mehr als 0,065% ausmacht. Es hat sich gezeigt, daß besonders günstige Ergebnisse
dann erzielt werden, wenn der Selengehalt zwischen 0,#121 und 0,029% und der Tellurgehalt
zwischen 0,023 und 0,029 8/0 liegt, wobei die Summe aus Selen und Tellur 0;05 %
ausmacht.
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Besonders günstige Ergebnisse sind erzielt worden, wenn sowohl der
Tellur- wie auch der Selengehalt etwa 0;025% ausmachen.
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Stahl, der Blei, Selen und Tellur nach der Erfindung enthält, kann
dadurch hergestellt werden, daß Blei, vorzugsweise in metallischen Kügelchen, in
den Gießstrahl der Stahls gegeben wird, wenn der Stahl in die Pfanne gegossen wird.
Tellur und Selen werden vorzugsweise in Form von Kügelchen aus den betreffenden
Metallen entweder in die Gießpfanne oder in die Gießform zugegeben, wobei jedoch
der Zusatz in die Gießpfanne vorzuziehen ist. Wie jedoch oben bereits ausgeführt
wurde, waren im Fall der Vergleichsversuche die Anteile an Tellur und Selen beim
Gießen des Stahls in die Gießformen zugesetzt worden.