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Styrol, das ein wichtiger großtechnischer Grundstoff für die Herstellung
von Polymerisaten ist, wird bis heute vorwiegend nach der bekannten Friedel-Craftschen
Synthese aus Benzol und Äthylen unter Anwendung von wasserfreiem Aluminiumchlorid
als Katalysator und anschließende Dehydrierung des so gewonnenen Äthylbenzols hergestellt.
Dieses Verfahren ist wegen der unangenehmen Eigenschaften der sich aus AICl3 bildenden
Addukte sowie wegen der durch die HCl-Abspaltung verursachten Korrosionsschwierigkeiten
sehr aufwendig. Ein in neuerer Zeit bekanntgewordenes Verfahren vermeidet diese
Schwierigkeiten durch destillative Abtrennung von reinem Äthylbenzol aus einem aromatischen
C8-Schnitt und anschließende Dehydrierung desselben zu Styrol.
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Dieses bekannte Verfahren ist schematisch in F i g. 1 dargestellt.
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Der C8-Schnitt enthält neben Äthylenbenzol noch die drei Xylole.
Aus ihm wird in der Vorkolonne 1 das o-Xylol als Sumpfprodukt abgetrennt. Da die
Siedepunktdifferenz zwischen o-Xylol und dem nächst niedrigersiedenden C8-Aromaten
m-Xylol relativ groß ist (144,41"C gegenüber 139,10C), ist diese Trennung mit nicht
allzu großem Aufwand, d. h. mit 80 wirklichen Böden und einem Rücklaufverhältnis
von 1:20 möglich. m-Xylol (Kp. 139,1"C), p-Xylol (Kp.
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= 138,35"C) und Äthylbenzol (Kp. = 139,15"C) werden gemeinsam über
Kopf abgenommen und anschließend in einer Kolonne 2 mit 300 wirklichen Böden und
einem Rücklaufverhältnis von 60:1 in der Weise zerlegt, daß m- und p-Xylol gemeinsam
als Sumpfprodukt und mindestens 99,5 0/0iges Äthylbenzol als Kopfprodukt abgenommen
werden. Aus baulichen Gründen wird die Kolonne 2 ii mehrere, beispielsweise drei
hintereinandergeschaltete Einheiten unterteilt.
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Das in der Kolonne 2 gewonnene, hochreine Äthylbenzol wird nach Aufheizung
in einem Ofen 10 in einer Dehydrierungsanlage 3 bei normalem Druck und einer Temperatur
von 625" C in Gegenwart vonWasserdampf zu Styrol dehydriert. Es leuchtet ohne weiteres
ein, daß die destillative Reingewinnungavon Äthylbenzol auf die Weise äußerst aufwendig
ist, so daß bereits der Rohstoff für die Dehydrierung mit einem hohen Preis eingesetzt
werden muß. Da bei der Dehydrierung Nebenreaktionen unvermeidlich sind, die einen
Teil des wertvollen Äthylbenzols zu unerwünschten Nebenprodukten, wie Benzol, Toluol
und Koks, spalten und dadurch seinem eigentlichen Verwendungszweck entziehen, und
diese Nebenreaktionen um so stärker ins Gewicht fallen, je größer der prozentuale
Umsatz im einmaligen Durchgang gehalten wird, wird der Umsatz in der Dehydrierungsanlage
bei diesem bekannten Verfahren bewußt relativ niedrig, d. h. 38 bis 400/o, im einmaligen
Durchgang gehalten.
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In der anschließenden Destillationsanlage werden aus dem Dehydrierungsprodukt
mit Hilfe der Kolonne 4 zunächst Benzol und Toluol gemeinsam über Kopf abgetrennt,
aus dem Sumpfprodukt mit Hilfe der Kolonne 5 unverändertes Äthylbenzol zurückgeführt.
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Das Sumpfprodukt der Kolonne 5 wird anschließend über die Kolonne
7 nochmals in der Weise gereinigt, daß der Hauptteil des Reinstyrols über Kopf abgenommen
wird, während die bei der Dehydrierung anfallenden Dimeren und Polymeren als Sumpfprodukt
abgetrennt werden. Bei dem gewählten niedrigen Umsatz von 38 bis 400/o in der Dehydrierungsanlage
beträgt die Menge der gebildeten Di-
meren und Polymeren etwa 0,50/0 des Einsatzes,
jedoch wird - um die hohen Reinheitsanforderungen an das als Kopfprodukt abgenommene
Styrol mit Sicherheit befriedigen zu können - eine wesentlich größere Menge an Sumpfprodukt,
nämlich etwa 40/o des Einsatzes, aus der Kolonne 7 abgezogen. Dieses Sumpfprodukt
kann in einer (nicht dargestellten) Rückstandblase noch Iweiter auf Styrol aufgearbeitet
werden.
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Die Kolonnen 4, 5 und 7 werden mit einem Druck von 40 bis 60 Torr
betrieben, um ihre Temperatur unter 90"C, vorzugsweise unter 80"C, halten zu können
und damit unerwünschte Polymerisationen zu vermeiden.
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Obwohl die destillative Abtrennung der Xylole vom Äthylbenzol vor
dessen Einsatz in die Dehydrierung sehr aufwendig und teuer ist, konnte bisher Styrol
in der Praxis auf keine andere Weise hergestellt werden als durch Dehydrierung von
vollkommen xylolfreiem Äthylbenzol.
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Aus der deutschen Patentschrift 880 138 ist bekannt, eine Mischung
von Äthylbenzol und Xylol direkt katalytisch zu dehydrieren und dabei einen wesentlichen
Anteil des Athylbenzols in Styrol umzuwandeln, wobei vorzugsweise vorgesehen ist,
vorher das o-Xylol abzutrennen, so daß eine Mischung aus Äthylbenzol, p-Xylol und
m-Xylol eingesetzt wird. Dieser Vorschlag hat bisher aber keinen Eingang in die
Praxis finden können, weil kein Verfahren bekannt ist, aus dem gewonnenen Styrol
die Xylole so weit abzutrennen, daß das Styrol den üblichen Reinheitsanforderungen
entspricht. Es ist zwar unter verhältnismäßig großem Aufwand möglich, das gewonnene
Styrol (Kp.
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= 145,2"C) vom m-Xylol (Kp. = 139,1"C3 und p-Xylol (Kp. = 138,35"C)
destillativ abzutrennen, jedoch ist die destillative Abtrennung von o-Xylol (Kp.
= 144,41"C) praktisch nicht möglich und ein anderes wirtschaftliches Trennverfahren
ist bis heute ebenfalls nicht bekannt. In der USA.-Patentschrift 2 879 313 wird
die Möglichkeit dieser Trennung zwar unterstellt, aber ihre praktische Ausführung
ist nicht beschrieben.
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Diese Schwierigkeit kann durch vorherige Abtrennung des o-Xylols
auch nicht umgangen werden, weil unter den Bedingungen der bisher üblichen katalytischen
Dehydrierung insbesondere mit Verweilzeiten von 1 bis 3 Sekunden sich m- und p-Xylol
stehts in erheblichem Ausmaß, meist sogar praktisch bis zur Gleichgewichtseinstellung,
in ein Gemisch von o-, m-und p-Xylol umlagern.-Der vorliegenden Erfindung liegt
die überraschende Erkenntnis zugrunde, daß es möglich ist, den weitaus aufwendigsten
Teilschritt in der Herstellung von Styrol durch Dehydrierung von Äthylbenzol, nämlich
die Reinherstellung des Äthylbenzols, zu umgehen. Es wurde überraschenderweise gefunden,
daß es möglich ist, die Dehydrierung des Äthylbenzols zu Styrol so zu leiten, daß
praktisch keine Umlagerung von m- und p-Xylol in o-Xylol eintritt. Die anschließende
Reinherstellung des Styrols aus dem anfallenden Reaktionsgemisch durch destillative
Trennung ist dann mit wesentlich geringerem Aufwand möglich als bei der bisherigen
Arbeitsweise.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von Styrol
durch katalytische Dehydrierung eines im wesentlichen aus Äthylbenzol und m- und
p-Xylol bestehenden Gemisches, das durch vorherige destillative Aufarbeitung eines
aromatischen 08
Schnittes gewonnen wurde, und anschließende Abtrennung
des gebildeten Styrols aus dem Reaktionsgemisch.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß die
Dehydrierung bei Temperaturen von 600 bis 700°C, vorzugsweise 620 bis 680°C, und
Verweilzeiten unter einer Sekunde, vorzugsweise 0,2 bis 0,4 Sekunden, in Gegenwart
eines Dehydrierungskatalysators durchgeführt wird, der aus solchen, an sich bekannten
Dehydrierungskatalysatoren ausgewählt wurde, die frei von Fluor, Phosphorsäure und
Kieselsäure sind und keine oder nur geringe Mengen Al2O3 enthalten.
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Dabei werden Verweilzeiten und Temperaturen gewählt, bei denen der
Umsatz in einmaligem Durchgang über 50O/o, vorzugsweise 60 bis 75%, beträgt.
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Das Einsatzgemisch für die Dehydrierung enthält zweckmäßig bis zu
80 0/o m- und/oder p-Xylol.
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Um die Umlagerung von m- und p-Xylol in o-Xylol während der Dehydrierung
von Äthylbenzol zu vermeiden, ist es vor allem notwendig, die Verweilzeit über dem
Kontakt unterhalb einer kritischen Grenze zu halten, die niedriger liegt als die
bisher eingehaltenen Verweilzeiten von 1 bis 3 Sekunden, nämlich von unter einer
Sekunde, vorzugsweise 0,2 bis 0,4 Sekunden, sowie eine Temperatur von 700°C nicht
zu überschreiten. Erfindungsgemäß wird daher eine Dehydrierungstemperatur von 600
bis 700°C, vorzugsweise von 620 bis 680°C, angewendet. Die gleichzeitige Anwendung
beider Maßnahmen - Verweilzeiten unterhalb einer Sekunde und Temperaturen unter
70000 - ist notwendig, um die Bildung von o-Xylol durch Isomerisierung zu verhindern.
So wird z. B. schon bei einer Verweilzeit von 0,1 Sekunden bei einer Dehydrierungstemperatur
von 8000C je nach dem Gehalt des Ausgangsgemisches an m- und p-Xylol 0,2 bis 0,3
% o-Xylol und darüber gebildet. Verweilzeiten unterhalb einer Sekunde bis herunter
zu 0,1 Sekunden sind zwar schon wissenschaftlich untersucht worden, jedoch nur für
die Dehydrierung von reinem Äthylbenzol, das vorher von allen Xylolen befreit worden
war.
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Es wurde bisher nicht erkannt, daß es bei gleichzeitiger Anwendung
so geringer Verweilzeiten mit relativ niederen Temperaturen möglich ist, ein Gemisch
von Äthylbenzol mit erheblichen Mengen an m- und p-Xylol ohne gleichzeitige Bildung
von o-Xylol mit gutem Umsatz zu Styrol zu dehydrieren.
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Hierzu ist auch noch aus den an sich bekannten Dehydrierungskontakten
ein solcher auszuwählen, der keine die Isomerisierungsreaktionen begünstigenden
Komponenten enthält. Ein solcher Katalysator soll insbesondere frei von Phosphorsäure,
Fluor und Kieselsäure sein und darüber hinaus keine oder nur geringe Mengen an Al2O3
enthalten.
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Als besonders geeignet für die Zwecke der vorliegenden Erfindung
hat sich ein Kontakt der Zusammensetzung Zinkoxyd .............. 85 Gewichtsprozent
Magnesiumoxyd ...... 2 Gewichtsprozent Calciumoxyd ........... 6 Gewichtsprozent
Kaliumhydroxyd ...... 2 Gewichtsprozent Chromoxyd ............ 5 Gewichtsprozent
erwiesen. Unter diesen Bedingungen bildet sich bei der Dehydrierung kein o-Xylol,
selbst wenn im Einsatzprodukt nicht mehr als 5% Äthylbenzol und bis zu 950/o n-
und p-Xylol vorhanden sind. Um die
Durchsatzleistung aber nicht durch den Ballast
an Xylolen zu weit herunterzudrücken, ist es zweckmäßig, eine obere Grenze von etwa
80°/o Xylolen nicht zu überschreiten. Bei der erfindungsgemäßen Arbeitsweise ist
sogar ein geringer Prozentsatz von etwa 0,2 2°/o an o-Xylol im Einsatzprodukt als
Verunreinigung zulässig, weil dieses unter den erflndungsgemäßenArbeits bedingungen
der Dehydrierung bevorzugt zu Toluol krackt, das vom Styrol ohne Schwierigkeiten
destillativ abgetrennt werden kann.
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Infolgedessen ist erfindungsgemäß nicht einmal eine so scharfe Abtrennung
des o-Xylols aus dem Einsatzprodukt notwendig wie nach den bisher bekannten, praktisch
durchführbaren Verfahren.
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Da das erfindungsgemäße verwendete Einsatzgut für die Dehydrierung
wesentlich billiger ist als das für die bisher bekannten Verfahren verwendete, ist
es wirtschaftlich ohne weiteres zulässig, den Umsatz im einmaligen Durchgang in
der Dehydrierungsanlage wesentlich höher zu halten als bisher. Vorzugsweise wird
der Umsatz auf über 50%, insbesondere auf 60 bis 750/o gehalten. Die dadurch ermöglichte
erhebliche Durchsatzsteigerung wiegt den geringen Verlust an Äthylbenzol, der durch
die etwas vermehrt ablaufende Krackreaktion bewirkt wird, weit mehr als auf. Ebenso
ist es erfindungsgemäß nicht notwendig, aus dem Reaktionsprodukt der Dehydrierung
Äthylbenzol abzutrennen, um es in die Dehydrierung zurückzuführen, da in diesem
weit weniger Äthylbenzol enthalten ist als nach den bekannten Verfahren. Es ist
vielmehr technisch und wirtschaftlich meist sogar yor teilhaft, den gesamten Anteil
des Dehydrierungsproduktes, der nicht als Styrol abgegeben wird, für andere Verwendungszwecke,
beispielsweise als klopffestigkeitserhöhender Zusatz für Motortreibstoff, gegebenenfalls
nach vorheriger Raffination, abzugeben.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist nachstehend an Hand der F i g.
2 und des Ausführungsbeispieles näher beschrieben.
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Beispiel Ein aus einem Platformat extrahierter C8-Aromatenschnitt
wird in einer Kolonne 1 mit 120 Böden und unter einem Rücklaufverhältnis von 1:15
so destilliert, daß man ein aus 98 bis 99°/0 o-Xylol bestehendes Sumpfprodukt und
ein nur noch 0,8 0/o o-Xylol enthaltendes Kopfprodukt erhält. Dieses weist - der
Gleichgewichtszusammensetzung der C8-Aromaten etwa entsprechend - °/o Äthylbenzol
auf.
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In einer der o-Xylol-Kolonne nachgeschalteten Äthylbenzolanreicherungskolonne
8 kann über 60 praktische Böden mit einem Rückflußverhältnis von 1:18 das Äthylbenzol
im Kopf bis auf 52 0/o angereichert werden. Gleichzeitig geht mit dieser Anreicherung
eine Verarmung des im Einsatzprodukt für diese Kolonne noch enthaltenen o-Xylols
von 0,8 auf 0,2 0/o vor sich.
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Der Rest von 47,8 0/o besteht aus m- und p-Xylol.
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Diese zweite Kolonne wird mit der ersten Kolonne zweckmäßig durch
eine Sparschaltung verbunden, d. h. so, daß die Kopfdämpfe der unter erhöhtem Druck
von 4 atü betriebenen ersten Kolonne im Aufkocher der zweiten Kolonne kondensieren
und ihre Wärme an das siedende Sumpfprodukt dieser Kolonne abgeben.
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Die nach der o-Xylol-Abtrennung und Äthylbenzolanreicherung gewonnene
C8-Aromatenmischung wird nun nach Aufheizung im Ofen 10 zur drucklosen Dehydrierung
3 geführt, wo sie gemeinsam mit der
doppelten Gewichtsmenge Wasserdampf,
der über Leitung 9 zugeführt wird, und einer Belastung von 0,5 t Öl je Kubikmeter
Katalysator und Stunde bei 650 bis 660°C dehydriert wird. Die Verweilzeit über dem
Kontakt betrug daher 0,28 Sekunden.
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Das aus dem Reaktor 3 austretende Öl weist folgende Zusammensetzung
auf: Styrol ............................ 39,1% m- und p-Xylol ....................
45,2O/Q Äthylbenzol....................8,2% Toluol » t ......... 6,3 °/o Benzol
.................... 1,2% o-Xylol * «,, @ @ @ @ @ @ @ @ @ @ @ Spuren Es fällt in
einer Ausbeute von 95,2 O/o, bezogen auf 100% eingesetztes Dehydrierungsgut, an.
Demtentsprechend beträgt die Styrolausbeute, bezogen auf 100% eingesetztes Äthylbenzol,
71,5 O/o.
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In der nachfolgenden ersten Kolonne 4 der Öldestillation wird unter
Vakuum das Benzol, Toluol, Äthylbenzol, m- und p-Xylol über Kopf abgenommen.
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Diese Produkte werden gemeinsam nach vorherigem Versetzen mit einem
handelsüblichen Inhibitor als Oktanzahl-Verbesserer im Treibstoffsektor verwendet.
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Das aus dem Sumpf der Kolonne abgezogene Styrol wird in der nachfolgenden
Kolonne 7 ebenfalls im Vakuum so destilliert, daß man über Kopf ein über 99, 70/Oiges
Styrol in einer Ausbeute von 96 0/o erhält.
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4% des Einsatzes in dieser Kolonne werden aus dem Kolonnensumpf mit
dem vorhandenen dimerisierten Styrol - etwa 1 ovo des Einsatzes - in eine (nicht
dargestellte)
Rückstandsblase geleitet, aus welcher die gewinnbaren Styrolanteile # 30/o des Einsatzes
-abdestilliert und dem Reinstyrol zugeführt werden.