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Verfahren zur Herstellung von Bauteilen Gegenstand der Erfindung ist
ein Verfahren zur Herstellung von Bauteilen aus wenigstens einem feinverteilten
organischen Stoff, einem Bindemittel auf der Basis eines unter gemeinsamer Wirkung
von Druck und Wärme polymerisierbaren Harzes und aus Wasser unter Anwendung von
Druck und Wanne, wie es beispielsweise im »Deutschen Jahrbuch für die Industrie
der plastischen Massen«, 1951/52, insbesondere auf S. 516, beschrieben wird.
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Da bei diesem bekannten Verfahren zur Vermeidung, von Rißbildungen
der Druck relativ sehr lange aufrechterhalten werden muß, ergibt sich die Aufgabe,
ein Verfahren zu finden, durch welches eine völlig rißfreie Herstellung von Bauteilen,
beispielsweise Bauplatten, in relativ sehr kurzer Zeit möglich ist.
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Zur Lösung díeser Aufgabe schlägt die Erfindung vor, daß zunächst
der organische Stoff mit einem aus einem Tonerdesilikat bestehenden Katalysator,
mit Wasser und einem Härtet gemischt tylrd und dieser Mischung das Bindemittel zugegeben
wird, woraufhin diese homogene Masse in eine entsprechende Form eingefüllt und in
dieser zunächst kalt vorgepreßt und anschließend in zwei Stufen heiß gepreßt wird,
wobei zur Behebung jeglicher inneren Spannung zwischen diesen beiden Stuten nach
Anheben des Preßstempels die Form kueiflg geöffnet wird. durch ergeben sich gegenüber
dem bisher bekannten Verfahren recht überraschende Wirkungen, denn bei der ersten
Kaltspressung wird die Masse bereits stark zusammengepreßt und dabei ein Teil des
in ihr enthaltenen Wassers herausgedrückt; zu Beginn der ersten Stufe des zweimaligen
Heißpressens beginnt das Bindemittel zu pöW merisieren, und ein Teil des noch in
der Masse enthaltenen Wassers verdampft unter der Einwirkung der Wärme. Infolge
des Druckes kann jedoCh ein Teil dieses Restwassers nur teilweise verdampfen, da
es in den Zellen oder geschlossenen Poren, die sich durch den Druck zwischen den
festen Teilen der Masse bilden, eingeschlossen ist. Aus diesem Grunde besitzt die
Platte nach dieser ersten Heißpreßstufe eine starke Innenspannung; dadurch, daß
jeglicher Außendruck auf die Masse zwischen den beiden Preßstufen aufgehoben wird,
kann der größte Teil des Wassers verdampfen, da die noch Wasser oder Dampf
enthaltenden
Zellen sich öffnen, so daß der in der ersten Heißpreßstufe entstandene starke Innendruck
abgebaut wird. Mit anderen Worten, das Material entspannt sich, während der zweiten
Heißpreßstufe geht die Polymerisation weiter, und die Masse wird weiter verdichtet.
Es besteht jedoch in diesem Stadium keinerlei Gefahr mehr, daß ein rissiger Baustoff
entsteht Ein zweistufiger Preflvorgang zur Verhinderung einer Rißbildung ist zwar
bereits in der keramischen Industrie bekanat (s. »eüerfestkunde« von H a r d et
-Kienow, 1960, insbesondere S. 248), doch herrschen hier andere Vorbedingungen als
bei Kunststoffmassen, so daß ein mehrstufiger Preßvorgang in der Herstellung von
Bauteilen bisher nicht in Erwägung gezogen wurde.
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Vorzugsweise wird die zweite Heißpreßstufe bei Temperatur-, Druck-
und Zeitwerten ausgeübt, welche uber denen der ersten Stufe liegen. Das feinverteilte
organische Material besteht zweckmäßigerweise aus Holzmehl, der Katalysator aus
Kaolin und das Bindemittel aus einem Harnstoff-Formaldehyd-Harz, während der Masse
als Füllstoff Vermikulit, ein expandiertes Kunstharz oder auch ein Plastikschaum,
beispielsweise Polyurethanschaum, zugesetzt werden kann, wobei allerdings die Verwendung
von
Harnstoff-Formaldehyd als Bindemittel an sich bereits für die
Herstellung von Bauelementen aus Ziegelsplitt und Bindemittel (s. deutsche Patentschrift
869 313) bzw. für die Herstellung von Bauplatten mit Holzfaserstoffen durch Pressen
unter Erwärmung (s. »Handbuch der Betonsteinindustrie«, Probst, 1951, insbesondere
S. 48, 49) bekannt ist, ohne daß bisher jedoch in diesem Zusammenhang an einen mehrstufigen
Preßvorgang gedacht wurde.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren lassen sich auch Elemente herstellen,
welche sowohl zur Herstellung von Außen- wie Innenwänden, feststehenden oder verschiebbaren
Trennwänden oder auch für Fußböden und Decken verwendet werden können.
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Dabei sind die erfindungsgemäßen Bauelemente verhältnismäßig leicht,
druck-, biege- und knickfest und vor allem schwundfrei. Das Material läßt sich ohne
besondere Vorsichtsmaßnahmen sägen, nageln, schrauben, bohren, hobeln und fräsen,
so daß die jeweils geeignetste, wirtschaftlichste Befestigungsart gewählt werden
kann. Infolge der leichten Bearbeitbarkeit lassen sich in die Bauelemente Ausnehmungen
oder Rinnen einfräsen, in welche Leitungen oder Rohre jeglicher Art verlegt werden
können, wobei nach Verlegung der entsprechenden Leitungen der nicht vollständig
ausgefüllte Raum der Rinnen oder sonstigen AusnehmUngen mit der gleichen Masse,
aus welcher das Bauelement besteht, angefüllt werden kann, so daß nach Trocknung
und kurzem Überschleifen der Reparaturstellen eine völlig glatte, aus einem einzigen
Material bestehende Oberfläche entsteht. Es ergibt sich also bei diesen Bauelementen
eine völlig homogene Oberfläche im Gegensatz zu normalem Bauwerk. oder Betonwänden,
bei denen nach Verlegung beispielsweise einer Lichtleitung und Einsetzen eines Schalters
oder einer Steckdose die verbleibenden Vertiefungen ausgegipst oder mit einem anderen
Material angefüllt werden.
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Die vorgenannten Möglichkeiten der Bearbeitung und Behandlung derartiger
Bauelemente sind jedoch mit Sicherheit eine Folge der völlig spannungsfreien Herstellung
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren.
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Bisher bekannte, als Preßformlinge hergestellte Bauelemente, welche
ebenfalls gesägt, genagelt oder gebohrt werden können, wie die Hersteller behaupten,
ergeben immer wieder Schwierigkeiten, wenn zunächst unsichtbare, bei den üblichen
Herstellungsverfahren unvermeidbare Risse an den Bearbeitungsstellen auftreten.
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Als polymerisierbares Bindemittel lassen sich verschiedene warumärtende
Kunstharze verwenden, die bei der herrschenden Umgebungstemperatur die genügende
Widerstandsfähigkeit aufweisen. Insbesondere lassen sich die sogenannten Firnisharze
verwenden, beispielsweise die Kondensationsprodukte von Phenol-Glyzenn-Gemischen,
Akroleindenvate, von Glyzerolphthaleinen abgeleitete Verbindungen, Maleinsäurederivate
von Kolophonium, Polyvinylalkohole, Harnstoff-Formaldehyd-Verbindungen, Gemische
von chlorhaltigen Derivaten von Phenylbenzen, Phenoplaste, Kondensationsprodukte
von Anilin-Formaldehyd, Kumaronderivate, von Abieto-und Oleophthalein abgeleitete
Verbindungen, Vinylazetate, Phenolformaldehyde, polymerisierte Terpene, Vinylpolymere,
Glyzerophthaleinderivate, Akrylsäurederivate oder auch Polymere von Isobutylen.
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Nachstehend sind einige bevorzugte Mischungen zur Herstellung der
Bauelemente nach dem erfin-
dungsgemäßen Verfahren angegeben, wobei die angegebenen
Zahlen Gewichtsteile bedeuten.
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Beispiel 1 Hanrnstoff-Formaldehyd-Harz .... 4 bis 9 Harzhaltiges
Holzsägemehl ...... 4 bis 9 Kaolin ................ 0,4 bis 0,9 Expandiertes Harz
................. 0,4 bis 0,9 Wasser ................... 4 bis 9 Beispiel 2 Neutraler
Füllstoff ................... 40 bis 55 Polymerisierbares Bindemittel ... 10 bis
30 Katalysator ................... 4 bis 11 Träger für Katalysator .......... 4
bis 11 Härter ................... 1 bis 0,5 Wasser ................... 2,5 bis 6
Beispiel 3 Harnstoff-Formaldehyd ................... 6 Sägemehl ...................
5 Kaolin ................... 0,6 APROLIT ................... 0,4 Wasser ...................
................... 7 (APROL1T ist ein expandiertes Kunstharz in Form äußerst leichter
Perlen mit relativ hoher spezifischer Festigkeit, die trotz der relativ geringen
Zusatzmenge einen relativ großen Raum in der Mischung einnehmen, ohne deren Druckfestigkeit
merkbar zu beeinflussen.) Beispiel 4 Sauberes und ziemlich trockenes Sägemehl 50
Harnstoff-Formaldehyd-Harz ................... 20 Kaolin ................... 6 Vermikulit
................... 7,8 Härter ................... 0,7 Wasser ...................
. 4 Beispiel 5 Holzsägemehl ................... 24 Kaolin ................... 2,5
Vermikulit ................... 3,3 Polymerisierbares Harz ................... 8,5
Härter ................... 0,8 Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird zunächst
der organische Stoff, z. B. das Sägemehl, sodann das Kaolin, das Vermikulit oder
ein ähnlicher zusätzlicher Füllstoff, Wasser und gegebenenfalls ein Härter, falls
er im zuzugebenden Kunstharz nicht bereits enthalten ist, in eine Mischvorrichtung
eingegeben und 15 Minuten lang innig miteinander vermischt. Nach Ablauf dieser Zeitspanne
wird unter fortgesetztem Mischen nach und nach das polymerisierbare Harz zugesetzt
und der Mischvorgang nochmals 5 Minuten lang fortgesetzt. Nach Ablauf dieser Zeitspanne
von insgesamt also 20 Minuten erhält man eine vollkommen gleichmäßige Masse.
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Diese Masse wird in eine mit einem geeigneten Trennmittel, beispielsweise
einem Fett, ausgestrichene Form eingebracht und in dieser gleichmäßig verteilt,
wobei insbesondere auf eine einwandfreie Ausfüllung der winkligen Kanten zu achten
ist. Diese Masse wird sodann in der Form kalt vorgepreßt, und zwar bis auf eine
etwas über dem Endwert liegende Stärke.
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Dieses Vorpressen dauert etwa 5 Minuten. Da nach wird in zwei aufeinanderfolgenden
Stufen eine
Heißpressung durchgeführt, wobei in der ersten Stufe
bei einer Temperatur von etwa 50 bis 600 C mit einem etwa der Hälfte des Enddruckes
entsprechenden Druck gearbeitet wird Nach Ablauf der ersten Preßstufe wird der Druck
auf Null herabgesetzt und der Preßstempel etwas angehoben, woraufhin die zweite
Preßstufe bei einer Maximaltemperatur von 1000 C mit dem höchstzulässigen Druck
durchgeführt wird.
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Der Druck und die Dauer der letzten Behandlungsstufe sind direkt
von der Art des polymerisierbaren Harzes, welches für die jeweilige Mischung verwendet
wird, sowie von der Dicke bzw. Ausbildung des herzustellenden Bauelementes abhängig.
Nach Ablauf der zweiten Heißpreßstufe läßt sich das Bauelement aus der Form entnehmen,
welche sodann für die Herstellung eines weiteren Bauelementes zur Verfügung steht.
Das Bauelement ist somit ohne weiteres verwendungsbereit.
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In den Laboratorien der Genie Civil der Universität in Lüttich wurden
Bauelemente, welche unter Verwendung der im vorgenannten Beispiel 5 angegebenen
Mengen hergestellt wurden, verschiedenen Prüfungen unterzogen.
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In einer Amsler-Presse von 60t, welche auf 6 t Höchstdruck eingestellt
wurde, wurden drei Prüfwürfel von 7. 7. 7 cm3 auf Druck geprüft. Das spezifische
Gewicht jedes einzelnen Prüfwürfels betrug lediglich 0,45, wobei ein Spaltdruck
von ungefähr 1,5 kg und ein Höchstdruck von 1,765 kg gemessen wurden.
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Wenn auch die bei diesen Messungen festgestellte Druckfestigkeit
eine Klassifizierung der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Bauteile
als tragende Teile höchster Güte nicht zuläßt, so muß angesichts des niedrigen spezifischen
Gewichtes dieser Bauteile die gemessene Druckfestigkeit zweifelsohne als überraschend
bezeichnet werden.
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Prüfwürfel aus dem gleichen Werkstoff mit den Abmessungen 33 10 7
cmS wurden in den gleichen Laboratorien in einer Amsler-Presse von 10 t, eingestellt
auf einen Höchstdruck von 500 kg, Biegungsprüfungen unterworfen, wobei diese Würfel
auf zwei 25 cm voneinander entfernten Auflagern aufruhten.
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Die Bruchlast betrug 285 kg, was fraglos für ein derart leichtes Material
als bemerkenswert anzusehen ist.
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Die Knickfestigkeit dieses Materials wurde an Prüfwürfeln von 25
47. 7 cm3 gemessen, wobei wiederum eine Amsler-Presse von 60 t bei einer Einstellung
auf 6 t Höchstdruck verwendet wurde. Diese zulässige Belastung ergab sich mit 4,220
kg.
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Diese Prüfergebnisse, welche zweifelsohne in überaus starkem Maße
durch die einwandfrei rißfreie Ausbildung der Bauelemente beeinflußt werden, zeigen,
daß nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Bauelemente sich sehr gut
für die verschiedensten Bauzwecke eignen. Ein besonderer Vorteil ergibt sich daraus,
daß diese Bauelemente in Form von Blöcken, Voll- oder Hohlplatten oder auch in den
verschiedensten Profilen hergestellt werden können. Naturgemäß ist auch eine Versteifung
durch vorgespannte oder nicht vorgespannte, steife oder biegsame Armierungen möglich.