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Verfahren zur Erzeugung hoher magnetischer Felder mit einer supraleitenden
Spulenanordnung und dabei zu verwendende Spulenanordnung Die Erfindung bezieht sich
auf ein Verfahren zur Erzeugung hoher magnetischer Felder mit Hilfe einer Spulenanordnung
mit hartsupraleitendem Material, die in mehrere konzentrisch angeordnete, elektrisch
getrennt einschaltbare Teilspulen aufgeteilt ist und von denen wenigstens eine Teilspule
aus einem Material besteht, das den Degradationseffekt zeigt.
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Spulenanordnungen, bestehend aus konzentrischen, ineinandergesteckten
Teilspulen aus hartsupraleitendem Material, sind bereits bekannt. So wurden in »Westinghouse
Scientific Papers« Nr. 62-108-281-P 1 eine Spulenanordnung beschrieben, bei der
die äußere Teilspule aus hartsupraleitendem Material mit hohen kritischen Stromdichtewerten
bei niedrigen Feldstärkewerten und die innere Spule aus Material mit dagegen niedrigen
kritischen Stromdichtewerten bei hohen Feldstärkewerten besteht.
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In » Applied Physics Letters«, Bd. 3, Nr. 5, ist auf den Seiten 79
und 80 ein Versuch beschrieben, bei dem eine Spule aus einem hartsupraleitendem
Material, das den dort beschriebenen Degradationseffekt aufweist, verwendet wurde.
Diese Spule wurde in einem vorhandenen Anfangsfeld, welches größer als der sogenannte
Flußsprung der Spule war, betrieben. Dabei konnte die ohne das Anfangsfeld erreichten
maximalen Stromwerte der Spule überschritten werden, ohne daß Normalleitung in dieser
Spule eintrat.
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Mit »Degradationseffekt« wird die starke Abnahme der kritischen Stromdichte
eines Supraleitermaterials in Form einer Spule, in deren magnetischem EigenfeW gegenüber
der kritischen Stromdichte einer kurzen, d. h. nicht zu einer Spule gewundenen Probe
dieses Supraleitermaterials in einem gleich großen fremden Magnetfeld, bezeichnet.
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Die bisher bekanntgewordenen Spulenanordnungen sind aber nicht darauf
ausgerichtet, eine optimale Ausnutzung des Wickelraums und des supraleitenden Materials
zu erreichen. Eine Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zum Betrieb einer
supraleitenden Spulenanordnung zur Erzeugung hoher magnetischer Felder anzugeben,
bei der der Wickelraum gut ausgenutzt und das supraleitende Material optimal ausgenutzt
wird, wobei für die Spulen auch solches hartsupraleitendes Material guter Duktilität
verwendet wird, das die als Degradationseffekt bezeichnete und allgemein unerwünschte
Eigenschaft aufweist.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gelöst, das erfindungsgemäß
dadurch gekennzeichnet ist, daß die elektrischen Stromflüsse in den Teilspulen aus
Material mit Degradationseffekt in zeitlicher Folge nacheinander, beginnend mit
der äußersten Teilspule und suksessive fortschreitend bis zur innersten Teilspule,
eingeschaltet werden, wobei der Stromfluß in einer der Teilspulen erst dann eingeschaltet
wird, wenn bereits in den in der Spulenanordnung weiter außen liegenden Teilspulen
die maximalen Betriebsströme fließen, wobei der jeweilige maximale Betriebsstrom
in einer Teilspule so groß gewählt wird, daß die Stromdichte in ihr den für diese
Teilspule gültigen kleinsten Wert einer »kritische Stromdichte-Feldstärke«-Kurve
nahe erreicht, aber nicht überschreitet, wobei diese Kurve aus Meßwerten gebildet
wurde, die zuvor durch Einzelmessungen an einer kurzen Drahtprobe des Materials
der jeweiligen Teilspule ermittelt worden waren, indem diese Probe auf die später
in Frage kommende Betriebstemperatur abgekühlt und dann in ein äußeres Magnetfeld
der vorgegebenen Feldstärke gebracht worden war und dann mittels eines eingeprägten,
adiabatisch wirkenden Stromimpuls mit einer Anstiegszeit kleiner als 10 sec und
einer Dauer größer als 100 wsec der sich so ergebende Wert der kritischen Stromdichte
festgestellt wurde.
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Die Erfindung geht von der Überlegung aus, daß man auch aus supraleitendem
Material mit Degradationseffekt sehr leistungsfähige Magnetspulen herstellen kann,
wenn man diese nach der Lehre der Erfindung geeignet dimensioniert und in geeigneter
Weise betreibt.
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Supraleitendes Material mit Degradationseffekt wird für Spulen zur
Erzeugung von Magnetfeldern hoher Feldstärke als wenig geeignet angesehen. Gerade
unter supraleitenden Stoffen mit dieser Eigenschaft findet man aber eine Anzahl
Legierungen, vorzugsweise Niob-Titan-Legierungen, die, verglichen mit Materialien
ohne Degradationseffekt, noch bei sehr hohen Feldstärken, z. B. größer als 100 kGauß,
erliebliche
Werte der kritischen Stromdichte aufweisen. Hinzu kommt,
daß einige diesere Materialien, insbesondere Niob-Titan, im allgemeinen gute Duktilität
aufweisen, die sich daher gut zu Spulen verarbeiten lassen. Niob-Zinn-Legierungen,
die im allgemeinen sehr hohe kritische Werte haben, sind bekanntlich wegen ihrer
Sprödigkeit für die Herstellung von Spulen kaum zu verwenden.
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Die mit diesem erfindungsgemäßen Verfahren verbundene gute Ausnutzung
des Wickelraums wird durch den speziellen Aufbau der zu verwendenden Spulenanordnung
in Verbindung mit ihrer erfindungsgemäßen Bemessung und der speziellen Art der Inbetriebnahme
dieser Spulenanordnung erreicht. Aufbau, Bemessung und Inbetriebnahme stellen somit
eine Einheit dar.
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Was unter der für die Bemessung der erfindungsgemäß zu verwendenden
Spulenanordnung wesentlichen »kritische Stromdichte-Feldstärke«-Kurve - abgekürzt
mit jc-H-Kurve - zu verstehen ist, und wie diese Kurve zu ermitteln ist, wird anschließend
erläutert.
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Es ist im allgemeinen bekannt, daß die kritischen Stromdichtewerte
von der magnetischen Feldstärke des im supraleitenden Material erzeugten Magnetfeldes
abhängt. Der sich aus Messungen an Materialproben ergebende Verlauf der Kurve ist
aber abhängig von den Meßbedingungen. Die für die Bemessung der für das erfindungsgemäße
Verfahren zu verwendenden Spulenanordnung zugrunde zu legende jc-H-Kurve ist nach
folgender spezieller Vorschrift an kurzen Drahtproben des Materials aufzunehmen.
Die kurze Drahtprobe wird zunächst auf die später in Frage kommende Betriebstemperatur,
d. h. auf eine unterhalb des Sprungpunktes liegende Temperatur, abgekühlt und dann
in ein äußeres Magnetfeld mit der bestimmten Meßfeldstärke gebracht. Durch eingeprägte,
adiabatisch wirkende Stromimpulse mit einer Anstiegszeit von kleiner als 10 gsec
und einer Dauer größer als 100 lsec wird festgestellt, wie hoch die kritische Stromstärke
ist. Vor jedem neuen Stromimpuls ist die Probe kurzzeitig normalleitend zu machen
und abgekühlt erneut in das Magnetfeld mit der gewünschten Feldstärke H zu bringen.
Auf diese Weise wird die kritische Stromdichte gültig für den vorgegebenen Feldstärkewert
des äußeren Magnetfeldes ermittelt. Die Einhaltung dieser Vorschrift ist notwendig,
da materialabhängige »kritische Stromdichte-Feldstärke«-Werte allgemein unter anderen
äußeren Bedingungen gemessen werden. Hierdurch ergeben sich Abweichungen von den
nach obiger Vorschrift gemessenen Werten, die zu falscher Bemessung und dementsprechend
zu weniger brauchbaren oder gar unbrauchbaren Spulen führen.
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Die Kurve 1 in Fi g. 1 zeigt die im Prinzip an Proben aus Niob-Titan
ermittelte Abhängigkeit. Auf der Abszisse 2 ist die Feldstärke des Magnetfeldes
und auf der Ordinate 3 die kritische Stromdichte aufgetragen. Die bei dem Verfahren
nach der Erfindung zu verwendende Spulenanordnung ist in konzentrisch angeordnete
Teilspulen aufgeteilt, wie dies zum leichteren Verständnis zunächst an einem Beispiel,
aus dessen Beschreibung noch weitere Einzelheiten der Erfindung hervorgehen, erläutert
wird.
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Die Summe der Amperewindungszahl pro Längeneinheit der Teilspulen
ergibt die im Inneren der gesamten Spulenanordnung herrschende Feldstärke, die allgemein
vorzugeben ist. Es ist angenommen, die Spulenanordnung solle aus einem Material
mit hartsupraleitenden Eigenschaften hergestellt werden, dessen nach obiger Vorschrift
ermittelte jc-H-Kurve den in der F i g. 2 angegebenen Verlauf 11 hat.
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Die Aufteilung der Spulenanordnung in einzelne Teilspulen richtet
sich nach dem Verlauf der jc-H-Kurve des zu verwendenden Materials. Für das gewählte
Beispiel der F i g. 2 empfiehlt es sich, die Spule, in deren Innerm die Feldstärke
Hi erreicht werden soll, in etwa vier Teilspulen aufzuteilen.
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Auch die Dimensionierung der einzelnen Teilspulen richtet sich wieder
nach dem Verlauf der je-H-Kurve. Die äußerste Teilspule wird so bemessen, daß in
ihrer Wicklung die Feldstärkewerte des Bereichs 21 erreicht werden. Man erkennt
aus der Figur, daß wegen des Minimums der Kurve 11 die in den Windungen dieser Spule
maximal zulässige Stromdichte relativ niedrig ist, da nach der Lehre der Erfindung
in jeder Teilspule der für diese Teilspule gültige kleinste Stromdichtewert der
jc-H-Kurve nur nahe erreicht, aber nicht überschritten werden darf. Die für diese
Teilspule zu wählende Windungszahl und der Querschnitt des für die Wicklung zu verwendenden
draht-, band- oder schichtförmigen Leiters, die voneinander abhängig sind, werden
so gewählt, daß die nötige Amperewindungszahl pro Längeneinheit dieser Teilspule
unter Berücksichtigung des zulässigen Stromdichtewertes und der in der innersten
Lage dieser Teilspule zu erreichenden Feldstärke H21 erreicht wird. Der Feldstärkewert
H21 ist bereits so groß gewählt worden, daß in der zweiten nächstgelegenen inneren
Teilspule die für den Feldstärkebereich 22 gegenüber 21 wesentlich größeren Wert
der kritischen Stromdichte ausgenutzt werden können. H22 ist die Feldstärke, die
in der innersten Windungslage der beiden äußersten, in Betrieb befindlichen Teilspulen
erreicht wird. Die für diese zweite Teilspule nötige Amperewindungszahl pro Längeneinheit
ergibt sich aus der Differenz von H...2 und H21, woraus sich wieder, wie bei der
äußersten Teilspule, die übrigen, für den Bau der Spule notwendigen Angaben ergeben.
Bei dem speziellen Beispiel sind noch zwei weitere Teilspulen vorgesehen, die in
entsprechender Weise so zu dimensionieren sind, daß in der innersten Lage der dritten
Spule von außen die Feldstärke H23 erreicht wird, aber der Stromdichtewert j23 nicht
überschritten wird.
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F i g. 3 stellt das Beispiel einer erfindungsgemäßen Spulenanordnung
31 aus vier Teilspulen 32, 33, 34, 35 dar. Jede dieser Teilspulen besitzt Stromzuführungsleitungen
132, 232, 133, 233, 134, 234 und 135, 235, mit deren Hilfe der supraleitende
Strom in den Teilspulen eingespeist wird. Der Übersichtlichkeit halber sind in der
Figur die bekannten Kurzschlußbrücken an den einzelnen Teilspulen weggelassen worden.
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Aus diesem einfachen Beispiel erkennt man leicht, daß das erfindungsgemäße
Verfahren mit der oben beschriebenen speziellen Spulenanordnung die durch das Material
bedingten Möglichkeiten sehr gut ausnutzt. Wie bereits ausgeführt, ist aber diese
Aufteilung der Spulenanordnung in Teilspulen noch nicht ausreichend, um beispielsweise
die oben gestellten Aufgaben zu lösen. Notwendig ist noch die Berücksichtigung der
erfindungsgemäßen Vorschrift zur Inbetriebnahme der wie oben bemessenen Spulenan-
Ordnung.
Nach dieser Vorschrift wird zunächst in der äußersten Teilspule und dann aufeinanderfolgend
in der benachbarten inneren Teilspule der supraleitende Strom eingespeist. Beispielsweise
würden bei gleichzeitigem Einspeisen des Stromes in die beiden äußersten Teilspulen
in der Wicklung der inneren Teilspule Feldstärkewerte kleiner als der Wert H.1,
bei Stromdichtewerten größer als j21 auftreten.
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Aus der F i g. 2 und deren Beschreibung erkennt man, daß durch weitere
Unterteilung der erfindungsgemäßen Spulenanordnung in eine noch größere Anzahl von
Teilspulen noch mehr Wickelraum und/oder Material bei gleichbleibender Leistungsfähigkeit
der Spulenanordnung eingespart werden kann. Besonders vorteilhaft ist es auch, für
die einzelnen Teilspulen supraleitendes Material mit voneinander unterschiedlichen
kritischen Werten zu verwenden. Insbesondere empfiehlt es sich beim erfindungsgemäßen
speziellen Beispiel für die äußerste Teilspule ein Material zu verwenden, bei dem
zumindest im Bereich von dem Feldstärkewert 0 bis H21 kein Degradationseffekt auftritt;
dieses braucht in diesem Fall keine hohen kritischen Stromdichtewerte bei hohen
Feldstärkewerten aufzuweisen.