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Verbessertes Glasziehverfahren und Vorrichtung zu dessen Durchführung
Die Erfindung betrifft die Verbesserung der als Ziehverfahren bekannten kontinuierlichen
Herstellung fester Glaskörper mit konstant gehaltenem Querschnitt und glatten Oberflächen,
insbesondere in Form von Stäben, Röhren und Tafeln.
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Die erfindungsgemäße Aufgabe besteht darin, die nach den bekannten
Ziehverfahren hergestellten Glaskörper mit einer besonders glatten und fehlerfreien
Oberfläche zu erzeugen. Die Einhaltung eines konstant bleibenden Querschnitts wird
bei dem Ziehverfahren dadurch gewährleistet, daß die Glasmasse über formgebende,
querschnittsbegrenzende Ziehkörper aus der Schmelze abgezogen wird. Bei dem bekannten
Fourcaut-Tafelzieh-Verfahren verwendel man als Ziehkörper die sogenannten Ziehschiffchen
(Düsen oder Schlitze). Um ganz saubere Ziehflächen zu erhalten, wurden die Ziehkörper
bisher aus Spezialtonen oder Spezialschamotte angefertigt, und die dazu benötigten
Materialien müssen nach besonderen Methoden mühsam hergestellt werden. Bei den heutigen
Stab- und Rohrziehverfahren werden ebenfalls aus Schamotte hergestellte Ziehkörper
verwendet, beispielsweise einen Auslaufkegelmantel, wie er in der britischen Patentschrift
669 038 in F i g. 3 bei Ziffer 4 gezeigt ist, oder ein Ziehzylinder, der zusammen
mit einer zentral im Ziehzylinder angeordneten Luftdüse, der sogenannten Ziehdüse,
für die aus der Glasschmelze nach oben abgezogene Glasmasse einen ringförmigen Kanal
frei läßt.
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Das Verfahren zum Ziehen von festen Glaskörpern unterscheidet sich
von dem zur Erzeugung von Glasfäden. Bei diesem Verfahren muß eine wesentlich höhere
Temperatur der Glasschmelze eingehalten werden, damit die Glasmasse flüssig genug
ist, um unter dem Einfluß der Schwerkraft aus den verhältnismäßig kleinen Düsen
mit ihren etwa 1 bis 2 mm großen Düsenöffnungen herauslaufen zu können. Bei den
hierfür erforderlichen Temperaturen von etwa 1300° C besitzen nur die Platinmetalle
als Düsenmaterial die genügende Temperaturbeständigkeit. Bei dem lotrechten Ziehen
nach oben von Röhren, Stäben oder auch Tafelglas dagegen müssen die formgebenden
Ziehkörper wesentlich größere Dimensionen besitzen. Infolgedessen und auch wegen
seiner größeren Masse ist das abgezogene heiße Glas wesentlich länger im plastischen
Zustand. Damit das Glas wirtschaftlich in größeren Stundenleistungen abgezogen werden
kann, sind Kühlvorrichtungen notwendig, um die Glasmasse zum Erstarren zu bringen
und das Glas abziehen zu können. Die Temperaturen sind natürlich, wenn das Glas
Ziehdüsen und Ziehschlitze durchläuft oder über die formgebende Oberfläche von Düsen
gezogen wird, je nach Glasart verschieden; sie liegen bei ungefähr 1000 bis 1100°
C für normale Kali-Natron-Gläser.
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Die Problematik bei dieser Ziehtechnik ergibt sich bereits aus der
deutschen Patentschrift 362 160 aus dem Jahre 1920. In dieser deutschen Patentschrift
wird die Problemlösung darin gesehen, daß Nickel als gegen die Glasmasse widerstandsfähiges
überzugsmaterial vorgeschlagen wird. Der Vorteil wird darin gesehen, daß man die
bekannten Blechbekleidungen nicht benötigt und die damit verbundenen Nachteile der
Wärmeableitung praktisch nicht hervortreten. Aus der etwa 10 Jahre später veröffentlichten
deutschen Patentschrift 561169 wird allerdings ersichtlich, daß man in der
Praxis auf die Blechauskleidungen nicht verzichtet hat und diese aus widerstandsfähigem
Material, z. B. Chromnickeleisen, hergestellt hat. Es wird dabei empfohlen, die
zum Führen des Glasbandes dienenden Ansätze austauschbar anzubringen. Bei neueren
Anlagen ist außer hochchromlegiertem Stahlblech auch Edelmetall zum Abdecken der
Facette bekannt gewesen, wie es aus der deutschen Patentschrift 1011589 hervorgeht.
Die in dieser Patentschrift zu findende Erwähnung der Platinierung der Facette und
auch des Abdeckens der Facette mit Edelmetall ist allerdings keineswegs als einzige
Möglichkeit für die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der hochchromlegierten Stahlbleche
angegeben worden, sondern gleichwertig mit dem Verfahren der Nitrierung angeführt.
Der damit verfolgte Zweck liegt in einer Vermeidung der Beeinträchtigung der Glasqualität
durch Verfärbungen oder Blasenbildungen infolge von Oxydationen des Düsenmaterials.
Dabei ist zu beachten, daß es sich bei diesen Ausführungsformen um Düsen aus hochhitzebeständigem,
dünnwandigem Stahlblech handelt, die an Stelle von Düsen aus Schamotte verwendet
werden sollen und bei
denen die Nachteile der Wärmeableitung durch
eine bestimmte Ausgestaltung vermieden werden müssen. Bezüglich der Verwendung von
tlberzügen auf Ziehkörpern aus Schamotte sind aus diesen Literaturstellen keine
neuen Erkenntnisse hinzugekommen.
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Da allerdings die im allgemeinen verwendeten Schamottekörper trotz
besonders sorgfältiger Herstellung dazu neigen, an der Abzugstelle des Glases und
insbesondere an den Kantenstellen durch Verschleiß abzubröckeln, und da dann die
von derartigen Schamottekörpern abgezogenen Röhren u. dgl. durch die verletzten
Stellen des Schamottekörpers hervorgerufene Streifen oder Rippen aufweisen, wurde
bereits vorgeschlagen, den Ziehzylinder und die Ziehdüse bei den Rohrziehverfahren
aus Chromnickelstahl herzustellen.
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Der innere Durchmesser wird mit Hilfe einer Luftdüse und der äußere
Durchmesser mit Hilfe eines mit seiner Unterkante in das flüssige Glas eintauchenden
Ziehzylinders gebildet. Obwohl nun bei diesem Verfahren polierte Spezialstähle als
Material für die querschnittsbegrenzenden Ziehkörper verwendet wurden, und obwohl
eine Verletzung der Begrenzungsflächen aus Stahl nicht festgestellt werden konnte,
zeigten sich doch gelegentlich immer wieder optisch erkennbare Linien auf der Oberfläche
des Glaskörpers. Diese Oberflächenstörungen machen die Glaskörper für viele Zwecke,
insbesondere für Fluoreszenzröhren zur Herstellung der Leuchtstoff-Gas entladungslampen
ungeeignet. Die zur Aufklärung der Ursachen für die Oberflächenstörungen durchgeführten
Untersuchungen führten unter anderem auch zu der Vermutung, daß es sich dabei um
Entglasungserscheinungen im Bereich der Glasabzugszone handelt, die durch die Luftkühlung
bedingt sind. Diese Vermutung erhält einen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad durch den
Befund, daß die Oberflächenstörungen nicht mehr auftreten, wenn man die nähplastische
heiße Glasmasse vor dem Abziehen von den Ziehkörpern bei der Entstehung der Ziehzwiebel
über eine Grenzflächenzone führt, die aus einem Edelmetall oder einer Edelmetallegierung
mit geringem Haftvermögen für das geschmolzene Glas und mit einem oberhalb der Temperatur
der abgezogenen Glasmasse liegenden Schmelzpunkt besteht. Insbesonders günstige
Ergebnisse erhält man, wenn man die Glasmasse über eine Grenzflächenzone aus Platin-Rhodium-Gold-Legierung
führt.
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Das Auftreten von Entglasungserscheinungen ist bei dem kontinuierlichen
Glasfluß aus Ziehtrögen für die Glasschmelze, bei denen durch die Formgebung bereits
besonders darauf geachtet wird, daß keine den Glasfluß hemmenden Taschen vorhanden
sind, sondern umgekehrt dem stromlinienförmigen Fluß der aufwärts gezogenen Glasmassen
Rechnung getragen ist, höchst erstaunlich. Es muß dazu angenommen werden, daß eine
mehr oder minder starke Glasschicht auf der querschnittsbegrenzenden Grenzzonenfläche
der Ziehkörper verhältnismäßig fest haftet und die Glasmasse vorwiegend von dieser
nicht nur langsam oder gar nicht bewegenden Haftschicht abgezogen wird.
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Das sich aus dieser neuen Erkenntnis ableitende erfindungsgemäße Lösungsprinzip
besteht darin, daß man dafür zu sorgen hat, daß die Adhäsion der Glasmasse an der
Grenzfläche des Ziehkörpers gegenüber der inneren Kohäsionskraft der Glasmasse möglichst
stark herabgesetzt wird. fies läßt sich erfindungsgemäß optimal dadurch erreichen,
daß man die Grenzfläche in der Abzugszone als Deckschicht auf Schamotte aus einer
Platin-Rhodium-Gold-Legierung in einer Schichtdicke von 0,1 bis 0,3 mm ausbildet.
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Der Erfindungsgegenstand besteht dementsprechend in einem verbesserten
Glasziehverfahren zur kontinuierlichen Herstellung fester Glaskörper mit konstant
gehaltenem Endquerschnitt und glatten Oberflächen, insbesondere in Form von Stäben,
Röhren und Tafeln, bei dem die zähplastische, heiße Glasmasse aus oder über formgebende,
querschnittsbegrenzende Ziehkörper aus der Schmelze abgezogen wird, wobei die Ziehkörper
aus einer mit widerstandsfähigem Metall überzogenen feuerfesten Masse, wie Schamotte,
bestehen, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man die Glasmasse vor dem Abziehen
von den Ziehkörpern bei der Entstehung der Ziehzwiebel über eine Grenzflächenzone
führt, die aus einer in einer Schichtdicke von 0,1 bis 0,3 mm aufgebrachten Platin-Rhodium-Gold-Legierung
gebildet ist. Dabei ist es wesentlich, diese Edelmetallgrenzfläche bereits etwa
1 bis 3 cm, in besonderen Fällen sogar 5 cm und mehr, unterhalb des Glasspiegels
beginnen zu lassen und dafür zu sorgen, daß die Edelmetallbegrenzungsschicht sich
auch etwas über die Abzugsstelle der Glasmasse von den Ziehkörpern hinaus erstreckt,
so daß bei den nicht vermeidbaren Glas standschwankungen die gleichen Zieheigenschaften
gewahrt bleiben. Man geht dabei zweckmäßig etwa 1 ein oder weiter über den Bereich
der Glasstandschwankungen hinaus.
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Für die Auswahl des geeigneten Metallmaterials kommen alle Edelmetalle
und deren Legierungen in Frage, die ein geringes Haftvermögen für die abzuziehende
Glasmasse besitzen und einen genügend hohen Schmelzpunkt aufweisen, damit sie auch
bei der Temperatur des abgezogenen heißen Glases noch ausreichende Festigkeit besitzen.
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Bewährt haben sich Gold, Rhodium und Platin sowie Legierungen daraus
und miteinander.
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Unter dem Ausdruck »Glas« ist im Sinn der vorliegenden Erfindung nicht
nur das übliche Glas als anorganischer Werkstoff zu verstehen, sondern alle glasähnlichen
Materialien, die unterkühlte, erstarrte Flüssigkeiten darstellen und dem Ziehverfahren
zugänglich sind.
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Zur Herstellung der Ziehkörper mit den erfindungsgemäßen Edelmetallgrenzflächen
in der Glasabzugszone bedient man sich zweckmäßig Grundkörpern aus Schamotte, Ton,
Aluminiumoxyd, Zirkonmassen oder aus Mischungen von diesen oder ähnlichen Stoffen
und belegt sie bandförmig mit einer Schicht aus Edelmetall oder deren Legierung.
Statt des Einlegens von vorgeformten Metallbelägen kann man sich auch der bekannten
Methoden zum Aufbau von Oberflächenschichten aus diesen Metallen bedienen. Es kommen
hierfür die galvanischen Verfahren und insbesondere Aufdampfverfahren in Betracht,
mit denen insbesondere große Ziehkörper für das Tafelziehen billig mit Edelmetall
belegt werden können.
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Es hat sich gezeigt, daß durch die erfindungsgemäßen Maßnahmen, mit
denen gewährleistet wird, daß das Glas über die Oberfläche und Kanten der Ziehkörper
abgleitet, sich praktisch überhaupt keine Streifenbildung ergibt. Dies gilt sowohl
bei den sogenannten Ziehschiffchen, d. h. den beim Tafelziehverfahren
benutzten
Ziehschlitzen, als auch bei dem durch die Innenoberfläche des Ziehzylinders und
der Außenoberfläche der Ziehdüse gebildeten Ziehkanal im Rohrzieh- oder Stabziehverfahren.
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Die hervorragenden, erfindungsgemäßen erreichbaren Erzeugnisse rechtfertigen
die zur Herstellung der erforderlichen Ziehkörper erhöhten Aufwendungen bei weitem.
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In den Zeichnungen zeigt F i g. 1 einen Ziehzylinder 1 und F i g.
2 einen Ziehkegel, die im Zusammenwirken zum Ziehen von Stäben oder Röhren dienen.
Man erkennt, daß der Ziehzylinder in der Zone 2, in der das zu Stangen oder Röhren
aus dem Trog abgezogene flüssige Glas sich von der Zylinderwandung löst, mit einem
durch Kreuzschraffur dargestellten Belag 3 aus einem Edelmetall oder einer Edelmetallegierung
versehen ist, wobei die Höhe der Belagschicht so gewählt ist, daß nach dem Einbau
des Zylinders in eine Ziehmaschine die obere Kante über und die untere Kante unter
dem Glasspiegel liegt. Der dazugehörige Ziehkegel 4 aus einem geeigneten
Material, wie z. B. Schamotte, ist im oberen Bereich mit einer entsprechenden Belagschicht
5 versehen. Der zusammengebaute Ziehkern einer Ziehmaschine, bestehend aus Zylinder
nach F i g. 1 und Kegel nach F i g. 2 ist in F i g. 3 veranschaulicht, während F
i g. 4 diesen inneren Ziehkern im Verband einer Ziehmaschine mit einem etwas anders
gesalteten Ziehzylinder 1 a und -kegel 4a, dem die flüssige Glasmasse
6 enthaltenden Ziehtrog 7, der Kühlung 8 und dem Deckel
9 darstellt.
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Ein aus zwei Teilen 10 und 10 a zusammengesetztes Ziehschiffchen
für das Ziehen von Tafelglas ist einzeln in F i g. 5 und im Trog oder der Wanne
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eingebaut, in F i g. 6 zur Anschauung gebracht. Auch in diesem Fall wird,
um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen, nur die Zone der Glasablösung mit einem
Belag 12 bzw.12 a aus einem Edelmetall oder einer Edelmetallegierung mit geringem
Haftvermögen für geschmolzenes Glas versehen.