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Flugzeugtragfläche mit verbesserter Charakteristik des überziehens
bei Reisegeschwindigkeit Die Erfindung bezieht sich auf Flugzeuge, deren Tragflächen
auftrieberhöhende Einrichtungen für den Langsamflug aufweisen, und betrifft insbesondere
eine aerodynamische Einrichtung, die es ermöglicht, auch bei Reisegeschwindigkeiten
den Übergang vom normalen Flugzustand in den überzogenen Flugzustand sowie letzteren
zu beeinflussen und damit die Charakteristik des überziehens zu verbessern.
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Obwohl der überzogene Flugzustand nicht zu den normalen Flugbedingungen
gehört, muß jedes Flugzeug so ausgelegt sein, daß es eine befriedigende Charakteristik
für den überzogenen Flugzustand aufweist, damit es überhaupt zugelassen wird und
einen sicheren Flugbetrieb gewährleistet. Vom Piloten wird der überzogene Flugzustand
natürlich nicht bewußt herbeigeführt, aber dennoch kann gelegentlich ein Überziehen
auftreten, beispielsweise infolge rauher Witterung oder durch eine Unaufmerksamkeit
des Piloten sowie möglicherweise auch durch einen Vorgang der automatischen Steuerung.
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Das Phänomen des überziehens tritt an der Tragfläche auf und ist tatsächlich
ein überziehen der Tragfläche. Es tritt auf, wenn das Flugzeug seine Geschwindigkeit
herabsetzt oder so stark nach oben gerichtet wird, daß die Luftströmung nicht länger
der gesamten Oberfläche der Tragfläche folgen kann, sondern abreißt. Ein solches
Abreißen kann entweder allmählich oder plötzlich erfolgen. Die Art und Weise, in
der die Strömung abreißt, hängt von dem besonderen Tragflächenprofil ab sowie von
örtlichen Gegebenheiten, wie beispielsweise der »Rauhigkeit« der Vorderkante des
Profils. Die Rauhigkeit kann durch kleine Stellen, wie beispielsweise Nietköpfe,
verursacht sein oder größere Bereiche erfassen, beispielsweise als Folge von Strömungsunterbrechern
oder Störflügeln. Wird ein Unterbrecher oder eine Störklappe verwendet, so ermöglicht
diese im allgemeinen, daß derjenige Abschnitt der Tragfläche, über den sie sich
erstreckt, unter ganz bestimmten Anstellwinkeln oder Flugbedingungen in den überzogenen
Zustand gerät und damit die vom Konstrukteur gewünschte Charakteristik erhält.
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Die Charakteristiken des überzogenen Flugzeugs als Ganzes ergeben
sich als Integral der Beiträge der Einzelteile über die gesamte Spannweite, da bei
keinem Flugzeug die ganze Tragfläche als Einheit bezüglich des überziehens wirkt.
Die Gesamtcharakteristik des überziehens für ein Flugzeug kann daher dadurch beeinflußt
werden, daß für bestimmte Abschnitte der Tragfläche zwangläufig ein früheres oder
späteres Abreißen der Strömung hervorgerufen wird.
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Bei pfeilförmigen Tragflächen liegt der rumpfnahe Querschnitt der
Tragfläche weiter vorn als der Flugzeugschwerpunkt, während die Flügelspitze wesentlich
hinter dem Flugzeugschwerpunkt liegt. Daher kann durch Beeinflussung des Abreißens
der Strömung über die einzelnen Abschnitte der Spannweite eine Steuerung der sich
ergebenden Momente und damit der Fluglage in Längsrichtung erfolgen.
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Dies betrifft natürlich das Abreißen der Strömung bei Langsamflug,
aber nicht notwendigerweise auch das schockartige bzw. durch die Machsche Zahl induzierte
Abreißen der Strömung bei großen Fluggeschwindigkeiten.
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Bei pfeilförmigen Tragflächen beispielsweise ist es unerwünscht, wenn
ein überziehen zuletzt an den rumpfnahen Tragflächenquerschnitten auftritt; denn
wenn die Strömung an den Flügelspitzen früher abreißt als im mittleren Bereich,
ergibt dies eine Tendenz, das Flugzeug aufzurichten bzw. den Anstellwinkel zu vergrößern.
Eine Vergrößerung des Anstellwinkels ist aber zweifellos unerwünscht, weil das Flugzeug
dadurch noch stärker in den überzogenen Zustand gerät. Solange es nicht gelingt,
den Anstellwinkel zu verkleinern, also die Nase des Flugzeugs nach unten zu drücken,
kann der normale Flugzustand
nicht wiederhergestellt werden. Wird
jedoch, sei es willkürlich oder unwillkürlich, ein Kippen um die Querachse nach
vorn erreicht, so nimmt das Flugzeug wieder Geschwindigkeit auf und kommt entweder
von selbst wieder in den normalen Flugzustand oder erleichtert es wenigstens dem
Piloten, diesen Zustand wieder auf sichere Art und Weise herbeizuführen.
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Bei modernen Flugzeugen sind für den Flug zwei unterschiedliche Einstellungen
vorgesehen, nämlich einmal mit eingezogenen und zum anderen mit ausgezogenen auftrieberhöhenden
Einrichtungen bzw. Steuerklappen. Bei eingezogenen Steuerklappen kann eine Rauhigkeit
der Tragflächenvorderkante, wenn sie nahe dem Totpunkt der Strömung für den Flug
mit Reisegeschwindigkeit angebracht ist, ohne oder doch ohne wesentliche Vergrößerung
des Widerstands verwendet werden. Es besteht jedoch die Schwierigkeit, daß die geeignete
Lage für solch eine willkürlich angebrachte Rauhigkeit der Vorderkante bei eingezogenen
Steuerklappen nicht die gleiche ist wie bei ausgefahrenen Klappen, und außerdem
läßt sich bei ausgefahrener Steuerklappe ein Kippmoment um die Querachse auch auf
andere Weise erreichen. Beispielsweise ergeben den Auftrieb erhöhende Vorrichtungen
an der Vorder- oder Hinterkante Änderungen des Auftriebs längs der Spannweite, welche
die Verwendung von Störklappen entbehrlich machen können.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Sicherheit von Flugzeugen
mit auftrieberhöhenden Einrichtungen für den Langsamflug auch bei normalem Reiseflug,
also bei großen Geschwindigkeiten, zu verbessern und insbesondere eine günstige
Charakteristik für das Überziehen zu erhalten, ohne die Wirkung der auftrieberhöhenden
Einrichtungen für den Langsamflug zu beeinträchtigen.
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Zu diesem Zweck kennzeichnet sich eine Flugzeugtragfläche nach der
Erfindung durch eine Störleiste, die für den Flug ohne Wirksamkeit der auftrieberhöhenden
Einrichtungen aus der Vorderkante der Tragfläche ausfahrbar ist.
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So kann es bei pfeilförmigen Tragflächen zweckmäßig sein, rumpfnahe
Teile mit einer Störleiste an der Vorderkante auszustatten, um in diesem Bereich
ein Abreißen der Strömung und damit eine Verkleinerung des Anstellwinkels zu erzwingen.
Dies wird nach der Erfindung in zweckmäßiger, zuverlässiger und gefahrloser Weise
erreicht.
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Den Auftrieb vermindernde bzw. das Abreißen der Strömung beschleunigende
Unterbrecherklappen oder Störflügel sind an sich in den verschiedensten Ausführungen
seit langem bekannt, beispielsweise durch die USA.-Patentschriften 2 357 680, 2
503 585. Nach der erstgenannten Patentschrift dient ein in der Vorderkante der Tragfläche
gelagertes ausfahrbares Kreisprofil als aerodynamische Bremse für hohe Fluggeschwindigkeiten,
indem es durch örtliche Steigerung der Strömungsgeschwindigkeiten bis über die Schallgrenze
ein schockartiges Abreißen der Strömung bewirkt. Es handelt sich hierbei also um
eine reine Bremsvorrichtung, die ihrer Ausbildung und Wirkungsweise entsprechend
praktisch nur beim Sturzflug mit Vorteil zum Einsatz kommen kann. Die andere Patentschrift
beschreibt die verschiedensten einziehbar oder nur schwenkbar an der Vorderkante
der Tragfläche gelagerten Hilfskörper; die wahlweise Auftrieb erzeugend oder vermindernd
eingestellt werden können. Eine solche Kombination willkürlich auslösbarer Funktionen
kommt natürlich nur für relativ einfache Tragflächen ohne gesonderte Auftriebserzeuger,
wie Hilfsflügel oder Steuerklappen, in Betracht und birgt große Gefahren bei nicht
genau sachgemäßem Einsatz. Außerdem ist beiden Patentschriften das der Erfindung
zugrunde liegende Problem einer Steuerung des Überziehens bei einem Flugzeug gänzlich
fremd.
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Dadurch, daß gemäß der Erfindung nur bei hoher Geschwindigkeit mit
»rauhem<c Vorderkantenteil der Tragfläche geflogen wird, ist der wichtige Fall
eines Überziehens bei Reisegeschwindigkeit voll berücksichtigt, ohne daß dafür bei
Langsamflug Gefahren in Kauf genommen werden müssen, die sich aus einer für den
Flug mit ausgefahrenen Steuerklappen oder Hilfsflügeln falschen Lage der Rauhigkeit
ergeben könnten. Für große Auftriebskräfte ausgelegte Flugzeuge, insbesondere solche
mit Pfeilstellung der Tragflächen, erfordern im allgemeinen gute Charakteristiken
für das Überziehen sowohl bei geringen als auch bei hohen Geschwindigkeiten und
der entsprechenden Stellung der Hilfsmittel zur Auftriebserzeugung. Insbesondere
muß bei der Verwendung von Steuerklappen an der Vorderkante die Vorderkante der
festen Tragfläche eine möglichst glatte Kontur aufweisen. Dies wird nach der Erfindung
ermöglicht, obwohl zugleich der Tatsache Rechnung getragen wird, daß beim Flug mit
eingezogenen Steuerklappen die aerodynamischen Charakteristiken in Längsrichtung
des Flugzeuges unglatte Bereiche an der Vorderkante der Tragfläche wünschenswert
machen, um ein Aufrichten beim Überziehen zu vermeiden.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung kennzeichnet sich dadurch,
daß das Ein- und Ausfahren der Störleiste selbsttätig wechselweise mit der Betätigung
der auftrieberhöhenden Einrichtungen erfolgt. Es ist von besonderem Vorteil, wenn
eine zwangläufige Kupplung der das Ablösen der Strömung beim Überziehen einleitenden,
den Auftrieb herabsetzenden Störleiste mit einer insbesondere bei langsamem Flug
betätigbaren, den Auftrieb erhöhenden Einrichtung derart ermöglicht, daß die Betätigung
dieser entgegengesetzten Wirkungen auf das Flugzeug ausübenden Einrichtungen zwangläufig
richtig erfolgen kann, nämlich wechselweise, und dadurch eine Wirkung der Störleiste
zur Unzeit ausschließt. Ein weiterer sehr wesentlicher Vorteil liegt darin, daß
diese Steuerung des Überziehens keine besondere Aufmerksamkeit des Piloten erfordert,
um richtig zum Einsatz zu kommen, und entsprechend auch ohne Komplikationen durch
eine automatische Steuerung übernommen werden kann.
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Die praktische Durchführung der Erfindung und ihre Anpassung an den
Einzelfall, insbesondere die Wahl der jeweils für die Anbringung der Störleiste
geeigneten Stelle der Tragfläche ist dem Fachmann auf Grund der gegebenen Lehre
ohne weiteres möglich. Insbesondere ist ersichtlich, daß die Erfindung es ermöglicht,
durch geeignete Wahl des Abstandes der Störleiste von der Flügelspitze den Beginn
des Abreißens der Strömung beim Überziehen an einer Stelle der Spannweite zu induzieren,
wo das Abreißen ein gewünschtes Moment um die Flugzeugquerachse erzeugt. Die Erfindung
gestattet es also, die Charakteristiken für das Überziehen einer Tragfläche bei
Reiseflug so zu gestalten, daß ein Abkippen automatisch
gerade
dann erfolgt, wenn es dringend erforderlich ist, um ein vollständiges Überziehen
zu vermeiden.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist nachstehend an Hand der
Zeichnung näher beschrieben, und zwar zeigt F i g. 1 schematisch teilweise im Schnitt
eine Seitenansicht des Vorderteils einer Tragfläche mit ausgefahrener Steuerklappe
und eingezogener Störleiste und F i g. 2 eine der F i g.1 entsprechende Ansicht
bei eingezogener Steuerklappe und ausgefahrener Störleiste.
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In den Zeichnungen ist ein Vorderteil 10 einer Tragfläche gezeigt,
dessen Vorderkante weiter vorn als der Schwerpunkt des Flugzeugs liegt und eine
auftrieberhöhende Einrichtung in Form einer sich in Richtung der Tragfläche erstreckenden
Steuerklappe 11 aufweist, die mittels eines Winkelhebels 12 um einen Zapfen 13 schwenkbar
in der Vorderkante der Tragfläche gelagert ist. Wie aus F i g. 1 hervorgeht, ist
zum Zurückziehen der Steuerklappe 11 durch eine untere Öffnung 14 in einen Hohlraum
15 der Tragfläche ein üblicher Antrieb 16, beispeilsweise ein elektrisch
betätigbarer hydraulischer Motor vorgesehen, der eine hin- und herbewegbare Stange
17 betätigt, die an einem starr am Winkelhebel 12 befestigten Hebel 18 angelenkt
ist.
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Eine gleichfalls sich in Richtung der Tragfläche erstreckende, einen
überzogenen Zustand bzw. ein Abreißen der Strömung bewirkende Störleiste 19 ist
durch einen Spalt 20 in der Vorderkante der Tragfläche ausfahrbar angeordnet.
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F i g. l zeigt die eingezogene und F i g. 2 die ausgefahrene Lage
dieser Störleiste.
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Die Störleiste 19 ist gemäß der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung
so angetrieben, daß ihr Ein- und Ausfahren selbsttätig wechselweise mit der Betätigung
der auftrieberhöhenden Einrichtungen erfolgt. Dabei ist für beide Einrichtungen
der gleiche Antrieb 16 vorgesehen.
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Obwohl verschiedene Arten einer Koppelung zwischen der Störleiste
19 und der Steuerklappe 11 möglich sind, wie beispielsweise ein Winkelhebel, an
dessen Enden einerseits die Störleiste und andererseits die Stange 17 angelenkt
sind, oder sonstige Gelenkverbindungen, wird als bevorzugte Ausführungsform eine
Kulissenführung gemäß der Zeichnung angesehen. Hierbei ist der Winkelhebel 12 mit
einem bogenförmigen Führungsschlitz 21 für einen an der Störleiste 19 festen Stift
23 vorgesehen. Wie insbesondere F i g. 2 verdeutlicht, ist der Schlitz 21 so um
den Zapfen 13 geführt, daß das untere Schlitzende 22 näher am Zapfen 13 liegt als
das andere Ende.
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F i g. 1 zeigt die Stellung der Teile für Langsamflug, wobei durch
Vorwärtsbewegung der Stange 17 die Steuerklappe 11 gesenkt bzw. ausgefahren und
die Störleiste 19 eingezogen ist, weil der Stift 23 in dieser Stellung von dem Spalt
21 weiter entfernt bzw. näher am Schwenkzapfen 13 liegt, so daß die Kontur der Vorderkante
der Tragfläche 10 praktisch ungestört verläuft und die Steuerklappe 11 voll wirksam
ist. In F i g. 2 dagegen ist für den Flug mit hoher Geschwindigkeit die Steuerklappe
11 über die Stange 17 durch Hochschwenken des Winkelhebels 12 eingezogen, also unwirksam,
wobei gleichzeitig die Störleiste 19 durch die Bewegung des Stiftes 23 im Führungsschlitz
21 vorgeschoben wurde. In diesem Zustand gemäß F i g. 2 ist also die Vorderkante
der Tragfläche nicht mehr glatt, sondern infolge der ausgefahrenen Störleiste 19
unterbrochen. Beim Flug mit Reisegeschwindigkeit ergibt eine solche Unterbrechung
der glatten Kontur der Vorderkante keine oder keine wesentliche Vergörßerung des
Widerstandes, weil die Strömung um das Flügelprofil infolge der Störleiste kaum
geändert wird, wenn diese sich nahe dem Totpunkt der Strömung befindet. Bei vergrößerten
Anstellwinkeln dagegen beschleunigt die Störleiste das Abreißen der Strömung gegenüber
Tragflächenbereichen, die keine Störungsleiste aufweisen.
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Die Erfindung ermöglicht also eine ausgezeichnete Steuerung des Überziehens
einer Tragfläche, wenn deren Steuerklappen für das Fliegen mit hoher Geschwindigkeit
eingezogen sind, indem dann die Vorderkante der Tragfläche durch eine ausfahrbare
Störleiste eine Unterbrechung erhält, wobei jedoch diese den überzogenen Zustand
beschleunigende Störleiste automatisch verschwindet, wenn sie unerwünscht ist, nämlich
wenn die Steuerklappen zum Erhöhen des Auftriebs ausgefahren sind. Außerdem besteht
der Vorteil, daß kein gesonderter Antrieb für die Störleiste erforderlich ist, da
diese auf die Betätigung der Steuerklappe bzw. ihres Antriebs anspricht.